ScienceBlogs.de-Leser Gerald Fix hat eine Frage zu den Neandertaler-Genen in unserem Erbgut:

“Im Wikipedia-Artikel ‘Genetische Variation (Mensch)’ heißt es: “Zu den bekanntesten Ergebnissen des Humangenomprojekts gehört, dass Menschen, gleich ob nahe verwandt oder von verschiedenen Regionen oder Erdteilen, etwa 99,9 Prozent ihres Erbguts gemeinsam haben.”

Gleichzeitig wird immer wieder festgestellt, der Mensch nördlich der Sahara trage bis zu 4% Neandertaler- oder Denisova-Gene in sich.

Quellen:
Wikipedia ‘Genfluss archaischer Menschen zu Homo sapiens’
Wikipedia ‘Mensch’
Youtube ‘Darum sind wir alle ein bisschen Neandertaler | Quarks’

Wie kann das sein?

‘Genetische Variation (Mensch)’ liefert eine nachvollziehbare Erklärung – die 1 – 4 % bezögen sich auf Allele. Quarks schreibt in den Kommentaren zum Youtube-Beitrag “Wir haben alle 99,9 % gleiche Gene. Wenn wir uns mit dem Neandertaler vergleichen, haben wir 99,7 % gleiche Gene mit ihm. Weil der Neandertaler nicht in Afrika war, gibt es da etwas weniger Übereinstimmungen mit den Neandertalgenen. In Asien war er öfter, sodass es dort mehr Übereinstimmungen gibt als zwischen Neandertalern und Europäern. Klarer?”

Nein, nicht klarer. Die 1 – 4 % kann ich so nicht herleiten. Auf was beziehen sich die 1 – 4 % denn nun?

Viele Grüße

Gerald Fix”

Kommentare (2)

  1. #1 Christian Meesters
    2. August 2021

    Hier ist ein Missverständnis:

    Gleichzeitig wird immer wieder festgestellt, der Mensch nördlich der Sahara trage bis zu 4% Neandertaler- oder Denisova-Gene in sich.

    Ein “Allel” ist gewissermaßen die Ausprägung eines Gens (bzw. Genlokus), also z. B. ein unterschiedliches Basenpaar an genau einer Postition (oder eine andere Abweichung, wie eine Einfügung oder Löschung). Und hier ergeben sich für Menschen nördlich der Sahara offenbar höhere Anteil der Allele, die auch beim Neanderthaler häufig waren. Die Gene jedoch sind bei dieser Betrachtung dieselben. (Wobei einem klar sein muss, dass so wenige Neanderthaler-Sequenzen insgesamt verfügbar sind, dass eine sinnvolle Schätzung der Allelhäufigkeiten nicht möglich bzw. nicht annähernd so robust ist wie beim rezenten Menschen und seinen Populationen.)

    Welcher Youtube-Beitrag bzw. welches Kommentar da gemeint ist, weiß ich so nicht – aber: In dieser Einfachheit ist der Kommentar unsinnig. Denn was ist die “Gleichheit von Genen” (die Unterschiede in den Allelen sind in erster Näherung nämlich homogen über das Genom verteilt)? Bzw. wie ist der prozentuale Unterschied definiert?

    Die 1-4 % sind somit nur die Schätzung, die sich auf das im Wikipedia zitierte Sciencepaper beruft. Das ist interessant zu lesen und jongliert mit einer ganzen Reihe von Prozentwerten. Der Wert von ca. 4 % bezieht sich auf die Abweichung bei den eingangs zitierten Abweichungen einzelner Positionen (Basen).

    Daneben gibt es jedoch weitere Quellen genetischer Variation, die ebenfalls in der Veröffentlichung quantifiziert werden und eben geringere Werte aufzeigen – das müsste man im Detail diskutieren und ich mache mich hier schon der zu starken, gleich kritisierten Vereinfachung schuldig.

    Warum jetzt jemand 1-4% oder 99,7% schreibt erschließt sich mir nicht: Das Mischen von Prozenwerten unterschiedlicher Parameter ist schließlich wenig sinnvoll. Für mich ein Fall von Vereinfachung und wiederholtem Abschreiben, welches man im (Wissenschafts-)Journalismus leider häufig findet, weil die Originalquelle halt von und für Fachleute geschrieben wurde.

  2. #2 Gerald Fix
    3. August 2021

    Danke für die Klarstellung. Für mich bedeutet das, dass es noch weit komplizierter ist, als ich mit meinem ungebildeten Leichtsinn gedacht habe.

    Der Quarks-Beitrag findet sich unter Youtube. Der 10. Kommentar (von 011sa) enthält die zitierte Antwort der Quarks-Redaktion.

    In einem weiteren Kommentar wird auch auf die Max-Planck-Gesellschaft verwiesen. Hier heißt es u.a. “Die Forschungsergebnisse zeigen, dass zwischen 1,8 und 2,6 Prozent im Erbgut eines modernen Menschen außerhalb Afrikas auf diese Vermischung zurückgehen.”

    Übrigens spricht Konradins Wissens-Ecke im Neandertaler-Beitrag sogar von unserem Urahnen …