Ich erinnere mich noch gut an den Moment als ich – Student im dritten oder vierten Semester – zwischen den grauen Metallregalen der Institutsbibliothek stand und zum ersten Mal auf die Goldbuchstaben sah, die auf den mächtigen Buchrücken der Zeitschriftenbände prangten: “Annalen der Physik” und darunter die Jahreszahlen rund eines Jahrhunderts. Viele Wissenschaftler, die ihre Disziplin lieben, werden sich an den Schauer erinnern, der sie erfasste, als sie in so einem Moment einen dieser Bände aus der Reihe der anderen herauszogen, aufschlugen und dann tatsächlich im Original einen jener Texte vor Augen hatten, der ihre Wissenschaft auf Jahrzehnte geprägt hat, wie z.B. jenen von 1905 mit dem schlichten Titel “Zur Elektrodynamik bewegter Körper” von Albert Einstein.

Heute ist der Text hundertfach in digitalisierter Form im Internet verfügbar, gescannt, kommentiert und übersetzt, und zumindest die gescannte PDF-Version ruft in mir noch immer jenes Gefühl wach, das mich damals im Halbdunkel der Bibliothek erfasste.

Was den Text vor allem von heutigen „Papern”, „Articles” und „Letters” unterscheidet ist weniger die Sprache als die Tatsache, dass er ganz ohne Fußnoten und Literaturverweise auskommt. Ein vergleichbarer Text in nature oder Science hat heute einige Dutzend Verweise auf andere Autoren und deren Artikel – Einstein verweist nur ganz schlicht auf „die Maxwellschen Gleichungen”. Im zweiten Text Einsteins zur Speziellen Relativitätstheorie gibt es genau einen Literaturverweis – auf „Zur Elektrodynamik bewegter Körper”.

Irgendwo las ich neulich, jeder, wirklich jeder wissenschaftliche Text habe ein Literaturverzeichnis, da er eingebunden sei in die gesamte wissenschaftliche Forschung. Dies scheint jedoch nur für Texte der letzten Jahrzehnte zu gelten, zu Beginn und auch in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts war das noch anders.

Denn Einstein war nicht der einzige, der sparsam mit Literaturverweisen war. In der 32seitigen Dissertation von John Nash (ein Text, der für Ökonomen vielleicht die gleiche magische Wirkung hat wie Einsteins Text für Physiker) z.B. finden sich zwei Literaturverweise: eine davon verweist auf eine Arbeit von Nash selbst.

Natürlich schufen auch Einstein und Nash ihre Theorien nicht „auf der Grünen Wiese”, sie schwebten nicht frei im Raum. Aber sie schienen sich des Fundaments, auf dem sie standen, und der Mauern, die sie darauf bauten, ziemlich sicher zu sein. Jeder Literaturverweis ist ein Stützpfeiler im Theoriengebäude, jedes Zitat ist eine Querverstrebung, die die eigene fragile Konstruktion an anderen befestigt.

Die schlichte Eleganz der Romanik ist in der Hochgotik endgültig verloren gegangen. Die Bauten wurden zwar immer höher und filigraner, aber auch unübersichtlicher und fragiler. Am hochgotischen Kölner Dom wird ständig repariert, der romanische Teil des Doms von Trier steht einfach so da. Missen möchten man natürlich beide nicht – aber schön wäre schon, wenn die Wissenschaften wieder zu solcher schlichter Eleganz fänden, die uns in Einsteins und Nashs Arbeiten begegnet.

Kommentare (31)

  1. #1 Tobias
    Juli 8, 2009

    Mit dem Wunsch kann ich nichts anfangen. Solche Paper waren nur zu eben jener Zeit möglich. Es gab deutlich weniger Wissenschaftler, es wurde deutlich weniger publiziert. Heute ist Wisenschaft in internationales, hochgradig vernetztes Geschäft. Ergebnisse müssen publiziert werden, um weiter forschen zu können.
    Weiter verlangen die Herausgeber der Journals, dass die Veröffentlichungen ihren formalen Kriterien entsprechen. Dazu gehört die Einbettung der eigenen Ergebnisse in den wissenschaftlichen Kontext und eine Literaturliste am Ende, deren Länge von einigen auch vorgegeben wird.
    Der Traum von den “revolutionären” Papern, die ganz neue Theorien beschreiben und sich völlig von allem bisher dagewesenen abhebt und keine Referenzen braucht, ist zumindest in den Naturwissenschaften utopisch. So zu publizieren wäre eher ignorant als elegant.

  2. #2 Andrea N.D.
    Juli 8, 2009

    Wehmut, Nostalgie oder Rückschrittlichkeit? Auch in den Geschichtswissenschaften lassen sich viele Beispiele dafür finden, dass vor 50, vor 100 Jahren noch etwas anderes unter “Wissenschaftlichen Texten” verstanden wurde. Die Schlichtheit und die überraschende Analogie mit Romantik/Hochgotik lassen ein bisschen die Tendenz “zurück zum einfachen Leben auf dem Lande vermuten”. Wir haben mittlerweile die Hochindustrialisierungsphase hinter uns und stecken nach wie vor in einer kommunikativen Revolution. Ich vermute einmal, dass Einstein kein Handy hatte, keinen Computer benutzte und auch andere bildgebende Medien nicht kannte. Schade, dass Einstein keine Zeitmaschine erfunden hat. Sonst könnten wir jetzt in die gute alte Zeit mit der schlichten Eleganz von wissenschaftlichen Texten zurückreisen. Viel eher würde ich die positive Seite der “Nichtschlichteneleganz” starkmachen: Durch die schnelle Kommunikation und Überprüfbarkeit (anhand Literaturnachweise, etc.) können neue Theorien sofort als Unsinn entlarvt werden. Und ich nehme einmal an, dass jeder Wissenschaftler, der wirklich wissenschaftlich arbeiten will, seine Theorien auch belegen kann und will.

  3. #3 Jörg Friedrich
    Juli 8, 2009

    @Tobias: Vielleicht sind es aber gerade die Vorgaben und Zwänge des aktuellen Wissenschaftsprozesses, die wirklich revolutionäre Ideen heute unmöglich oder unwahrscheinlich machen. Natürlich gibt es heute weit mehr Wissenschaftler und Journale, aber dafür sind die Spezialisierungen auch viel weiter fortgeschritten. Die größe jeder einzelnen Gemeinschaft, innerhalb derer geforscht und kommuniziert wird, hat sich nicht so stark erhöht.

    @Andrea N.D.: Sie haben recht: In heutiger Zeit wären Einsteins Theorie wahrscheinlich schnell als Unsinn entlarft worden. Es dauerte ja eine ganze Weile, bis die Belege ausreichend waren (bei der Speziellen Relativitätstheorie hielt sich das noch in Grenzen, aber bei der Allgemeinen dauerte es Jahrzehnte, bis die empirischen Befunde zur Theorie passten).

    Ich will nicht zurück zu alten Zeiten, sondern lieber vorwärts zu neuen Revolutionen. Aber vielleicht sind – gerade z.B. in der Teilchenphysik – die schlicht-eleganten Texte ja schon geschrieben.

  4. #4 Andrea N.D.
    Juli 8, 2009

    @Jörg Friedrich:
    “Sie haben recht: In heutiger Zeit wären Einsteins Theorie wahrscheinlich schnell als Unsinn entlarf/vt worden.” Hatte ich das behauptet? Bin etwas ratlos, wie das hergeleitet wurde. Damit Sie es auch verstehen, korrigiere ich den Satz in: “…können neue Theorien sofort als Unsinn entlarvt werden oder bestätigt werden.”

  5. #5 Tobias
    Juli 8, 2009

    @Jörg Friedrich
    Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, aber ihre Antwort zeugt nicht unbedingt von intimer Kenntnis des Publikationsprozesses wissenschaftlicher Daten. Sicher gibt es auch heute noch revolutionäre Artikel. Wenn diese von der Forschergemeinde (und den Editoren der grossen Journals) als solche erkannt werden, werden sie hoch publiziert. Wenn nicht, dann kommen sie in kleinere Journals, werden dann aber ebenso häufig zitiert, wenn angebracht. Überhaupt ist die Anzahl der Zitierungen einer Veröffentlichung ein gutes Mass für deren Einfluss auf die Forschergemeinde. Genauso wie es spezialisierte und allgemeine Journals gibt, gibt es spezialisierte und allgemeinere Meetings. Es gibt keine isolierten Gemeinschaften, in denen nur spezielles diskutiert wird. Wichtige, neue, auch revolutionäre Daten sind immer auch einer breiten Schicht an Wissenschaftlern zugängig. Das eigentliche Problem ist ein anderes: Durch hohe Abonementkosten (auch online) vieler spezialisierter Fachmagazine und dem Sparzwang der Bibliotheken sind manche Artikel nur über Umwege zugänglich. Die Open Access Bewegung versucht hier Abhilfe zu schaffen. Die Publikationskosten werden dort nicht auf die Leser, sondern auf die Autoren abgewälzt.

    Ihre Aussagen zu Einstein verstehe ich nicht.

  6. #6 beka
    Juli 8, 2009

    Die von Christian Otto Mohr eingereichte Arbeit zur Berechnung der Hauptspannungen bestand aus einem einzigen Blatt Papier.

    Die Bedeutung der Hauptspannungen kann man am Beispiel des menschlichen Oberschenkelknochens (Femur) im Bereich des Spongiosa im folgenden Bild und diesem Artikel (Figure 7 + 15) schön erkennen.

    Die Knochenbälkchen sind wie im Bild 15 links unten zu sehen senkrecht zueinander entlang der Hauptspannungsrichtungen angeordnet (schwammartiges Gerüst); die dadurch entstehenden Hohlräume sind mit Blut, Wasser und Fett gefüllt und durch dünne Membranen abgeschlossen, so dass sich kleine Druckkissen bilden, die die Kraft optimal über eine große Fläche ableiten.

    Vor knapp über 20 Jahren haben wir am Institut für Computeranwendungen der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen an der Universität Stuttgart solche Dinge zu berechnen versucht (vergl. Bild 8).

    Ohne Anatomie, Bionik, Materialuntersuchungen zur Festigkeit von Knochengewebe geht gar nichts. Für die Materialkennwerte gab es nur eine Arbeit der DLR, gewonnen am toten, trockenen Knochen also ohne die Druckkissen. Wir hätten “lebende” Daten gebraucht.

    Trotzdem ein sehr schöner Artikel, der zeigt wie wissenschaftliches Arbeiten immer mehr zur Materialschlacht wird.

  7. #7 Jörg Friedrich
    Juli 8, 2009

    @Tobias: Völlig richtig, ich habe keine “intime Kenntnis des Publikationsprozesses wissenschaftlicher Daten” – ich bin nur Leser verschiedener wissenschaftlicher Journale und habe noch nicht versucht, darin selbst zu veröffentlichen (ich bin ja auch kein Wissenschaftler). Was Sie schreiben, leuchtet mir grundsätzlich ein. Der Einfluss eines Artikels und seines Autors bemisst sich nach der Zahl der Stellen, an denen er zitiert wird. Aber das ist noch kein Zeichen für seinen revolutionären Gehalt. Weiterhin denke ich, dass es im heutigen Wissenschaftsbetrieb schwieriger ist, überhaupt revolutionären Ideen Gehör zu verschaffen, und dass diese Literaturstellen-Flut gerade ein Indiz dafür ist. (Ich schreibe zwar nicht selbst, aber ich beobachte Leute die schreiben und befrage sie) Wo viel zitiert werden muss (bei einem nature-Letter sind es rund 30 Literaturangaben) wird alles mögliche zitiert, vor allem die einschlägigen Artikel, bei denen man nicht ganz falsch liegen kann. Unsichere Positionen, überraschende Sichten, haben es da etwas schwerer. Solches Verhalten kann schon zu Fehleinschätzungen führen, wenn man dann die Zietierungszahlen als Einfluss-Indikator nimmt.

    Meine Bemerkungen zu Einstein beziehen sich auf die Tatsache, dass der empirische gehalt der Einsteinschen Allgemeinen Relativitätstheorie – also die Übereinstimmung der Theorie mit den empirischen Befunden z.B. bei der Rotverschiebung und der Perihelbewegung des Merkur lange viel zu gering war, als dass man von einer bestätigung der Theorie sprechen konnte. Die Verfechter der Theorie begnügten sich in der Zeit damit, die “Eleganz in der Sache” den empirischen befunden vorzuziehen. So ein verhalten passt natürlich sehr gut zu einem weitgehenden verzicht auf Literaturstellen und wäre im heutigen Wissenschaftsbetrieb kaum geeignet, von dem ja immer gesagt wird, dass die empirischen Belege entscheidend sind, kaum geeignet, die Theorie zu stützen.

    Betont werden muss, dass es nicht etwa keine empirischen Daten gab, sondern dass es welche gab, diese aber nicht zur Theorie passten.

    Wie gesagt, zum Glück waren das andere Zeiten. Man zog lieber die daten in zweifel als die schöne, elegante Theorie.

  8. #8 Tobias
    Juli 8, 2009

    Ideen verschafft man Gehör, indem man sie publiziert, das gilt für revolutionäre wie für alle anderen auch. In so fern sehe ich eigenltich keine Diskriminierung revolutionärer Gedanken beim aktuellen Publikationsprozess. Meistens ist es nicht so wie sie schreiben, dass man händeringend nach passenden Referenzen sucht, sondern man Mühe hat zu streichen, um auf die vom Herausgeber geforderte Höchstanzahl zu kommen. Im Falle eines Letters bei Nature sind das, wie Sie schon oben erwähnen, maximal 30. Es gibt übrigens durchaus Letters bei Nature, die weniger als 30 Referenzen aufweisen. Nicht das diese dadurch revolutionärer wären.

  9. #9 Andrea N.D.
    Juli 8, 2009

    @Jörg Friedrich:
    “Wie gesagt, zum Glück waren das andere Zeiten. Man zog lieber die daten in zweifel als die schöne, elegante Theorie.”
    Ist das nicht arg pauschalisierend? Kann das generell so behauptet werden und stimmt dabei die Zeitschiene, d.h. dass es früher so elegant zuging und heute nicht mehr?
    Und “zum Glück waren es andere Zeiten” erinnert mich immer so ein bisschen an einen zahlosen Opi, der früher alles besser fand. Ich finde, dass es in dieser Hinsicht zum Glück heute andere Zeiten sind, weil viel mehr Personen die Möglichkeit haben zu forschen, Wissenschaft hervorzubringen, viel mehr Ideen entstehen und viel mehr Wissen “fließt”.

  10. #10 Jörg Friedrich
    Juli 8, 2009

    @Tobias: Wenn das allgemein so ist, wie Sie schreiben, freut mich das. Und ehrlich gesagt, ich glaube auch, dass ein Genie sich früher oder später Gehör verschafft, egal, wie viele Literaturverweise sein Grundsatz-Text hat. Und auch wenn Open Access viele Probleme mit sich bringt, sehe ich auch darin einen Weg, mehr Dynamik in formale Prozesse zu bringen. Auch wenn man die Texte dann nicht mehr in verstaubten Bücherregalen finden wird… Aber dass ich das bedaure, ist ja wirklich mein ganz persönliches Problem 😉

    @Andrea N.D.: “Zum Glück waren das andere Zeiten” bezieht sich ja nur darauf, dass wir auf Grund der damaligen Publikationsbedingungen heute die schöne Allgemeine Relativitätstheorie haben.

  11. #11 Andrea N.D.
    Juli 8, 2009

    @Jörg Friedrich:
    “… dass wir auf Grund der damaligen Publikationsbedingungen heute die schöne Allgemeine Relativitätstheorie haben.” Impliziert das nicht, das so eine Theorie unter heutigen Publikationsbedingungen keine Chance mehr hätte? Ist das nicht zu geradlinig geschlossen? Von zwei Fällen auf allgemeine Bedingungen und Gültigkeiten?

  12. #12 H.M.Voynich
    Juli 8, 2009

    Haben wir da als Gegenbeispiel nicht die Stringtheorie(n), deren Beliebtheit der Mangel an Überprüfbarkeit offenbar keinen Abbruch tut?

  13. #13 Stefan
    Juli 9, 2009

    @Voynich: Die Stringtheorie wird genau dafür auch kritisiert, zum Beispiel von Lee Smolin “Die Zukunft der Physik” oder auch, wenn auch nicht in dieser Art, von Brian Greene in “Der Stoff aus dem der Kosmos ist”. Beides Physiker, die Selbstreinigungskräfte wirken also durchaus!

  14. #14 Jörg Friedrich
    Juli 9, 2009

    @Andrea N.D.: Sie drehen den Modus Ponens um, das ist nicht erlaubt 😉

    Keiner weiß, was wäre wenn. Die Bedingungen waren damals so, und die Theorie hatte eine Chance. Heute sind die Bedingungen anders. Die große einheitliche Feldtheorie steht noch aus. Wie es heute in diesem Bereich aussieht, hat Florian Freistetter ja sehr schön beschrieben.

    @H.M.Voynich, Stefan: Ich sehe den Unterschied zwischen dem damaligen Problem der Relativitätstheorie und dem heutigen der Stringtheorie (so wie es Florian Freistetter beschreibt) darin, dass die Relativitätstheorie schön und elegant war, allerdings nicht mit den vorhandenen empirischen Daten zusammenpasste, während die Stringtheorie offenbar nicht so schön und elegant ist, und empirische Daten zur Überprüfung sind gar nicht in Sicht, es weiß auch keiner, wie man sie erheben sollte.

    Für die Relativitätstheorie gab es wenigstens Hoffnung, dass man die Differenz zwischen Empirie und Theorie durch weitere Forschungen beseitigen können würde, für die Stringtheorie gibt es gar keine Differenz, weil es gar keine Empirie gibt.

    Für die Stringtheorie scheint – für mich als Außenstehendem jedenfalls ergibt sich dieser Eindruck – nur der Traum von der großen Vereinheitlichung zu sprechen. Dass dieser Traum überhaupt geträumt wird, ist sicher auch eine spannende Geschichte.

  15. #15 hape
    Juli 9, 2009

    war es denn wirklcih so, dass die ART mit den damaligen Daten nicht übereingestimmt hat, also im Prinzip falsifiziert gewesen wäre, oder war es eher so, dass die Dinge, die sie von anderen Theorien abgehoben hat, noch nciht gemacht worden waren, so dass sie im Prinzip unnötig gewesen wäre?

    Was die Stringtheorien angeht, soweit ich das überblicke (aber auch nur nach Lektüre von populärwissenschaftlichen Büchern) ist das wichtigste der Ausblick auf eine vereinheitlichte Theorie, worin auch für sich natürlich eine Eleganz dahintersteckt, auch wenn die Stringtheorie vllt. nicht elegant im Sinne von einfach ist.

  16. #16 Ulrich Berger
    Juli 9, 2009

    @ Jörg Friedrich:

    Natürlich schufen auch Einstein und Nash ihre Theorien nicht „auf der Grünen Wiese”, sie schwebten nicht frei im Raum.

    Was Nash betrifft: Von Neumann/Morgenstern hat er ja zitiert, alles weiter (also quasi das Fundament der nichtkooperativen Spieltheorie) ist tatsächlich “auf der Grünen Wiese” geschaffen – das ist ja das Geniale an Nashs Arbeit. Er hätte allenfalls noch auf das Gleichgewicht von Cournot hinweisen können, aber das kannte er damals noch gar nicht (und es wäre auch nur eine Randnotiz gewesen).

  17. #17 Jörg Friedrich
    Juli 9, 2009

    @hape: Die Perihel-Anomalie des Merkur war als empirischer Fakt sein Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt und es gab verschiedene Lösungsansätze. Die Allgemeine Relativitätstheorie stimmte mit den empirischen Daten nicht besser überein als andere Vorschläge. (Siehe z.B. Gerold v. Gleich 1927) Zunächst half man sich, wie v.Gleich auch Eddington zitiert damit, dass man die Bedeutung von Beobachtungen als unwichtiger gegenüber dem “Geist der neuen Theorie” betrachtete. (ähnliches traf auch für die Rotverschiebung zu, Einstein äußerte sich in dem Zusammenhang recht abfällig über empirische Belege und fand die Eleganz der Lösung weit wichtiger als die Übereinstimmung mit der Empirie)

  18. #18 schnablo
    Juli 10, 2009

    In heutigen Zeiten haetten Editoren von Einstein vermutlich Verweise auf die Arbeiten von Lorentz, Poincare und Hasenoehrl verlangt, was dem Artikel sicher nichts von seiner ‘Eleganz’ genommen haette. Der angedeutete Zusammenhang zwischen Anzahl der Referenzen in einem wissenschaflichen und dessen ‘schlichter Eleganz’ erscheint mir troz des anschaulichen Bezugs auf Architektur eher abwegig.

  19. #19 schnablo
    Juli 10, 2009

    Pardon: ‘wissenschaftlichen Text’ sollte es heissen

  20. #20 Max Feierabend
    Juli 12, 2009

    @Friedrich

    Jörg Friedrich· 08.07.09 · 14:42 Uhr
    Zum Glück waren das andere Zeiten” bezieht sich ja nur darauf, dass wir auf Grund der damaligen Publikationsbedingungen heute die schöne Allgemeine Relativitätstheorie haben.

    Wow! Mal wieder ein echter Friedrich! Von den historischen Bedingungen wieder völlig unbeleckt. Die Entwicklung der ART ist wohl mit Sicherheit einer der spannendsten Strassenfeger unter den damaligen Physikern gewesen. Mitten aus der Auseinandersetzung um die SRT über die Entwurftheorie bis hin zum Finale mit den Göttingern, speziell Hilbert. “Publikationsbedingungen” waren das letzte, was der ART zum Durchbruch verhalf. Die “Druckfahnenaffäre” dagegen ist immer noch Motiv für viele Einstein-Gegner. Die werden Sie dann wahrscheinlich auch bald in ihrer Hausmacher-Philosophie bringen.

    Jörg Friedrich· 09.07.09 · 17:18 Uhr
    Die Allgemeine Relativitätstheorie stimmte mit den empirischen Daten nicht besser überein als andere Vorschläge. (Siehe z.B. Gerold v. Gleich 1927) Zunächst half man sich, wie v.Gleich auch Eddington zitiert damit, dass man die Bedeutung von Beobachtungen als unwichtiger gegenüber dem “Geist der neuen Theorie” betrachtete.

    Ich fasse es nicht! Da gibt es ganze Bibliotheksreihen voll mit dem Ringen um die empririschen Voraussagen der ART, ich sage jetzt mal nur Erwin Freundlich, und was bringt der Friedrich? Den Generalmajor von Gleich, einen verbitterten Einsteingegner, wie Thomas J. J. See (im Link von Friedrich) Mitglied der Academy of Nations von Arvid Reuterdahl und Ernst Gehrcke. Und nicht nur in dieser Funktion ein hemmungsloser antisemitischer Hetzer!

    Was kommt als nächstes, Friedrich?

    Beste Grüße aus Berlin
    Max Feierabend

  21. #21 Jörg Friedrich
    Juli 12, 2009

    @Max Feyerabend: Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was Sie mit Ihrem engagierten Kommentar eigentlich sagen wollen. Natürlich können Sie auch EInsteins Reaktionen auf Freundlich nehmen um Einsteins Gleichgültigkeit gegenüber empirischen Befunden zu demonstrieren: Einstein an Born am 12.05.1952: “Freundlich … does not move me in the slightest. … It is realy strange that human beeings are normally deaf to the strongest arguments while they are always inclined to overestimate measuring accuracies.” (The Born-Einstein-Letters, New York 1971, Seite 192)

    Aber was sagt das im Zusammenhang mit meinem Artikel und meinem Kommentar?

  22. #22 Max Feierabend
    Juli 13, 2009

    @Jörg Friedrich
    Was verstehen Sie an meinem Kommentar denn nicht? Ich schreibe in der Regel nicht auf chinesisch!

    Beste Grüße aus Berlin
    Max Feierabend

  23. #23 Max Feierabend
    Juli 15, 2009

    @Friedrich
    Sind Sie z. Zt. nur etwas unpässlich, oder warum bekomme ich keine Antwort auf meine Nachfrage? Es ist ja nicht so, dass ich auf Arte-Fakten zum Vergnügen schreibe. Ich habe ernsthafte Zweifel an Ihrem Verständnis des Wissenschaftsbetriebs. Und im besonderen an Ihren Fähigkeiten, wissenschaftshistorische Entwicklungen nachvollziehen zu können. Ich habe mir Ihre podcasts mal angetan und komme zu dem Schluss, dass das kein Ausrutscher ist, sondern eine individuelle Grenznutzenerscheinung.

    Beste Grüße aus Berlin
    Max Feierabend

  24. #24 Jörg Friedrich
    Juli 16, 2009

    @Max Feierabend: Wenn Sie sich die letzten paar Kommentare noch einmal ansehen werden Sie feststellen, dass Sie eine Frage von mir noch nicht beantwortet haben, nämlich die, was denn Ihr Kommentar vom 12.07. eigentlich mit dem Thema meines Textes zu tun hat. Ihre Bemerkung, Sie würden nicht chinesisch schreiben, ist da wenig hilfreich. Überhaupt wäre es hilfreich, wenn Sie – gesetzt den Fall, es ist Ihnen tatsächlich an einer inhaltlichen Diskussion gelegen – weniger polemisch wären. Bei Ihren Fragen kann man dann nämlich mie genau zwischen rhetorischen und echten Fragen unterscheiden.

    Falls Sie aber nur polemisieren wollen, müssen Sie auch in Zukunft mit meiner “Unpässlichkeit” rechnen.

  25. #25 Max Feierabend
    Juli 17, 2009

    @Friedrich

    Jörg Friedrich· 16.07.09 · 13:42 Uhr
    @Max Feierabend: Wenn Sie sich die letzten paar Kommentare noch einmal ansehen werden Sie feststellen, dass Sie eine Frage von mir noch nicht beantwortet haben, nämlich die, was denn Ihr Kommentar vom 12.07. eigentlich mit dem Thema meines Textes zu tun hat.

    Jörg Friedrich, das ist durchaus richtig. Ich wollte Ihnen die Antwort ersparen. Da sie aber meine Kommentare als “Polemik” betrachten, gehe ich zunächst gerne darauf ein.

    Jörg Friedrich· 12.07.09 · 13:03 Uhr
    Natürlich können Sie auch EInsteins Reaktionen auf Freundlich nehmen um Einsteins Gleichgültigkeit gegenüber empirischen Befunden zu demonstrieren: Einstein an Born am 12.05.1952: “Freundlich … does not move me in the slightest. … It is realy strange that human beeings are normally deaf to the strongest arguments while they are always inclined to overestimate measuring accuracies.” (The Born-Einstein-Letters, New York 1971, Seite 192)
    Aber was sagt das im Zusammenhang mit meinem Artikel und meinem Kommentar?

    Wie Sie richtigerweise zitiert haben, stammt der Briefwechsel zwischen Einstein und Born aus dem Jahre 1952 (sic!). Man muss hier historisch korrekt zwei Dinge wissen. Zu diesem Zeitpunkt war (1) Einstein längst mit seiner einheitlichen Feldtheorie beschäftigt, die ihm nicht gelingen sollte, und damit letztendlich desillusioniert. Und (2) war Erwin F. Freundlich zu dieser Zeit ebenfalls als wissenschaftlicher Aussenseiter abgedriftet und verfolgte eine “alternative” Theorie der Rotverschiebung der Galaxien. Die von Ihnen zitierte Stelle des Briefs von Einstein an Born, nimmt darauf Bezug.

    Das Sie dieses Einstein-Zitat aus dem historischen Zusammenhang reissen, um Ihre Behauptung

    Jörg Friedrich· 09.07.09 · 17:18 Uhr

    @hape: Die Perihel-Anomalie des Merkur war als empirischer Fakt sein Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt und es gab verschiedene Lösungsansätze. Die Allgemeine Relativitätstheorie stimmte mit den empirischen Daten nicht besser überein als andere Vorschläge. (Siehe z.B. Gerold v. Gleich 1927) Zunächst half man sich, wie v.Gleich auch Eddington zitiert damit, dass man die Bedeutung von Beobachtungen als unwichtiger gegenüber dem “Geist der neuen Theorie” betrachtete. (ähnliches traf auch für die Rotverschiebung zu, Einstein äußerte sich in dem Zusammenhang recht abfällig über empirische Belege und fand die Eleganz der Lösung weit wichtiger als die Übereinstimmung mit der Empirie)

    zu retten, ist daher ebenso wenig gerechtfertigt, wie Sie den antisemitischen Einstein-Gegner Gerold von Gleich als Zeugen zu bemühen versuchen. Mag sein, dass Sie den von Ilse Rosenthal-Schneider in die Welt gesetzten Mythos im Hinterkopf haben. Doch auch der trifft die Realität nicht. Gerade was die ART betrifft, war Einstein um den Zeitpunkt deren abschliessender Veröffentlichung geradezu begierig auf empirische Überprüfung ihrer Voraussagen. Die Übereinstimmung der Voraussage der Periheldrehung des Merkur mit den gemessenen Daten war für Einstein “bei weitem die stärkste emotionale Erfahrung in Einsteins wissenschaftlichem Leben” (Abraham Pais). An Ehrenfest schrieb er: “Ich war einige Tage fassungslos vor Erregung.” Weiter ging es über die Versuche weiterer empirischer Bestätigungen, bei denen Einstein Freundlich als wichtigen Verteidiger einspannte: ob die Sonnenfinsternisexpedition von 1914 oder später bei der Realisierung des Einsteinturm. Einstein setzte alles daran, astronomische Bestätigungen der ART zu gewinnen. Im Jahre 1919 triumphierte er schliesslich.

    Sie können jetzt selber entscheiden, ob Sie an dieser Stelle weiter diskutieren wollen. Sie sollten eines verstehen. Als Betreiber der Arte-Fakten haben sie einen Vertrauensvorschuss als ScienceBlogger bei vielen Leserinnen und Lesern. Den sollten Sie sich verdienen. Wenn Sie es als Polemik empfinden, dass ich Ihrem informierten Halbwissen genauer auf die Finger schaue, ist das Ihre Interpretation. Für mich ist es ein Beitrag zur Qualitätssicherung der ScienceBlogs, gegen die Sie nicht nur einmal aufgefallen sind.

    Beste Grüße aus Berlin
    Max Feierabend

  26. #26 Jörg Friedrich
    Juli 17, 2009

    Sehen Sie, wennSie sich die Mühe machen, Ihre Kritik zu begründen, dann hat es auch Sinn, zu diskutieren. Ich freue mich, dass SIe es gaschafft haben, einmal aufPolemik zu verzichten und Ihre Sicht auf die Geschichte sachlich vorzutragen.

    Inder Sache haben Sie allerdings leider unrecht. Wenn Sie den Briefwechsel nachlesen, sehen Sie, dass Einstein sich nicht auf die Außenseitersicht Freundlichs bezieht, sondern auf empirische Daten, auf die Born Einstein higewiesen hatte. Born hatte am 04.05.52 geschrieben: “It realy looks as if your formula is not quite correct. It looks even worse in the case of the red shift; this is much smaller then the theoretical values towards the center of the sun’s disk, and much larger at the edge. What could be the matter here?” Darauf antwortete Einstein das, was ich oben zitiert habe.

    Sie haben Recht, dass Einstein zu Beginn begierig auf empirische Bestätigungen war. 1920 sagte er (nach einem Bericht Feigls in den Minnesota Studies 5) in einem Vortrag, seine Theorie sei “Staub und Asche” wenn sich die Rotverschiebung empirisch nicht bestätigen lasse. Allerdings lies sein Interesse an empirischer Bestätigung immer im gleichen Maße nach, wie sich Schwierikeiten mit den tatsächlichen empirischen Daten ergaben.

    Aber das hat mit den Kern meines Textes, wie gesagt, wenig zu tun, und ich führe das nur auf, weil Sie auf diesem Nebenstrang der Argumentation Qualitätsmängel ausgemacht zu haben glauben. Ich finde es ja ausgesprochen erfreulich, dasses Menschen gibt, die hier auf Arte-Fakten Qualitätssicherung betreiben. Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

  27. #27 Max Feierabend
    Juli 17, 2009

    @Friedrich

    Inder Sache haben Sie allerdings leider unrecht. Wenn Sie den Briefwechsel nachlesen, sehen Sie, dass Einstein sich nicht auf die Außenseitersicht Freundlichs bezieht, sondern auf empirische Daten, auf die Born Einstein higewiesen hatte. Born hatte am 04.05.52 geschrieben: “It realy looks as if your formula is not quite correct. It looks even worse in the case of the red shift; this is much smaller then the theoretical values towards the center of the sun’s disk, and much larger at the edge. What could be the matter here?” Darauf antwortete Einstein das, was ich oben zitiert habe.

    Da muss ich dann doch noch einmal widersprechen. Was denken Sie, auf welche “empirische Daten” Born hier Bezug nahm? Paul Feyerabend glauben Sie wahrscheinlich eher als Max Feierabend. In seinem Werk Against Method können Sie folgendes nachlesen (p. 42):

    In 1952 Born wrote to Einstein (Born-Einstein Letters, New York, 1971, p. 190, dealing with Freundlich’s analysis of the bending of the light near the sun and the red shift):

    Danach kommt Ihr Zitat.

    Soviel Genauigkeit muss also schon sein, schliesslich steht nicht weniger dahinter als Ihre, wenn nicht “polemische”, dann doch eher “kreative” Geschichtschreibung. Sofern das nun ausgeräumt ist, widme ich mich gerne den anderen Inkonsistenzen in Ihren Kommentaren.

    Noch ein Wort hierzu:

    Aber das hat mit den Kern meines Textes, wie gesagt, wenig zu tun

    Ihr Eingangstext stört mich nicht Herr Friedrich. Er ist recht nett, an sich aber irrelevant. Woran ich mich störe sind seine Ergänzungen in Ihren angefügten Kommentaren. Ich möchte dann im Weiteren doch noch gerne mit Ihnen die Rahmenbedingungen diskutieren, unter denen Einstein die ART veröffentlicht hat. Und selbstverständlich, warum Sie ausgerechnet Gerold von Gleich als Kronzeugen gegen Einstein verwendet haben.

    Ihnen auch ein angenehmes Wochenende und Beste Grüße aus Berlin
    Max Feierabend

  28. #28 Jörg Friedrich
    Juli 21, 2009

    Bei aller Hochachtung für Ihren Fast-Namensvetter, aber man kann ja auch einfach in den Brief Bors selbst schauen. Nachdem Born über seine aktuellen Arbeiten an zwei Büchern geschrieben hatte, kommt ein Absatz, der unvermittelt mit folgendem Satz beginnt: “Freundlich was here yesterday and gave us a very lucid lecture about the state of light deflection by the sun.” Dann folgt das, was ich oben bereits zitiert habe. Muss ich jetzt den ganzen Brief abschreiben, damit Sie mich nicht “kreativer Geschichtsschreibung” bezichtigen.

    Wobei ich natürlich gestehe, dass jede Geschichtsschreibung “kreativ” oder besser “konstruktiv” ist – und so natürlich auch meine. Das liegt m.E. in der Natur der Sache. Wir waren beide nicht dabei, als Freundlich bei Born zu gast war, wir deuten immer nur Berichte.

    Warum ich Herrn von Gleich zitierte? Nun, weil die qualitätssichernden Kommentatoren gerne Links bekommen, um die Aussagen nachprüfen zu können. Der Link zu von Gleichs Aufsatz war einfach verfügbar. Ich prüfe in solchen Fällen nicht die (spätere) Gesinnung – wichtig ist, dass ein Aufsatz zu einem bestimmten Diskurs gehört – und das tut der des Herrn von Gleich. Er ist übrigens von mir nicht als “Kronzeuge gegen Einstein” verwendet worden, sondern als Illustration dieses Diskurses.

  29. #29 Max Feierabend
    Juli 21, 2009

    Hallo Herr Friedrich,

    Wobei ich natürlich gestehe, dass jede Geschichtsschreibung “kreativ” oder besser “konstruktiv” ist – und so natürlich auch meine. Das liegt m.E. in der Natur der Sache. Wir waren beide nicht dabei, als Freundlich bei Born zu gast war, wir deuten immer nur Berichte.

    Das ist in gewissem Sinne natürlich trivial. Und deshalb ist es auch gute wissenschaftliche Praxis, die Quellen ausreichend zu befragen und korrekt zu zitieren. Insbesondere, wenn man so weitreichende Schlüsse aus dem Ärmel zaubert:

    Jörg Friedrich· 09.07.09 · 17:18 Uhr
    Zunächst half man sich, wie v.Gleich auch Eddington zitiert damit, dass man die Bedeutung von Beobachtungen als unwichtiger gegenüber dem “Geist der neuen Theorie” betrachtete. (ähnliches traf auch für die Rotverschiebung zu, Einstein äußerte sich in dem Zusammenhang recht abfällig über empirische Belege und fand die Eleganz der Lösung weit wichtiger als die Übereinstimmung mit der Empirie)

    Die Vertiefung über Freundlich könnten wir jetzt noch eine Weile fortsetzen, aber ich fürchte, uns fehlt beiden dafür ein wenig die notwendige Zeit. Freundlich war ein schwieriger Gefährte für Einstein. Seine Gabe, die meist unzulänglichen empirischen Daten jeweils seinem teils unbeherrschten Tatendrang unterzuordnen, war Einstein bekannt und nicht immer geheuer. Ob es sich dabei um Freundlichs Fixsternstatistik (1915/16) handelte oder eben dessen spätere Interpretationen der Messdaten über die Photon-Photon-Wechselwirkung in St. Andrews.

    Im Jahr 1959 sicherte das Pound–Rebka Experiment erstmals stabile Bedingungen, um die Gravitationsrotverschiebung in guter Übereinstimmung mit den Voraussagen der ART zu messen. Der Alte wäre begeistert gewesen!

    Weitere Kommentare zu gegebener Zeit.

    Beste Grüße aus Berlin
    Max Feierabend

  30. #30 Albrecht von Gleich
    Februar 8, 2010

    Beim googeln stiess ich zufällig auf den Meinungsaustausch zwischen Jörg Friedrich und Max Feierabend vom Juli 2009. Ich bin weder Physiker noch Mathematiker und verstehe nichts von der Diskussion um Einsteins Theorie in den 20er Jahren. Aufmerksam wurde ich auf die wiederholte Charakterisierung meines Grossvaters Gerold v. Gleich als “verbitterter, antisemitischer Einsteingegner” und “nicht nur in diesem Zusammenhang hemmungsloser antisemitischer Hetzer”. Das lässt mich aufhorchen, und ich würde gern erfahren, worauf sich ein so hartes Urteil stützt. Ich habe meinen Grossvater, der 1938 starb, nur als Kind erlebt, aber ich weiss aus seinen Schriften, dass er nicht nur ein hervorragender Offizier, sondern auch als Autodiktat ein zu seiner Zeit beachteter Mathematiker und überdies ein entschiedener Gegner der Nazis war. A. v. Gleich

  31. #31 Jörg Friedrich
    Februar 14, 2010

    Verehrter Herr von Gleich,

    möglicherweise wird Max Feierabend noch auf Ihre Anfrage aufmerksam und gibt seine Quellen für sein Urteil an. Aus dem, was ich selbst über Gerold von Gleich in Erfahrung gebracht habe, gewinne ich den Eindruck, dass dessen antisemitische Haltung nicht ausgeprägter war als die weiter Teile der deutschen Bevölkerung in den 1920er Jahren. Eine Begründung des Urteils von Max Feierabend erschließt sich mir nicht.