Wissenschaft hat zum Ziel, Wissen hervorzubringen. Aber wann hat sie dieses Ziel erreicht? Ist es überhaupt erreichbar und wenn ja, woran würde man erkennen, dass ein wissenschaftliches System von Aussagen nun endlich wirklich sicheres Wissen über die Welt enthält?

In der täglichen Arbeit hat man als Wissenschaftler ein ziemlich gutes Gefühl dafür, ob eine Tatsachenbehauptung nur eine vage Vermutung, schon ein gute Hypothese oder gar ein sicherer Bestandteil einer erfolgreichen Theorie ist. Aber wenn man versucht, genauer zu formulieren, wie sicher eine Aussage ist, ob sie als bewiesen gelten kann, ob man sicher sein kann, dass sie wahr ist, dann gerät man in Schwierigkeiten.

Vielleicht sollte man, wenn man Schwierigkeiten hat, ein so hohes Ziel wie „Wahrheit” zu erreichen oder auch nur zu bestimmen, zunächst etwas bescheidener sein. „Wissen” ist etwas, was mit einem Subjekt zu tun hat: „Ich weiß”, „Wir wissen” – Wahrheit hat immer den hohen Anspruch der Objektivität, letztlich der Absolutheit. Subjektive Formulierungen, die sich auf Wahrheit beziehen, lauten „Ich halte es für wahr, dass…” oder „Wir sehen es als erwiesen an, dass…”

Das Problem der Wahrheit in der Wissenschaft wird dann zu einem Problem der Begründung von Überzeugungen, die von Wissenschaftlern für wahr gehalten werden. Und dieses Problem ist wesentlich einfacher als die Frage, ob Theorien wirklich wahr sind und woher man das wissen kann.

Es gibt ganz verschiedenen Methoden der Begründung von Überzeugungen in der Wissenschaft. Eine davon ist zwingend, und wie es meistens mit zwingenden Begründungen ist, ist sie negativ: Eine Überzeugung, die man für wahr hält, darf nicht mit anderen Überzeugungen, die man ebenfalls für wahr hält, in Widerspruch stehen. Das heißt natürlich nicht, dass man zwingend die neu gewonnene Überzeugung für falsch halten muss, wenn jemand zeigt, dass sie bisherigen, als wahr angesehenen Überzeugungen widerspricht. Aber über kurz oder lang strebt jeder Wissenschaftler und die wissenschaftliche Gemeinschaft als Ganze Systeme von Überzeugungen an, die in sich widerspruchsfrei sind. Und wenn eine neu gewonnene Hypothese mit bisherigen Überzeugungen nicht im Widerspruch steht, dann hat sie schon einmal eine große Hürde auf dem Weg, als wahr angesehen zu werden, übersprungen.

Eine Reihe weiterer Argumente, ein Satzsystem als wahr anzusehen, kann man als bewährte Hilfsmittel ansehen, die sich für die Stützung von neuen Hypothesen immer wieder als nützlich erwiesen haben, ohne dass sie auf lange Sicht ausreichend wären um eine Überzeugung zu rechtfertigen: Klarheit, Einfachheit, Schönheit. Es ist bekannt, dass von Kopernikus bis Einstein solche eher ästhetischen Begründungen immer wieder auf Zeit herangezogen wurden, wenn bessere Argumente noch fehlten.

Diese „besseren Argumente” für die Rechtfertigung von Überzeugungen sind in den Wissenschaften die empirischen Beobachtungen. Eine Überzeugung hat in der Wissenschaft überhaupt nur eine Chance, als wahr angesehen zu werden, wenn sie die Möglichkeit eröffnet, nicht nur für eine, sondern für viele und möglichst unterschiedliche Bedingungen und Situationen vorherzusagen, was beobachtet wird oder umgekehrt, bereits vorliegende Beobachtungen als logische Folge der hypothetischen Überzeugung zu erklären.

Hier zeigt sich, dass in den Wissenschaften überhaupt nur eine bestimmte Sorte von Überzeugungen relevant ist: In einer Wissenschaft geht es überhaupt immer nur um solche Überzeugungen, aus denen man entweder mit zwingender Sicherheit Behauptungen für Beobachtungssituationen ableiten kann, die dann überprüft werden können oder die als logisch hinreichende Begründungen für bereits gemachte Beobachtungen gelten können.

Wichtig ist, dass es mehrere und verschiedene Beobachtungssituationen sein müssen, die als Rechtfertigungen für Überzeugungen herangezogen werden. Umso unterschiedlicher die Bedingungen sind, desto besser für die Rechtfertigung einer These, die ein Wissenschaftler für wahr hält. Immer wieder das gleiche Experiment wiederholen und immer wieder das gleiche Ergebnis erhalten verbessert nicht die Sicherheit, dass die zugrunde liegende Theorie wahr ist, aber wenn man im Laufe der Zeit immer neue Experimente ausdenken kann, deren Ergebnisse mit der Theorie, die da zur Debatte steht, gut begründet werden können, dann gewinnt man immer mehr Sicherheit, dass man berechtigt ist, eine Theorie für wahr zu halten.

Dass ein Wissenschaftler dann irgendwann den Satz, der zuerst eine vage Hypothese war, für eine sichere Wahrheit hält, ist natürlich eine Entscheidung, die er entweder subjektiv für sich allein oder gemeinsam mit Kollegen trifft. Dieser Tatsache haftet zwar etwas von Willkür und Subjektivität an aber man muss sich darüber klar sein, dass zwar der genaue Moment subjektiv bestimmt wird, in dem aus einer Hypothese eine Gewissheit, eine sichere Überzeugung wird, der Weg, auf dem man von einer Vermutung zu einer Überzeugung kommt, ist aber ein Verfahren, das durch die ganze wissenschaftliche Gemeinschaft akzeptiert wird.

Solch eine Weise, Überzeugungen zu begründen, ist natürlich grundsätzlich dem Zweifel ausgesetzt. Aber mit dem Zweifel ist es ebenso wie mit der Überzeugung: Er muss begründet sein. Man ist umso mehr berechtigt, eine Überzeugung als wahr anzusehen, desto weniger begründeten Zweifel es gibt.

Wissenschaftliches Arbeiten ist also kein Verfahren zum Finden von Wahrheiten sondern ein Weg zur Rechtfertigung einer bestimmten Sorte von Überzeugungen. Wissenschaftliche Sicherheit erlangt man, indem man für seine Überzeugungen immer neue verschiedene Bewährungssituationen schafft, und wenn man so viele gefunden hat, dass man sie gar nicht mehr alle aufzählen kann, dann kann man mit gutem Gewissen sagen, dass man diese Überzeugungen als wahr ansieht.

Kommentare (76)

  1. #1 Christian W
    Juni 25, 2009

    Herr Friedrich, Sie machen dieselben Fehler immer und immer wieder:

    Der zentrale Begriff Ihres Artikels “Überzeugung” wird ohne jede Erklärung oder Definition eingeführt und als integraler Bestandteil wissenschaftlichen Arbeitens diskutiert. Dabei wird nicht einmal deutlich, ob Sie von Ihrem Überzeugungsbegriff sprechen oder von einem aus der Wissenschaft. Falls ein “wissenschaftlicher Überzeugungsbegriff” gemeint sein sollte, ist wieder einmal der gesamte Blog-Eintrag komplett für die Mülltonne, da es in der Wissenschaft wie schon so oft geschrieben um Daten, Vermutungen/Annahmen, (Hypo-)Thesen, Sätze, Gesetze und Theorien geht, von denen man (nicht nur forschende Wissenschaftler) gerne jeweils überzeugt sein kann oder nicht, ohne dass das irgendeinen Einfluss auf sie hätte. Die Wissenschaft ist doch gerade die Methode, von persönlicher oder kollektiver Überzeugung unabhängig zu untersuchen, ob irgendetwas richtig oder falsch sein könnte.
    Desweiteren wird auf jeden Bezug, jede Quelle und jeden sonstigen Hinweis darauf verzichtet, dass der Artikel etwas anderem als Ihrem persönlichen Geist entsprungen sein könnte. Gerade wenn man über die wissenschaftliche Wahrheitsfindung schreibt, entbehrt das nicht einer gewissen Ironie.
    Aus diesen Gründen wäre bereits rein methodisch (aus falschen oder schlechten Thesen können wohl kaum valide Sythesen resultieren) kein belastbarer Erkenntnisgewinn zu erwarten und folgerichtig erscheinen auch wieder eine ganze Reihe fragwürdiger bis klar falsche Schlüsse:

    Eine Überzeugung, die man für wahr hält, darf nicht mit anderen Überzeugungen, die man ebenfalls für wahr hält, in Widerspruch stehen. Das heißt natürlich nicht, dass man zwingend die neu gewonnene Überzeugung für falsch halten muss, wenn jemand zeigt, dass sie bisherigen, als wahr angesehenen Überzeugungen widerspricht.

    Doch, genau das bedeutet es. Es sei denn, Sie reden nicht von Wissenschaft.

    Und wenn eine neu gewonnene Hypothese mit bisherigen Überzeugungen nicht im Widerspruch steht, dann hat sie schon einmal eine große Hürde auf dem Weg, als wahr angesehen zu werden, übersprungen.

    Nö, das ist die Mindestanforderung. Eine große Hürde wäre bspw. etwas zu erklären, was die bisherigen Theorien nicht erklären können.

    Immer wieder das gleiche Experiment wiederholen und immer wieder das gleiche Ergebnis erhalten verbessert nicht die Sicherheit, dass die zugrunde liegende Theorie wahr ist

    Doch, das tut es sehr wohl. Nicht notwendigerweise, nicht hinreichend und schon gar nicht endgültig, aber eine Erhöhung der Sicherheit wird zum Beispiel erreicht, wenn ich eine Münze nicht nur einmal, sondern 5 mal oder 1.000 mal werfe.
    Wieso eigentlich jetzt plötzlich Theorie? Vorher ging es immer nur um die “Überzeugungen”…

    Dass ein Wissenschaftler dann irgendwann den Satz, der zuerst eine vage Hypothese war, für eine sichere Wahrheit hält, ist natürlich eine Entscheidung, die er entweder subjektiv für sich allein oder gemeinsam mit Kollegen trifft.

    Möglich. Jeder Wissenschaftler ist ja meist auch eine Person und Personen haben stets auch Überzeugungen. Bei der Frage, ob etwas wahr ist oder nicht, wird aber nicht entschieden, sondern gemessen, experimentiert, gesammelt, belegt, widerlegt, gerechnet und all das getan, worauf Sie verzichten: wissenschaftlich gearbeitet. Über wissenschaftliche Wahrheiten und Irrtümer wird nie entschieden oder abgestimmt.

    usw. usf.
    ___

    Fazit: unscharfe, nicht erklärte Begriffe; keinerlei Quellenangaben; ergo null Substanz hinter sämtlichen Behauptungen und Schlüssen

    Ich befürchte, sogar geisteswissenschaftlichen Ansprüchen würde der Text in keiner Weise genügen und nicht einmal einen Schein in einem Grundstudiums-Seminar erbringen. Natürlich ist niemand gezwungen, in seinem persönlichen Blog irgendwelchen Ansprüchen zu genügen, aber wenn man bei den Scienceblogs über wissenschaftliches Arbeiten schreibt und dabei weniger methodische Sorgfalt an den Tag legt als selbst ein Großteil der Kommentatoren, braucht man sich nicht wundern, wenn seine Legitimation dazu fortlaufend in Zweifel gezogen wird.

  2. #2 MartinB
    Juni 25, 2009

    Wie auch in vielen anderen Ihrer Artikel bauen Sie meiner Ansicht nach eine falsche Dichotomie auf, in diesem Fall “wahr-falsch”.
    Es mag Sie schockieren, aber für mich als praktizierenden Wissenschaftler ist die Frage, ob eine Theorie “wahr” ist, vollkommen unerheblich. Was relevant ist, ist, ob sie überprüfbar korrekte Vorhersagen macht – mehr kann ich empirisch nicht herausfinden. Darüber hinaus muss man sich immer über den Gültigkeitsbereich der Theorie klar sein.

    Ich versuche es mal mit einem Beispiel: Ist der Satz “Ein Wasserstoffatom besteht aus einem Elektron und einem Proton.” wahr oder falsch? In vieler Hinsicht ist der Satz korrekt in dem Sinne, dass ich damit sinnvolle Vorhersagen machen kann (beispielsweise Atomspektren berechnen und mit Messungen vergleichen). Guckt man genauer hin, merkt man, dass das Elektron ja eigentlich nur als Wellenfunktion vorliegt, die im idealisierten Fall über das ganze Universum hin verschmiert ist – da wird es schon schwieriger, das Elektron *diesem* Atom zuzuordnen. Dann sind Elektronen auch noch ununterscheidbar, und ich muss für eine korrekte Beschreibung die einzelnen Wellenfunktionenaller Elektronen asymmetrisieren, um das Pauli-Prinzip zu erfüllen. Und wenn ich mit relativistischen Geschwindigkeiten an meinem Atom vorbeifliege, dann muss ich plötzlich berücksichtigen, dass das Elektron durch en Quantenfeld zu beschreiben ist und dass virtuelle Positron-Elektronen-Paare auftreten können. Plötzlich ist die Aussage dann gar nicht mehr so klar und einfach.

    Theorien (zumindest in der Physik) sind Modelle, aus denen wir Vorhersagen ableiten, die wir mit der Wirklichkeit vergleichen können. Ob die Entitäten der Theorie mit “real existierenden” Entitäten übereinstimmen (ob die Theorie also “wahr” ist), ist dann eine Frage nach so was wie den “Dingen an sich”; darüber kann ich trefflich philosophieren, aber das hat mit Naturwissenschaft wenig zu tun.

  3. #3 Andrea N.D.
    Juni 25, 2009

    @Christian W.:
    Du irrst. Herr Friedrich macht nicht dieselben Fehler immer wieder. Er schreibt nur immer wieder über seine “Überzeugungen”. Deshalb sagt der Artikel auch nicht viel aus – Du & die Community habt eben andere “Überzeugungen”. Nachdem Ihr diese ausgetauscht habt, sind sowohl Diskussion als auch Erkenntnisgewinn beendet (Kann etwas enden, das gar nicht beginnen kann?)

  4. #4 Jörg Friedrich
    Juni 25, 2009

    @MartinB: Bei mir finden Sie keine Dichotomie wahr-falsch – im Gegenteil, ich argumentiere dafür, genau auf die Frage nach der Wahrheit zu verzichten. Der Kommentar von Christian W., der dieses Anliegen offenbar auch erkannt hat, zeigt ja, dass dieses Verzichten auf den Wahrheits-Anspruch anderen offenbar Probleme bereitet.

    Es “schockiert” mich nicht, dass Sie es als praktizierender Wissenschaftler unerheblich finden, ob eine Theorie “wahr” ist – das ist genau meine Einstellung, die mir hier auch schon des öfteren explizit zum Vorwurf gemacht wurde. Ich freue mich, dass Ihr Standpunkt, den man in der Wissenschaftstheorie übrigens instrumentalistisch nennt, hier endlich einmal explizit von einem Wissenschaftler geäußert wird.

    Meine Argumentation schließt genau an der Stelle an: Wenn wir eben sagen, dass eine Theorie nicht “wahr” oder “falsch” ist, dann müssen wir nach anderen Kriterien suchen, um eine Theorie gegenüber anderen zu bevorzugen. Sie nennen genau den richtigen Ansatz: emirische Adäquatheit. Umso mehr empirische Adäquatheit eine Theorie aufweist, desto sicherer ist sie, desto besser ist ihre Verwendung gerechtfertigt.

  5. #5 Jörg Friedrich
    Juni 25, 2009

    @Christian W., Andrea N.D.:

    Es ist schwer, zu Ihrem Kommentar Stellung zu nehmen. Dass Sie der Meinung sind, es gehe in der Wissenschaft um etwas, was mit den Wissenschaftlern nichts zu tun hat, hatten Sie ja schon öfter gesagt und wir waren schon öfter zu dem Ergebnis gekommen, dass wir in dieser Frage ganz unterschiedlicher Ansicht sind.

    Ich möchte deshalb nur auf ein kleines Detail Ihres Kommentars näher eingehen: Wenn Sie eine Münze einmal werfen, ist das ein Experiment (zur Überprüfung irgendeiner Theorie), wenn Sie die Münze 5 mal werfen ist das ein anderes Experiment, und wenn Sie sie tausendmal werfen, ist das wieder ein anderes Experiment. Zu einem Experiment gehört nämlich nicht nur die eigentliche Ausführung, sondern auch die Auswertung.

    Wenn Ihr Münzwurf-Experiment aus einem Wurf besteht, dann wird dieses Experiment nichts beweisen, da das nächste Experiment mit einer Wahrscheinlichkeit von (ca.) 50% ein anderes Ergebnis hat.

    Machen Sie ein 1000-Wurf-Experiment, dann erhalten Sie als Ergebnis, dass in ca. 50% der Fälle Zahl oben liegt. Wenn Sie dieses Experiment wiederholen, werden Sie wahrscheinlich das gleiche Ergebnis erhalten. Dieses Experiment ist dann, wenn es von einer Münzwurf-Theorie so vorhergesagt wurde, genau eine Bestätigung der Theorie. Sie können genau dieses Experiment nun beliebig oft wiederholen, die Theorie wird davon nicht mehr besser gestützt, als sie es schon nach dem ersten Erfolg war.

  6. #6 Jörg Friedrich
    Juni 25, 2009

    @Christian W: Doch noch ein Punkt:

    Eine Überzeugung, die man für wahr hält, darf nicht mit anderen Überzeugungen, die man ebenfalls für wahr hält, in Widerspruch stehen. Das heißt natürlich nicht, dass man zwingend die neu gewonnene Überzeugung für falsch halten muss, wenn jemand zeigt, dass sie bisherigen, als wahr angesehenen Überzeugungen widerspricht.

    Doch, genau das bedeutet es. Es sei denn, Sie reden nicht von Wissenschaft.

    Eine Überzeugung, die bei ihrem Auftreten allen bisherigen Überzeugungen widersprach, war z.B. die, dass bei der Addition von Geschwindigkeiten kein Wert oberhalb der Lichtgeschwindigkeit herauskommen kann und dass diese in Inertialsystemen konstant ist. Sie war richtig, und die bisherigen Überzeugungen mussten korrigiert werden.

  7. #7 Andrea N.D.
    Juni 25, 2009

    @Jörg Friedrich:

    Wo argumentieren Sie dafür, auf den Begriff der Wahrheit zu verzichten? Sie haben den Begriff der Hypothese / Theorie / Vorhersage mit “Überzeugungen” ersetzt. Und diese schieben Sie den Wissenschaftlern mit großem Subjektivitätsfaktor unter. Der Clou an der Sache ist, dass eine solche “Überzeugung” subjektiv ist, aber bei Ihnen trotzdem noch objektiven (experimentellen) Nachweisen standhalten soll, damit quasi objektiviert werden soll.
    Und wenn: Überzeugungen als wahr angesehen werden sollen oder Überzeugungen von Wissenschaftler fürwahrgehalten werden, dann geht es hier um wahre oder falsche Überzeugungen. Ich sehe wirklich nicht Ihren Verzicht auf die Wahrheit. Wahrheit gibt es nicht ein bisschen und Überzeugungen können auch nicht wahrer werden. In diesem Text beißt sich die Katze selbst in den Schwanz.
    Eine Erläuterung des kuriosen Überzeugungsbegriffs wäre wirklich wichtig. Ansonsten bringt der Artikel Nichts, was sie nicht bereits in anderen Artikeln geschrieben hätten. Da hatten Sie es nur anders benannt.
    Inwiefern geht es in der Wissenschaft um etwas, was mit den Wissenschaftlern nichts zu tun hat? Vielleicht so, wie es in der Wissenschaftsphilosophie um etwas geht, das nichts mit Philosophen zu tun hat?

  8. #8 Jörg Friedrich
    Juni 25, 2009

    @Andrea N.D. Es wäre wirklich zu begrüßen, wenn Sie in Ihrem Eifer wenigstens die Fragen, die Sie stellen, an den richten, der die jeweilige Behauptung aufgestellt hat. Die These, dass es in den Wissenschaften um etwas geht, was mit den Wissenschaftlern nichts zu tun hat, stelle nicht ich auf, sondern Christian W. Nicht nur hier in seinem Kommentar, sondern des öfteren.Ich dagegen argumentiere, dass man Wissenschaft als Methode nicht unabhängig von der tatsächlichen Praxis untersuchen kann.

    Damit Ich Ihnen den verwendeten Überzeugungs-Begriff genauer erläutern kann wüsste ich gern, was Sie an ihm so “kurios” finden.

  9. #9 Andrea N.D.
    Juni 25, 2009

    @Jörg Friedrich:
    Es wäre wirklich zu begrüßen, wenn Sie in IHREM Eifer wengistens die Ironie in Antworten oder Bemerkungen erkennen könnten. Vielleicht lesen Sie meine Anmerkung dazu noch einmal, stellen Ihren Eifer zurück und versuchen dann diese zu erfassen?
    Sie ersetzen These/Hypothese/Therorie/Vorhersagen, etc. mit Überzeugung. Ich denke schon, dass es da begrifflichen Erklärungsbedarf gibt. Wenn man den Wahrheitsbegriff ausschalten möchte und die Wahrheit in die quantiativ verifizierbare Subjektivität des einzelnen Wissenschaftlers legen möchte, dann ist das für mich kurios. Bevor Sie aber jetzt wieder eine genaue Wortbedeutung von kurios fordern, beginnen Sie erst mit Ihren Begriffsbestimmungen – das Handwerkszeug jeglichen wissenschaftlichen Textes. “Den Begriff der Überzeugung verwende ich im Folgenden derart … im Sinne von … ich meine damit …ich meine damit nicht …”

  10. #10 Christian W
    Juni 25, 2009

    Ad Münzwurf
    Woher wissen Sie mit solcher Sicherheit, dass mit “wenn ich eine Münze nicht nur einmal, sondern 5 mal oder 1.000 mal werfe” nicht die 5- oder 1000-malige Wiederholung des Einfach-Wurf-Experimentes gemeint ist? Wer entscheidet das?
    Aber angenommen, das mehrfache Werfen ist nicht eine Folge von Einzelexperimenten, sondern ein einziges, dann wird das wissenschaftlich schon nicht mehr als Experiment bezeichnet, sondern als Studie. Und auch bei Studien gilt: Je mehr Studien (gerne auch mit identischem Design), desto sicherer da belasteter die Erkenntnis.

    Ad Lichtgeschwindigkeit
    Wieder reden Sie von Überzeugungen. Lassen Sie das doch weg, wenn Sie den Begriff nicht klären können oder wollen.
    Es ging hierbei um durch Beobachtung ermittelte und verifizierte, aber falsifizierbare Berechnungsvorschriften und natürliche Gesetzmäßigkeiten. Egal wovon von Newton bis Hawking und bis heute die Wissenschaftler und alle übrigen Leute überzeugt waren und sind, als Einstein gezeigt hat, dass Newtons Berechnungsvorschrift und seine natürlichen Gesetzmäßigkeiten unter gewissen Umständen nicht mehr stimmen und sogar in Widerspruch zu ihnen und anderen stehen, wurde die alte Berechnungsvorschrift von einer neuen abgelöst. Und zwar von einer, die an diesen Stellen besser funktioniert, ansonsten aber alles andere genauso gut und besser erklärt als die vom ollen Ritter Isaac.
    Ich möchte nun einräumen, dass ich ihren Text an dieser Stelle missverstanden habe. Aus irgendeinem Grund las ich etwas wie “Eine neue Theorie oder ein neuer Satz muss nicht falsch sein, wenn er einer alten oder anderen widerspricht” und habe dabei daran gedacht, dass die neuen Erkenntnisse jetzt allgemein komplett andere Behauptungen aufstellen als alle anderen, bisher gesicherten Erkenntnisse. Das ist natürlich Quatsch, und das meinten Sie auch nicht. Natürlich können neue Erkenntnisse alten widersprechen – müssen sie ja notwendigerweise, sonst wären sie ja keine neuen Erkenntnisse. Doch dabei geht es immer um einzelne Teile einer Theorie, in einzelnen Kriterien und in einzelnen Situationen. Außerdem muss die neue Theorie erst einmal zeigen, dass das, was an ihr anders ist als an der alten, von der alten nicht oder gar falsch erklärt wird, also warum sie sich an diesen Stellen von der alten unterscheidet. Und natürlich darf sie sich dort nicht von der alten unterscheiden, wo sie der alten keine Fehler nachweisen kann. Eine Theorie, die einfach nur so einer anderen widerspricht oder ihr insgesamt, ist keine neue Theorie und auch keine neue Erkenntnis, sondern einfach nur falsch. Wenn eine neue Theorie einer alten insgesamt widerspricht und trotzdem richtig wäre, könnte die alte keine Theorie gewesen sein und auch nie funktioniert haben. Aber – We’ve been over this before…

    Ich schreibe jetzt übrigens die ganze Zeit über Theorien, ohne überhaupt zu wissen, ob Sie auch. Ich bitte das zu entschuldigen, aber woher soll ich wissen, was sie mit “Überzeugungen” meinen, wenn Sie über Wissenschaft schreiben, wo Überzeugungen jedoch keinerlei Rolle spielen?

  11. #11 Jörg Friedrich
    Juni 25, 2009

    @Christian W., Andrea N.D.:
    In meinem Text steht:

    Subjektive Formulierungen, die sich auf Wahrheit beziehen, lauten „Ich halte es für wahr, dass…” oder „Wir sehen es als erwiesen an, dass…” Das Problem der Wahrheit in der Wissenschaft wird dann zu einem Problem der Begründung von Überzeugungen, die von Wissenschaftlern für wahr gehalten werden.

    Damit ist m.E. ziemlich unmissverständlich gesagt, dass Überzeugungen Aussagen sind (nämlich genau die, die jeweils hinter dem “dass” anstatt der drei Punkte stehen können) die von Menschen, in unserem Falle von Wissenschaftlern, für wahr gehalten werden können.

    Wenn jemand sagt, “Ich halte es für wahr, dass die Lichtgeschwindigkeit in Inertialsystemen konstant ist.” Dann hat er die Überzeugung, dass die Lichtgeschwindigkeit in Inetrialsystemen konstant ist. Das ist ganz normaler Sprachgebrauch, dem muss man m.E. nicht weiter erläutern.

    Und ich denke, es ist auch nicht schwer den Unterschied zwischen “Ich halte es für wahr, dass die Lichtgeschwindigkeit in Inertialsystemen konstant ist.” und “Die Lichtgeschwindigkeit in Inertialsystemen ist konstant” oder “Es ist wahr, dass die Lichtgeschwindigkeit in Inertialsystemen konstant ist.” zu erkennen.

    Die letzten beiden Formulierungen können Sie nie wirklich belegen, die erste aber können Sie begründen, rechtfertigen. Und deshalb halte ich meinen Vorschlag für eine gute Idee, statt über die Wahrheit von Sätzen über die Rechtfertigung von Überzeugungen nachzudenken.

    Christian W.: Da Sie oben nach Belegen und Verweisen gefragt haben. Es gibt eine Menge erkenntnistheoretische Literatur zum Thema Korrespondenztheorie der Wahrheit vs. Rechtfertigungstheorie (z.B. “Wahrheit” und “Wahrheit und Vergangenheit” von Michael Dummett), und zu weiteren Aspekten dieses Themas (Donald Davidson, Nelson Goodman). Aber nehmen Sie den Text ruhig als “meinem Geist entsprungen” – ich möchte hier keine Autoritätsbeweise führen.

  12. #12 Christian W
    Juni 25, 2009

    Das ist ganz normaler Sprachgebrauch

    Also Sie sollten sich wirklich einmal entscheiden, wollen Sie hier wissenschaftstheoretisch-philosophisch über Wissenschaft schreiben, Wissenschaft kritisieren, kontrollieren, beurteilen und ihr Hilfestellungen geben oder wollen Sie “ganz normal” daherschwafeln?
    Wenn Sie von Anfang an klargemacht hätten, dass hier kein höherer Anspruch verfolgt wird (wie der in der mittlerweile nicht mehr abrufbaren aber in Teilen in einem meiner Kommentare zu ihrem allerersten Blog-Eintrag noch nachlesbaren Blog-Agenda angedeutete), sondern einfach nur vor sich hin polemisiert, ich hätte mich hier nie zu Wort gemeldet. Vielen Dank auch.

    Ad Quellen
    Nein, Sie sollen hier überhaupt keine Beweise führen. Es wäre nur schön und gleich sehr viel verständlicher, wenn ihr Text statt im luftleeren Raum zu hängen einen oder mehrere Bezüge zu irgendetwas hätte und sei es einer ihrer Dozenten. Dass Sie sich nicht anders ausdrücken können, als sie es tun müssen und deshalb so gut wie nie richtig verstanden werden, ist ja mittlerweile etabliert. Vielleicht gibt es doch aber noch andere Vertreter Ihres Fachs, die sich anders ausdrücken können? Oder reden die alle über komplett andere Dinge oder über dieselben Dinge komplett anders, nur weil sie anders formulieren?

  13. #13 Jörg Friedrich
    Juni 25, 2009

    “Normaler Sprachgebrauch” ist für Sie “Geschwafel”. Andererseits verlangen Sie eine allgemein verständliche Sprache.

    Bitte, machen Sie endlich wahr, was Sie sich nun seit fast zwei Monaten immer wieder vornehmen, verzichten Sie darauf, sich mein “Geschwafel” weiter zuzumuten. Niemand zwingt Sie, wirklich. Wir haben erkannt, dass wir keine gemeinsame Sprache finden, das ist bedauerlich, aber es kostet uns beide nur unnötig Energie, wenn wir uns das immer wieder gegenseitig wortreich klarmachen.

  14. #14 Andrea N.D.
    Juni 25, 2009

    @Jörg Friedrich:

    “Und deshalb halte ich meinen Vorschlag für eine gute Idee, statt über die Wahrheit von Sätzen über die Rechtfertigung von Überzeugungen nachzudenken.”

    Damit ist m.E. ziemlich unmissverständlich gesagt, dass Überzeugungen Aussagen sind …..die von Menschen, in unserem Falle von Wissenschaftlern, für wahr gehalten werden können.”

    Ja was jetzt? Wenn Überzeugen = Aussagen (wobei ich das für ziemlich reduziert halte), dann ist es doch keine “gute Idee statt über die Wahrheit von Sätzen über die Rechtfertigung von Überzeugungen nachzudenken”, sondern es ist eine nichtssagende Tautologie??

  15. #15 Althir
    Juni 25, 2009

    @Andrea N.D.:
    “Ja was jetzt? Wenn Überzeugen = Aussagen (wobei ich das für ziemlich reduziert halte), dann ist es doch keine “gute Idee statt über die Wahrheit von Sätzen über die Rechtfertigung von Überzeugungen nachzudenken”, sondern es ist eine nichtssagende Tautologie??”
    Sind Sie sich sicher, dass Sie das so stehen lassen wollen? Sie sind der Meinung, dass aus Überzeugung=Aussage folgt: “Wahrheit von Sätzen” = “Rechtfertigung von Überzeugungen”?

    “… die Ironie in Antworten oder Bemerkungen …”
    Sind Ihre Kommentare gar nicht ernst gemeint? Das würde so einiges erklären.

  16. #16 Andrea N.D.
    Juni 25, 2009

    @Althir:
    Bitte nicht alles pauschal vermischen oder verallgemeinern. Die Ironie mit der einen Bemerkung hat ja unter Umständen nicht generell etwas mit anderen Bemerkungen zu tun.

    Noch einmal langsam:
    JF hält seinen Vorschlag für eine gute Idee, anstatt über die Wahrheit von Sätzen (Aussagesätzen), über die Rechtfertigung von Überzeugungen nachzudenken.

    Überzeugungen werden bei JF als Aussagen definiert, die … von Wissenschaftlern für wahr gehalten werden können.

    Er hält es also für eine gute Idee, über die Wahrheit von Aussagen (Aussagesätzen) (Überzeugungen, die für wahr gehalten werden können) nachzudenken.

    Er hielt es anfangs jedoch für keine gute Idee über die Wahrheit von Sätzen (Aussagesätzen) nachzudenken.

    Stattdessen …

    ???
    Das, finde ich, erklärt einiges.
    Sollte das nicht einfach vollkommener Nonsens sein, müssten die Begriffe erheblich geschärft werden. Aber auf Nachfrage erhielt ich ja die oben genannte Begründung …

  17. #17 Jörg Friedrich
    Juni 25, 2009

    Ich habe eben nicht geschrieben, dass ich es für eine gute Idee halte, über die Wahrheit von, sondern über die Rechtfertigung von Aussagen, die für wahr gehalten werden können, zu sprechen.

  18. #18 Andrea N.D.
    Juni 25, 2009

    Scheint so, als hätten wir nun zumindest den hier unscharf verwendeten Überzeugungsbegriff eliminiert. Das bringt uns in jedem Fall weiter.
    “…über die Rechtfertigung von Aussagen, die für wahr gehalten werden können, zu sprechen.”
    Das dauert jetzt einen Moment. Da muss ich den gesamten Text noch einmal ohne “Überzeugung” lesen. Offensichtlich wurde “Überzeugung” gewählt, weil der Begriff sprachlich besser zu “rechtfertigen” passt. Und genau darüber muss ich nachdenken: Rechtfertigung von Aussagen. Was könnte das sein?
    Überzeugung wird übrigens mit “justified true belief” definiert – zumindest den Überzeugungsbegriff, den ich von der Philosophie her kenne. Justified ist nicht gleich true; aber bei diesem Überzeugungsbegriff stellt nur die Kombination von justified and true eine Überzeugung dar. Das kann Jörg Friedrich somit nicht gemeint haben, weil true soll ja gerade nicht verwendet werden.
    Aber mittlerweile spricht Jörg Friedrich ja über Rechtfertigung von Aussagen. Diese Kombination kenne ich noch nicht. Bisher war ich der naiven Ansicht, dass Aussagen wahr oder falsch sein können. Und einen Teil der Überzeugungen bilden, die dann gerechtfertigt sein können oder nicht. Ich denke, da ist im Text von Jörg Friedrich einiges durcheinander gegangen und kann nicht alleine durch Begriffsdefinitionen wieder entwirrt werden.
    Wenn es einfach um die Rechtfertigung wissenschaftlicher Theorien geht, warum schreibt er dies dann nicht? Ist das umständlich.

  19. #19 Sky
    Juni 25, 2009

    @1:
    “Die Wissenschaft ist doch gerade die Methode, von persönlicher oder kollektiver Überzeugung unabhängig zu untersuchen, ob irgendetwas richtig oder falsch sein könnte.”

    Hrgg, aus Sicht des Systematikers ist eine Aussage zu einem Sachverhalt _immer_ eine Aussage einer Person oder Gruppe zu einem Sachverhalt.

    Es ist theoretisch möglich, dass das Weltsystem Schnittstellen anbietet, die eine objektive Sicht auf Sachverhalte ermöglichen, aber Weltsysteme müssen diese Schnittstelle nicht besitzen und zudem ist es sehr intuitiv, dass auch dann der Mensch nicht die Befähigung hätte Sachverhalte zur Gänze oder auch nur näherungsweise zu verstehen.

  20. #20 Jörg Friedrich
    Juni 25, 2009

    @Andrea N.D.: Nicht “Überzeugung” wird in der Philosophie häufig als “justified true belief” definiert, sondern “Knowledge”. In der entsprechenden deutschen Version heißt das dann “Wissen ist wahre gerechtfertigte Überzeugung” – eine These, die tatsächlich in der Philosophie verbreitet ist. Auch daraus können Sie meine Überlegungen ableiten. Wenn wir nämlich letztendlich unser Wissen nicht engültig als wahr ansehen können, dann bleibt vom Wissen genau noch die gerechtfertigte Überzeugung.

  21. #21 Andrea N.D.
    Juni 25, 2009

    @sky:
    Könnten Sie dies bitte etwas klarer darstellen? Ich habe keine Ahnung, was Sie sagen wollen und will nicht spekulieren.

  22. #22 Andrea N.D.
    Juni 25, 2009

    @Jörg Friedrich:
    Sie haben Recht: knowledge = justified true belief, mein Fehler.
    Allerdings ist Ihre Schlussfolgerung falsch. Wissen ist eben nur in der Kombination zu haben. Eine gerechtfertigte Überzeugung stellt definitiv kein Wissen dar, sie muss auch wahr sein.
    Also, was ist der Erkenntnisgewinn dieser ganzen umständlichen Behauptung? Theorien müssen /können nur durch Experimente gerechtfertigt werden. Je öfter eine Theorie durch Experimente gerechtfertigt (dieser Begriff ist auch nicht klar) wird, desto überzeugender/gerechtfertigter wird sie, bis sie schließlich für wahr gehalten werden kann.

  23. #23 Althir
    Juni 25, 2009

    @Andrea N.D.:
    Könnten wir nicht bei einer Sprache bleiben? Wie diese und andere Diskussionen zeigen, gibt es schon in der hier benutzten deutschen Sprache genügend Möglichkeiten, Begriffe auf unterschiedliche Weise zu definieren. Wenn jetzt noch eine weitere Sprache hinzukommt, wird alles nur verkompliziert.
    Sollte “justified true belief” ein feststehender Begriff in der Philosophie sein, um den man nicht herumkommt, dann wäre ein Hinweis auf eine Quelle sehr freundlich, damit ich die genaue Bedeutung aus dem Zusammenhang erschließen kann.

  24. #24 Sky
    Juni 25, 2009

    @Andrea:
    “Eine gerechtfertigte Überzeugung stellt definitiv kein Wissen dar, sie muss auch wahr sein.”

    Vielleicht kann man hieran etwas aufhängen, was ist Wahrheit, was ist Wissen?
    Wissen hat nach herkömmlicher Definition eigentlich nichts mit Wahrheit zu tun (es sei denn “wahr” ist, was gewusst wird :).
    Ansonsten, wollte eigentlich nur No.1 kurz grillen.

  25. #25 MartinB
    Juni 25, 2009

    @JF
    Leider musste ich zwischendurch auch mal arbeiten, deshalb kommt die Antwort etwas spät.
    Ich sehe nach wie vor nicht, dass Ihre und meine Ansicht äquivalent sind, obwohl es gewisse Gemeinsamkeiten gibt. Vielleicht liegt es nur an den Begriffen: Wo ich von “Modell” spreche, sprechen Sie von “Überzeugungen”, was einen massiv subjektiven Beigeschmack hat – aber Modelle sind eben nicht beliebig. Und die Tatsache, dass Modelle einen Gültigkeitsbereich besitzen, kommt bei Ihnen, soweit ich sehen kann, auch nicht vor.

    Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass der Begriff “wahr” hier in zwei ganz unterschiedlichen Weisen verwendet wird: Einmal als Aussage über einen spezifischen Satz, also eine Vorhersage einer Theorie (“Wenn ich den Schalter umlege, dann wird das Amperemeter ausschlagen”), und einmal als Aussage über eine Theorie selbst (“Strom wird von Elektronen getragen.”)

    Die erste Art Wahrheit ist eine, die wir überprüfen können (das meinen Sie vermutlich mit “empirische Adäquatheit”), die zweite nicht. (Streng genommen können wir auch die erste nicht überprüfen, aber wenn wir extremen Subjektivismus oder Solipsismus annehmen, dann brauchen wir gar nicht weiter zu reden, dann ist eh alles durch die Matrix vorgegeben…)

    Im Originaltext reden Sie aber davon, dass man seine hinreichend geprüften Überzeugungen als wahr ansieht – und das ist der Punkt, an dem wir abweichen. Ich sehe den Satz “Strom wird von Elektronen getragen” nicht notwendig als wahr an, sondern nur insofern, als ich weiß, dass sich daraus Aussagen ableiten lassen, die empirisch prüfbar sind. Ob es real wirklich “Elektronen” gibt ist fraglich, wie ich mit meinem Wasserstoffatombeispiel oben deutlich machen wollte. Elektronen sind ein verdammt gutes Modell, weil sie unglaublich viele Vorhersagen erlauben, und in irgendeiner Form wird es in der “realen Welt” irgendetwas geben, dass zu diesem Konzept korreliert.

    Klassisch ist das in Platons Höhlengleichnis erfasst: Wir können uns Modelle machen, was denn da die Schatten an die Wand wirft, und die Modelle sind gut, wenn wir die Bewegung der Schatten gut vorhersagen können, aber ob die Schattenwerfer nicht noch ganz andere Eigenschaften haben oder in anderer Weise von unserem Modell abweichen, können wir nicht sagen.

    Eine ähnliche Unschärfe wie beim Wahrheitsbegriff sehe ich auch bei der “Überzeugung” – ist eine Überzeugung nun eine einzelne Voraussage der Theorie (“Schalter->Ausschlag”) oder eine Modellannahme in der Theorie (“Elektronen tragen Strom”)? Sie scheinen beides zu meinen, aber diese Vermischung unterschiedlicher Dinge macht das Verständnis schwierig.

    Ihren Umgang mit dem Begriff Überzeugung finde ich auch anderweitig verwirrend – insbesondere der Halbsatz ” …Überzeugungen, die von Wissenschaftlern für wahr gehalten werden.” hat mich masslos verwirrt – Sie meinen ja, Überzeugungen, die Wissenschaftler *haben*. Wenn Sie hier noch ein “für wahr halten” einbauen, dann ist es ja eine Meta-Überzeugung (“Ich halte es für wahr, dass ich überzeugt bin, dass c=const”). Und nach wie vor ist meiner Ansicht nach (s.o.) Überzeugung ein unpassendes Wort, wenn Sie Modelle oder Modellaussagen meinen.

  26. #26 Michael Michaelis
    Juni 25, 2009

    @JF

    Es “schockiert” mich nicht, dass Sie es als praktizierender Wissenschaftler unerheblich finden, ob eine Theorie “wahr” ist – das ist genau meine Einstellung, die mir hier auch schon des öfteren explizit zum Vorwurf gemacht wurde. Ich freue mich, dass Ihr Standpunkt, den man in der Wissenschaftstheorie übrigens instrumentalistisch nennt, hier endlich einmal explizit von einem Wissenschaftler geäußert wird.

    Diese Aussage hat das Zeug, zu einem Klassiker zu werden: sie drehen MartinB das Wort im Mund herum, und behaupten danach, daß er ihnen recht gäbe. Toller Trick, muß ich mir merken.

    Inhaltlich (ohne Ironie): Ich finde Ihre Texte nicht besonders klar formuliert, habe aber – glaube ich – hier ein wenig besser verstanden, worauf Sie hinaus wollen. Nicht, daß ich Ihnen zustimme – im Gegenteil: ich habe eine Vermutung, was mir bei Ihren Texten immer die Zornesröte ins Gesicht treibt.

    Sie sagen: “Wissenschaft hat zum Ziel, Wissen hervorzubringen.” und machen weiter, indem Sie den Begriff der Wahrheit einführen. Objektive Wahrheit sei nicht möglich, es gäbe nur Aussagen von Individuen, also nur subjektive Wahrheit. Damit sei die Wissenschaft niemals in der Lage, objektiv wahre Aussage zu machen – es sei ihr nur möglich, Thesen aufzustellen, die sich jedoch falsifizieren ließen.

    Das große Problem, das ich mit solchen Argumentationen habe, ist, daß sie ein Problem thematisieren, das sich überhaupt nicht stellt – nicht für jene zumindest, die esoterischen Unsinn prinzipiell ablehnen, und wissenschaftlich fundierte Erkenntnis für die einzige halten, die für die Erklärung der Welt irgendeine Rolle spielt.

    Wenn ich von wissenschaftlichen Methoden rede, dann rede ich über den einzigen Weg, zu so etwas wie objektiver Wahrheit zu kommen. Es ist völlig klar, daß diese Wahrheit nicht jener Definition entspricht, die einem die Cranks ein ums andere Mal unterjubeln wollen – das ist keine Wahrheit, die man beweisen kann. Man kann sie nur falsifizieren, und das passiert auch mit schöner Regelmäßig.

    Aber nochmals: das ist keine subjektive Spinnerei einzelner Wissenschaftler. In den Wissenschaften werden Aussagen generiert, die von der gesamten wissenschaftlichen Community überprüft werden können – insofern sind sie objektiv. Sie sind nicht für alle Zeiten gültig. Das ist aber ein anderes Thema.

    Wissenschaftliche Theorien sind wahr, weil es das die einzige Wahrheit ist, die uns objektiv möglich ist. Wenn man das relativiert, muß man damit leben, daß all diejenigen hervor gekrochen kommen, die den “Rest” mit Gott, Ufos, Astrologie etc.pp. erklären wollen.

  27. #27 Sky
    Juni 25, 2009

    @Martin:
    Modelle, Überzeugungen, where is the beef?
    Lehnen Sie die funktionalistische Sicht auf das Wissen ab?

  28. #28 Sky
    Juni 25, 2009

    @Michael:
    “Wissenschaftliche Theorien sind wahr, weil es das die einzige Wahrheit ist, die uns objektiv möglich ist. Wenn man das relativiert, muß man damit leben, daß all diejenigen hervor gekrochen kommen, die den “Rest” mit Gott, Ufos, Astrologie etc.pp. erklären wollen.”

    Nein, Konsistenzprüfungen und experimentale Messungen stehen bereit.
    Sie dürfen natürlich ansonsten gerne bei “Es gibt”-Aussagen bleiben.

    Irgendwie bin ich mittlerweile schon ein wenig neg. erregt, muss man sich wirklich mit so etwas herumschlagen in den Naturwissenschaften?
    Als Anwender des Wissens scheine ich es leichter zu haben.

  29. #29 Michael Michaelis
    Juni 25, 2009

    Wissenschaftliche Theorien sind wahr.

    Nein, Konsistenzprüfungen und experimentale Messungen stehen bereit.

    Ach so. Ich dachte, ich hätte über Wissenschaft gesprochen. Habe mich wohl vertan. Sorry.

    Aber Sie wollten ja schon Christian W “grillen”. Da befinde ich mich ja in bester Gesellschaft, also machen Sie bitte weiter so.

  30. #30 Jörg Friedrich
    Juni 25, 2009

    @Sky 25.06.09 · 17:04 Uhr:
    Es gibt eine ganze Vielzahl sehr unterschiedlicher Versuche, “Wahrheit” zu definieren, die alle ihre Stärken und Schwächen haben. Das wäre eine gesonderte Geschichte. “Wissen” jedenfalls wird zumeist als “wahre gerechtfertigte Überzeugung” angesehen, insofern haben “Wahrheit” und “Wissen” natürlich schon miteinander zu tun. Man kann für Spezialfälle zeigen, dass “wahre gerechtfertigte Überzeugung” für “Wissen” nicht ausreicht, nämlich dann, wenn eine Überzeugung zwar wahr ist und auch gerechtfertigt wird, aber die Whrheit auf anderen Tatsachen beruht als die, die zur Rechtfertigung verwendet wurden. Aber das ist, wie gesagt, eine andere Geschichte.

    @MartinB: “Überzeugungen” und “Modelle” kommen in dem Satz zusammen, dass man der Überzeugung sein kann, dass ein Modell empirisch adäquate Aussagen zulässt. In dieser Formulierung kommt man dann auch ganz ohne as Wort “Wahrheit” oder “wahr” aus. Denn die Probleme, die Sie mit der Verwendung des Wortes hben, sind ja ganz berechtigt. Formulierungen wie “als wahr ansehen” oder “als erwiesen ansehen” sollen ja genau das leisten: Sie sollen zeigen, dass man sich au das Modell, auf die Theorie verlassen kann, ohne zu behaupten, dass sie “wirklich wahr” sind.

    Die Frage nach der Doppeldeutigkeit von “Wahrheit” oder “Überzeugung” sehe ich etwas anders. Wenn Sie der Überzeugung sind, dass Licht angehen wird, wenn SIe den Schalter betätigen, dann haben Sie dafür einen Grund. Als Hausbesitzer werden Sie z.B. den Grund haben, dass das immer so war oder dass Sie den Elektriker dafür bezahlt haben, dass es so ist. Als Wissenschaftler haben Sie dafür eine Theorie (oder sogar mehrere) unter anderem die von den Elektronen im Stromleiter. Die Überzeugung, dass das Licht angehen wird ist dann nicht unabhängig von der Überzeugung, dass die Theorie empirisch adäquat ist.

    Die Formulierung “Überzeugung, die von Wissenschaftlern für wahr gehalten wird” ist in der Tat ein wenig irreführend. Grundsätzlich sind Überzeugungen Aussagen, die jemand für wahr hält. Mit dem Halbsatz den Sie zitieren wollte ich mich auf die Aussagen einschränken, die von Wissenschaftlern aus wissenschaftlichen Gründen für wahr gehalten werden.

    @Michael Michaelis: Wenn Sie meinen, dass ich hier eine Frage thematisiere, die sich gar nicht stelt, dann lesen Sie einmal diese interessante Diskussion. Dort werden Sie auch erfahren, dass es nicht nur für esoterische Spinner so ist, dass auch die wissenschaftliche Methode kein Weg ist, zu objektiver Wahrheit zu kommen. Eine Wahrheit, die falsifiziert wird, stellt sich übrigens genau in dem Moment der Falsifizierung als Irrtum heraus – und dass eine wissenschaftliche Aussage nicht heute Wahrheit und morgen Irrtum sein kann, darin sind wir hoffentlich einig.

    “Wissenschaftliche Theorien sind wahr, weil es das die einzige Wahrheit ist, die uns objektiv möglich ist.” Dieser Satz klingt mir ein bisschen nach Glaubensbekenntnis.

  31. #31 MartinB
    Juni 25, 2009

    @JF

    “”Überzeugungen” und “Modelle” kommen in dem Satz zusammen, dass man der Überzeugung sein kann, dass ein Modell empirisch adäquate Aussagen zulässt.”

    Das ist aber doch nicht die Art, in der Sie das Wort Überzeugung oben im ARtikel verwendet haben, da war es doch eine Aussage über die Welt, die jemand glaubt (von mir aus auch “für wahr hält”), jetzt ist die Überzeugung plötzlich eine Meta-Aussage über das Modell?

    “Formulierungen wie “als wahr ansehen” oder “als erwiesen ansehen” sollen ja genau das leisten: Sie sollen zeigen, dass man sich au das Modell, auf die Theorie verlassen kann, ohne zu behaupten, dass sie “wirklich wahr” sind.”

    Tut mir Leid, aber das finde ich auch einen seltsamen Sprachgebrauch: Wenn ich etwas “als wahr ansehe”, dann glaube ich eben, dass es wahr ist. Dass die Formulierung vorsichtig ist, besagt, dass ich zugebe, mich auch irren zu können (so dass etwas anderes wahr ist), aber zumindest nach meinem Sprachempfinden impliziert die Aussage keinesfalls dass ich den Begriff der Wahrheit selbst irgendwie anzweifle.

    “Die Überzeugung, dass das Licht angehen wird ist dann nicht unabhängig von der Überzeugung, dass die Theorie empirisch adäquat ist.”

    Ja klar, aber empirisch adäquat heißt doch nicht dasselbe wie “wahr” oder eben doch? Und die Überzeugung, dass eine Theorie adäquat ist, ist eben etwas ganz anderes als die Beobachtung und damit Bestätigung einer speziellen von der Theorie gemachten Vorhersage.

    Ich habe das Gefühl (oder die Überzeugung ), dass Sie sich über Ihre hier zentralen Begriffe (Überzeugung, Unterschied zwischen “wahr” und “empirisch adäquat”, unterschiedliche Bedeutungen des Begriffes “wahr” für unterschiedlcihe Arten von Aussagen) selbst nicht genau Rechenschaft abgelegt haben, und dass diese Begriffe während der Diskussion ein wenig die Bedeutung wechseln.

    @Sky

    “Modelle, Überzeugungen, where is the beef?”
    Da ist für mich eine Menge “beef” – zum einen von den Konnotationen her – Überzeugung ist etwas, das man haben kann oder nicht, bei dem sich verschiedene Leute uneins sein können, etwas hochgradig subjektives. Ein Modell ist ein Gedankengebäude, dass überprüfbare Vorhersagen über die Realität macht und in diesem Sinne Objektivierbar ist.

    “Lehnen Sie die funktionalistische Sicht auf das Wissen ab?”
    Diese Frage könnte ich sicher beantworten, wenn ich einen Schimmer hätte, was die funktionalistische Sicht ist…

    “muss man sich wirklich mit so etwas herumschlagen in den Naturwissenschaften?”

    Muss man nicht, das wollte ich ja mit meinen Posts verdeutlichen. Wir haben Modelle, die machen vorhersagen, die werden überprüft und die Modelle angepasst und verbessert. Wer die Schatten an die Höhlenwand wirft, kann uns herzlich egal sein und wie die “Dinge an sich” “wirklich” aussehen auch. Ich kann die Welt so beschreiben, als gäbe es Elektronen (je nach Kontext mit unterschiedlicher Modellvorstellung, siehe oben), und da das alles ist, was geht, brauche ich mir über das “wirklich” keine Gedanken zu machen. (Aber ich kann, es ist dann halt keine Naturwissenschaft, weil es keine prüfbaren Aussagen enthält, sondern Philosophie – die kann ja auch Spaß machen.)

    @MichaelMichaelis
    “Wissenschaftliche Theorien sind wahr”
    Wenn Sie das unter der Maßgabe meinen, dass wissenschaftliche Theorien insofern wahr sind, als sie überprüfbare Vorhersagen machen und dass nur diese Vorhersagen auf Wahrheit getestet werden können, dann haben Sie schon recht. Wie ist es aber mit den Entitäten, die in der Theorie enthalten sind? Gibt es Elektronen wirklich? Gibt es in irgendeinem Sinn die Schrödingergleichung? Wenn Sie solche Fragen als sinnlos ablehnen, ist das o.k. (fällt wohl unter Positivismus, oder?), aber für selbstverständlich halte ich das nicht.

  32. #32 Michael Michaelis
    Juni 25, 2009

    @MichaelMichaelis
    “Wissenschaftliche Theorien sind wahr”
    Wenn Sie das unter der Maßgabe meinen, dass wissenschaftliche Theorien insofern wahr sind, als sie überprüfbare Vorhersagen machen und dass nur diese Vorhersagen auf Wahrheit getestet werden können, dann haben Sie schon recht.

    Nur so ist das gemeint (und irgendwie habe ich das auch so gesagt).

    Wie ist es aber mit den Entitäten, die in der Theorie enthalten sind? Gibt es Elektronen wirklich? Gibt es in irgendeinem Sinn die Schrödingergleichung?

    Wenn man über eine Kategorie wie “Sinn” verhandeln will, sollte man vielleicht nicht gerade bei einen Text (wie dem von JF) ansetzen, der all jene zur Zustimmung einlädt, die genau diesen Begriff gelegentlich als Deckmäntelchen für ganz andere Interessen benutzen.

  33. #33 Michael Michaelis
    Juni 25, 2009

    @JF: Der Link zu “diese interessante Diskussion” ist tot.

  34. #35 MartinB
    Juni 26, 2009

    @MichaelMichaelis
    “Nur so ist das gemeint (und irgendwie habe ich das auch so gesagt).”
    Entschuldigung, ich dachte, ich frage lieber noch mal nach, es soll hier ja gelegentlich Missverständnisse geben 😉

    @Sky
    Noch ein Nachtrag – der entscheidende Unterschied zwischen “Modell” und “Überzeugung” ist, dass ich nicht von zwei verschiedenen Dingen überzeugt sein kann, die sich widersprechen. ich kann aber zwei verschiedene Modelle (in jeweils unterschiedlichem Kontext) verwenden, die sich widersprechen, und das ist ja auch gang und gäbe (heutzutage Allg. RT und Quantenfeldtheorie, im 19.Jh z.B. Elektrodynamik und Thermodynamik). Solange es kein umfassendes Modell für die jeweiligen Phänomene gibt, muss ich mit dem Widerspruch halt leben.

  35. #36 Jörg Friedrich
    Juni 26, 2009

    @MartinB: Zunächst: Der Begriff der Überzeugung, wie ich ihn verwende, bezieht sich au alle Aussagen, die ein Sprecher hinter das “dass” in einem Satz “Ich halte es für wahr, dass…” setzen kann. Wissenschaftliche Überzeugungen unterscheiden sich von anderen durch die empirische Überprüfbarkeit, wobei ich argumentiere, dass eine einzeln Überprüfung nicht ausreichen wird, um eine wissenschaftliche Überzeugung zu stützen, sodern dass viele, vor allem unterschiedliche, Überprüfungen dazu gebraucht werden. Zu solchen wissenschatlichen Überzeugungen können auch Aussagen über die empirische Adäquatheit eines theoretischen Modells gehören – und genau an dieer Stelle sind Modellaussagen und Überzeugungen miteinander verbunden.

    Die Formulierung “etwas als wahr ansehen” ist auch für mich genau in de Sinne vorsichtig, wie Sie es sagen. Man sagt damit aus, dass man z.B. sein Verhalten auf diese Überezeugung gründet, dass man gute und auch kommunizierbare Argumente für seine Überzeugung hat und dass einem nichts bekannt ist, was gegen die Überzeugung spricht. Gleichzeitig rämt man ein, dass es eine Möglichkeit gibt, dass man sich irren kann. Von einem Zweifel würe man aber verlangen, dass er auf die gleiche Weise begründet wird, wie die eigene Überzeugung. Mit dem Infragestellen oder Nicht-Infragestellen des Begriffs der “Wahrheit” hat das m.E. zunächst nichts zu tun. Man kann ganz unterschiedlich fundierte Wahrheits-Begriffe haben, die obige Argumentation ist davon unabhängig.

    “Empirisch adäquat” heißt nicht “wahr” – es heißt genau das, was sie oben beschrieben haben: Das Wort “wahr” kommt überhaupt erst ins Spiel, wenn es um den Vergleich der Beobachtungen mit den Theorieaussagen geht. Aus der Theorie kann man Vorhersagen für Beobachtungen ableiten, eine Vorhersage für ein Verhalten in einer bestimmten Experimentieranordnung, die z.B. mit dem Satz endet: “Der Zeiger des Messgerätes wird dann auf 5 stehen”. Wenn das Experiment ausgeführt wird, und der Zeiger steht tatsächlich auf “5” dann kann man sagen, dass der Prognose-Satz “wahr” ist und kann dies als ein einzelnes Indiz für die empirische Adäquatheit der Theorie nehmen. Damit kann man seine Überzeugung, dass man die Theorie “als wahr ansieht” oder “als erwiesen” oder “als bestätigt” ansieht, festigen.

    Baas van Fraassen beschreibt das in “The Scientific Image” übrigens so:

    Science aims to give us theories hich are empirically adequate; and acceptance of a theory involves as belief only that it is empirically adequate. … a theory is empirically adequate exactly if what it says about the observable things and events in this world is true – exactly if it ‘saves the phenomena’

    Dass diese Unterscheidungen in meinem Text nicht deutlich wurden, hat zwei Gründe: Zum einen ging es mir nicht um die Frage nach der Existenz theoretischer Entitäten sondern nur um das Thema, ob man, statt nach der “Wahrheit von Theorien” zu fragen nicht eher nach der “Rechtfertigung von Überzeugungen” fragen sollte. Natürlich sind diese Themen miteinander verwandt und deshalb freue ich mich, dass wir auf diese Frage gekommen sind. Zum Anderen vertrete ich hinsichtlich der Existenz theoretischer Entitäten einen Standpunkt, der nicht ganz Ihrem und auch nicht dem von an Fraassen entspricht, sondern eher dem von Nancy Cartwright und Ian Hacking.

  36. #37 Jörg Friedrich
    Juni 26, 2009

    @MartinB: Ich sehe gerade Ihren Kommentar von 8:14 und möchte ergänzen:

    Ich kann aber von der empirischen Adäquatheit zweier Modelle gleichzeig überzeugt sein auch wenn diese sich einander widersprechen würden, wenn ich sie als “wahr” oder “falsch” beurteilen müsste. Modelle müssen aber eben nicht “wahr” oder “falsch” sein.

  37. #38 MartinB
    Juni 26, 2009

    @JF
    Inhaltlich sind wir vielleicht nicht so weit voneinander entfernt, aber sprachlich schon:

    “Der Begriff der Überzeugung, wie ich ihn verwende, bezieht sich au alle Aussagen, die ein Sprecher hinter das “dass” in einem Satz “Ich halte es für wahr, dass…” setzen kann.”

    Ich nenne so etwas einen Aussagesatz. Zur überzeugung wird er dann, wenn jemand ihn glaubt. Für mich ist der ganze “Ich halte es für wahr, dass…”-Satz die Überzeugung, das was hinter dem “dass” kommt, ist eine Aussage.
    “Der Himmel ist blau” ist keine Überzeugung. Wenn ich selbst glaube, dass der Himmel blau ist, dann ist das eine Überzeugung. Wahrscheinlich meinen Sie das, aber in dem zitierten Satz steht was anderes.

    “Ich argumentiere, dass eine einzeln Überprüfung nicht ausreichen wird, um eine wissenschaftliche Überzeugung zu stützen.”
    Hier sehe ich wieder das Problem der Unterscheidung zwischen einer speziellen Vorhersage und einer allgemeinen Aussage der Theorie – für ersteres ist Ihr Satz falsch, für letzteres richtig. Ohne diese Unterscheidung finde ich die ganze Diskussion sehr schwammig.

    Begriffliche Ungenauigkeit finde ich extrem in folgendem Satz:
    “Damit kann man seine Überzeugung, dass man die Theorie “als wahr ansieht” oder “als erwiesen” oder “als bestätigt” ansieht, festigen.”
    Jetzt ist es also, wenn ich den Satz genau lese, meine Überzeugung, dass ich selbst die Theorie als bestätigt ansehe. Hier meinen Sie jetzt mit Überzeugung also nicht:
    “Theorie sagt X”
    und auch nicht
    “Ich glaube, dass X richtig ist”,
    sondern
    “Ich bin überzeugt, dass ich glaube, dass X richtig ist.”
    Also eine Meta-meta-Aussage.
    Der Begriff der Überzeugung wechselt nach meinem Empfinden bei Ihnen ständig die Ebene – welcher der drei Sätze soll denn nun eine Überzeugung sein, und wie wollen Sie die anderen Sätze nennen? Wenn wir noch berücksichtigen, dass “X” entweder eine spezielle Vorhersage oder eine allgemeine Aussage der Theorie sein kann, dann gibt es sogar 6 Möglichkeiten, was Sie mit “Überzeugung” meinen können.
    Wenn alles “Überzeugung” heißt, dann bin zumindest ich massiv verwirrt.

    Ich verstehe immer noch nicht, warum Sie am Begriff der Überzeugung festhalten, trotz all seiner subjektiven Konnotation (oder geht es Ihnen gerade um Subjektivität?) und trotz des Problems, dass widersprechende Überzeugungen im normalen Sprachgebrauch nicht möglich sind, und der Verwirrung, auf welcher (Meta-)Ebene er gerade verwendet wird, und der Doppeldeutigkeit, ob Sie einzelne Vorhersagen einer Theorie oder Sätze der Theorie selbst meinen. Welche Klarheit gewinnen wir durch das Wort Überzeugung, statt von Sätzen und Vorhersagen einer Theorie zu reden? Bei Theorie ist auch immer klar, dass es einen Gültigkeitsbereich gibt.

    “Modelle müssen aber eben nicht “wahr” oder “falsch” sein.”
    Nein, aber wenn Sie das Wort “Überzeugung” verwenden, dann entspricht es keinem mir geläufigen Sprachgebrauch, dass man zwei widersprechende Überzeugungen haben können. Da Sie im letzten Kommentar Überzeugung auf die Meta-Ebene gehoben haben, fällt das nur nicht auf…

  38. #39 Jörg Friedrich
    Juni 26, 2009

    @MartinB: Ich denke, es gibt hier nur einen Überzeugungsbegriff, der in der gleichen Bedeutung in unterschiedlichen Kontexten verwendet wird. Ich gehe einmal schrittweise vor.

    Gehen wir von dem Satz aus “Der Himmel ist blau.” Dann haben die Sätze:
    “Ich bin der Überzeugung, dass der Himmel blau ist.” und
    “Ich halte es für wahr, dass der Himmel blau ist.”
    die gleiche Bedeutung.

    Wenn jetzt zwei Leute unter freiem Himmel stehen und einer von beiden spricht diesen Satz, dann wird der andere wohl etwas irritiert sein. das gleiche gilt, wenn der Sprecher aus dem Fenster schaut und der andere im Zimmer sitzt. Im Falle der direkten Beobachtung gibt es keine Überzeugungen, kein “für wahr halten” sondern nur ein “wahr” oder “falsch”.

    Nun kann ein Meteorologe in einem fensterlosen Raum sitzen und sagen “Ich bin der Überzeugung, dass das Wettermodell des ECMWF richtige Prognosen liefert.” Das ist eine allgemeine Überzeugung bezüglich der empirischen Adäquatheit des Modells. Daraus leitet er eine weitere Überzeugung ab: “Ich bin der Überzeugung, dass der Himmel blau ist.” Diese Überzeugung ist nicht unabhängig von der Überzeugung bezüglich des Modells, er rechtfertigt die Überzeugung bzgl der aktuellen Himmelsfarbe mit den Vorhersagen des Modells.

    Seine Überzeugung bzgl. der empirischen Adäquatheit des Modells selbst kann er auf zweierlei Weise rechtfertigen. Einmal, indem er das Modell aus allgemein anerkannten Theorien der Hydro- und Thermodynamik ableitet. Zum anderen, indem er darauf verweist, dass das Modell schon in sehr vielen Fällen zu Überzeugungen geführt hat, die empirisch bestätigt werden konnten. Letztlich wird auch die erste rechtfertigung auf die zweite zurückgeführt, denn die Rückführung auf die allgemeine Theorie vergrößert nur die Zahl der Modelle, die genutzt werden können.

    Begriffliche Ungenauigkeit finde ich extrem in folgendem Satz: “Damit kann man seine Überzeugung, dass man die Theorie “als wahr ansieht” oder “als erwiesen” oder “als bestätigt” ansieht, festigen.”

    Man kann den Satz so interpretieren, wie Sie es tun, dann ist er tatsächlich ungenau, aber nicht in den Begriffen, sondern in der Formulierung. Ganz exakt muss der Satz heißen: “Damit kann man seine Überzeugung, die darin besteht, dass man die Theorie “als wahr ansieht” oder “als erwiesen” oder “als bestätigt” ansieht, festigen.”

    Warum ich am Begriff der “Überzeugung” festhalte? Weil man das ganze Verfahren von Theorieauswahl, Theorie-Bestätigung und -Widerlegung nur plausibel erklären kann, wenn man so subjektive Dinge wie Akzeptanz und Überzeugung benutzt. Keine Theorie ist vollständig empirisch adäquat, auch nicht innerhalb eines festen Gültigkeitsbereiches. Und selbst wenn Sie eine Theorie hätten, die in einem genau definierten Gültigkeitsbereich bis heute alle empirischen Daten exakt vorhergesagt hätte, dann könnten Sie immer noch nicht mit Sicherheit sagen, dass das auch morgen immer noch so ist. Aber sie können Ihre Überzeugungen, dass es so sein wird, rechtfertigen.

  39. #40 Andrea N.D.
    Juni 26, 2009

    @Jörg Friedrich:
    Ich verstehe nicht, was eigentlich damit ausgesagt werden soll. Und ich verstehe nicht, was damit für den Bereich der Wissenschaft ausgesagt werden soll:

    “”Damit kann man seine Überzeugung, die darin besteht, dass man die Theorie “als wahr ansieht” oder “als erwiesen” oder “als bestätigt” ansieht, festigen.”

    Sie begeben sich mit dem Überzeugungsbegriff, den ich vermutlich deshalb anhand Ihrer Erläuterungen noch immer nicht verstanden habe, auf eine ganz andere Ebene, die mit der experimentellen Überprüfbarkeit / Beobachtungssituation nichts mehr zu tun hat. Sie rechtfertigen aber Ihre Überzeugungen durch Experimente. Die Vermischung dieser Ebenen bringt den “Wurm” in das gesamte Gedankenmodell, deshalb kann ich auch nicht folgen. Die Einführung des Begriffs Überzeugung auf einer angeblichen Meta-Ebene ist nur eine Verlagerung des Problems. Sie haben jetzt “Theorienpraxis”, um es einmal salopp zu formulieren, durch “Überzeugung” ersetzt und ein subjektives Element hineingebaut (noch einmal eine Art psychologische Mischung, die Verwirrung stiftet). Ich halte eine derartig hochtrabende gedankliche Pirouette nicht für notwendig. Es kann auch durchaus Überzeugungen geben, die nicht auf wissenschaftlichen Theorien beruhen, die wissentlich falsch sind, und an denen die Menschen trotzdem festhalten. Allein dieser Ausnahmefall lässt Ihren gesamten Überzeugungsbegriff als Rechtfertigung für “wahre” Theorien wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.

  40. #41 Jörg Friedrich
    Juni 26, 2009

    @Andrea N.D.: Ich kann zu den ersten zwei Absätzen ihres Kommentars leider nicht Stellung nehmen, da ich sie nicht verstehe. Ich weiß nicht, welche Ebene Sie meinen, auf die ich mich begebe, ich weiß auch nicht, was Sie “salopp” unter “Theorienpraxis” verstehen.

    Überzeugungen, die nicht wissenschaftlich gerechtfertigt werden, sind nicht “Ausnahmefälle” sondern die Regel. Deshalb habe ich mich in meinem Text ausdrücklich auf wissenschaftlich gerechtfertigte Überzeugungen beschränkt – deshalb sind andere Überzeugungen hier irrelevant.

  41. #42 Andrea N.D.
    Juni 26, 2009

    @Jörg Friedrich:
    Was Ihren zweiten Absatz betrifft, hilt meines Erachtens die Eingrenzung von allgemeiner “Überzeugung” auf “wissenschaftliche Überzeugung” nicht, wenn dann die allgemeine “Überzeugung” der wissenschaftlichen aufgepropft wird. Deshalb ist Ihr Einwand oboslet.
    “Theorienpraxis” ist ” das ganze Verfahren von Theorieauswahl, Theorie-Bestätigung und -Widerlegung ” – jetzt verständlicher?

  42. #43 MartinB
    Juni 26, 2009

    Vermutlich müssen wir uns einfach einigen, uneinig zu sein.

    Ich finde den Satz
    “Ganz exakt muss der Satz heißen: “Damit kann man seine Überzeugung, die darin besteht, dass man die Theorie “als wahr ansieht” oder “als erwiesen” oder “als bestätigt” ansieht, festigen.””
    nach wie vor nicht im Einklang mit der Aussage, eine Überzeugung sei etwas, dass hinter “Ich halte es für wahr, dass” stehen kann. Einmal ist es ne Aussage, einmal ne Meta-Aussage.

    Darüberhinaus besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen “als wahr ansehen”, “als erwiesen ansehen” und “als bestätigt ansehen”.

    Und ich finde es nach wie vor verwirrend, den Begriff “Überzeugung” sowohl für die Theorie (die ich als Ganzes nicht bestätigen kann) als auch für aus ihr abgeleitete Einzelaussagen (die bestätigt werden können) zu verwenden.

    Wenn Sie darauf hinauswollen, dass die Akzeptanz einer Theorie immer auch in subjektives Element enthält, dann ist das sicher innerhalb eines gewissen Rahmens o.k., solange daraus nicht der Schluss gezogen wird, Theorien seien vollkommen subjektiv und austauschbar und nur kulturelles Produkt ohne jeden Objektivitätsanspruch. Dass uns dabei der Begriff “Überzeugung” weiterbringt, der viele Nebenbedeutungen mitbringt, die auf Modelle und Theorien nicht passen, sehe ich aber immer noch nicht.

    “Im Falle der direkten Beobachtung gibt es keine Überzeugungen, kein “für wahr halten” sondern nur ein “wahr” oder “falsch”.”
    Ich stimme ihnen da zwar prinzipiell zu, aber diese Aussage ist selbst nicht beweisbar – wir könnten ja alle in der Matrix stecken.

  43. #44 Jörg Friedrich
    Juni 26, 2009

    @MartinB: Wir sind in einigen Details uneinig, und in manchen Punkten ist es vielleicht auch besser, wenn man über die Aussagen des anderen einfach noch etwas länger nachdenkt. Ihre Bemerkungen zu Aussagen und Meta-Aussagen gehören für mich dazu.

    Wissenschaftliche Theorien sind kulturelles Produkt, aber sie sind deshalb weder beliebig, noch subjektiv, noch beliebig austauschbar. Es gibt Regeln zu ihrer Überprüfung, diese Regeln sind in dem Sinne subjekt-unabhängig, dass es die Regeln nicht stört, wenn ein einzelnes Subjekt sie anzweifelt oder ablehnt, aber sie sind in dem Sinne nicht subjekt-unabhängig, dass sie nur existieren, weil sie in der Kommunikation zwischen Subjekten (Wissenschaftlern) akzeptiert werden. Deshalb sind sie nicht objektiv, denn dann wären sie auch “da” wenn es keine Wissenschaftler gäbe (aber weder Theorien noch Regeln zur Überprüfung derselben existieren ohne Wissenschaftler) aber sie sind inter-subjektiv. Das Wort ist zwar gewöhnungs-bedürftig, aber es trifft den Kern am besten.

    Zum “In-der-Matrix-Stecken” – dieses Szenario führt zwar dazu, dass wir auch unmittelbare Beobachtungs-Aussagen als Überzeugung ansehen müssten, die nicht “wahr” oder “falsch” sind sondern nur “für wahr/falsch gehalten werden”, aber das Problem lässt sich ziemlich leicht lösen, da wir ja für Überzeugungen immer die Möglichkeit des sinnvollen (begründeten) Zweifels im Auge behalten. Die Überzeugung, nicht in der Matrix zu stecken sondern tatsächlich Beobachtungen einer Außenwelt zu machen, lässt sich meines Erachtens nicht sinnvoll bezweifeln (siehe dazu Ludwig Wittgenstein: Über Gewissheit). Wie sollte ein solcher Zweifel aussehen? Welche Argumente könnte er vorbringen? Außer “Man kann’s doc nie genau wissen!” fällt mir da nichts ein.

  44. #45 Andrea N.D.
    Juni 26, 2009

    @Jörg Friedrich:
    “Deshalb sind sie (die Theorien) nicht objektiv, denn dann wären sie auch “da” wenn es keine Wissenschaftler gäbe (aber weder Theorien noch Regeln zur Überprüfung derselben existieren ohne Wissenschaftler) aber sie sind inter-subjektiv. Das Wort ist zwar gewöhnungs-bedürftig, aber es trifft den Kern am besten.”

    Da scheint genau das Problem. Überzeugungen gibt es nicht ohne Wissenschaftler – subjektiv. Theorien sind selbstverständlich noch da, wenn es keine Wissenschaftler gibt. Ich muss gar nicht mit dem ganzen philosophischen Geschwurbel von Text, Autor, Sprache, Abwesenheit, Existenz; Intersubjektivität etc. anfangen, es genügt eine Frage: Wann haben Sie zuletzt mit Einstein über dessen Theorie gesprochen?

    Ansonsten möchte ich mich nicht wiederholen und schließe mich MartinB weitestgehend an: Der Begriff Überzeugung verkompliziert und subjektiviert – wirklich hilfreich ist er nicht.

  45. #46 MartinB
    Juni 26, 2009

    @AndreaND
    “Theorien sind selbstverständlich noch da, wenn es keine Wissenschaftler gibt.”
    Echt? Sie meinen, selbst wenn alles intelligente Leben vernichtet würde, gäbe es die Quantentheorie noch? In welcher Form denn? Fliegen da irgendwo Gleichungen durchs All?
    Natürlich stimme ich Ihnen zu, dass die beobachteten Phänomene, aus denen wir die Theorie abgeleitet haben und die wir dann hinterher ihrerseits aus der Theorie ableiten können, immer noch da wären. Aber in welchem Sinne die Theorie selbst “da wäre”, weiß ich nicht – das sollte mein Wasserstoffatom-Beispiel von oben verdeutlichen, weil Theorien immer Konstrukte sind, bei denen man nie sicher sein kann, welche Korrelation zu “realen Dingen” (Dingen an sich) sie haben.

    @JF
    Ja, mit “inter-subjektiv” kann ich mich schon eher anfreunden als mit “Überzeugung”. – hätten Sie das Wort oben im Text verwendet, wäre ich schon deutlich eher geneigt, Ihnen zuzustimmen.

    Was die Matrix angeht, klar, die Überzeugung, nicht in der Matrix zu stecken, kann man nicht sinnvol bezweifeln. Die Überzeugung, doch in der Matrix zu stecken aber auch nicht. Das ist ja gerade der Punkt – hier muss man dann tatsächlich einfach irrational sagen “Ich beschließe jetzt, dass ich nicht in der Matrix stecke.” (Oder eben doch, wenn einem das besser gefällt.) Da ist dann auch Schluss mit der inter-Subjektivität. Fruchtbar ist diese Überlegung natürlich nicht, ich störte mich nur an Ihrer Aussage “klar ist der Zeigerausschlag im Messgerät 100% wahr oder falsch vorhergesagt.”

  46. #47 Andrea N.D.
    Juni 26, 2009

    @MartinB:
    Na ja, also die Erkenntnis, dass es keine Theorien / Gedanken / Texte in Bits / Wissenschaft / Wissen gibt, wenn alles intelligente Leben vernichtet wäre ist ja nun wirklich ziemlich trivial. Und nicht einmal diese Erkenntnis gäbe es dann nicht mehr.

    Ich habe eher den Eindruck, dass die Diskussion von dem subjektiv vorbelasteten und alltagssprachlich angewendten Begriff der Überzeugung (s. Kommentare weiter oben) plötzlich zum Begriff des Intersubjektiven gewandert ist. Und dagegen wende ich mich ganz entschieden, weil, wie Sie bereits bemerkten, die Ebenen in der Argumentation gewechselt wurden und weil Theorien selbstverständlich in der “Theorienpraxis” intersubjektiv sein können. Das ist aber die Ebene der Kommunikation. Und hier ging es doch um etwas anderes? Hier wurde doch die Annäherung an wahres Wissen mit gerechtfertigten Überzeugungen begründet.

  47. #48 MartinB
    Juni 26, 2009

    @AndreaND
    Ich glaube nicht, dass ich Sie richtig verstanden habe. Oben sagen Sie, Theorien gibt es auch ohne WIssenschaftler und jetzt sagen Sie, es wäre trivial, dass es Theorien ohne jemanden, der die Theorien hat, nicht gibt. Oder meinten Sie “Wissenschaftler” im Gegensatz zu “anderer Mensch”? (Würde aber nicht zum Satz davor passen, wo Sie sagten, Überzeugungen gäbe es nicht ohne Wissenschaftler).

    Ja, die Diskussion ist vom Begriff “Überzeugung” gestartet und jetzt bei “Inter-subjektivität” angekommen. Wenn sie so Herrn Friedrich dazu gebracht hat, seinen Überzeugungsbegriff zu hinterfragen, hat sich’s doch in der Hinsicht gelohnt.

  48. #49 Michael Michaelis
    Juni 26, 2009

    @JF

    “Wissenschaftliche Theorien sind wahr, weil es das die einzige Wahrheit ist, die uns objektiv möglich ist.” Dieser Satz klingt mir ein bisschen nach Glaubensbekenntnis.

    Ich wollte es mir verkneifen, auf diesen Satz zu antworten, aber das gelingt mir einfach nicht.

    Das ist der Vorwurf der “Wissenschaftsgläubigkeit”, wie ich ihn nur aus einer ganz bestimmten Ecke her kenne. Das “ein bisschen” in der Formulierung ändert hier gar nichts, sondern ist der durchschaubare Versuch, das bei Gelegenheit relativieren zu können, um sich unangreifbar zu machen.

    Ich sehe absolut keinen Sinn für mich, mich an dieser Debatte weiter zu beteiligen. In alten (Usenet-)Zeiten hätte man gesagt:
    *plonk*

  49. #50 Jörg Friedrich
    Juni 27, 2009

    @MartinB: Der Begriff der Intersubjektivität ersetzt nicht den der Überzeugung. Intersubjektivität ist konzeptionell der Ausweg, wenn man Subjektivität vermeiden möchte aber anerkennt, dass man Objektivität nun einmal nicht haben kann.

    Ich finde (und das wendet sich jetzt auch an Michael Michaelis) dass im Zusammenhang mit Wissenschftlicher Erkenntnis viel zu schnell und ohne Not das Konzept der Objektivität benutzt und damit verwässert wird. Objektiv ist das, was unabhängig von menschlichen Bewusstsein existiert. Erkenntnis existiert nicht unabhängig vom Bewusstsein. Somit ist der Begriff der “objektiven Erkenntnis” ein Kategorienfehler, und aus diesem Kategorienfehler folgen alle Schwierigkeiten, die man sich dan einhandelt, wenn man über Erkenntnis nicht ohne diesen “Objektivitäts-Anspruch” reden will.

    Der Ausweg ist, bei den Subjekten zu beginnen, die Überzeugungen haben. Es gibt viele verschiedene Überzeugungen, wissenschaftliche Überzeugungen müssen gerechtfertigt werden, sie müssen inter-subjektiv überprüfbar sein, und zwar nach Methoden, die von der wissenschaftlichen Gemeinschaft definiert werden.

    @Michael Michaelis: Ich wollte mir keineswegs eine Rückzugsmöglichkeit eröffnen als ich schrieb, dass Ihr Satz “ein bisschen” nach Glaubensbekenntnis kling, ich dachte, Sie wollen den Satz vielleicht nochmal übedenken und so umformulieren, dass etwas anderes herauskommt als ein Glaubensbekenntnis – ich vermutete, Sie hätten sich missverständlich ausgedrückt.

    “Wissenschaftliche Theorien sind wahr, weil es das die einzige Wahrheit ist, die uns objektiv möglich ist.” Sie behaupten hier die Wahrheit von etwas (wissenschaftliche Theorien) und begründen diese Behauptung damit, dass dieses etwas die einzige überhaupt mögliche Wahrheit ist. X ist wahr, weil nur X überhaupt wahr sein kann. So formulieren sonst nur Gläubige.

    Nehmen wir an,Sie hätten in Wirklichkeit schreiben wollen
    “Wissenschaftliche Theorien sind wahr, weil wir die Wahrheit dieser Theorien für uns objektiv ermitteln können.” Dann manchen Sie allerdings den oben angegebenen Kategorienfehler. Unsere Erkenntnis kann nicht objektiv sein, wil sie dann unabhängig von uns existieren würde, und das geht nunmal nicht.

    Vielleicht menen Sie auch, “Wissenschaftliche Theorien sind wahr, weil sie ein zutreffendes Abbild der objektiven Welt sind.” Allerdings ist “zutreffendes Abbild der objektiven Welt sein” nach allgemeiner Ansicht eine mögliche Definition von “wahr sein” (Korrespondenztheorie der Wahrheit). Dann würde sich Ihr Satz auf die Tautologie reduzieren: “Wissenschaftliche Theorien sind wahr, weil sie wahr sind.” – Und damit bin ich wieder beim Glaubensbekenntnis.

  50. #51 MartinB
    Juni 27, 2009

    “Objektiv ist das, was unabhängig von menschlichen Bewusstsein existiert. Erkenntnis existiert nicht unabhängig vom Bewusstsein. Somit ist der Begriff der “objektiven Erkenntnis” ein Kategorienfehler, und aus diesem Kategorienfehler folgen alle Schwierigkeiten, die man sich dan einhandelt, wenn man über Erkenntnis nicht ohne diesen “Objektivitäts-Anspruch” reden will.”

    Hmm, da sehe ich gleich mehrere Probleme:
    1. Wenn objektiv nur das ist, was unabhängig vom menschlichen Bewusstsein existiert, dann kann das Bewusstsein selbst niemals objektive Eigenschaften haben, oder? Es wäre also unmöglich, objektiv zu entscheiden, was gerade in meinem Bewusstsein vorgeht – damit entziehen wir das Bewusstsein der Wissenschaft. Wahrscheinlich meinten Sie das so nicht. (Falls doch, dann ist hier endgültig der Punkt, wo wir uns uneinig sind.)

    2. Wenn Sie 1. akzeptieren (dass also Bewusstseinszustände prinzipiell eine onjektive, natürliche Basis besitzen), dann ist auch klar, was eine “objektive Erkenntnis” ist: Ich habe etwas erkannt, das tatsächlich der Realität entspricht. Dass ich selbst diese Übereinstimmung nicht feststellen kann, heißt nicht, dass sie nicht existieren kann.

    “Der Ausweg ist, bei den Subjekten zu beginnen, die Überzeugungen haben.”
    Lassen Sie doch einfach das Wort “Überzeugungen” weg – es hat einfach zu viele verschiedene Bedeutungen und konnotationen. Sagen Sie doch “Modelle”. Was spricht dagegen? Modelle können auch unterschiedlich gut sein, verschiedene Menschen können verschiedene haben usw. Das Wort “Modell” leistet in meinen Augen (Ohren?) alles, was Überzeugung auch leistet, hat aber nicht die doppeldeutigkeit. Überzeugung verwenden wir schließlich im Sprachgebrauch in zwei ganz unterschiedlichen Weisen:
    1. “Ich bin überzeugt, dass morgen die Sonne aufgehen wird.” Überzeugung im Sinne einer gut begründbaren Aussage, die vermittelt werden kann.
    2. “Ich bin überzeugt, dass es eine Sünde ist, Mittwochs in der Nase zu bohren.” Überzeugung im Sinne einer subjektiven Ansicht, die ich für wahr halte, aber eben nicht vermitteln kann.
    Warum Sie darauf bestehen, ein derartig unscharfes Wort zu verwenden, begreife ich nach wie vor nicht.

    “Unsere Erkenntnis kann nicht objektiv sein, wil sie dann unabhängig von uns existieren würde”
    Das ist der gleiche Fehler nochmal – nur was unabhängig von uns existiert, kann objektiv sein? Was in meinem Kopf vorgeht, kann also niemals objektiv sein? Ich fürchte, dann landen wir zwangsweise beim Dualismus…
    Unsere Erkenntnis kann schon objektiv sein (also korrekt mit der wirklich übereinstimmen), wir selbst können das nur nicht feststellen.

    Ich verstehe den Satz von MichaelMichaelis anders als Sie “Wissenschaftliche Erkenntnisse sind wahr, weil das die einzge Art von objektiver Wahrheit ist.” verstehe ich als eine Aussage über den Wahrheitsbegriff: Wenn wir das Wort “wahr” nicht aus unserem Wortschatz streichen wollen, dann müssen wir es so verwenden, dass wissenschaftliche Erkenntnisse als wahr angesehen werden, denn eine höhere (gesichertere) Form der Wahrheit gibt es für uns nicht. (Falls Sie doch noch mitlesen, korrigieren Sie mich, Herr Michaelis).

    Vielleicht sollten wir auch noch verschiedene Mögliche Wahrheitsbegriffe unterscheiden (habe ich oben schon angeregt). Hier mal ein ganz spontaner Versuch:

    Wahrheit einer Einzelaussage:
    “Wenn ich den Schalter umlege, erfolgt ein zeigerausschlag.”

    Wahrheit einer generellen Aussage, die aber keine nicht direkt nachweisbaren Elemente enthält:
    “Spannung und Strom in Metallen sind proportional” (Solange ich definiere, wie Spannung und Strom zu messen sind und wie ich operativ erkenne, ob etwas ein Metall ist.)

    Wahrheit einer Modellaussage
    “Elektrische Leitung kann durch die Bewegung von Elektronen beschrieben werden.” (Hier führe ich jetzt Modellentitäten (Elektronen) ein, aber ich behaupte nicht, dass sie wirklich existieren, sondern nur, dass sich ein Phänomen so beschreiben lässt, als würden sie existieren)

    Wahrheit einer Theorie
    “Strom ist die BEwegung von Elektronen”
    Hier sage ich jetzt, dass es die Elektronen wirklich gibt.

    Jeder dieser vier Sätze heißt bei Ihnen “Überzeugung”, aber damit wird man der Sache in meinen Augen einfach nicht gerecht.

  51. #52 MartinB
    Juni 28, 2009

    Als Nachtrag zum Thema “Überzeugungen” ein Beispiel aus meienr eigenen Forschungspraxis: Zur Vorhersage des Versagens einer bestimmten Struktur (Details spielen jetzt keine Rolle) gibt es ein einfaches, anschauliches Modell. Ich benutze es gern, um für unbekannte Situationen eine Idee zu bekommen, was vermutlich passieren wird. Das Modell enthält verschiedene Annahmen, die nicht alle empirisch überprüft sind. Niemand weiß im Moment, ob das Modell einer solchen Überprüfung (die experimentell knifflig ist) standhalten würde. Ich verwende das Modell also, allerdings kritisch und immer mit dem Wissen, dass es auch falsch sein könnte – in vielen Fällen klappt’s, manchmal auch nicht, und diese Fälle versuche ich auf der Reihe zu haben, weil sie zeigen, dass das Modell seine Grenzen hat und wo sie liegen.

    Und jetzt das Problem: Bin ich von dem Modell überzeugt? Es enthält sicher richtige Elemente, aber ob es als ganzes richtig ist, weiß ich nicht – immerhin scheint es manchmal auch falsch zu sein. Zu sagen “MartinB verwendet das Modell, er ist also davon überzeugt” ist deshalb zu einfach.

  52. #53 Sky
    Juni 28, 2009

    @ Jörg Friedrich· 25.06.09 · 19:49 Uhr
    Hi, ich unterscheide streng zwischen Wahrheit und Wissen, bzgl. des Wissens scheinen wir meinungsnahe.
    Wahrheit gibt es nur selten, eine wahre Aussagen wären bspw. “Etwas ist.” oder “Es wurde festgestellt, dass etwas ist.” etc., zudem gelten Umformungen bzw. Beweisführungen bspw. in der Mathematik und der Philosophie als wahr.
    Fangen wir an wissenschaftliche Überzeugungen als “wahr und gerechtfertigt” anzunehmen, dann haben wir hier eine (wie ich finde: ungünstige) metaphorische Nutzung des Wahrheitsbegriffs, die dann eben zu den (auch hier vorzufindenen) Missverständnissen führen kann und muss. Diese sind leider sehr schwerwiegend in ihren Folgen.
    Beste Grüße!
    Sky

  53. #54 Sky
    Juni 28, 2009

    @MartinB· 26.06.09 · 08:15 Uhr
    Danke für die Unterscheidung zwischen Überzeugung und Modell, diesen mache ich nicht. Insofern scheint sich das aufgelöst zu haben…

  54. #55 Sky
    Juni 28, 2009

    “Zu sagen “MartinB verwendet das Modell, er ist also davon überzeugt” ist deshalb zu einfach.”

    MartinB wäre in diesem Fall nur “überredet”. 😉

  55. #56 Sky
    Juni 28, 2009

    @Andrea N.D.· 26.06.09 · 11:39 Uhr
    Es geht darum die Grenzen des Wissens zu erkennen und demzufolge Wahrheitsprediger politisch einordnen zu können, da diese eben selbst politisch geworden sind.
    Die Nichttrennung von Wahrheit und Wissen kann schnell zu Hampelmännertum führen, denen zuallererst die Wahrheitsreferenz als Argumentationsmittel zu entziehen ist.
    In der Physik, und nicht nur dort, gab es mE schon genug “Wahrheit”.

  56. #57 Jörg Friedrich
    Juni 29, 2009

    @MartinB: natürlich existiert Bewusstsein unabhängig vom Bewusstsein (auch wenn das ein wenig paradox klingt) – Bewusstsein ist etwas, das unabhängig davon existiert, ob ein Forscher oder überhaupt jemand es zum Gegenstand seines Nachdenkens macht – und deshalb ist Bewusstsein auch etwas Objektives wie Bäume oder Elektronen.

    Möglicherweise ist “objektive Erkenntnis” das, was Sie schreiben – aber der Begriff ist leer, weil eben tatsächliche Erkenntnis niemals in diesem Sinn objektive Erkenntnis ist. Genau genommen wäre aber “objektive Erkenntnis” einfach jede tatsächliche Erkenntnis – so wie das Bewusstsein objektiv im obigen Sinne existiert, tut es auch die Erkenntnis – ich kann die kognitiven Prozesse zum Gegenstand meines Nachdenkens machen, sie sind Teil der Realität.

    Damit ist also entweder jede Erkenntnis objektiv oder keine – was daran liegt, dass das Wort “objektiv” eben in zwei verschiedenen Bedeutungen verwendet wird – einmal als Bezeichnung all dessen, was unabhängig von unserem Nachdenken darüber existiert und einmal quasi als Bewertung von Erkenntnis. Diese Doppeldeutigkeit vermeide ich lieber.

    Ihre vier Sätze würden bei mir nicht alle “Überzeugungen” heißen, es gibt ja da noch viele andere verwandte Begriffe: “Meinung”, “Annahme”, “Glauben” – wann ein solcher Satz zur “Überzeugung” wird, ist eine Einzelentscheidung, es hängt, wie gesagt, von den Begründungen, den Rechtfertigungen ab.

  57. #58 Andrea N.D.
    Juni 29, 2009

    @Sky
    “@Andrea N.D.· 26.06.09 · 11:39 Uhr
    Es geht darum die Grenzen des Wissens zu erkennen und demzufolge Wahrheitsprediger politisch einordnen zu können, da diese eben selbst politisch geworden sind.
    Die Nichttrennung von Wahrheit und Wissen kann schnell zu Hampelmännertum führen, denen zuallererst die Wahrheitsreferenz als Argumentationsmittel zu entziehen ist.
    In der Physik, und nicht nur dort, gab es mE schon genug “Wahrheit”.”

    Ich finde es generell ziemlich schwer, Ihren “Spontankommentaren” zu folgen. Was Sie mit diesem eigentlich aussagen möchten, blieb mir leider gänzlich verwehrt und wie Sie den Bezug zu meinem Kommentar herstellen kann ich leider auch nicht entdecken.
    “Hampelmännertum” (was soll das sein?) die “Wahrheitsreferenz als Argumentationsmittel zu entziehen”? Bezug???
    Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Ihre Gedanken ein bisschen ordnen und in Bezug setzen würden. Sie haben ein bisschen arg viele Pauschalurteile in Ihrem seltsamen Kommentar verpackt. Bevor ich diesen jetzt auseinandernehme und mühselig entwirre, wäre es vielleicht praktischer, Sie würden es noch einmal versuchen?

  58. #59 miesepeter3
    Juni 29, 2009

    Welchen Film haben wir hier eigentlich? “Denn sie wissen nicht, was sie tun?” oder nur das babylonische Sprachgewirr oder einfach nur “Streit um Irgendwas?”
    Weiß das irgendeiner noch?

  59. #60 Sky
    Juni 29, 2009

    @Andrea:
    >>> Ich verstehe nicht, was eigentlich damit ausgesagt werden soll. Und ich verstehe nicht, was damit für den Bereich der Wissenschaft ausgesagt werden soll
    >> [was Sie zitiert haben]
    > Was Sie mit diesem eigentlich aussagen möchten, blieb mir leider gänzlich verwehrt und wie Sie den Bezug zu meinem Kommentar herstellen kann ich leider auch nicht entdecken.

    Also, liebe Andrea, hier ist der Beta-Bereich dieser Inhaltseinheit, d.h. Kommentare dienen als Feedback und als (ggf. stark) verkürzender Kommentar.

    Wir erörtern doch hier die Natur des Wissens, oder? Dazu kamen dann eben ein paar kleine Anmerkungen, die nahelegen sollten, um was es geht; anscheinend gelang das nicht.
    Schade, aber es gibt nun einmal keine Verpflichtung verstanden zu werden.
    Könnte es sein, dass die “Vermischung dieser Ebenen” auf Ihrer Seite vorliegt, “Es kann auch durchaus Überzeugungen geben, die nicht auf wissenschaftlichen Theorien beruhen, die wissentlich falsch sind, und an denen die Menschen trotzdem festhalten.” scheint das zu belegen, da wir nur wissenschaftliche Überzeugungen hier bearbeitet sehen wollen.

    Sehe eigentlich nur die Möglichkeit, dass Sie auf eine Sicht (Webverweis?) verweisen, die Ihren Standpunkt darlegt; die Alternative sich durch Ihre Kommentare in diesem Beitragsstrang oder in anderen Beitragssträngen zu arbeiten scheidet aus.

  60. #61 Andrea N.D.
    Juni 29, 2009

    @Sky:

    Noch einmal: Meine Frage war, warum Ihr seltsamer Kommentar, der zwar stark pauschalisierend und verkürzt ist, an mich gerichtet war? Ich konnte in Ihrem inkonsistenten Geschwafel von “Wahrheitspredigern” und “Hampelmännertum” leider keinerlei Bezug auf meinen, von Ihnen angegebenen Kommentar, finden. Wenn Sie mehrere Tage an etwas herumdenken und dann auf einem Schluss kommen, der sich in einem derartigem Kommentar ausdrückt (der noch dazu stark pauschalisierend ist), sollten Sie doch über inhaltlichen und formellen Ausdruck Ihrer Posts nachdenken und die Leser vielleicht an dem Enstehungsprozess teilhaben lassen?

    “Wir erörtern doch hier die Natur des Wissens, oder? Dazu kamen dann eben ein paar kleine Anmerkungen, die nahelegen sollten, um was es geht; anscheinend gelang das nicht.
    Schade, aber es gibt nun einmal keine Verpflichtung verstanden zu werden.”
    Es ist doch schön, dass zumindest Sie WISSEN um was es in der Natur des Wissens geht, gell?
    In dem Falle richten Sie Ihre unzusammenhängenden Pauschalisierungen doch einfach @all. Ich hätte es dann überlesen und keiner hätte Ihnen geantwortet, zumal der Beitrag sich ja einfach auf rein gar nichts bezog, sondern eher ein spontaner Einfall war.
    Was die “Überzeugungen” anging – das war doch ausdiskutiert? Haben Sie nicht weitergelesen? Quote Mining ist nun wirklich keine wissenschaftliche Art.

    vielen Dank für die klugen Empfehlungen am Schluss. Schließen Sie immer so auf direktem Wege von sich auf andere?

  61. #62 Sky
    Juni 29, 2009

    @Andrea:

    Hatte darum gebeten, dass Sie Ihren Standpunkt konzentriert darlegen, das geschah bisher nicht, Sie äusserten stattdessen permanent Ihr Unverständnis, da wollte ich helfen.

    Bedenken Sie zudem, dass es durchaus sein kann, dass andere verstehen.

    Wenn Sie das Angebot nicht nutzen wollen, OK, eventuell aber ein wenig abkühlen, LOL, hat nicht jeder Ihr Temperament.

    Beste Grüße!
    Sky

    PS: Das Angebot bleibt natürlich bestehen. 🙂

  62. #63 Andrea N.D.
    Juni 29, 2009

    @Sky:
    Also, lieber Sky, nach wie vor keine Antwort, dafür abgehackte militärische Sätze …
    Also, lieber Sky, ich mache es da einmal lieber so wie Sie: Bedenken Sie zudem, dass es auch für mich keine Verpflichtung gibt, von Ihnen verstanden zu werden. Deshalb suchen Sie Ihre gewünschten Standpunkte (lieber Sky, leicht dogmatisch veranlagt, oder?) doch beser selbst im… wo doch gleich noch einmal?
    Wohl schon einmal zu heiß gekocht worden, was? Das würde einiges erklären.
    PS: Das wird das einzige Mal bleiben, dass ich mich sprachlich und inhaltlich auf Ihr Niveau begebe, lieber Sky.

  63. #64 MartinB
    Juni 29, 2009

    @JF
    “natürlich existiert Bewusstsein unabhängig vom Bewusstsein (auch wenn das ein wenig paradox klingt)”
    Nicht nur ein wenig. Sie wollen vermutlich sagen “Natrlich existiert Bewusstsein unabhängig davon, ob wir uns dessen bewusst sind” oder etwas in der Art. So oder so ein Widerspruch zur Ihrer obigen Aussage, aus der Sie (in meinen Augen fehlerhaft) einen Kategorienfehler ableiten.

    “Möglicherweise ist “objektive Erkenntnis” das, was Sie schreiben – aber der Begriff ist leer, weil eben tatsächliche Erkenntnis niemals in diesem Sinn objektive Erkenntnis ist.”
    Das halte ich für falsch – wir können es natürlich niemals sicher wissen, dass unsere Erkenntnis objektiv im von mir gemeinten Sinne ist, aber das heißt nicht, dass sie es nicht sein kann. Und als *Ziel* der Forschung kann ich ein nicht wirklich erreichbares Ideal haben, dem ich mich so gut es mir geht anzunähern versuche.

    “Ihre vier Sätze würden bei mir nicht alle “Überzeugungen” heißen”
    Da haben SIe mich wohl missverstanden, da ging es mir darum, die Vieldeutigkeit des Wahrheitsbegriffs aufzuzeigen.

    Und ob Sie nun von Überzeugung, Glauben oder Meinung sprechen, macht für mich wenig Unterschied – mein oben zitiertes Beispiel (28.6., 10:36) sollte eigentlich zeigen, dass keines dieser Wörter den wahren Sachverhalt trifft.
    Dass Sie jetzt andere, in ähnlicher Weise mit unpassenden Nebenbedeutungen verbundene Begriffe der Überzeugung zur Seite stellen, macht die Sache nur schlimmer – einen Grund, warum Sie nicht einfach von Modellen reden, die mehr oder weniger gut empirisch abgesichert sind, haben Sie, soweit ich sehen kann, immer noch nicht genannt.

  64. #65 MartinB
    Juni 29, 2009

    @Sky
    “da wir nur wissenschaftliche Überzeugungen hier bearbeitet sehen wollen.”
    Nein. Wir diskutieren hier doch im wesentlichen, ob der Begriff “wissenschaftliche Überzeugung” (und dann auch noch unter weglassung des Adjektivs) sinnvoll ist. Und da ist eine Aussage wie die von AndreaND, dass man Überzeugung eben auch für viele nicht-wissenschaftliche Ansichten verwendet, ein (weiteres) ARgument dafür, dass Überzeugung eben kein geeigneter Begriff ist.

  65. #66 Sky
    Juni 30, 2009

    @MartinB:
    Einigen wir uns darauf, dass wissenschaftliche Überzeugungen hier bearbeitet werden, also andere Überzeugungen nicht. Hierzu wurde bereits einiges geschrieben.
    SIe stossen sich am Begriff der (wissenschaftlichen) Überzeugung, hmm, ja, kann ich nachvollziehen; mir scheint er aber auf das beste zu passen.
    Moment, ich schau noch mal kurz, was Sie zuvor geschrieben haben, bin gleich wieder da, …, OK, Sie schreiben “Es mag Sie schockieren, aber für mich als praktizierenden Wissenschaftler ist die Frage, ob eine Theorie “wahr” ist, vollkommen unerheblich. Was relevant ist, ist, ob sie überprüfbar korrekte Vorhersagen macht – mehr kann ich empirisch nicht herausfinden.”, und beschreiben ferner warum “Modell” richtig ist und “Überzeugung” falsch (da man keine Überzeugungen haben kann, die sich widersprechen).
    Wie würden Sie “Wissenschaftliches Arbeiten ist also kein Verfahren zum Finden von Wahrheiten sondern ein Weg zur Rechtfertigung einer bestimmten Sorte von Überzeugungen.” umschreiben, also anders ausdrücken?

  66. #67 MartinB
    Juni 30, 2009

    @sky
    Ich würde sagen (Vorsicht, habe nicht lange drüber nachgedacht, Formulirung ist also sicher nicht 100%)
    “Wissenschaftliches Arbeiten ist ein systematisches, für andere nachvollziehbares Verfahren zum Erlangen überprüfbarer Aussagen über die Welt und zur Überprüfung dieser Aussagen.”
    Deshalb kann ich Modelle verwenden, ohne davon überzeugt zu sein, dass sie zu 100% stimmen – so wie in meinem Beispiel oben vom 28.6.. Ich kann nen schiefen Wurf mit Newton berechnen, obwohl ich weiß, dass ich eigentlich die Allgemeine Relativitätstheorie nehmen müsste und dass Newton nur eine Näherung (also streng genommen “falsch”) ist – solange die Genauigkeit der Näherung reicht.
    Ich kann eben gleichzeitig, um es mit dem Wort Überzeugung zu sagen, überzeugt sein, dass die Newtonsche Mechanik falsch (nur eine Näherung) ist und dass sie für meinen Anwendungsfall geeignet ist. Dies deckt sich in meinen Augen nicht mit der üblichen Verwendung des Begriffs und deshalb möchte ich ihn nicht verwenden.

  67. #68 Sky
    Juni 30, 2009

    @MartinB:
    Es ging möglicherweise dem Autor darum den Wahrheitsbegriff explizit rauszukriegen, was halten Sie von “Wissenschaftliches Arbeiten ist also kein Verfahren zum Finden von Wahrheiten sondern ein Weg zur Rechtfertigung einer bestimmten Sorte von Modellen.”?
    Zu der “Überzeugungen/Modelle”-Geschichte noch:
    – Überzeugungen sind m.E. nicht an die von Ihnen geforderte Widersprüchlichkeit gebunden, d.h. viele Menschen arbeiten (erfolgreich) mit sich widersprechenden Überzeugungen, was dann synthetisch den Erfolg bewirkt. Beispiele gibts in der Spieltheorie, Wirtschaftstheorie und Politik.
    – Auch “Mr.Spock” (von mir auch aus M(r)s.Spock, LOL) muss bei der Anwendung von Modellen “springen”, da die Auswahl derselben persönlich ist, d.h. die Entscheidung zur Anwendung eines Modells folgt _immer_ pers. Überzeugungen (zumindest eines Entscheiders – vgl. Sie auch bspw. mit dem Satz “Eine Aussage über einen Sachverhalt ist aus Sicht des Systematikers immer eine Aussage einer Personenmenge über einen Sachverhalt.”).
    Liesse sich die Sache so für Sie zufriedenstellend auflösen?

  68. #69 Jörg Friedrich
    Juni 30, 2009

    @MartinB: Sie umgehen nicht nur den Begriff der Überzeugung, sondern auch den des Wissens. Das ist für einen Wissen-Schaftler ungewöhnlich.

    Aber in Ihren Formulierungen scheinen Ihre Überzeugungen durch. Schon wenn Sie sagen “eigentlich müsste ich…” Warum “müssten Sie eigentlich”? Wenn es nur Modelle sind, dann müssten Sie nicht eigentlich, dann haben Sie zwei Modelle, eins ist da praktikabel und das andere dort.

    Aber sebst die Frage, wann welches Modell praktikabel ist, ist eben mit Überzeugungen verbunden, oder mit dem Wissen, dass etwas hier funktioniert und dort nicht.

    Wenn Sie den Wissens-Begriff nicht ganz vermeiden wollen, dann müssen Sie sich aber fragen, was es bedeutet “zu wissen”. Die Philosophen diskutieren das seit 2.400 Jahren und sie kommen immer wieder zu Platons Idee zurück, Wissen sei wahre gerechtfertigte Überzeugung. Man kann zeigen, dass es Ausnahmefälle gibt, aber über den Gedanken, dass Wissen eine bestimmte Art von Überzeugung ist, besteht kaum Dissenz. Wenn Sie im Zusammenhang mit Wissen die Verwendung des Begriffs Überzeugung ablehnen, wüsste ich gern,ob Sie eine bessere Idee haben.

  69. #70 MartinB
    Juli 1, 2009

    @sky
    “Wissenschaftliches Arbeiten ist also kein Verfahren zum Finden von Wahrheiten sondern ein Weg zur Rechtfertigung einer bestimmten Sorte von Modellen.”?
    Meine Formulierung mag ich lieber, weil sie zum einen etwas über überprüfbare aussagen sagt, und weil zum anderen bei Ihnen die Modelle zum Ziel der Wissenschaft erhoben werden. Das stimmt zwar für einige Wissenschaften, aber nicht für alle. (Ich nehme die Modelle hier immer deshalb, weil wir meist Beispiele aus der Physik haben, aber ein Taxonom oder Paläontologe wird sich mit Modellen vielleicht schwerer tun, obwohl es dort auch Hypothesen und Theorien gibt.)

    @Sky und JF
    Mir ist schon klar, dass Sie es eine Überzeugung nennen können, wenn ich ein bestimmtes Modell (für einen bestimmten Fall) für richtig (anwendbar) halte, ich finde es nur problematisch, diesen Begriff zum Kern zu machen, weil Überzeugungen eben immer etwas sehr personenbezogenes sind. Anders gesagt: Sie machen den einzelnen Wissenschaftler auf diese Weise zum Kern des Wissenschaftsbegriffs, während es doch gerade das Ziel der Wissenschaft ist, den einzelnen soweit es geht herauszuhalten.
    (Wie weit esgenau geht, ist schon eine interessante Frage, aber mit dieser Definition nehmen Sie die Antwort quasi schon vorweg.)

    @JF
    “Warum “müssten Sie eigentlich”? ”
    Damit meinte ich, wenn ich einem naiven Wissensbegriff anhängen würde, der nur richtig und falsch kennt (oder von mir aus “falsifiziert” und “bisher gut bestätigt”), dann müsste ich immer die “beste” Theorie nehmen. Tue ich aber nicht.

    Und nein, ich umgehe den Wissensbegriff nur scheinbar. Denn “überprüfte Aussagen über die Natur” sind natürlich genau Wissen. ich habe nur diese Formulierung gewählt, weil wir sonst wieder den Wissens-Begriff diskutieren müssten, so ist hoffentlich direkt klar, was gemeint ist. Und meiner Ansicht nach sollte die Erklärung eines Begriffs ohne diesen Begriff auskommen, sonst dreht man sich im Kreis.

    Zu Platons Idee “Wissen sei wahre gerechtfertigte Überzeugung” kann ich nur sagen, dass ich die wenig hilfreich finde, ich ersetze ein unklares Wort (Wissen) durch zwei unklare Worte (wahr, gerechtfertigt) und ein nr bedingt anwendbares (Überzeugung).

    “wüsste ich gern,ob Sie eine bessere Idee haben.”
    Was schreibe ich denn hier seit einer Woche? Sie müssen ja nicht mit mir einer Meinung sein, aber ich habe mich ja mit Aussagen über meine Ansichten nicht gerade zurückgehalten. (Modelle, obiger Definitionsversuch von Wissenschaft von gestern morgen usw.).

  70. #71 Jörg Friedrich
    Juli 1, 2009

    “Überprüfte Aussage über die Natur” und “wahre gerechtfertigte Überzeugung” sind zwei Formulierungen, die m.E. die gleiche Bedeutung haben. “Aussagen” sind auch immer dem, der aussagt zugehörig, überprüfen und rechtfertigen ist die gleiche Handlung (und das Überprüfen sowie das Akzeptieren von Überprüfungen sind Handlungen von Subjekten) – und mit “über die Natur” bringen auch Sie die “Wahrheit” ins Spiel. Insofern glaube ich inzwischen, dass wir inhaltlich in der Tat weitgehend übereinstimmen.

    Auch Aussagen sind Personen-bezogen, und sie werden diese Personenbezogenheit nicht ganz los. Die Trennung vom Einzelnen liegt nicht darin dass sie die Aussage von dem trennen, der aussagt (die Überzeugung von dem lösen der überzeugt ist) sondern in der Überprüfung/Rechtfertigung der Aussage/Überzeugung durch andere Subjekte – also darin, dass diese Überprüfung / Rechtfertigung inter-subjektiv erfolgt.

  71. #72 MartinB
    Juli 1, 2009

    Unter den Annahmen
    Überprüfen=Rechtfertigen
    Wahr=Auf die Natur bezogen
    Aussage=Überzeugung
    stimmen wir überein…????
    Am besten einigen wir uns noch, dass Schwarz=Weiß und werden auf dem nächsten Zebrastreifen überfahren.

    Für mein Verständnis ist das eine zu geringe begriffliche Schärfe, und ich werde auch in Zukunft der Aussage, Wissenschaft sei ein Verfahren zur Rechtfertigung von Überzeugungen widersprechen, weil sie zwar eine gewisse Ähnlichkeit mit meiner Ansicht hat, aber mehr auch nicht.

    Aber gut, die Standpunkte sind nun hoffentlich hinreichend dargelegt – dass wir uns einig werden, hatte ich nicht wirklich erwartet.

  72. #73 MartinB
    Juli 1, 2009

    Vielleicht noch ein Nachtrag: Mit Ihrer Definition
    “Wissenschaftliches Arbeiten ist ein Weg zur Rechtfertigung einer bestimmten Sorte von Überzeugungen.”
    umgehen Sie eigentlich ein Kernproblem -denn Sie sagen ja nicht, was für eine Art von Überzeugungen gemeint sind.
    Auch der politische Diskurs ist ein Weg zur Rechtfertigung von Überzeugungen, und wenn ich mich (rein hypothetisch) für ein Vergehen rechtfertige, geht es auch um das REchtfertigen von Überzeugungen. Indem Sie “bestimmte Sorte von Überzeugungen” sagen, lassen Sie diesen Punkt gerade unbestimmt. Der Satz lässt das, was er eigentlich definieren sollte (nämlich die Frage, was das Besondere des Wissenschaftlichen Arbeitens ist) vollkommen offen.

  73. #74 Jörg Friedrich
    Juli 1, 2009

    Bitte lesen Sie nochmal nach:

    Hier zeigt sich, dass in den Wissenschaften überhaupt nur eine bestimmte Sorte von Überzeugungen relevant ist: In einer Wissenschaft geht es überhaupt immer nur um solche Überzeugungen, aus denen man entweder mit zwingender Sicherheit Behauptungen für Beobachtungssituationen ableiten kann, die dann überprüft werden können oder die als logisch hinreichende Begründungen für bereits gemachte Beobachtungen gelten können.

  74. #75 MartinB
    Juli 2, 2009

    Sie haben Recht, ich habe diesen Satz nicht als Bestandteil der Definition gesehen.

    Aber nehmen wir ihn einmal und machen folgendes (Gedanken)-experiment:
    Fragen Sie einmal beliebige Personen:
    Wie nennt man Dinge
    “aus denen man entweder mit zwingender Sicherheit Behauptungen für Beobachtungssituationen ableiten kann, die dann überprüft werden können oder die als logisch hinreichende Begründungen für bereits gemachte Beobachtungen gelten können.”
    Ist die naheliegendste Antwort da wirklich “Überzeugung”? Das halte ich für sehr fraglich.

  75. #76 Geoman
    Juli 20, 2009

    @ MartinB

    Ihnen ist ja zu gute zu halten, dass Sie einer der ersten natuwissenschaftlich ausgewiesenen Kommentatoren in Jörg Friedrichs Blog sind, der die zuvor ansonsten hier dominierende objektivistisch-naturwissenschaftliche Empörungsfront aufgebrochen hat (vgl. z. B. den zweiten Kommentar in diesem Thread und Friedrichs Freude darüber)

    Wenn Sie aber schreiben

    „Wissenschaftliches Arbeiten ist ein systematisches, für andere nachvollziehbares Verfahren zum Erlangen überprüfbarer Aussagen über die Welt und zur Überprüfung dieser Aussagen.”

    dann kommt mir das mit Blick auf einige Beispiele aus der Wissenschaftsgeschichte doch ziemlich abstrakt und naiv vor.

    Versuchen Sie mal mit Ihrer Definition von wissenschaftlichem Arbeiten, die Geschichte um die Entdeckung und Verwerfung der “Abderhaldenschen Abwehrfermente” oder der Durchsetzung der “Kontinentalverschiebungstheorie” nachzuzeichnen. Ich bin mir fast sicher, Sie werden feststellen, dass es Ihnen ohne Verwendung des Begriffes ” wissenschaftliche Überzeugungen” nicht gelingen will:

    vgl. zur überschlägigen Information über die beiden angesprochenen Thematiken z. B. meine nachfolgende Darstellung (und lassen Sie sich von dem Begriff “Schulwissenschaft” nicht irritieren) :

    https://www.kritische-naturgeschichte.de/Medien/Schulwissenschaft-Text.pdf