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Sie sind groß, stark, zupackend, ausdauernd und haben ein großes Herz. Wer sich in Peking auf die Suche nach den Olympioniken mit den leistungsfähigsten und größten Herzen begibt, der wird bei den Ruderern fündig.

Kein Wunder: Rudern zählt zu den härtesten Disziplinen im olympischen Programm. Und die Ausdauerleistung, die die Athleten vollbringen, ist maßgeblich von der Herzkapazität abhängig. Ein Herz eines Weltklasseruderers kann im Einzelfall die doppelte Größe eines normalen Herzens erreichen. Wie ein aktuelle Studie zeigt, ist dafür vermutlich das insulinähnliche Wachstumshormon IGF-1 verantwortlich.

Extrembelastung Rudern: Ausdauer + Kraft

Wer die Ruderwettbewerbe aufmerksam verfolgt, der weiß, daß die Athleten bis an ihre absoluten Leistungsgrenzen gehen. Nicht selten sind im Ziel sogar die Sieger zu erschöpft und ausgepumpt, um großartige Jubelregungen zu zeigen. In den 5-8 Minuten, die ein Ruderwettbewerb durchschnittlich dauert, wird den Sportlern eine beispiellose Ausdauer- und Kraftleistung abverlangt.

Natürlich sind es vordergründig solche Parameter wie Schlagfrequenz, Kraftentwicklung pro Zug und die Rudertechnik, die über Sieg und Niederlage entscheiden. Doch hinter diesen sichtbaren Effekten steckt etwas anderes: der entscheidende physiologische Leistungsfaktor ist die maximale Sauerstoffaufnahme. Und diese hängt maßgeblich von der Herzleistungsfähigkeit ab.

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Rudern: Sieger der Herzen

Insofern kann man durchaus behaupten, daß im Rudern die Athleten mit den größten Herzen gewinnen!

Zum Vergleich: die Herzgröße einer Normalperson liegt etwa bei 750 bis 800 ml liegen. Bei Top-Ruderathleten findet man aber Herzgrößen zwischen 1200 und 1500 ml. Diese Kapazität erlaubt es, daß von diesem Hohlmuskel die maximale Blutmenge von 40 l/min gepumpt wird. Ein gesunder, junger Mann ohne extensives Rudertraining bringt es gerade auf die Hälfte: mehr als 20 l/min schafft die Pumpe bei Nichtsportlern nicht.

Eine Studie von Giovanni Vitale und Gaetano Lombardi (Uni Mailand bzw. Neapel) zeigt aktuell, worin das Geheimnis dieser außergewöhnlichen Leistungsfähigkeit liegt: die Mediziner untersuchten 19 Ruderer und stellten dabei fest, daß diese deutlich erhöhte Werte des anabolen Hormons IGF-1 aufwiesen.

Das körpereigene, anabol wirkende Hormon IGF-1 (Insulin-like-Growth Factor 1) wird in der Leber hergestellt. Und seit einigen Jahren ist bekannt, daß IGF-1 erstens Nährstoffe (Glukose, Aminosäuren) in die Muskelzellen einschleust und zweitens zur Bildung von Muskelzellen beiträgt.

Das Interessante an den Studienergebnissen, die in der Augustnummer der “Clinical Endocrinology” publiziert werden: die Bildung von IGF-1 scheint durch intensives Ausdauer- und Krafttraining stimuliert zu werden. Dr. Giovanni Vitale berichtete: “Je höher der IGF1-Spiegel im Blut, desto höher war die Herzleistung.”

Und er fährt fort:

“Unsere Ergebnisse zeigen, daß die Herzen der Ruderer insgesamt größer sind und im Vergleich zur Kontrollgruppe eine höhere Kapazität aufweisen. Die Ursachen für diese besondere Leistungsfähigkeit des Herzmuskels dieser Sportler ist nicht vollständig bekannt. Die vermehrte Produktion von Wachstumsfaktoren wie IGF1 durch das Leistungstraining könnte aber eine Erklärung sein.”

Es stellt sich freilich die Frage, ob wirklich allein das harte Training für diese hohen IGF1-Werte zuständig ist, die wiederum zur bemerkenswerten Herzkapazität der Ruderer führen. Denn von IGF1 ist schon seit einiger Zeit bekannt, daß es generell die Zellvermehrung anregt und zur erhöhten Produktion von roten Blutkörperchen führt. Und diese resultiert wieder in besseren Ausdauereigenschaften.

Saubere Probanden oder dopinginfizierte Ruderer?

Oder anders gesagt: Haben Dr. Vitale und seine Kollegen wirklich nur IGF-Werte gemessen, die auf natürliche Weise zustande gekommen sind? Denn das Peptidhormon IGF1 lässt sich auch synthetisch herstellen und steht nicht umsonst auf der Liste verbotener Substanzen.

Und es müßte nicht einmal künstlich hergestelltes IGF1 sein: auch die Einnahme von Wachstumshormonen (Somatotropin bzw. HGH) regt indirekt die IGF1-Produktion in der Leber an.

Wir müssen also noch ein wenig warten, bis die Dopinganalytik weiter ist und natürliches von synthetischem IGF sicher unterscheiden kann bzw. bis diese Analysen auch wirklich flächendeckend eingesetzt werden.

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