Gestern auf dem Weg in die Redaktion: Zwischen Supermarkt und Bäcker hat sich ein riesiger, rosafarbenen Regenwurm quer über den Rosenkavalierplatz gelegt. Fast drei Meter hoch, 20 Meter lang. Daneben stehen ein paar Leute, direkt am Hauseingang der Felix-Burda-Stiftung. Aha, so läuft der Hase also. Das was dort liegt ist nämlich doch kein Wurm – sondern ein Darmmodell.

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Eine sonderbare Idee. Und doch nicht so neu: In Bremen ist die begehbare Gebärmutter im Universum seit Jahren der Renner. Im Wissenschaftsmuseum kann man sich dort gemütlich an die Schleimhaut lehnen und in kurzen Filmen die Entstehung menschlichen Lebens erklären lassen.

Nur: Die Konnotationen einer weichen, warmen Gebärmutter sind nicht dieselben wie die eines Darms. Embryo war schließlich jeder Mal, aber in einem Darm? Da wo verdaut wird? Das will doch niemand sehen!

28.000 Menschen sterben jährlich in Deutschland an Darmkrebs

Vielleicht ist genau das der Clou an “Faszination Darm”: Wenn ein Darm den Raum des Coca-Cola-Trucks einnimmt, ist Wegschauen unmöglich. Ist das Modell erstmal aufgebaut, kann jeder Besucher zum menschlichen Endoskop werden und sich davon überzeugen, dass es a) leider jede Menge Erkrankungen des Darm gibt und b) sich ein großer Teil des Leids leicht vermeiden ließe.

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Von den etwa 100 bekannten Krebsarten hat kaum eine so gute Heilungschancen wie Darmkrebs – wenn er rechtzeitig erkannt wird. Dennoch sind Darmkarzinome nach Angaben des Robert-Koch-Instituts die zweithäufigste Krebserkrankung nach Prostata- beziehungsweise Brustkrebs in Deutschland. Bei rund 73.000 Menschen jährlich wird hierzulande ein bösartiger Tumor diagnostiziert – 28.000 sterben daran. Welches Stadium “recht-“, das heißt: frühzeitig genug ist, kann man sich im Inneren des Darmmodells ansehen. Hier etwa: Ein flacher Polyp.

Und es geht weiter im Darm. Ein paar Schritte nach dem verhältnismäßig kleinen Polypenknubbel in der Wand wird klar, weshalb Darmkrebs so schnell so gefährlich wird: Das Karzinom, das auf einem Mal von der Decke hängt, zwingt Besucher, den Kopf einzuziehen. Aus dem ehemals flachen Polypen – den der Mensch meist nicht bemerkt – ist eine wuchernde Geschwulst geworden. Ihn aus der Decke zu sägen, wäre vergebliche Liebesmüh, denn auch die umgebende Darmschleimhaut ist bereits befallen.

Nicht nur in München kann man den Darm durchwandern

Aber nicht nur Darmkrebs, auch Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa haben ihren Platz im Darmmodell und erklären dem Besucher, wie diese Krankheiten entstehen und wie man sie therapieren kann. Es mag an meiner Vorliebe für Anatomie liegen, aber ich finde so was interessant. Was der Körper nicht alles aushält!

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In den nächsten Monaten ist “Faszination Darm” on the road und tourt quer durch Deutschland. Die nächsten Termine:

  • 3.-8. November: Riem Arcaden an der Messe München
  • 11. Februar 2009: Pri-Med Update in Leipzig
  • 6. März 2009: Biberach, genauer Ort wird noch bekannt gegeben

Es mag nicht jeder ein Fan von Anatomie sein. Muss ja auch nicht. Es mag auch nicht jeder ein Freund von Krebsvorsorge sein. Sollte aber durchaus. Ein Gang durch das Darmmodell lohnt sich und lässt Vorsorgeuntersuchungen weniger furchteinflößend wirken. Es lässt sich ja nicht schönreden, dass das größte Problem der Darmkrebsvorsorge die Paarung des Tabuthemas Krebs mit dem ebenso wenig salonfähigen Thema Darm ist – über den letzten Check beim Hautarzt zumindest redet man freier und weniger pikiert. Nur: Im Gegensatz zu einem echten Darm ist das Modell eben auch nicht feucht, riecht nicht nach Darm und besitzt auch nicht den üblichen Darminhalt – mit “iiieh” ist man im rosa Wurm also an der falschen Adresse.