Es gibt eine Metapher zur Beschreibung der Wissenschaft, in der man sich den wissenschaftlichen Prozess als Zusammentragen und Anhäufen von immer mehr Wissen vorstellt. Das ist ein schönes Bild: Fleißige Experimentatoren und Feldforscher bringen von überall her in Eimern und Schubkarren verschiedenste Baustoffe, Grobes und Feines, das die Theoretiker dann zu handlichen Stücken formen und aufschichten, oder mit großen Schaufeln den wachsenden Hügel hinaufschaufeln, auf dem sie stehen.

Mancher, der da werkelt, bringt mit seiner Konstruktion gerade die wunderschöne Sandburg des Nachbarn zum Einsturz, während ein anderer, der das Werk eines Vorgängers für das seine zum Fundament macht, dabei die Zinnen und Türmchen abträgt, die dem Vorfahr so lieb waren, und die Fenster des alten Gebäudes vermauert, damit das eigene einen sichereren Stand gewinnt.

Nun hat das Unternehmen keinen zentralen Baumeister, keinen dirigierenden Architekten, keine behördliche Prüfstelle für Statik und Architektur. Die ganze Baustelle gleicht eher dem Turmbau zu Babel zu Zeiten der Sprachverwirrung als einer modernen Großbaustelle mit Projektplan und Bauabnahme.

Es ist natürlich nicht so dass jeder vor sich hin arbeitet ohne Rücksicht auf die Bauwerke der anderen: Jeder hat das Ziel, an einem strahlenden, beeindruckenden und weithin sichtbaren Gebäude ein möglichst wichtiges und großes Stück selbst zu bauen. Da stimmt man sich ab, da präsentiert man den anderen ein besonders schön gelungenes Bauelement, da schaut man gern auch den anderen über die Schulter. Und wo ein erfolgreicher Theoretiker besonders schöne, haltbare oder große Konstruktionen errichtet, da siedeln sich in der Nähe Kollegen an, die seinen Baustil imitieren oder ihre Mitarbeit anbieten, um zu lernen und später vielleicht die Arbeit des großen Meisters fortsetzen zu können.

Hier und da sieht man weiß bekittelte Experten zusammenstehen, die über die Stabilität der neuesten Erhebung diskutieren, sodann wieder auseinander laufen um an den verschiedensten Stellen weiter zu schippen, zu formen und zu schaufeln. Ein Theoretiker spricht mit einem Experimentator über die genaue Herkunft des Materials und schickt ihn vielleicht zielgerichtet zu einem bekannten Abbau-Ort, um dort weiter nach wertvollen Baustoffen zu graben, während andere Forscher den Theoretikern einfach Wagen voller unbekannter Materialien vor die Füße schütten, die diese dann in bestehende Konstruktionen einzuarbeiten versuchen. Einige Mutige nehmen aber den neuen Baustoff, prüfen seine Festigkeit und bauen damit einfach etwas Neues.

Denn niemandem ist verboten, auf der großen Baustelle eine nie dagewesene Säule, eine Mauer in unbekanntem Stil oder ein kleines Türmchen in ganz neuer Form zu errichten. Im schlimmsten Falle wird sein Werk wieder eingeebnet, überbaut von späteren Gemäuern oder einfach als Stützpfeiler im Fundament des nächsten Geschosses verwendet.

Wenn nun von ferne sich ein außen stehender nähert, kann er versuchen, die Idee des Gebäudes zu erkennen: Soll das ein Turm werden oder eine Pyramide, ein Wohnhaus oder ein repräsentativer Zweckbau? Er kann in den vielen Handlungen die ideale Tätigkeit des Bauens zu beschreiben versuchen, und in den unterschiedlichen Teilen kann er vorherrschende Baustile erkennen, die er auf ihre Funktionalität und die Qualität ihres Beitrags zum Gesamtunternehmen hin beurteilt.

Aber wie viele unterschiedliche Arbeitsweisen, Stile, Materialien und Elemente verträgt ein Gebäude, damit man in ihm noch den Idealtyp des Turms oder der Pyramide erkennt? Ist es nicht angemessener, die Großbaustelle als das zu beschreiben, was sie ist: ein wachsender, sich ausdehnender Komplex, der seine Faszination weniger aus er Ebenmäßigkeit und Klarheit eines geplanten modernen Funktionsbaus sondern durch die Vielfalt eines immer wieder umgebauten und erweiterten alten Schlosses gewinnt?

Wo der Wissenschaftstheoretiker a la Karl Popper den idealen Bau und die ideale Technik zum systematischen Aufbau immer größerer und doch stabiler Konstruktionen zu beschreiben versucht, wird ein Wissenschaftsforscher wie Bruno Latour lieber den Wegen der wirklichen Transportfahrzeuge folgen, wird er den klebrigen Baustoff prüfend zwischen den Fingern zerreiben und den Handwerkern beim Formen und Aufschichten der Bausteine über die Schultern sehen.

Denen die da arbeiten, kann beider Bericht wertvoll sein, vor allem, wenn sie den Umstehenden begreiflich machen wollen, dass ihr Werk und ihre Art zu bauen allemal nutzbringender ist als das Errichten von filigranen Kartenhäusern und bunten Kulissen aus Pappmache. Den Entwurf des Wissenschaftstheoretikers können nutzen, um ihr eigenes Ideal vom Sinn und vom Ziel des Unternehmens zu prüfen und zu formulieren, während sie die Karten und Reisebeschreibungen des Wissenschaftsforschers benutzen können, um sich besser in dem Gewirr von Materialien halbfertigen Teilabschnitten und Resten von früheren, fast abgetragenen Mauern zurecht zu finden.

Kommentare (25)

  1. #1 Thilo
    Juni 8, 2009

    Das ist alles sehr schön und weihevoll formuliert, beantwortet aber freilich noch nicht die Frage, WAS man aus Latours Buch denn nun lernen kann.

  2. #2 Troy
    Juni 8, 2009

    Es stellt viel mehr die Frage ob die subventionierung der Schulwissenschaft gerechtfertigt ist.

  3. #3 Thilo
    Juni 8, 2009

    Inwiefern?

  4. #4 Thilo
    Juni 8, 2009

    Oder anders gefragt: ist das Ihre Meinung oder die von Latour?

  5. #5 Jörg Friedrich
    Juni 8, 2009

    In diesem Text geht es weder um Bruno Latour (er kommt, wie Popper, nur als Beispiel am Rande vor) noch um die “Subventionierung” eine “Schulwissenschaft” (was auch immer das sein mag.

  6. #6 Thilo Kuessner
    Juni 8, 2009

    Okay, ich geb ja schon Ruhe. Nur eines noch:
    Ich find’s immer wieder Klasse, mit was für einfallsreichen Argumenten Sie begründen, warum diese oder jene Frage nicht beantwortet werden muß. Erinnert mich irgendwie an den Mathe-Lehrer in Musils “Die Verwirrungen des Zöglings Törless”.

  7. #7 Troy
    Juni 8, 2009

    Jörg Friedrich· 08.06.09 · 11:48 Uhr
    In diesem Text geht es weder um Bruno Latour (er kommt, wie Popper, nur als Beispiel am Rande vor) noch um die “Subventionierung” eine “Schulwissenschaft” (was auch immer das sein mag).

    Tut mir Leid.
    Um was geht es dann?

    “Schulwissenschaft” (was auch immer das sein mag).

    Ist es nicht das was in den “Schulen” gelehrt wird und meistens mit der Realität nicht übereinstimmt?

  8. #8 Martin
    Juni 8, 2009

    Zum Thema “Schulwissenschaft” und Realität: Wenn man mal vom Fach “Religion” absieht, habe ich im Schulstoff der Bereiche Physik, Chemie, Biologie, Französisch, Englisch usw. bisher keinerlei fundamentale Irrtümer und Widersprüche zur Realität entdecken können. Gut, über die chronische Rechtschreibschwäche meines Englisch-Lehrers könnte man natürlich diskutieren …

  9. #9 Jörg Friedrich
    Juni 8, 2009

    @Thilo Kuessner: Das Problem ist möglicherweise, dass Sie seit einem Monat zu wissen meinen, was die “Richtung meiner Posts” ist und sich nun damit abkämpfen, da irgendwie jeden neuen Text einzupassen. Vielleicht sollte Sie allmählich neue Hypothesen in Betracht ziehen oder einfach ganz auf sie verzichten, dann kommen Sie irgendwann übrigens auch darauf, was Sie von Latour lernen können, andere haben es ja inzwischen verstanden und Ihnen sogar schon Hinweise gegeben.

    @Troy: Es geht um die Frage, wie weit ein reales Phänomen von einem Idealbild abweichen darf, bis die Betrachtung des Idealbildes als Modell der Realität sinnlos wird.

  10. #10 Troy
    Juni 8, 2009

    Jörg Friedrich· 08.06.09 · 15:46 Uhr
    @Troy: Es geht um die Frage, wie weit ein reales Phänomen von einem Idealbild abweichen darf, bis die Betrachtung des Idealbildes als Modell der Realität sinnlos wird.

    Moment, ein “Phenomen” ist wortwörtlich etwas “sichtbares”, eine “erscheinung”. Ich brauche kein “Idealbild” davon. Ein Idealbild kann ich mir eher von seiner Ursachen machen, weil ich eben keine direkte Wahrnehmung davon habe. So gesehen wird dieses Idealbild laufend sinnlos, oder sich ständig verändern je mehr ich die Ursachen des Phenomens verstehe.
    Wenn ich die “Singularität” der Ursachen erreicht habe brauche ich kein Ideales Bild mehr. Oder dieses stimmt mit der Ursachen überein.
    Daher ist die Ableitung berechtigt ob die Schulwissenschaft weiter mit Steuergelder subventioniert werden sollte wenn sie diese Annäherung an die Ursachen der Natur nicht verstanden hat, und nur herumexperimentiert auf der suche nach Kuriositäten. Solche die einem berühmt und, im bestem Fall, auch reich machen würden.

  11. #11 Thilo
    Juni 8, 2009

    @ Troy: Sie haben den Artikel nicht gründlich gelesen. Im Artikel war nicht von “Kuriositäten” die Rede, sondern von “filigranen Kartenhäusern und bunten Kulissen aus Pappmache”.

  12. #12 Jörg Friedrich
    Juni 8, 2009

    @Thilo Kuessner: Wobei sich das Bild von den “filigranen Kartenhäusern und bunten Kulissen aus Pappmache” nicht auf die wissenschaftlichen Bauten bezieht, ebensowenig wie man meine Beschreibung des wissenschaftlichen Arbeitens als “Herumexperimentieren auf der Suche nach Kuriositäten” verstehen kann.

    @Troy: das “Phänomen” das ist hier die Wissenschaft, wie sie uns tatsächlich erscheint. Ich habe hier mal die Metapher der Baustelle gewählt, auf der ein Gebäude entsteht, welches man im Idealfall als Pyramide ansehen kann. Man kann sich dann mit der Standfestigkeit von Pyramiden, dem optimalen Neigungswinkel, der richtigen Grundfläche zum erreichen einer bestimmten Höhe beschäftigen. Man kann sich aber auch ansehen, was die einzelnen tun und sich fragen: Wird das überhaupt wirklich eine Pyramide? Muss es eine werden? Vielleicht glaubt auch jeder, an eine langweiligen Pyramide zu bauen und gerade dadurch entsteht eine interessante abwechslungsreiche Siedlung. Die Frage, die Sie stellen, ist nicht nach der Absicht der Bauleute zu beantworten sondern danach, ob die gesellschft dringend eine Pyramide oder eine Stadt braucht.

  13. #13 Troy
    Juni 8, 2009

    Jörg Friedrich· 08.06.09 · 16:55 Uhr
    @Troy:……. an eine langweiligen Pyramide zu bauen und gerade dadurch entsteht eine interessante abwechslungsreiche Siedlung. Die Frage, die Sie stellen, ist nicht nach der Absicht der Bauleute zu beantworten sondern danach, ob die gesellschft dringend eine Pyramide oder eine Stadt braucht.

    Was Sie wie ein Spaziergang durch einem Erlebnispark beschreiben ist von der Realität aber sehr weit entfernt. Entspricht nicht annähernd den Wissenschaftsbetrieb.
    Es sollte übrigens, auch die Aufgabe dieser Legospielender Wissenschaftler sein, die Frage zu beantworten ob die Gesellschaft eine Pyramide oder eine Stadt braucht. Andernfalls muss man sie nicht mehr auf kosten der Gesellschaft alimentieren.

  14. #14 Jörg Friedrich
    Juni 9, 2009

    @Troy: “Es sollte übrigens, auch die Aufgabe dieser Legospielender Wissenschaftler sein, die Frage zu beantworten ob die Gesellschaft eine Pyramide oder eine Stadt braucht.”

    Es ist eine interessante These, die Sie da aufstellen und ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen da ganz zustimmen kann. Aber Sie haben mich auf eine gute Idee für einen neuen Text gebracht.

  15. #15 Troy
    Juni 9, 2009

    Jörg Friedrich· 09.06.09 · 11:54 Uhr
    Es ist eine interessante These, die Sie da aufstellen und ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen da ganz zustimmen kann. Aber Sie haben mich auf eine gute Idee für einen neuen Text gebracht.

    Werde ich gerne lesen.

  16. #16 Bundesratte
    Juni 9, 2009

    >”Sandburg, Zinnen und Türmchen, Fenster, zentraler Baumeister, dirigierende
    >Architekten, schippen, formen und schaufeln, Abbau-Ort, ein kleines Türmchen,
    >Pyramide, klebriger Baustoff, filigrane Kartenhäuser und bunten Kulissen aus Pappmache,
    >Erlebnispark, Legospielender Wissenschaftler…”

    Heieiei, Sie zwei stehen ja bis zum Hals im Metaphernsalat…

    Wäre es da für den Chefsalatier nicht mal an der Zeit, den Füßen der Argumentation die Kreppsohlen der Nachvollziehbarkeit überzustreifen und in der Schüssel (eine “acht” beschreibend) das stetig aufsteigende ölige Dressing des Relativismus aufzunehmen? Man bedenke: ist die Gurke einmal endgültig mariniert, ist sie zu nichts anderem mehr zu gebrauchen.

    Zurück zum Bauwesen: Offene Baustellen haben Sie ja einige in ihrem Blog, Herr Friedrich. Wieso führen Sie keinen einzigen Gedanken zu Ende? Und wieso ziehen Sie sich aus jeder Diskussion mit den Sciencebloggern zurück, sobald man Ihre Argumente prüft? Nun lese ich mit Sorge, dass Sie bereits das nächste “Projekt” angehen; so wird das nie ein Türmchen…

  17. #17 Bundesratte
    Juni 23, 2009

    Später Nachtrag zur Erläuterung (aus einem anderen Blog kopiert, aber hier gehört es eigentlich hin):

    “Die “Großbaustelle” als Vergleich hat eine gefährlich missverständliche Implikation, nämlich die, dass wissenschaftliches Arbeiten im Konstruieren von Zusammenhängen besteht, statt im Entdecken und Herausarbeiten derselben.

    “Malen nach Zahlen”:
    Wenn man dieses Bild übernimmt und bereitwillig daran mitpinselt, darf man sich nicht wundern, wenn am Ende das Bild des Luftschlösschens an der Wand hängt.

    Hätte Herr Friedrich seine Burg im Boden vergraben, und die Zinnen und Türmchen die Wissenschaftler ausbuddeln lassen, hätte ich das Bild nicht moniert.”

    https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/06/der-wert-der-sinnlosigkeit.php#comment43740

  18. #18 Geoman
    Juni 24, 2009

    @ Bundesdesratte

    Um Ihre an Bildbruch grenzende Bildbeugung aufzugreifen, vielleicht folgende Ergänzung zur Jörg Friedrichs aufschlussreichem Bild von der Großbaustelle:

    Natürlich gibt es auch Wissenschaftler, die im Boden oder Dreck wühlen, aber die finden dort keine Türme und Zinnen, sondern wenn sie Glück haben Ruinen. Und über deren Rekonstruktion zu Türmen und Zinnen wird dann heftig gestritten und zwar mit Vorliebe öffentlich, wenn wir z. B. an Troja denken.

  19. #19 Geoman
    Juni 24, 2009

    @ Bundesratte

    Um Ihre an Bildbruch grenzende Bildbeugung aufzugreifen, vielleicht folgende Ergänzung zur Jörg Friedrichs aufschlussreichem Bild von der Großbaustelle:

    Natürlich gibt es auch Wissenschaftler, die im Boden oder Dreck wühlen, aber die finden dort keine Türme und Zinnen, sondern wenn sie Glück haben Ruinen. Und über deren Rekonstruktion zu Türmen und Zinnen wird dann heftig gestritten und zwar mit Vorliebe öffentlich, wenn wir z. B. an Troja denken.

  20. #20 radicchio
    Juni 24, 2009

    »den Füßen der Argumentation« welcher argumentation denn?

    ich kann beim besten willen keine problemstellung im EP erkennen. schon die metapher großaustelle ist falsch gewählt. impliziert sie doch, dass da irgendwann einmal etwas fertig gebaut wird. hätte er sich für siedlung als metapher entschieden, wären seine herleitung wesentlich schlüssiger ausgefallen. oder aber, das problem wäre ganz ohne stuck und türmchen formuliert worden. ist ja kein lit-blog hier.

  21. #21 Jörg Friedrich
    Juni 24, 2009

    @Bundesratte: In der Tat besteht wissenschaftliches Arbeiten im Wesentlichen im Konstruieren von Zusammenhängen, nur dass dieses Konstruieren nicht beliebig ist, sondern zum einen nur zu einem stabilen Bau führt, wenn die Eigenschaften der Elemente richtig verstanden wurden und zum anderen nur dann von anderen akzeptiert wird, wenn die Konstruktion irgendwie nutzbar ist.

    @radiccio: Es gibt viele Großbaustellen, die niemals fertig werden. Und wenn Sie den text selbst lesen, werden sie erkennen, dass das Ziel der leute, die da werkeln, kein fertiger Bau ist. Der Unterschied zur idealen Großbaustelle ist deutlich benannt.

    Metaphern dienen überall zur Erkenntisgewinnung oder veranschaulichung, auch in der Wissenschaft, nicht nur in der Literatur. Aber die Philosophie ist natürlich dichter an der Literatur als die Wissenschaften, deshalb gibt es hier auch öfter Metaphern.

  22. #22 radicchio
    Juni 24, 2009

    »Philosophie ist natürlich dichter an der Literatur als die Wissenschaften, deshalb gibt es hier auch öfter Metaphern.«

    dichter dran am dichter.
    philosophie als nudeleintopf.
    mahlzeit.

  23. #23 Bundesratte
    Juni 25, 2009

    @Friedrich:
    > In der Tat besteht wissenschaftliches Arbeiten im Wesentlichen im Konstruieren von
    >Zusammenhängen…

    Danke. Ich befürchte nämlich schon seit langem, dass ich Sie richtig verstehe.

    >Metaphern dienen überall zur Erkenntisgewinnung oder veranschaulichung, auch in
    >der Wissenschaft, […]

    Der Satz ist schlimm genug, aber es ist noch viel schlimmer: Metaphern, Bilder, Analogien können mindestens so gut veranschaulichen, wo der Denkfehler liegt, bzw. sie können verschleiern oder Unbegründetes insinuieren. Und das können die Analogien umso besser, je länger man- trotz Nachfragen- an ihnen festhält. 😉

    Als Ihr Spin-Doctor hätte ich Ihnen ja schon vor langer Zeit empfohlen, zum Thema “Theoriebildung” o.ä. umzuschwenken. Das hätte ihr Türmchen- und Erker- Bild ad hoc gerettet. (Es verwundert mich auch, dass Sie diese Möglichkeit zur Konkretisierung nicht genutzt haben, es sei denn, sie wollten den Eindruck aufrechterhalten, den Ihr Blogartikel erweckt: Wissenschaften konstruieren die Zusammenhänge.)

    Also, was nun?
    Fehler eingestehen?
    oder
    Fehler wiederholt begehen?

    Bundesratte

  24. #24 Bundesratte
    Juni 25, 2009

    @radicchio· 24.06.09 · 15:36 Uhr
    >»den Füßen der Argumentation« welcher argumentation denn?

    Hast Recht. Mein Optimismus geht- wie immer- auf meine Kappe…

  25. #25 Jörg Friedrich
    Juni 25, 2009

    @Bundesratte: Vielleicht erläutern Sie zunächst einmal, welches Problem Sie mit der Sicht haben, dass Wissenschaft ein Prozess der Konstruktion ist – und zwar sowohl in ihrer empirischen als auch in ihrer theoriebildenden Arbeit.

    1. In der empirischen Arbeit, soweit sie sich auf die Untersuchung bereits abgeschlossener Prozesse bezieht (Geschichte, Paläontologie, Archäologie, Kosmologie) spricht man ganz klar und offen vom Re-Konstruieren.

    2. Die experimentelle Arbeit ist im Wesentlichen eine Konstruktion von Versuchsanordnungen, in denen Effekte auftreten und Phänomene klar beobachtet werden können

    3. Die Theoriebildende Arbeit besteht in der Konstruktion von Entitäten, mit denen empirische Befunde beschrieben und neue vorhergesagt werden können.