Im Grunde ist es eine Binsenweisheit: je früher Krebserkrankungen erkannt werden, desto erfolgversprechender ist eine Therapie. Einer der Schwerpunkte des “Nationalen Krebsplans”, den Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt am Montag präsentierte, ist folglich die Früherkennung.

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Der Kampf gegen die Krebserkrankungen soll aber noch durch weitere Punkte des neuen Maßnahmenpakets intensiviert werden.

Fast eine halbe Million neue Krebserkrankungen pro Jahr

Es genügt, wenn man sich nur kurz die aktuellen Zahlen bewußt macht: jährlich erkranken 436 500 Menschen in Deutschland an Krebs und die Statistik muß ebenfalls binnen 12 Monaten rund 210 000 durch Krebs verursachte Sterbefälle verzeichnen.

Das sind bedrückende Zahlen. Bedrückender noch, wenn man weiß, daß die deutsche Medizin in Sachen Krebsbekämpfung keineswegs in der Champions League spielt. Sowohl was die Diagnose, als auch was die Therapie von Tumorerkrankungen anlangt, so ist man teilweise weit von den internationalen Spitzennationen entfernt.

Die deutsche Medizin ist teilweise weit von der “Champions League” entfernt

Allerhöchste Zeit also, daß Ulla Schmidt ein konzertiertes Vorgehen fordert und mit dem nun vorliegenden “Nationalen Krebsplan” initiiert. Ziel sei es, “die Versorgung der Patienten weiter zu verbessern, die Früherkennung zu stärken und die Zusammenarbeit aller Akteure voranzubringen”, sagte Schmidt.

Der Plan, der gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren und der Deutschen Krebsgesellschaft entwickelt wurde,beinhaltet zwei Schwerpunkte:

1. Die Weiterentwicklung und Qualitätssicherung der Krebsfrüherkennung. Dies soll in einer ersten Phase bis 2010 der Hauptakzent sein.

2. Die Versorgung von Krebspatienten soll optimiert werden. Dazu sollen spezialisierte Krebszentren zertifiziert und gefürdert werden. Außerdem sollen Krebsregister ausgebaut und die Zusammenarbeit zwischen Haus- und fachärzten verbessert werden.

Neben diesen beiden Hauptpunkten (Früherkennung und Patientenversorgung) nimmt der Krebsplan zwei weitere Handlungsfelder in den Blick:

Zum einen soll die Überprüfung neuer (aber oftmals sehr teurer) Krebsmedikamente beschleunigt werden. (Diese könnten im Erfolgsfall schneller zur Verfügung stehen.) Zum anderen soll die Informationsarbeit für Tumorpatienten und ihre Angehörigen verbessert werden. (Stichwort: Stärkung der Patientenorientierung)

Das alles sind löbliche Maßnahmen und es besteht kein Zweifel, daß die einzelnen Punkte durchaus richtig und wichtig sind.

Verhältnismäßigkeit der Mittel

Allerdings gilt es jeweils die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten. Wenn etwa der Punkt Früherkennung angesprochen wird, so sollte man nicht so naiv sein und glauben, ein flächendeckendes Vorsorgeprogramm für alle Bevölkerungsschichten würde hier Wunder vollbringen. Wie man aus der Kontroverse um den möglicherweise zweifelhaften Nutzen von Mammographie-Screenings lernen kann, können auch Früherkennungsprogramme negative Effekte zeitigen.

Streitfall Brustkrebs-Reihenuntersuchungen: Mehr Schaden als Nutzen?

Zwar stellt nach Ansicht von Experten eine Röntgenmammographie die gegenwärtig effektivste Methode einer frühzeitigen Entdeckung von Brustkrebs dar – allerdings gilt dies nur für Frauen ab 50 Jahren. Und selbst hier kann man darüber streiten, ob die Effekte der sog. “Überdiagnostik” (darunter fallen eben die sog. “falschpositven Befunde”) den wirklichen Nutzen überwiegen. (SZ-Artikel zu diesem Thema) Und viel zu häufig sind es schlecht ausgebildete Radiologen, die schlicht die Bilder nicht richtig zu “lesen” vermögen.

Hier stellt sich Frage, ob Vorsorge nicht nur “vorverlegte” Sorge ist…

Wie überhaupt man sich im jahr 2008 fragen darf, weshalb man erst heute wieder seitens der Bundesregierung zu so einer Kraftanstrengung aufrufen muß. Wie kann es sein, daß in Deutschland das medizinische System in Sachen Krebsdiagnose und Therapie teilweise unkoordiniert vor sich hinwurstelt, während andere Länder uns hinsichtlich der Therapieerfolge den Rang ablaufen?

Kommentare (2)

  1. #1 Soziobloge
    Juni 17, 2008

    Jetzt müsste mal noch angegeben werden, in welchem Alter die Krebstoten zu verzeichnen sind. Denn Krebs ist ja vor allem eine Frage des Alters.

  2. #2 Marc | Wissenswerkstatt
    Juni 17, 2008

    @soziobloge:

    Du hast natürlich Recht, daß die allermeisten Krebsarten erst im höheren Lebensalter auftreten. Allerdings finde ich dazu in der Eile kaum Statistiken. Eine umfassende Darstellung zu verschiedenen, weit verbreiteten Tumorerkrankungen findet sich allerdings hier in der ZEIT