Kürzlich hat Richard Stallman – bekannt für seinen Kampf gegen DRM und Softwarepatente und sein Engagement für freie Software – seine Meinung über E-Books in einem kurzen Artikel kundgetan. Man mag von Stallman halten, was man möchte, aber an dieser Stelle muss ich ihm zustimmen, wenn auch teilweise aus anderen als den von ihm angeführten Gründen.
Den Artikel beginnt er mit folgendem Satz:
In an age where business dominates our governments and writes our laws, every technological advance offers business an opportunity to impose new restrictions on the public.
Frei übersetzt:
In einer Zeit, in der die Wirtschaft unsere Regierungen beherrscht und unsere Gesetze schreibt, erlaubt jeder technologische Fortschritt der Wirtschaft eine Möglichkeit, dem Volk neue Beschränkungen aufzuerlegen.
Auf alles mag man diese Aussage vielleicht nicht anwenden, aber zumindest bei E-Books trifft sie durchaus zu. Stallman führt das mit einem Vergleich konventioneller und digitaler Bücher näher aus.
So bieten herkömmliche Bücher die Möglichkeit, anonym gekauft werden zu können, wohingegen E-Book-Händler (z.B. Amazon) zwingend eine Identifizierung der eigenen Person verlangen. Gut, zumindest über den Punkt kann man streiten, da bereits die Kartenzahlung im Buchladen oder die Bestellung im Online-Shop auch bei analogen Büchern die Preisgabe der eigenen Identität erfordert. Aber ein normales Buch gehört einem dann auch, unbestreitbar und allein. Es erfordert nicht die Bestätigung einer restriktiven Lizenz und der Verkäufer hat auch nicht die Möglichkeit, das Buch später beim Kunden wieder zu löschen (was bei E-Books bereits vorgekommen ist).
Ein weiterer Nachteil laut Stallman dagegen ist, dass zum Lesen von elektronischen Büchern meist proprietäre Software (und Hardware) benötigt wird, um sie zu betrachten. Solange die benötigten Programme und Geräte verfügbar sind, ist das auch kein Problem. Aber bei der aktuellen Geschwindigkeit, mit der sich die IT-Industrie verändert, kann niemand voraussagen, wie es in 10 oder 20 Jahren aussehen wird. Ein einmal gedrucktes Buch kann viele Jahrzehnte, sogar Jahrhunderte halten – elektronische Dokumente sind dagegen vergleichsweise kurzlebig, wenn man an die Probleme denkt, die das Nichtvorhandensein einer echten, physikalischen Kopie mit sich bringt (man denke nur an einen einfachen Festplattencrash). Sicher, ein elektronisches Dokument kann potentiell unendlich lange existieren, so es entsprechend gesichert wird; die Wahrscheinlichkeit für einen Verlust ist meiner Meinung nach jedoch höher als bei echt materiellen Gegenständen.
Stallman kritisiert weiterhin, dass E-Books auf Grund der Rechteverwaltung nicht frei gescannt und kopiert werden können, was mit einem normalen Buch möglich sei. Gut, an dieser Stelle darf man sich berechtigterweise fragen, wie oft man selber ein Buch schon kopiert hat oder ob man nicht sogar bei E-Books mit Screenshots und ähnlichen Zaubereien eine Kopie erstellen kann.
Vielmehr stört mich persönlich an den elektronischen Büchern, dass ich sie nicht frei verleihen und verschenken kann, an wen ich will. Wenn es überhaupt möglich ist, dann gibt es immer Beschränkungen bezüglich Hardware, Software, Verleihdauer und so weiter – das ist für mich das größte Manko an E-Books.
Bitte nicht falsch verstehen: Stallman ist nicht gegen E-Books an sich (und ich bin es auch nicht). Nur die Art und Weise, wie sie im Moment umgesetzt werden, ist höchst bedenklich, da die Unternehmen alles daran setzen, die Kontrolle zu behalten. Stallmans Schlusswort trifft es da recht gut:
Ebooks need not attack our freedom, but they will if companies get to decide. It’s up to us to stop them.
E-Books müssen nicht zwangsläufig ein Angriff auf unsere Freiheit sein, aber sie werden es, wenn den Unternehmen die Entscheidung überlassen wird. Es liegt an uns, sie [die Unternehmen] zu stoppen.
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