Die starke Präsenz von Windows verhindert wirkungsvoll das Wachstum anderer Betriebssysteme in relevantem Ausmaß, da es zum einen das standardmäßig installierte Betriebssystem auf vielen neu ausgelieferten Rechnern ist und – bedingt dadurch – viele Leute lediglich dieses System kennen und natürlich bei ihm bleiben. Windows ist also nicht nur der Spitzenprädator in seinem Gebiet in dem Sinne, dass es praktisch keine natürlichen Feinde hat, sondern es drängt die Konkurrenz auch erfolgreich an den Rand. Der Effekt des relativ geringen Selektionsdrucks ist allerdings auch, dass es hin und wieder zu “Fehlentwicklungen” kommen kann – man nehme nur Windows Vista, welches zwar auch eine relativ weite Verbreitung erlangt hatte, im Allgemeinen jedoch als mehr oder weniger großer Fehlschlag angesehen wird – es wird mittlerweile auch ziemlich schnell von Windows 7 (sozusagen der Weiterentwicklung der Art) verdrängt, da letzteres weitaus besser an die Umwelt “angepasst” ist in dem Sinne, dass es seine Aufgabe besser erfüllt. Insgesamt entwickelt sich Windows aber relativ langsam fort, da die Umwelt hier recht stabil ist und häufige Neuerungen im Moment nicht erforderlich sind.
Demgegenüber stehen etwa die Unix-artigen Betriebssysteme wie zum Beispiel Linux; global gesehen haben sie eine recht geringe Verbreitung, in bestimmten Bereichen (sozusagen ökologischen Nischen) sind sie aber klar dominant und sichern dadurch ihr Überleben – insbesondere das Server-Umfeld wäre hier zu nennen. Unix ist durch die Präsenz von Windows einem recht hohen Selektionsdruck ausgesetzt, was zu häufigeren Neuerungen führt (häufiger als Windows zumindest).
Insgesamt gesehen sind Betriebssysteme jedoch relativ stabil. Im Hardware-Bereich gibt es selten plötzliche Neuerungen, so dass sich die Betriebssysteme an die langsam ablaufenden Prozesse der Hardware-Verbesserung angepasst haben und sich auch selbst nur langsam verändern (wir reden hier von einem informationstechnischen “langsam” – das heißt, im Verlaufe einiger Jahre).
Beispiel: Internetbrowser
Ganz anders auf dem Gebiet der Internetbrowser; hier herrscht insbesondere seit einigen Jahren ein immens starker Konkurrenzdruck, welcher die Browserentwicklung stark beschleunigt und dazu geführt hat, dass zwischen verschiedenen Programmversionen teilweise nur wenige Wochen liegen. Da die Konkurrenz ständig neue Entwicklungen bringt, findet hier ein echtes “Wettrüsten” statt: kaum hat ein Browser eine neue Eigenschaft, ziehen die anderen Hersteller hinterher und präsentieren für ihre Browser eine eigene Implementierung oder gar Verbesserung dieser Eigenschaft.
Aber das war nicht immer so. Lange Zeit war der Internet Explorer, zusammen mit dem dominanten Windows ausgeliefert, der beherrschende Browser in der Computerwelt. Durch die fehlende Konkurrenz wurde er auch kaum weiterentwickelt; im Gegensatz zu den Betriebssystemen, wo eine langsame Entwicklung noch halbwegs ertragbar ist, war dieses Verhalten im Bereich des Internets allerdings fatal. Das World Wide Web verändert sich sehr schnell, wobei der Internet Explorer diesen Veränderungen nicht gerecht wurde; zahlreiche Sicherheitslücken waren die Folge. Durch seine große Verbreitung konnte sich das Programm zwar noch eine Zeit lang behaupten, wurde aber nach und nach durch andere Programme verdrängt
(das würde ich übrigens Evolution in Aktion nennen)
– insbesondere auch durch den Firefox.
Der Fall Firefox ist nun ein wenig kurios. Zu Anfang konnte er sich gut verbreiten, da er im Gegensatz zu vielen anderen Browsern sowohl kostenlos als auch werbefrei war und viele der Probleme des Internet Explorers vermied. Mittlerweile hat der Browser den höchsten Marktanteil bei den Browsern überhaupt – und das, obwohl mittlerweile alle verfügbaren Browser als ungefähr gleichwertig betrachtet werden können und der Firefox keineswegs “besser” ist als andere. Im Gegensatz zu Windows, welches auf vielen Geräten ohnehin vorinstalliert ist (ebenso wie der Internet Explorer übrigens) muss der Firefox manuell heruntergeladen werden – seine nach wie vor weite Verbreitung muss also irgendwie erklärt werden. An dieser Stelle möchte ich auf die Mem-Theorie von Dawkins verweisen. Eine Besonderheit des Firefox-Browsers ist, dass er bereits von vielen Nutzern verwendet und daher auch sehr oft weiterempfohlen wird. Das Mem “Firefox” ist demzufolge sehr präsent und hält sich dadurch so weit oben an der Spitze, dass es durch ständige Kommunikation erneuert wird. Für den durchschnittlichen Nutzer wäre es relativ egal, ob er nun Firefox, Opera, Internet Explorer oder Chrome benutzt – da ihm aber im Durchschnitt vermutlich am häufigsten Firefox empfohlen wird, greift er zu diesem Browser und wird selber auch weiter für dessen Verbreitung sorgen.
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