Der nationale Bildungsbericht 2008 liegt vor und stellt unserem Bildungssystem wieder einmal ein schlechtes Zeugnis aus. Es gibt kaum ein anderes Land, in dem die soziale Herkunft so stark die Bildungschancen eines Kindes bestimmt.

Die Zahl derjenigen, die die Schule ohne Abschluß verlassen, ist höher als in anderen Ländern. Die Zahl der Studenten ist dafür im internationalen Vergleich niedriger. Armes Bildungsland Deutschland!

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Es wird also wirklich allerhöchste Zeit, daß die Kanzlerin das Bildungsthema endlich nach ganz oben auf der Tagesordnung setzt. Insofern ist die Rede von Angela Merkel vom Donnerstag, in der sie Bildung zur Chefsache erklärte und die Ministerpräsidenten zu einem “Nationalen Bildungsgipfel” am 22. Oktober einlud, sehr zu begrüßen.

Alarmierende Befunde: Der “Nationale Bildungsbericht”

Denn der nun veröffentlichte Bildungsbericht 2008 zeigt, daß wir noch unendlich viel Nachholbedarf haben. Und das größte Problem (das zwar seit Jahren bekannt ist, aber dennoch nicht nachhaltig angegangen wird) ist die mangelhafte Chancengleichheit unseres Bildungssystems.
Soll heißen: in Deutschland entscheidet weniger die individuelle Begabung, sondern viel stärker das Elternhaus darüber, welche Schul- und Bildungsabschlüsse erzielt werden.

Aber können wir es uns wirklich erlauben, so verschwenderisch mit schlauen, engagierten, kreativen jungen Menschen umzugehen? Ist es nicht vollkommen egal, ob diese aus bildungsbürgerlich-privilegierten oder sozial-benachteiligten Elternhäusern kommen?

Im Bericht heißt es wörtlich:

“Sozialer Status und Bildungsstand der Herkunftsfamilie: Einfluss verstärkt sich bis zum Übergang in die Hochschule. Mit einem höheren sozioökonomischen Status gehen bis zu dreimal geringere Hauptschul- und bis zu fünfmal höhere Gymnasialbesuchsquoten einher.
Internationale Schulleistungsstudien zeigen, dass die Kopplung zwischen sozialem Status der Herkunftsfamilie und erworbenen Kompetenzen in Deutschland nach wie vor stärker ausgeprägt ist als in anderen Staaten.”

Und damit zusammenhängend und ebenso traurig:

“Migrationshintergrund führt in allen Stufen des Bildungssystems zu Benachteiligungen.
Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sind selbst bei gleichem
Sozialstatus seltener auf dem Gymnasium und häufiger in den niedriger qualifizierenden
Schularten.”

Das sind zwei Feststellungen, die im Grunde allgemein bekannt sind. Seit vielen Jahren wird von Bildungsforschern auf diese verhängnisvolle Korrelation zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen hingewiesen. Und seit Jahren wird seitens der Politik beteuert, daß man das Problem sehe und dagegen angehe. Aber wo? Aber wie? Daß ein Bildungssystem, das auch Kindern mit Migrationshintergrund faire Chancen einräumt durchaus viel Geld kostet, sollte klar sein.

Sparen am falschen Ende

Doch: gemessen am Bruttoinlandsprodukt sinken (!) die Bildungsausgaben! Die betreffende Passage:

“Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt rückläufig. Insgesamt, d.h. unter Einschluss betrieblicher und privater Leistungen, wurden in Deutschland im Jahr 2006 mit 142,9 Milliarden Euro fast 15 Milliarden Euro mehr für Bildung ausgegeben als im Jahr 1995. Der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt ging jedoch
von 6,9% im Jahr 1995 auf 6,3% im Jahr 2005 und 6,2% im Jahr 2006 zurück; im nternationalen Vergleich lag er unter dem OECD-Durchschnitt.”
(Beide Stellen: Bildungsbericht Kurzfassung, S. 14ff.)

Wenn man es nicht im soeben publizierten Nationalen Bildungsbericht nachlesen könnte, würde man es kaum glauben.

Hier der Bericht mit vielen weiteren interessanten Befunden und Statistiken:

  • “Bildung in Deutschland 2008. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Übergängen im Anschluss an den Sekundarbereich I” – Download als PDF