Heute gibt’s mal was für’s Auge!
Wir haben in den vergangenen Artikeln öfters von Weißen Zwergen gehört, z.B. dass diese aus Sternen von 0,5 bis 8 Sonnenmassen entstehen, selbst aber höchstens 1,4 Sonnenmassen aufbringen – ansonsten würden sie zu Neutronensternen kollabieren müssen. Da stellt sich natürlich die Frage, wie und warum die Vorläufersterne so viel Masse abstoßen, und was dann aus dieser wird.
Der Anfang vom Ende
Irgendwann ist der Wasserstoff eines Sterns zwischen 0,5 und 8 Sonnenmassen so weit aufgebraucht, dass die Kernfusion von Wasserstoff zu Helium in seinem Kern allmählich abebbt. Sterne von mehr als einer halben Sonnenmasse sind nicht bis zum Kern konvektiv, d.h. ihr Inneres quillt nicht unter der Eigenwärme nach oben und wird folglich auch nicht durch frischen Wasserstoff von weiter außen ersetzt, wie das etwa bei kleinen Roten Zwergen der Fall ist. Die Fusion im Kern erstickt daher an ihrer eigenen Heliumasche.
Wenn der Strahlungsdruck aus dem Zentrum nachlässt, schrumpft der Kern und der Stern sackt auch insgesamt unter seinem Gewicht etwas zusammen, was Druck und Temperatur in einer Schale um den Kern steigen lässt, so dass die Wasserstofffusion nun in dieser Schale startet – man spricht auch vom Schalenbrennen. Die Schale hat eine größere Oberfläche als der Kern vorher und fusioniert mehr Wasserstoff. Durch den erhöhten Wärmefluss wird die Sternatmosphäre aufgebläht, der Stern wächst zum Unterriesen und beginnt, sich im Farb-Helligkeits-Diagramm nach rechts oben von der Hauptreihe zu lösen. Da sich seine Oberfläche vergrößert, sinkt die Oberflächentemperatur (Wanderung nach rechts), aber die vergrößerte Oberfläche macht ihn heller (Wanderung nach oben).
Das Schalenbrennen produziert Helium, das in den schwerer und dichter werdenden Kern sinkt. Je weiter die Schale nach außen wächst, desto größer und kühler wird der Stern äußerlich, er wächst allmählich zum Roten Riesen, während im Inneren ein immer größer werdender Kern aus entartetem Helium wächst, der sich dadurch auszeichnet, dass er mit zunehmender Masse schrumpft und dessen Volumen nicht von der steigenden Temperatur beeinflusst wird.
Helium brennt auch
Irgendwann ist der Druck im Kern des Sterns so hoch geworden, dass Helium zu Kohlenstoff und Sauerstoff zu fusionieren beginnt. Bei kleineren Sternen geschieht dies explosionsartig (“Helium-Flash”), da der Strahlungsdruck den Kern vom Gewicht der Sternenhülle entlastet, was die Entartung des Kerns sofort beendet und den nunmehr temperaturabhängigen Druck im Kern enorm steigen lässt. Bei größeren Sternen läuft der Übergang zum Heliumbrennen gebremster ab. Von außen sieht man den Sternen den Helium-Flash zunächst nicht an, aber die neue Energiequelle bläht sie bald noch weiter auf, bis sie das bis zu 200-fache des Sonnendurchmessers und mehrere tausend Sonnenleuchtkräfte erreichen. Das Wasserstoffbrennen setzt nach dem Helium-Flash aus, weil der Druck in der entsprechenden Zone mit der Ausdehnung des Sterns zu gering wird. Der Stern wird außerdem tiefer konvektiv und Kohlenstoff und Sauerstoff aus der Heliumfusion steigen an die Oberfläche. Manche Sterne beginnen regelrecht zu rußen.
An der Oberfläche des riesigen Sterns herrscht nur noch geringe Schwerkraft und die Konvektionsbewegung des Plasmas, die wie in einem Wasserkessel auf einer Herdplatte die Wärme durch Strömungen zur Oberfläche steigen lässt, sorgt für starke Magnetfelder, was zu einem dramatischen Massenverlust führt: die Sterne blasen ihre Atmosphäre als Sternenwind in das Weltall. Wenn das Helium im Kern versiegt ist, kann eine erneute Wasserstoff-Phase des Wasserstoff-Schalenbrennens einsetzen und danach Helium-Schalenbrennen mit einem neuen Flash starten, was die Wasserstoffschale wieder verlöschen lässt. Dieses Wechselspiel kann sich in rascher Folge mit nur 10.000 Jahren Abstand mehrmals wiederholen. Jedesmal schrumpft der Stern und wächst danach zu noch mehr Größe, und jedesmal verliert er einen Teil seiner Hülle. Irgendwann ist so viel Materie verloren gegangen, dass der Druck für jegliche Fusionen nicht mehr ausreicht und es bleibt ein mit entartetem Kohlenstoff und Sauerstoff aus der Heliumfusion angereicherter Weißer Zwerg mit einer dünnen äußeren Schicht aus Wasserstoff (Spektralklasse DA) oder Helium (DB) übrig.
Der Geist eines Riesen
Und was wird aus dem ausgestoßenen Gas des Roten Riesen? Es umgibt den Weißen Zwerg als geisterhafter Nebel, der im UV-Licht des viele 10.000 K heißen Weißen Zwergs ionisiert und zum Leuchten angeregt wird. Das Licht besteht aus einzelnen Emissionslinien in verschiedensten Farben, die sich mit schmalbandigen, sogenannten Nebelfiltern gut vom durch urbane Lichtverschmutzung aufgehellten Himmelshintergrund trennen lassen.
Der expandierende, heiße Nebel hat dann noch ein paar 10.000 Jahre Bestand, bevor er sich im All verflüchtigt.
Einer der bekanntesten Vertreter solcher Nebel ist der Hantelnebel, der im Sommer 1764 von Charles Messier entdeckt wurde und den er als 27. Eintrag in seinem Katalog aufnahm (Artikelbild oben). Sir William Herschel fand, dass dieser Nebel in seinem Teleskop ein wenig wie das Scheibchen des Planeten Uranus aussehe, den Herschel 1781 entdeckt hatte, und daher taufte er ihn und seinesgleichen Planetarische Nebel, obwohl sie mit Planeten absolut nichts zu tun haben. Er entdeckte 33 von ihnen – heute kennen wir in der Milchstraße rund 3500. Und sie sind oft von bizarrer Form und Schönheit.
Der Hantelnebel hat seinen Namen von seiner Form, die eigentlich eher einer Sanduhr gleicht. Im Sternbild Leier befindet sich der Ringnebel, bei dem der Name ebenfalls Programm ist. Im Sternbild Einhorn entdeckte man 1973 einen planetarischen Nebel, der Roter Rechtecknebel getauft wurde. Dann gibt es den Katzenaugennebel, den Eulennebel, den Spirographennebel, den Ameisennebel und den Eskimonebel. Und viele, viele weitere.
Formenvielfalt
Für die Entstehung der komplexen, oft bipolaren Formen, gibt es verschiedene Erklärungsansätze, die jeweils verschiedene Formen erklären können, aber nicht alle mit einem Modell. Die bipolare (zweiseitig symmetrische) Form könnte durch die starken Magnetfelder des Roten Riesen und späteren Weißen Zwergs erzeugt werden, die das Gas schneller entlang der Pole beschleunigen. Alternativ könnte der rotierende Stern zunächst langsam um den Äquator Materie verlieren, die einen Ring um den Stern bildet. Wenn der Sternenwind später schneller wird, behindert der Ring die Ausbreitung des schnelleren Gases, das sich dann vor allem in Richtung der Pole ausbreitet. Spiralförmige Strukturen können entstehen, wenn der sterbende Stern einen massiven Begleiter umkreist und das Gas in der Richtung seiner Orbitbewegung verdichtet wird, während es sich nach außen ausbreitet. Andere komplexe Formen könnten entstehen, wenn das Gas zuerst vermehrt in anderen Richtungen ausgestoßen wird, als später mit höherer Geschwindigkeit nachfolgendes.
Und schließlich ergeben sich natürlich verschiedene Ansichten, je nachdem wie der Nebel uns gegenüber orientiert ist. Beim Ringnebel schauen wir vielleicht einfach von oben auf eine Sanduhr-Form. Beim Roten Rechtecknebel schauen wir hingegen genau von der Seite auf die Sanduhr, deren Ränder durch die tangential streifende Sichtlinie dichter und kräftiger erscheinen. Die Leitersprossen zwischen den Rändern könnten durch aufeinanderfolgende Eruptionen des Sterns entstanden sein. Und die bipolare Form wird wohl dadurch erzwungen, dass der sterbende Stern von einem Doppelsternbegleiter Materie abzieht, die sich als Akkretionsscheibe um ihn sammelt und den Sternwind in der Ebene der Scheibe blockiert. Allerdings weiß man nicht, welcher Prozess die Leitersprossen in einigen hundert Jahren Abstand geformt haben könnte und warum die Außenkanten des Nebel wie mit dem Lineal gezogen erscheinen – eine Weinglasform wäre eigentlich zu erwarten. Vieles an den planetarischen Nebeln ist immer noch rätselhaft.
Wie mag wohl dereinst der planetarische Nebel aussehen, den unsere Sonne erzeugen wird?
Literatur
- Robert Zimmermann, “Spider Webs in Space“, Sky & Telescope, November 2014, S. 20 ff.
- de.wikipedia.org, Roter Riese
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