Auch wenn bipolare Störungen eine meist sehr individuelle Ursache haben: Die genetische Veranlagung dazu haben Psychologen des Stanley Center for Psychiatric Research in Washington nun scheinbar aufgeschlüsselt.

In der größten je zu dem Thema durchgeführten Studie untersuchten die Wissenschaftler die Gene von 10.596 Menschen. Bei 4.387 Teilnehmern der Studie war eine bipolare Störung, auch bekannt als “manisch-depressive Erkrankung”, bekannt – untersucht wurden sie gemeinsam mit Verwandten.

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Dabei stellten die Psychologen eine Veränderung von zwei Genen bei den erkrankten Testpersonen fest. Diese bewirkten eine abwechselnde Über-, beziehungsweise Unterfunktionalität der Ionenkanäle, durch die Stoffe in die Zelle gebracht und wieder abtransportiert werden können. “Die Reizbarkeit einer Nervenzelle – das heisst, ob sie aktiv wird oder nicht – hängt von diesem empfindlichen Gleichgewicht ab,” erklärt Pamela Sklar, die Leiterin der Studie. “Statistisch relevante Zusammenhänge zu finden, die das Gleichgewicht der Ionenkanäle regulieren, ist erstaunlich.” Zudem könne man aus den Ergebnissen der Studie neue Ansätze für medikamentöse Therapien gegen bipolare Störungen ziehen.

Die Deutsche Gesellschaft für bipolare Störungen schätzt, dass bis zu 12 Prozent der Weltbevölkerung im Laufe ihres Lebens eine bipolare Phase erleben, von denen etwa die Hälfte behandlungsbedürftig ist. Männer und Frauen sind gleichermaßen häufig betroffen.

Schon im Februar diesen Jahres berichtete Focus Online von Biomarkern im Blut, anhand derer man eine bipolare Störung diagnostizieren und ihren Schweregrad messen kann. Tatsächlich kann der Bluttest oder eine Genanalyse auch global von großem Nutzen sein: Wie genau eine bipolare Störung definiert ist, entspricht nicht in jedem Land haargenau dem ICD 10 – zumal psychische Erkrankungen noch stärker kulturell geprägt sind als physische. In China etwa klagt ein Depressiver bei seinem Arzt viel eher über somatische Symptome wie Kopfschmerzen oder Appetitlosikeit als über Trauer oder ein angekratztes Selbstbewusstsein, wie der Nachrichtendienst diepresse berichtet.

Zum Schluss noch ein Tipp:
Wer sich genauer mit kulturellen Unterschieden bei Krankheitsbildern beschäftigen möchte, dem sei “Andere Länder, andere Leiden” von Lynn Payer (Campus Fachbuch) ans Herz gelegt. Es ist auch für Nicht-Mediziner sehr gut verständlich und erklärt beispielsweise, wieso Frauen in Europa in der Menopause Hitzewallungen bekommen, während Japanerinnen über Klingeln im Ohr klagen.

Kommentare (1)

  1. #1 Peter Artmann
    August 19, 2008

    Ich war ganz schön enttäuscht als ich die Studie gelesen habe. So eine große Anzahl an Genen und so viele Vergleichsgenen und dann nur zwei Gene mit SNPs, die weder gemeinsam vorkommen müssen noch für sich gesehen eine starke Aussagekraft haben (ein Gentest auf die SNPs könnte das Auftreten der Krankheit nicht vorhersagen).

    Man wird also auch in Zukunft Menschen nicht anhand ihrer Gene korrekt einschätzen können – nun gut.
    Die Studie zeit jedoch auch, dass wir in Bezug auf die Funktionsweise des Gehirns kaum weiter vorangekommen sind, da wir immer noch nicht eindeutige Fehlfunktionen (also Krankheiten) mechanistisch erklären können.
    Schade eigentlich – aber auch eine Aussage.