In diesen Corona Tagen kann man Texte von klugen Leuten oder Verlautbarungen aus dem Robert-Koch-Institut lesen, in denen schon vor Jahren auf die Gefahren von Seuchen hingewiesen worden ist und Empfehlungen der allgemeinen Art für eine Vorbereitung auf mögliche Pandemien gegeben worden sind. Bereits 2012 haben die Bundesbehörden im Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut das als Szenarium beschrieben, was derzeit der Fall ist und das öffentliche Leben lahmlegt. Man hätte es also wissen können, wie man sofort zu sagen geneigt ist, aber zunächst hat es nur fachliche und sachliche Informationen gegeben, aus denen erst dann Wissen wird, wenn man mit ihnen etwas unternimmt. Und man schreitet nur zur Tat, wenn man sich dazu gedrängt fühlt. Dies ist die Lage heute, aber nicht vor ein paar Jahren.

Ich erinnere mich an ein Treffen zum Thema Nachhaltigkeit, in dem im Jahre 2016 der Direktor des in Berlin angesiedelten Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie, Stefan H. E. Kaufmann,  vor neuen Seuchen warnte und meinte, dass Risiko nähme stark zu, dass sich Pandemien über viele Länder und Kontinente ausbreiten würden. Alle im Saal haben das gehört, sich aber – wie der Autor dieser Zeilen – nicht angesprochen gefühlt und sich mehr für Flüchtlingsfragen, Erderwärmung, Energieversorgung, die Bedrohung der Ozeane und all die anderen Themen interessiert, die zur Nachhaltigkeit gehören. Seuchengefahr? Das klang nach Mittelalter und nicht nach dem 21. Jahrhundert wie der Ruf nach Elektromobilität. Wenn man damals den Zuhörern von Stefan Kaufmann und den Politikern gesagt hätte, was im März 2020 der Fall sein wird, sie hätten es nicht geglaubt. Mir kommt es bis heute so vor, als ob nicht sein kann, was nicht sein darf. Und während man seine eigene Unaufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt und sich Vorwürfe macht, wächst das Verlangen nach den Wonnen der Gewöhnlichkeit. Es war so schön, das Leben vor Corona, auch wenn damals alle darüber gemeckert haben. Jetzt warten alle auf das Wunder seiner Wiederkehr.

Kommentare (24)

  1. #1 gedankenknick
    März 25, 2020

    Kann man auch prima nachlesen. “Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012” Drucksache vom 03.01.20213 zur Unterrichtung durch die Bundesregierung

    https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/120/1712051.pdf

  2. #2 Tim
    März 25, 2020

    Wohl gesprochen von den Bundesbehörden! Schauen wir doch spaßeshalber im Gesetz nach, worin die Aufgabe des Robert-Koch-Instituts besteht:
    https://www.gesetze-im-internet.de/bga-nachfg/__2.html

    Erkennung, Verhütung und von Übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten,

    Das ist vor allem im Zusammenhang mit dem Infektionsschutzgesetz zu sehen, das durchaus weitreichende Maßnahmen vorsieht (wenngleich es für meinen Geschmack ein zu scharfes und zugleich auch zu stumpfes Schwert ist).

    In meiner Stadt ist von einer geordneten, wirksamen Zusammenarbeit zwischen den Bundes-, Landes- und kommunalen Behörden wenig zu spüren. Wie Sie schreiben, hat offenbar niemand ernsthaft angenommen, dass man das IfSG jemals braucht. Wurde die Zusammenarbeit je geübt? Gab es vorbereitete Handreichungen für z.B. Supermärkte, Praxen, Verkehrsbetriebe, Schulen? Der Eindruck drängt sich nicht unbedingt auf.

    Wir mögen besser abschneiden als andere Länder dieser Welt oder dieses Kontinents, aber die Behörden vermitteln den Eindruck, dass sie in die Sache genauso hineingeschlittert sind wie wir Bürger.

  3. #3 Moreno
    März 25, 2020

    Der böse Alexander Gauland hatte heute bei seiner Rede im Bundestag auf den “Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012” aufmerksam gemacht. Das wollten alle anderen Parteien nicht hören.

  4. #4 NullcoManix
    März 25, 2020

    @Moreno : Diese Bundestags-Drucksache zirkuliert seit Wochen in einschlägigen Diskussionen. Nun ist sie offenbar auch dem Herrn Galuland zugetragen worden. Und der meint nun, diese — seine — Entdeckung dem Bundestag bekannt machen zu müssen.
    Kann man es den Abgeordneten verdenken, wenn sie hierauf nur mit mäßigem Interesse reagieren?

  5. #5 Beobachter
    März 26, 2020

    Ja, diese Bundestags-Drucksache aus dem Jahre 2012 zirkuliert nun seit Wochen –
    wird aber selbst hier bei SB wenig beachtet bzw. z. T. auch bewusst ignoriert bis abgebügelt.
    Z. B. hier, ab # 16:

    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2020/03/12/die-mathematik-der-covid-19-pandemie/#comments

    Man hat aus Anlass der Sars-Epidemie 2003 eine Risikoanalyse im Jahre 2012 erstellt und hätte gewarnt und besser vorbereitet sein können, wenn man sie denn an verantwortlichen Entscheider-Stellen ernst genommen hätte.
    Die “Generalprobe” (CC) hatte also schon längst stattgefunden, und man hat nichts daraus gelernt.

    Und jetzt tut man so, als hätte man von nichts gewusst oder wissen können !

  6. #6 Tim
    März 26, 2020

    @ NullcoManix

    Mitleid mit dem Bundestag, der Bundesregierung und ihren untergeordneten Behörden darf es in dieser Sache nun wirklich nicht geben. Das Versagen muss nach der bewältigten Krise politische und strafrechtliche Konsequenzen haben.

  7. #7 Beobachter
    März 26, 2020

    zu # 6:

    Das Gegenteil wird passieren:

    Diverse Politiker werden hoch gelobt werden ob ihres tollen “Krisen-Managements” –
    Spahn wird schon jetzt gefeiert, weil er z. B. 10.000 Beatmungsgeräte bestellt hat (aber keine Ahnung hat, woher man die vielen qualifizierten Pflegefachkräfte hernehmen soll, die sie auch bedienen können).

    Vom Milliarden-Corona-Paket der Politik werden hauptsächlich die großen Firmen/Konzerne profitieren.

    Aber was ist derzeit/wird werden mit den Obdachlosen, mit Hartz IV-Beziehern, mit Geringverdienern, Rentnern in Altersarmut etc.?
    Bei steigenden Lebensmittelpreisen?
    Die weiter steigen werden, weil auch hiesige Ernten z. T. nicht eingebracht werden können?

    “Geld kann man nicht essen” (frei nach einer Uralt-Spruchweisheit) –
    und qualifizierte Fachkräfte kann man damit auch nicht von heute auf morgen bzw. in kürzester Zeit herbeizaubern (oder einfliegen lassen !) … !

    https://de.wikipedia.org/wiki/Vermeintliche_Weissagung_der_Cree

  8. #8 Moreno
    März 26, 2020

    NullcoManix: “Kann man es den Abgeordneten verdenken, wenn sie hierauf nur mit mäßigem Interesse reagieren?”

    Klar, warum sollte man auch von Regierung und Opposition (AfD ausgenommen) erwarten können, dass diese sich mit solchen Themen auseinandersetzen. Es reicht doch wenn es auf einen Papier steht, was von den schön-Wetter Politikern eh niemanden interessiert.

  9. #9 Tim
    März 26, 2020

    @ Beobachter

    Diverse Politiker werden hoch gelobt werden ob ihres tollen “Krisen-Managements”

    Das hieße, den Bock zum Gärtner machen, aber wahrscheinlich wird es genau darauf hinauslaufen.

    Und natürlich hat das Volk längst das Vertrauen der Politiker verspielt. Strenge Maßnahmen hätte sich Anfang Februar wahrscheinlich kein Politiker und keine Behörden getraut. Auch umgekehrt hat das Volk in ruhigen Zeiten ja wenig Vertrauen in die Politik.

    Erst wenn der Staat massiv versagt, fassen die Bürger wieder Vertrauen zu ihm. Schon bizarr.

  10. #10 Beobachter
    März 26, 2020

    @ Ernst Peter Fischer:

    Gerade habe ich versucht, einen Kommentar mit 3 Links zu posten – er ist nicht erschienen.
    Liegt es an der Anzahl der Links?

  11. #11 Beobachter
    März 28, 2020

    Wie das Alter doch zum Kriterium werden kann:

    https://www.fr.de/politik/alter-doch-kriterium-werden-kann-13631106.html

    “TRIAGE

    Wie Alter doch zum Kriterium werden kann

    Für die Triage-Empfehlungen der Fachgesellschaften gibt es Lob – aber es bleibt auch einiges offen bei der Frage, welchen Schwerkranken im Zweifel geholfen wird und welchen nicht.
    … “

  12. #12 Beobachter
    März 28, 2020

    Eine Krankenschwester berichtet:

    https://www.zeit.de/arbeit/2020-03/krankenschwester-coronavirus-arbeitsbedingungen-infektion-schutz

    “Krankenschwester

    “Ich will nicht infiziert sein und arbeiten müssen”
    Nina Böhmer muss Mundschutz und Kittel mehrfach benutzen und soll auch dann pflegen, wenn sie infiziert ist. Die Krankenschwester fordert mehr als nur ein Danke.
    … “

  13. #13 Uli Schoppe
    März 28, 2020

    Mir machen die utilitarismusversifften Triage Regeln der Italiener schon Kummer. Wir werden sehen was das bei uns wird.

  14. #14 Beobachter
    März 30, 2020

    Bei uns ist es schon jetzt SO:
    Z. B. in Pflegeheimen und in der ambulanten Pflege:

    https://aktuelle-sozialpolitik.de/2020/03/29/pflegeheime-und-ambulante-pflegedienste-inmitten-der-coronavirus-krise/

    “Aus den Untiefen der Verletzlichsten und zugleich weitgehend Schutzlos-Gelassenen: Pflegeheime und ambulante Pflegedienste inmitten der Coronavirus-Krise
    … ”

    ” … Aber am Ende des Gesprächs kommt Claus Kleber auf die dramatischen Meldungen aus den Pflegeheimen des Landes zu sprechen und befragt den Minister, was man da gemacht werden soll. Die Antworten: Man sei sehr „betroffen“ und die Ereignisse zeigen, dass „Konzepte wichtig seien“. Und alle, die gefährdet sind (wozu auch und gerade die Altenheimbewohner gehören), bedürfen unserer „besonderen Aufmerksamkeit“. Darauf Kleber zusammenfassend: Also „keine praktische Hilfe für die Altenheime“.”

    Was machen in diesen Zeiten all die Leute (die z. T. selbst schon zu “Risikogruppen” gehören !), die Angehörige zuhause pflegen, mit oder ohne Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes, oder Angehörige in Pflegeheimen haben ?!

    Was machen all die Pflegekräfte in der ambulanten und stationären Pflege ?!

    Und was machen all die Pflegebedürftigen ?!

  15. #15 Beobachter
    April 3, 2020

    Wichtiger und lesenswerter Artikel von Stefan Sell:

    https://aktuelle-sozialpolitik.de/2020/04/01/staatsversagen-und-
    staatsverlangen/

    “Staatsversagen und Staatsverlangen – am Beispiel des geplanten „Epidemiegesetzes“ in Nordrhein-Westfalen
    … ”

    ” … Und mit Blick auf die teilweise explodierenden Zahlen an COVID-19-Infektionen in Pflegeheimen werden die dort beschäftigten Menschen mit solchen Aussichten versorgt: Die niedersächsische Gesundheitsministerin hat ausgeführt, dass die infizierten Pflegekräfte mit den Infizierten Bewohnern auf einer separaten Station arbeiten sollen. Das zeigt nicht nur die Not und Überforderung, sondern sendet auch ein fatales Signal, dass bei dem einen oder anderen den Eindruck erwecken könnte, man solle sich opfern. Wie dem auch sei: Man kann es auch übertreiben mit der Ausbeutung der überdurchschnittlichen intrinsischen Motivation der Menschen, die in der Pflege, aber auch in anderen „systemrelevanten“ Berufen arbeiten.”

  16. #16 Beobachter
    April 4, 2020

    @ Jürgen Schönstein:

    Mein letzter Kommentar zum Thema MIT-Projekt –
    notgedrungen jetzt hier:

    Einen Rundum-Schlag wollte ich hier sicherlich nicht loswerden – wenn es so angekommen ist, tut es mir leid.
    Ich bezweifle ganz bestimmt nicht den guten Willen, das Engagement und die Kompetenz des MIT-Teams.

    Aber ich bezweifle, dass man jetzt auf die Schnelle billige und gute Notfall-Alternativen zu den guten, teuren, etablierten Beatmungsgeräten entwickeln kann –
    und die dann auch noch den üblichen medizinischen und technischen Mindest-Standards entsprechen und auch die üblichen Testphasen durchlaufen, um zu gewährleisten, dass sie auch sicher sind und ihren Zweck erfüllen.

    Zumal ja auch dann noch, falls es tatsächlich klappen sollte, es immer noch qualifizierte Fachkräfte geben muss, die damit umgehen können und diese neuen Notfall-Geräte bedienen können.
    Es fehlen ja schon Fachkräfte, die sich mit den üblichen Beatmungsgeräten auskennen – und jeder Intensiv-Patient ist anders, jeder Beatmungspatient ist anders, es muss nicht immer intubiert werden usw. etc.
    Das ist alles nicht so einfach, wie sich viele Leute, vor allem Technik-Begeisterte und Ingenieure, das vorstellen.
    Der Mensch ist keine Maschine, in die man oben nur Luft reinpumpen muss, damit er wieder funktioniert !

    Das war`s – alles Gute … !

  17. #18 Beobachter
    April 13, 2020

    Wer in diesen Pandemie-Zeiten plötzlich die “systemrelevanten” (oft unterbezahlten) Berufe entdeckt und beklatscht, aber ansonsten bei deren fehlender Wertschätzung bleibt und dazu noch einem ausgeprägten Sozialdarwinismus das Wort redet, dem seien die aktuellen Blogbeiträge von Stefan Sell zu empfehlen:

    Z. B.:

    https://aktuelle-sozialpolitik.de/2020/04/09/covid-19-arbeitszeitverordnung/

    Denn es ist schon erstaunlich bis erschreckend, wie manche Leute ihren Biologismus, den sie vertreten, auch noch mit “grünem Ökologismus” bemänteln –
    wenn sie über Nach-Corona-Zeiten “nachdenken” …

  18. #21 Beobachter
    April 14, 2020

    Welche Bevölkerungsgruppen trifft es während einer Pandemie besonders hart –
    und welche Bevölkerungsgruppen wird es “danach” besonders hart treffen ?
    Wer wird die Auswirkungen besonders zu spüren bekommen, und wer wird dafür spürbar zahlen müssen ?
    Nicht nur mit Geld, sondern auch mit gesellschaftlicher Teilhabe ?

    Interessanter Artikel in der TAZ –
    zum Schweigen der Grünen in dieser wichtigen Frage, denn was nicht benannt wird, ist nicht wichtig, findet (sehr beredt) nicht statt …

    https://taz.de/Die-steile-These/!5675232/
    (von Ulrich Schulte)

    “Die steile These
    Umverteilung? Kein Thema für Grüne
    Grüne wissen, wie wichtig Worte sind. Interessant, worüber sie schweigen: Wer wird am Ende für die Krise zahlen?
    … “

  19. #22 Beobachter
    April 22, 2020

    Pflegekräfte werden in der “Corona-Krise” zwar “beklatscht” und sind plötzlich “systemrelevant”, werden gerade da verheizt bis zum Gehtnichtmehr – und die so vollmundig versprochenen Prämien will keiner bezahlen:

    https://aktuelle-sozialpolitik.de/2020/04/21/es-hat-sich-ausgeklatscht/

    “Es hat sich ausgeklatscht und die versprochene Prämie für Pflegekräfte in der Altenpflege will keiner zahlen
    … ”

    Der Gipfel des Zynismus:

    ” … »Außerdem, so hebt der Brandbrief hervor, stelle sich auch eine … Gerechtigkeitsfrage: Es sei zwar richtig, der Leistung der Pflegekräfte Respekt zu zollen. Man müsse aber auch sehen, „dass sie in der derzeitigen Krise einen sicheren Arbeitsplatz haben und ihr volles Gehalt beziehen, während viele Beschäftigte in anderen Branchen in Kurzarbeit gehen müssen oder sogar ihren Arbeitsplatz verlieren.“ Diese Beschäftigten als Beitragszahler mit der Pflegeprämie zu belasten sei nicht in Ordnung.«
    … ”

    So Volker Hansen, Vertreter der Arbeitgeberseite im Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbands.

    usw. etc. …

  20. #23 Beobachter
    April 27, 2020

    Zum Thema Maskenpflicht bei Seuchengefahr:

    https://www.der-postillon.com/2020/04/laschet-maske.html

    NRW-Ministerpräsident Laschet macht vor, wie`s geht !

  21. #24 Beobachter
    April 29, 2020

    Bei Seuchengefahr kommt – parteiübergreifend und selbst bei “Spitzenpolitikern” –
    “Sozialdarwinismus” zum Vorschein:

    z. B. :

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article207575263/Boris-Palmer-Retten-Menschen-die-in-halbem-Jahr-sowieso-tot-waeren.html

    “DEUTSCHLAND
    BORIS PALMER
    „Wir retten möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“
    … ”

    ” … Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn bezeichnete Palmers Position auf Twitter als „sozialdarwinistisch“. … ”

    ” … Gegenüber der F.A.Z. hatte Palmer zuvor noch gesagt, er habe nur „Fakten der Vereinten Nationen und einen Zielkonflikt“ beschrieben. Und weiter: „Ich weiß nicht, wie ich mich für Fakten entschuldigen könnte.“ “