Bestimmt ist vielen schon mal irgendwo ein Papier oder eine Webseite begegnet auf denen eine angebliche Weisheit der Dakota-Indianer zu lesen ist:

Wenn Du bemerkst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab!

Ich habe viele Varianten gefunden, wie verschiedene Berufsgruppen sich selbst “auf die Schippe nehmen” indem sie ihre Alternativen zur Dakota-Weisheit formulieren. Manager, Verwaltungsangestellte, Lehrer, Unternehmensberater – alle haben ihre Strategien, mit toten Pferden umzugehen, nur Wissenschaftler nicht.

Hier mal ein paar Vorschläge:

Sie entwickeln eine Theorie über das Reiten toter Pferde.

Sie stellen fest, dass die empirischen Daten noch nicht ausreichen um sicher zu sein, dass man tote Pferde nicht reiten kann.

Sie fragen, ob der Bericht über den Tod des Pferdes überhaupt einem Peer Review unterzogen wurde.

Sie geben zu, dass das Pferd als ganzes zwar tot sei, seine Bestandteile aber noch leben – und das sei das eigentlich Interessante.

Sie definieren das Wort “tot” neu.

Na gut, hier auch ein paar Ideen, wie Philosophen mit toten Pferden umgehen:

Sie fragen, ob das Tot-Sein des Pferdes nicht nur Schein sei, der ein eigentlich lebendiges Phänomen nur verstellt (Heidegger).

Sie sagen, dass es nicht wichtig ist, ob das Pferd tot ist, wichtig ist allein, wie wir über tote Pferde reden (Quine).

Die Indianer haben die toten Pferde nur interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern (Marx).

Sie fragen, ob ein Pferd an sich überhaupt tot sein kann (Kant).

Das Wesen des Pferdes ist lebendig und nur das Wesen ist wirklich (Platon).

Kommentare (7)

  1. #1 Dietmar Hilsebein
    August 12, 2009

    ergänzend: “Ich sehe nur ein Pferd und keine Pferdheit” (Antisthenes)
    “Das Pferd ist tot, jetzt will ich, daß das Überpferd lebe” (Nietzsche)
    “Das Pferd ist nur die Objektivierung des Willens, der Tod des Pferdes vernichtet nur die Erscheinung, nicht aber den Willen zum Pferd.” (Schopenhauer)

  2. #2 Geoman
    August 14, 2009

    In NZZ-Online vom 09.02.2009 habe ich zum Artikel “Teilchenbeschleuniger ab September wieder in Betrieb” (‘Der Zeitplan sei eng aber realistisch, teilte das Cern mit!’) folgenden Kommentar gefunden:

    Hans Ulrich Suter (10. Februar 2009, 10:56)
    Projekt einstellen.
    “Das CERN ist ein schönes Beispiel, dass auch “zweckfreie” Grundlagenforschung irgendwann zu gross wird. Der misslungene Start ist ein Hinweis den auch Laien verstehen sollten, oder wie der Indianer sagt, man sollte kein totes Pferd reiten. Eine Einstellung des gesammten Projekts wäre also jetzt angezeigt.”

  3. #3 Jörg Friedrich
    August 14, 2009

    Ergänzen wir also die Alternativstrategie zur Indianer-Devise:

    “Wir verschieben den nächsten Ausritt!”

  4. #4 Jörg Friedrich
    August 14, 2009

    “Wir starten im November erst mal wieder mit dem Schritt-Tempo, wenn das klappt, versuchen wir nächstes Jahr zu traben und bestimmt schaffen wir noch 2011 wieder den Galopp.”

  5. #5 S.S.T.
    August 14, 2009

    Ein Witz, gibt es in leicht verschiedenen Varianten:

    DER ESOFREAK
    Ein Esoteriker wandert mit einem indianischen Medizinmann durch die Wildnis irgendwo in den nördlichen Plains. Es wird schon dunkel und sie schlagen ihr Zelt in einem windgeschützten Tale, am Ufer eines kleinen Flusses auf. Nachdem der Esoteriker seinen indianischen Begleiter stundenlang über indianische Spiritualität ausgefragt hat, werden beide müde und legen sich schlafen.
    Mitten in der Nacht wacht der Indianer auf und blickt schweigend in den Sternenhimmel. Auch sein weißer Begleiter wacht irgendwann auf und blickt ebenfalls in den herrlichen Sternenhimmel, andächtig den nächtlichen Geräuschen lauschend. Der Indianer bemerkte, dass sein wissensdurstiger weißer Gefährte nicht mehr schläft und fragt ihn:
    “Sieht mein weißer Bruder den Sternenhimmel über uns?”
    “Ja, Meister”, antwortet ihm der gelehrige Schüler.
    “Was sagen dir die Sterne?” fragt sein Lehrer.
    “Nun, es ist keine Wolke am Himmel zu sehen. Das bedeutet, dass wir morgen schönes Wetter bekommen.”
    “Das ist richtig” antwortet der Medizinmann, “aber was sagen die Sterne dir noch?”
    “Nun, wenn ich es vom astronomischen Standpunkt her betrachte, ist das dort das Sternbild des großen Bären und dort ist der Kleine Wagen und…”
    “Und was sagen die Sterne dir noch??”
    Der Esoteriker schweigt, geht in sich und grübelt. Ach ja, denkt er. Die Indianer sind doch ALLE so spirituell. Er will, so dachte er, bestimmt eine poetische, spirituelle Antwort hören.
    Also räuspert er sich und sagt:
    “Nun ja, die Sterne erinnern mich an die Unendlichkeit des Universums und dass alle Dinge im Kosmos miteinander verwandt sind.”
    “Komisch”, sagt da der Indianer, “an was ihr Weißen so alles denkt. Ich denke nur daran, wer uns unser Zelt unter dem Hintern weggeklaut hat, ohne, dass wir es bemerkten.”

  6. #6 Jörg Friedrich
    August 16, 2009

    @S.S.T. Schöne Geschichte, an der ich nur eines ändern werde, wenn ich sie einmal weitererzähle: Wenn sie das Zelt “unterm Hintern” hatten, haben sie auch schon beim Einschlafen den Sternenhimmel über sich gehabt. Zelt unterm Hintern ist irgendwie doof, selbst wenn’s ein modernes Iglu-Zelt ist. Also lieber “wer uns das Zelt über den Köpfen weggeklaut hat”…

  7. #7 Andrea N.D.
    August 16, 2009

    Wirklich witzig (ich muss jetzt wohl auch einmal loben, sonst lynchen mich die Kommentatoren im anderen Thread, aber wenn’s passt, muss ich ja nicht unbedingt einen Senf dazu geben). Aber dieses Posting ist wirklich witzig. Sprachspiele beherrschen Sie gut.