Oder anders formuliert: bei maximal effizienter Technik muß unter Wettkampfbedingungen (Stress!) eine maximal hohe Bewegungsfrequenz möglichst lange (Ermüdung!) aufrechterhalten werden. Und wer dieses Anforderungsprofil am besten erfüllt, wird als Sieger aus dem Becken steigen.
Nur: an welchen Stellschrauben kann wirklich nennenswert gedreht werden, wenn man die Regeln des fairen Sports (Doping!) nicht brechen will?
Leistungsfaktoren: Physis, Psyche und Technik
1. Die Physis: die körperliche Grundausstattung ist einerseits vom Zufall bestimmt. Wir erinnern uns an den australischen Schwimmstar Ian Thorpe, der mit der Schuhgröße 52 ideale “Paddel” von Mutter Natur spendiert bekam. (Gut, die Gerüchte, ob Thorpe doch mit Wachstumshormonen experimentiert hat, wurden niemals 100% entkräftet… und Phelps ist mit Größe 48 auch ganz gut versorgt…). Andererseits lassen sich Maximalkraft, Kraftausdauer und Schnelligkeitsausdauer natürlich trainieren.
Die offene Frage: gab es in den letzten 3-4 Jahren neue Erkenntnisse in der Trainingslehre, die “intelligentere” Wettkampfvorbreitungen ermöglichen? (Nebenfrage: Wieso haben sich diese neuen Erkenntnisse noch nicht bis zu den deutschen Schwimmern rumgesprochen?!)
2. Die Psyche: die Wettkampfsituation bedeutet Stress. Viele Athleten drehen unter diesem Druck erst richtig auf – andere “verkrampfen” unter solchen Bedingungen.
Die offene Frage: Wurden auf diesem Feld neue Techniken entwickelt, um zum Wettkampfhöhepunkt auch wirklich alle Leistungsreserven abzurufen?
3. Die Technik: allein die physischen Fertigkeiten garantieren keinen Erfolg – denn natürlich ist es notwendig, die Arm- und Beinbewegungen maximal effizient und koordiniert einzusetzen und in Geschwindigkeit umzusetzen.
Die offene Frage: Gab es hier eine Neuentdeckung, was die Biomechanik des Schwimmsports angeht? Sind Mark Spitz, Michael Groß und die Stars der Vergangenheit alle “falsch” geschwommen?
Was bleibt als Erklärung für die Leistungsexplosion?
Nach meiner Beobachtung lassen sich alle drei Fragen mit einem klaren “Nein” beantworten.
Die Grundprinzipien des Schwimmsports sind identisch geblieben und auch die vielbeschworenen Schwimmanzüge rechtfertigen die Leistungssprünge nicht – zumal etwa Phelps bei seinem gestrigen Rekord mit blankem Oberkörper zu Gange war. Er benötigte also offensichtlich die tollen Eigenschaften der “aquadynamischen” Anzüge erst gar nicht.
Der Schlußschwimmer der Weltrekordstaffel von heute früh, der US-Athlet Jason Lezak gab übrigens – der FAZ zufolge – folgende Auskunft:
„Es liegt nicht am Pool. Wer die Entwicklung der letzten Monate über 50 und 100 Meter Freistil gesehen hat, wusste, dass hier der Weltrekord fällt”, sagte Lezak.
Gut, daß es am Pool oder der Schwimmhalle gelegen haben könnte, hätte ich auch nicht gedacht. Aber wenn es weder an den Anzügen, noch am Pool liegt, woran liegt es dann?
In einem nächsten Beitrag sehe ich mir diese neueste Rekordflut und die Entwicklung der Bestmarken im Schwimmsport einmal genauer an.
Empfehlenswerte Beiträge zum Thema:
- FAZ: Die Armada hört nur Andeutungen, 11.8.2008
- Fischer, Lars: Rekorde, Rekorde – alles nur Zufall?, 10.8.2008
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