Der Satellit GOCE, künstlerische Darstellung. Bild: © ESA, ESA Standard-Lizenz. Quelle: https://spaceinimages.esa.int/Images/2009/05/GOCE_in_orbit.

Wie bitte? Ein Triebwerk für den Weltraum, das mit Luft arbeitet? Gibt’s doch gar nicht! Doch, gibt es, und es wurde bereits erfolgreich von der ESA  getestet.

Die ESA hat von 2009 bis 2013 erfolgreich ihren Gravity Field and Steady-State Ocean Circulation Explorer, kurz GOCE, betrieben. Wie der Name schon andeutet, diente der Satellit dazu, das Gravitationsfeld der Erde exakt zu kartieren. Aufgrund von Dichteunterschieden in der Erdkruste ist das Schwerefeld der Erde nicht perfekt gleichförmig. Die Kontinente mit ihren Fundamenten, den Kontinentalschelfen, der dünne Meeresboden, die verschiedenen Meerestiefen, die Gebirge und die sich übereinander schiebenden Kontinentalplatten sorgen für Unregelmäßigkeiten, die GOCE gemessen hat, um Einblicke in das Innere der Erde zu erlangen. Auch Meeresströmungen lassen sich so beobachten. GOCE vermaß dazu das Gravitationsfeld, indem er seine Position mit GPS maß, kleinste Beschleunigungen mit einem sogenannten Gradiometer (mehr dazu auf der zugehörigen ESA-Missionsseite [6]) überwachte und somit Unregelmäßigkeit des Gravitationsfelds von nur einem Millionstel der Erdschwerkraft detektieren konnte.

 

Tiefflieger im Orbit

Um eine möglichst hohe Auflösung der Messungen zu erreichen, musste der Satellit so nah wie möglich an die Erde heran. Er umkreiste sie in nur 254,9 km Höhe – dort verbleibt ein Satellit aber keinen Monat, bevor er abstürzt, denn die Atmosphäre endet nicht abrupt in irgendeiner Höhe, sondern wird zu Weltraum hin einfach nur immer dünner, bis sie in ein paar 1000 km Höhe in die Dichte des interplanetaren Raums über geht.

Bis in 40 km Höhe trägt sie noch Ballons. In 100 km Höhe liegt die Kármán-Linie, auf der ein Fluggerät mit Tragflächen sich mit der gleichen Geschwindigkeit bewegen müsste, um sich durch Auftrieb in der Luft zu halten, die bereits dazu führt, dass die Fliehkraft bei der Umkreisung der Erde bereits reicht, im Orbit zu verbleiben (7,8 km/s). Unterhalb von 160 km stürzt ein Satellit aber immer noch binnen weniger als einem Tag aufgrund der Abbremsung durch den Luftwiderstand ab. Und GOCE wäre trotz aerodynamischer Form und Steuerflossen auch nicht sehr lange im Orbit geblieben, wenn er kein Triebwerk gehabt hätte! Allerdings kein chemisches, das wäre viel zu rabiat für die delikaten Messungen gewesen.

Orbit-Lebensdauer in Tagen für verschiedene Verhältnisse aus Fläche A [m²] zu Masse M [kg]. Auf der x-Achse die Höhe in km (Kreisbahn). Jede Linie ist doppelt ausgeführt, einmal für minimale Sonnenaktivität (obere Linie), einmal für die Aktivität im Sonnenmaximum (untere Linie). Quelle: NASA.

Orbit-Lebensdauer in Tagen für verschiedene Verhältnisse aus Fläche A [m²] zu Masse M [kg] eines Objekts im Orbit. Auf der x-Achse die Höhe in km (Kreisbahn). Jede Linie ist doppelt ausgeführt, einmal für minimale Sonnenaktivität (obere Linie), einmal für die Aktivität im Sonnenmaximum (untere Linie), denn der schnellere, dichtere Sonnenwind der aktiven Sonne heizt die obere Atmosphäre auf und lässt sie expandieren. Quelle: NASA.

Düsenantrieb unter Strom

GOCE verfügte vielmehr über einen elektrischen Antrieb, auch als Ionentriebwerk bekannt. Ionentriebwerke verbrennen keinen Treibstoff, sie beschleunigen eine Stützmasse. Dabei handelt es sich um elektrisch geladene Teilchen, eben Ionen, die mit elektrischen Feldern beschleunigt werden können. Die positiv geladenen Kerne werden im Ionentriebwerk beschleunigt und nach hinten ausgestoßen. Dazu braucht es nicht mehr als elektrischen Strom, der mittels Solarzellen zeitlich unbegrenzt aus Sonnenlicht erzeugt werden kann. Die Stützmasse muss dazu zunächst ionisiert werden, was bei Xenon leicht gelingt, denn die äußerste Elektronenschale ist weit weg vom Kern, es lässt sich leicht ein Elektron heraus kicken (z.B. durch Kollision mit schnellen Elektronen, s.u.). Zudem ist es ein Edelgas, das die Triebwerksteile nicht korrodiert und es besitzt schwere Atomkerne, die besonders viel Impuls aufnehmen können. Der Impuls (also das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit), mit dem sie ausgestoßen werden, erzeugt eine Kraft, den Schub, der wiederum das Raumfahrzeug vorwärts treibt.

Ein Triebwerk ist umso effizienter, je schneller die (begrenzte) Masse ausgestoßen wird, denn für den Impuls ist es egal, ob man wenig Masse mit viel Geschwindigkeit ausstößt oder entsprechend viel Masse mit wenig Geschwindigkeit. Aber die auszustoßende Masse muss zunächst mit der Rakete beschleunigt werden, und da möchte man natürlich so wenig Masse wie möglich mit sich schleppen, denn die Beschleunigung, die man mit dem Schub erreicht, ist umso größer, je weniger Masse man beschleunigen muss.

Chemische Triebwerke mit Wasserstoff-Sauerstoff oder Kerosin-Sauerstoff erreichen Ausstoßgeschwindigkeiten von 3,0-4,5 km/s. Ionentriebwerke erreichen je nach Bauart 20-200 km/s und brauchen daher nur einen Bruchteil an zu beschleunigender Stützmasse mitzunehmen. Der einzige Haken ist: Ihr Schub ist durch die verfügbare elektrische Leistung begrenzt. Mit ein paar kW kann man nur wenige Milligramm an Stützmasse pro Sekunde ausstoßen und Schübe von lediglich ein paar 10-100 Millinewton erzeugen. In Gewichtskräfte unter Erdschwerkraft übersetzt entspricht dies der Gewichtskraft von einigen bis einigen zehn Gramm. Dafür kann das Triebwerk im Dauerbetrieb verwendet werden, und über hinreichend lange Zeiten erreicht man damit im Weltraum auch brauchbare Geschwindigkeiten. Die Sonde Dawn flog damit den Asteroiden Vesta an, umkreiste ihn eine Weile in verschiedenen Höhen, entfernte sich dann wieder und vollführte ähnliche Manöver beim Asteroiden Ceres. Mit herkömmlichen Triebwerken wäre das undenkbar gewesen.

GOCE befeuerte seine beiden 20 mN-Ionentriebwerke, versorgt durch 1300-W-Solarzellen, über 4 Jahre und 8 Monate lang mit nur 40 kg Xenon und unter einem Regelkreis, der auf die eingangs erwähnten Gradiometer reagierte und sie weitgehend kräftefrei hielt, aber irgendwann war die Stützmasse aufgebraucht, und dann ging es schnell abwärts. Am 11. November 2013 verglühte der Satellit über dem Südatlantik.

Wie gesagt verwendet man meist Xenon aus o.g. Gründen, aber manchen Ionentriebwerken ist die Stützmasse ziemlich gleichgültig, sie funktionieren auch mit anderen Gasen, wenn auch nicht so effizient. Daher liegt der Gedanke nahe, dass man in der Hochatmosphäre doch auch das Gas verwenden kann, welches da oben ohnehin verfügbar ist, ein Gemisch aus 21% Sauerstoff und 78% Stickstoff (das restliche Prozent teilen sich Argon, CO2 und Spurengase) – Luft. Damit ließen sich Umlaufbahnen erschließen, die bisher unerreichbar sind – die Thermosphäre zwischen 100 km und 160 km, genannt Very Low Earth Orbit (VLEO). Darüber hinaus könnte man die Effizienz von Ionenantrieben bis hinauf zu 250 km verbessern. Nach einer Studie der ESA sind gewöhnliche Ionenantriebe oberhalb 250 km konkurrenzlos wirtschaftlicher als luftatmende [2].

 

Elektronen im Schleudergang

Triebwerke, welche die für die Verbrennung benötigte Luft alleine durch die Geschwindigkeit des Flugkörpers komprimieren, heißen Ramjets (zu deutsch: Staustrahltriebwerk; Ram ist keine Abkürzung, sondern steht für “rammen”, weil sie das mit der Luft tun). Ionentriebwerke, die komprimierte Luft als Stützmasse beschleunigen, firmieren unter RAM-EP (EP für Electric Propulsion, elektrischer Vortrieb). Es gibt verschiedene Formen von Ionenantrieben, die mehr oder weniger als RAM-EPs geeignet sind [3]; wir betrachten hier nur den Hall-Effect Thruster (HET).

Ein RAM-HET besteht aus einem Kollektor, der vorne Luftmoleküle und -atome1 einsammelt. Im mittleren Bereich werden diese aufgestaut und dadurch abgebremst und um einen Faktor von ca. 95-140 komprimiert und aufgeheizt, bevor sie vom folgenden Hall-Effect Thruster angesaugt werden.

RAM-HET-Triebwerk bestehend aus Kollektor (links,

RAM-HET-Triebwerk bestehend aus Kollektor (links, “Gathered Flow”), Verdichtungskammer (bei “Thermalized Flow”) und Hall Effect Thruster (Röhre mit “Ionization” am rechten Ende). Bild: [1].

Dieser ist im folgenden Bild dargestellt. Neutrale Gasteilchen dringen von links durch die Löcher einer Anode (positiv geladener Pol) in eine hohle Röhre ein, in der ein axiales elektrisches Feld herrscht, d.h. es weist entlang der Längsachse des Triebwerks (violette Pfeile, “E”). Dort kollidieren sie mit Elektronen (rot, “Electron Hall Current”), die sie ionisieren, so dass das elektrische Feld sie entlang der Achse beschleunigt (türkisfarbener Pfeil, “Ions”). Beim Austritt aus dem Triebwerk müssen die Ionen mit Elektronen neutralisiert werden, sonst würde sich das Raumschiff negativ aufladen und die hinter ihm ausgestoßene positive Ladung würde mit ihrer elektrischen Kraft bremsend wirken. Deswegen werden an der Austrittsöffnung von einer Kathode (negativ geladener Pol) Elektronen in die austretenden Ionen injiziert, ein insgesamt neutrales, leuchtendes Plasma entsteht (blaue Pfeile, “Plasma Jet”).

Schema eines Hall-Effekt Antriebs. Erläuterung siehe Text. Bild: [2].

Schema eines Hall-Effekt Antriebs. Erläuterung siehe Text. Bild: [2].

Wo kommen die Elektronen her und warum bewegen sie sich nicht einfach auf dem kürzesten Weg zur Anode hin? Dafür sorgt ein kräftiges radiales magnetisches Feld (100-300 Gauß = 10-30 Millitesla) am offenen Ende der Röhre (grüne Pfeile, “B”), das die Elektronen seitlich ablenkt und in Bahnen um den zylinderförmigen Südpol des Magneten in der Mitte der Röhre zwingt. Dieser kreisförmige Strom wird durch den Hall-Effekt2 verursacht, der dem Triebwerk seinen Namen gibt. Die positiven Ionen werden vom Magnetfeld zwar auch abgelenkt, aber weil sie viele tausendmal schwerer als die Elektronen sind, ist ihre Ablenkung nur minimal und sie passieren das Magnetfeld verhältnismäßig unbeeindruckt. Die in der Austrittsöffnung festgehaltenen Elektronen ziehen die positiven Ionen an bilden den Gegenpol des elektrischen Felds in der Röhre, sie wirken als virtuelle Kathode und verlagern den Ort der äußeren, echten Kathode in die Austrittsöffnung des Ionentriebwerks. Ein kleiner Teil der Elektronen kann durch Stöße an anderen Teilchen oder der Röhrenwand trotz der Magnetsperre in die Röhre eindringen und kollidiert dort mit den eindringenden neutralen Atomen des Stützmassengases, wodurch diese ionisiert werden. Losgeschlagene Elektronen, die zur Anode gezogen werden, schließen den Stromkreis und werden wieder zur Kathode gepumpt.

 

Grau ist alle Theorie…

Dass HETs mit Luft betrieben werden können, war schon lange bekannt und auch erprobt worden. Allerdings war noch nie in der Praxis demonstriert worden, ob das Aufsammeln und die Verdichtung von Luft, wie sie in 200 km Höhe anzutreffen ist, mit einem Kollektor funktionieren würde und ob man ein Triebwerk wirklich damit betreiben kann. Dies holte die ESA 2016/2017 nach [1] und berichtete darüber im März 2018 [4, 5].

Testaufbau bei Sitael/Pisa. Der RAM-HET wird dominiert vom Kollektorbehälter, der etwa 50 cm durchmisst und einen Meter lang ist. Das Triebwerk bringt es auf ca. 50 kg. Bild: © ESA, frei für Bildungszwecke.

Testaufbau bei Sitael/Pisa. Der RAM-HET wird dominiert vom Kollektorbehälter, der etwa 40 cm durchmisst und einen Meter lang ist. Das Triebwerk bringt es auf ca. 50 kg. Bild: © ESA, ESA Standard-Lizenz.

Der zu testende Kollektor wurde von der Firma QuinteScience in Polen am Computer entworfen und optimiert (z.B. die Größe der einzelnen Zellen und das Verhältnis Durchmesser zu Länge mussten für die mit steigender aufgefangener Gasmenge abnehmende Kompressionsrate optimiert werden). Das gefertigte Modell hat einen Durchmesser von 40 cm und eine Auffangfläche von 0,126 m². Es handelte sich um ein maßstabsgetreues Modell eines für den Orbit geeigneten größeren Kollektors, der mindestens 1 m² Auffangfläche haben müsste. Das durchzuführende Laborexperiment bedurfte einer kleineren Ausführung.

Statt den Kollektor für sich alleine zu testen, koppelte man ihn gleich mit einem zweistufigen HET des italienischen Herstellers Sitael und baute das Ganze in einer Vakuumkammer von Sitael nahe Pisa auf. Darin wurden die Atmosphärenverhältnisse in 200 km Höhe nachgestellt. Dazu gehörte auch die Simulation eines mit Orbitalgeschwindigkeit bewegten Stroms von Stickstoff- und Sauerstoffmolekülen; dieser wurde mit einem weiteren HET in die Vakuumkammer eingeblasen (Partikel-Fluss Generator, PFG); wegen dessen begrenzter Ausdehnung von 45 cm Durchmesser durfte der getestete Kollektor nicht größer sein. Der erste Test im Juli 2016 diente nur zur Feinabstimmung des PFG für die Atmosphärensimulation.

RAM_HET in der Testkammer mit Blick auf die Austrittsöffnung. Neben dem weiß verkleideten Magneten sieht man links die kleine röhrenförmige Kathode, aus der die Elektronen in das Plasma injiziert werden. Bild: © ESA, frei für Bildungszwecke.

RAM_HET in der Testkammer mit Blick auf die Austrittsöffnung. Neben dem weiß verkleideten Magneten sieht man links die kleine röhrenförmige Kathode, aus der die Elektronen in das Plasma injiziert werden. Bild: © ESA, ESA Standard-Lizenz.

Im April 2017 wurden dann zunächst Tests des RAM-HET mit eingespritzter Stützmasse (also ohne Kollektor) durchgeführt. Dies betraf die Zündung, Betrieb mit Xenon und Übergang zu Stickstoff-Sauerstoff-Gemisch. Das Xenon-Gas erzeugt ein blau leuchtendes Plasma. Wenn man auf Luft wechselt, dann ändert das Plasma sein Licht zu rosafarben.

RAM-HET mit Xenon-Gas als Stützmasse. Die Kathodenröhe ist oberhalb erkennbar. Das Xenon-Plasma leuchtet bläulich. Bild: © ESA, frei für Bildungszwecke.

RAM-HET mit Xenon-Gas als Stützmasse. Die Kathodenröhre ist oberhalb erkennbar. Das Xenon-Plasma leuchtet bläulich. Bild: © ESA, ESA Standard-Lizenz.

Während der eigentlichen Messkampagne wurde der RAM-HET zuerst mit 8 mg/s Xenon und schließlich gleich mit dem vom PFG einströmenden Luftgemisch (4,7 mg/s 1,27·N2+O2) gezündet. In diesem Betrieb lieferte der RAM-HET einen Schub von 6±1 mN. Allerdings verursachte die Kollektorfläche einen Luftwiderstand von 26±1 mN, d.h. der Schub reichte nicht, den Luftwiderstand zu kompensieren. Potenziell wäre der verwendete HET in der Lage, 35-130 mN an Schub mit Luftgemisch von 3-10 mg/s und 2-8 kW an zugeführter elektrischer Leistung zu erzeugen (zum Vergleich:  mit Xenon 100-400 mN bei 6-20 mg/s).

Wenn auf Luftbetrieb umgeschaltet wird, ändert sich die Plasmafarbe zu rosafarben, woran die Experimentatoren den Erfolg des Experiments erkennen konnten. Bild: ESA, frei für Bildungszwecke.

Wenn auf Luftbetrieb umgeschaltet wird, ändert sich die Plasmafarbe zu rosafarben, woran die Experimentatoren den Erfolg des Experiments erkennen konnten. Bild: ESA, ESA Standard-Lizenz.

Die Ergebnisse bestätigten jedoch die Funktion des Kollektors; sowohl dessen Luftwiderstand als auch die erzielte Kompression stimmten sehr gut mit den vorab durchgeführten Computersimulationen überein. Das wichtigste Ergebnis war jedoch, dass das Zünden des Triebwerks mit dem Luftstrom funktionierte. Die Ionisation des Gases ist das schwierigste zu lösende Problem eines luftatmenden elektrischen Triebwerks. Die Beschleunigung der Ionen blieb jedoch unter den Erwartungen, und dieser Teil des Triebwerks bedarf noch weiterer Optimierungen. Die Ingenieure kommen in [1] zu dem Schluss, dass mit einer entsprechend verbesserten Beschleunigungsstufe und dem von einem 1-m²-Kollektor generierten Stützmassenzufluss ein positiver Netto-Schub erreichbar scheint.

Vielleicht düsen in zehn bis zwanzig Jahren also Satelliten in der halben Höhe der ISS um die Erde – oder auch den Mars – und liefern noch hochaufgelöstere Bilder und Messungen als dies technisch heute möglich ist. Und entsorgen sich am Missionsende selbstständig und ohne verbleibenden Weltraummüll durch zügiges Verglühen in der Erdatmosphäre.

 

Referenzen und weiterführende Literatur

[1] Tommaso Andreussi, Gianluca Cifali et al., “Development and Experimental Validation of a Hall Effect Thruster RAM-EP Concept“, Proceedings 35th International Electric Propulsion Conference, Georgia Institute of Technology, Atlanta, Georgia, USA, 8. – 12. Oktober 2017.

[2] J. Ashkenazy, G. Appelbaum et al., “VENμS Technological Payload – The Israeli Hall Effect Thruster Electric Propulsion System“, DOI: 10.13140/2.1.4172.4801, 47th Israel Annual Conference on Aerospace Sciences, at Tel-Aviv & Haifa, Israel, Februar 2007.

[3] Tony Schönherr, “Air Breathing Electric Propulsion“, Lecture, Chapter 6, Department of Aeronautics and Astronautics, The University of Tokyo, 16. November 2015.

[4] “World-First Firing of Air Breathing Electric Thruster“, European Space Agency, Our Activities, Space Engineering & Technology, 5. März 2018.

[5] Matt Williams, “Air-Breathing Electric Thruster Could Keep Satellites in Low Earth Orbit for Years“, Universe Today, 9. März 2018.

[6] “GOCE“, European Space Agency, Our Activities, Observing the Earth.

[7] “What is a Hall Thruster?“, Princeton Plasma Physics Laboratory.

[8] “Hall-effect thruster“, en.wikipedia.org.

 

1 Mit steigender Höhe finden sich zunehmend von UV-Licht losgeschlagene Sauerstoff- und Stickstoffatome; oberhalb von 120 km übertrifft atomarer Sauerstoff den molekularen in der Teilchendichte, bei 160 km sogar den molekularen Stickstoff [3].

2 Der Hall-Effekt, entdeckt von und benannt nach Edwin Hall (und deshalb wird “Hall” hier englisch ausgesprochen), besagt dass Elektronen, die durch eine Platte fließen, durch deren Ebene senkrecht ein Magnetfeld verläuft, aufgrund der Lorentzkraft seitlich in der Plattenebene abgelenkt werden, was zu einem elektrischen Feld zwischen derjenigen Kante der Platte, in deren Richtung die Elektronen gedrängt werden, und der Kante gegenüber führt. Verbindet man die Kanten über einen Draht, fließt ein Strom, der Hall-Strom. Mit diesem kann beispielsweise die Magnetfeldstärke gemessen werden.

Kommentare (39)

  1. #1 Сhemіkеr
    29. Oktober 2018

    Die Stützmasse muss dazu zunächst ionisiert werden, was beim Edelgas Xenon besonders leicht gelingt, denn die äußerste Elektronenschale ist voll und weit weg vom Kern, es lässt sich leicht ein Elektron heraus kicken (z.B. durch Kollision mit schnellen Elektronen, s.u.).

    Da kann etwas nicht stimmen, denn gerade wegen der ge­füll­ten Elek­tronen­schale haben Edel­gase wie Xenon eine be­son­ders hohe Ioni­sie­rungs­ener­gie. Des­halb sind sie auch so un­willig, chemi­sche Re­ak­tio­nen ein­zuge­hen: Die Elek­tro­nen sind be­reits fest gebunden und lassen sich daher nur un­gern auf Aben­teuer mit an­de­ren Bin­dungs­part­nern ein.

    Die Ionisierungsenergien des Xe-Atoms (12.13 eV) ist in Wahr­heit ziem­lich genau gleich groß wie die des mole­ku­la­ren Sauer­stoffs O₂ (12.07 eV), aber na­tür­lich sind die Mas­sen sehr unter­schied­lich. Stick­stoff hat wegen seiner speziellen elek­troni­schen Struk­tur (Drei­fach­bin­dung) ein noch höhe­res Ioni­sie­rungs­poten­tial, nämlich 15.58 eV. Leicht ioni­sier­bar sind da­ge­gen Me­­tal­le (grob 3 bis 10 eV), aber dazu muß man sie erst einmal ver­dampfen, was ver­mut­lich die Eig­nung für Ionen­trieb­werke reduziert.

  2. #2 Melbar
    Franken
    29. Oktober 2018

    “Daher liegt der Gedanke nahe, dass man in der Hochatmosphäre doch auch das Gas verwenden kann, welches da oben ohnehin verfügbar ist, ein Gemisch aus 21% Sauerstoff und 78% Stickstoff (das restliche Prozent teilen sich CO2 und Spurengase) – Luft.”

    Müsste es nicht heißen: “…(das restliche Prozent teilen sich Argon und Spurengase) – Luft.”

    Um dem Rechnung zu tragen, dass Argon mit 1% und CO2 mit 0,04% vorhanden sind!?

  3. #3 Mars
    29. Oktober 2018

    Xenon hat ja 54 elektronen in 6 ‘schalen’
    die äussere ist sehr weit weg vom kern, daher ist es vergleichbar mit dem kleineren O2 oder N2 was die ionisationsenergie angeht – auch wenn sie ‘voll’ und damit stabiler ist.
    wenn man Neon anschaut, bei ähnlicher ordnungszahl wie O2 / N2 würde das ganz anders ausgehen.

    aber schön, so ein gutes thema zu lesen, das uns in den nächsten jahren eher begleiten wird, als das Pendant in der luftfahrt – scramjet-triebwerk – das wohl irgendwie wieder in der versenkung (bis auf wenige tests) verschwunden ist.

  4. #4 Alderamin
    29. Oktober 2018

    @Melbar

    So genau kannte ich das letzte Prozent nicht auswendig und hatte es nicht für wichtig genug gehalten, es nachzuschlagen, aber an mir soll’s nicht liegen, hab’s geändert. Danke.

  5. #5 Alderamin
    29. Oktober 2018

    @Chemiker

    Dass sich Xenon leicht ionisieren lässt, steht z.B. auch hier:

    The most common propellant used in ion propulsion is xenon, which is easily ionized and has a high atomic mass, thus generating a desirable level of thrust when ions are accelerated. It also is inert and has a high storage density; therefore, it is well suited for storing on spacecraft.

    Und dass viele Schalen die äußeren Elektronen abschirmen, habe ich früher mal irgendwo gelernt, erschien mir stimmig als Erklärung.

    [Edit]Hab’s mal umformuliert, ich hoffe, so kann es stehen bleiben.[/Edit]

  6. #6 Aginor
    29. Oktober 2018

    Wieder einmal auch für Laien verständlich erklärt, danke für den Artikel!

    Gruß
    Aginor

  7. #7 Ingo
    29. Oktober 2018

    Sorry,-
    – ich verstehe die Bild “Schema eines Hall-Effekt Antrieb” nicht, da dort farbige Pfleile verwendet werden.

    Blauer Pfleil / Violetter Pfeil, etc. Welcher Pfeil ist wo?

    Hast du ein Bild was auch fuer die 5% der Menschen mit Farbsehproblemen erkennbar ist?

  8. #8 Ingo
    29. Oktober 2018

    Wie verhaellt sich ein Ionentriebwerk denn wenn es mit Wasserstoff gezuendet wird?
    Wasserstoff hat natuerlich eine viel kleinere Masse, und muesste auch schwieriger zu ionisieren sein, da das Atom relativ stabil ist.
    Ungeeignete Vorraussetzungen also.
    Klappt das trotzdem?

    Grund der Frage: Wasserstoff ist in geringer Konzentration auch im interplanetarischen Raum vorhanden teilweise sogar schon ionisiert.
    Kann man den nicht mit irgendwelchen grossen EM-Feldern einfangen und direkt beschleunigen?

    (Muesste allerdings ein sehr grosses Einfang-Feld sein,- da die Konzentration der Teilchen wirklich gering ist)

  9. #9 tomtoo
    29. Oktober 2018

    @Ingo
    Die Blauen sind ganz rechts, und Zeigen die Richtung des Plasmaaustritts. Die violetten sind unten zwischen den zwei Zylindern und zeigen die Richtung des E Feld’s.

  10. #10 Alderamin
    29. Oktober 2018

    @Ingo

    Entschuldige bitte, das habe ich nicht bedacht. Da alle Pfeile auch mit Text versehen sind, habe ich die Texte in meiner Erklärung nun ergänzt (und mich beim Bild darüber nicht mehr auf die Farben, sondern die Beschriftungen bezogen).

    Nach dem Bild habe ich lange im Netz gesucht, weil ich die meisten HET-Bilder entweder zu kompliziert oder zu unvollständig fand. Mit den Texten sollte es jetzt aber verständlich sein, hoffe ich.

  11. #11 Ingo
    29. Oktober 2018

    @myself #8

    > EM-Feld [..] sammelt […] interplanetares Gas

    Interesannt wenn sich ploetzlich rausstellt, dass die StarTrek-Authoren an manchen Stellen tatsaechlich existente Begriffe verwenden:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Bussardkollektor

    Wenn ich das richtig verstehe ist der Bussardkollektor tatsaechlich genau die Idee Weltraum-Ionen (Sonnenwind etc) durch Magnetfelder einzusammeln.
    Leider ist ein schoenes Konzept noch nicht der Nachweis der Machbarkeit. Der RAM-HET scheit dort schon weiter zu sein.

    Wirklich interesannter Artikel

  12. #12 Alderamin
    29. Oktober 2018

    @Ingo

    Wie verhaellt sich ein Ionentriebwerk denn wenn es mit Wasserstoff gezuendet wird?

    Ich bin nicht sicher, ob und wie effizient ein Hall-Effekt Triebwerk mit Wasserstoff betrieben werden könnte, aber es gibt andere Ionentriebwerke, insbesondere den Magnetoplasmadynamischen Antrieb, der Argon, Lithium oder Wasserstoff verwendet und besonders hohe Ausstoßgeschwindigkeiten hat. Das stärkste Ionentriebwerk, VASIMR, beruht auf diesem Prinzip.

    Allerdings ist die Gasdichte im interplanetaren Raum um Größenordnungen geringer als in der Thermosphäre, der Kollektor müsste riesig sein. Die Idee wurde schon für den Bussard-Ramjet vorgeschlagen, der den Wasserstoff allerdings fusionieren sollte, was viel mehr Energie bereitstellen würde.

    Das Problem wäre nämlich auch, so ein Triebwerk mit vielen 10 kW und mehr zu versorgen. Das kann nur ein Reaktor leisten, insbesondere in größerer Sonnenentfernung. Bei Saturn hat man nur noch 1% der Sonnenleistung zur Verfügung wie auf der Erde. Weiter als Jupiter hat man m.W.n. noch keine Solarzellen eingesetzt.

    Kann man den nicht mit irgendwelchen grossen EM-Feldern einfangen und direkt beschleunigen?

    (Muesste allerdings ein sehr grosses Einfang-Feld sein,- da die Konzentration der Teilchen wirklich gering ist)

    Egal, ob magnetisch oder konventionell aufgefangen, die Frage ist, ob der Wasserstoff dann nicht mehr bremst als er an Schub liefern kann. Das wird auch in diesem Blogartikel erwähnt.

  13. #13 Zhar
    29. Oktober 2018

    Ist jedenfalls eine schöne Aussicht, falls wir unseren Orbit wirklich mal zumüllen gäbe es immerhin noch “atmosphörensatelliten” die weit weniger durch trümmer gefährdet sein sollten. Geostationär wäre dann zwar eher essig aber wir wollen in dem Trümmer-GAU mal nicht zu sehr nach Luxus schauen.
    wiedermal ein wirklich guter Artikel, ich bin sehr gespannt auf den nächsten 🙂

  14. #14 Christian Berger
    30. Oktober 2018

    @Zhar: Naja solche VLEO Satelliten würden wahrscheinlich nach Ende der Nutzung relativ schnell verglühen. Das wäre potentiell eine umweltfreundlichere Alternative zu bisherigen LEO Satelliten. Wenn die jetzt noch billig hoch zu bekommen sind, wäre das möglicherweise ein Markt für Kommunikationssatelliten.

  15. #15 Alderamin
    30. Oktober 2018

    @Zhar, Christian Berger

    Ich denke, die Anwendungen für VLEO sind relativ begrenzt. Am meisten profitiert die Erdbeobachtung und das Militär von der niedrigen Umlaufbahn. GEO-Satelliten kann man damit nicht ersetzen und Iridium oder GPS haben aus Gründen der Reichweite höhere Umlaufbahnen.

    Außerdem ist es inhärent gefährlich, auf so einer Umlaufbahn unterwegs zu sein. Wenn es mal ein Problem mit dem Triebwerk oder dem Satelliten gibt, ist er dann auch schnell abgestürzt.

  16. #16 Klaus
    30. Oktober 2018

    Ionisierter Sauerstoff ist leider sehr reaktionsfreudig. Daher wird das Triebwerk wohl längst nicht so lange halten wie mit Edelgasen.

  17. #17 Alderamin
    30. Oktober 2018

    @Klaus

    Das ist auch in Referenz [3] erwähnt. Plasmabogen-Triebwerke kommen deswegen gar nicht in Frage (Folie 25). Für HETs würden neue Materialien oder ein verbesserter magnetischer Einschluss benötigt (Folie 30). [3] hält den HET ohne zusätzliche Xenon-Unterstützung ohnehin für zu schubschwach, um ihn in dünner Atmosphäre einzusetzen und empfiehlt einen erosionsfreien ICP-Thruster (induktiv gekoppelt, mit Magnetspule zum Plasmaeinschluss und seiner Beschleunigung; Folie 41).

    Mir ist beim Betrachten der Bilder oben aufgefallen, dass der Triebwerkauslass weiß ist, das könnte ein schützender Überzug sein, der die Ionen vom blanken Metall fern hält.

  18. #18 Spritkopf
    30. Oktober 2018

    @Alderamin

    Mir ist beim Betrachten der Bilder oben aufgefallen, dass der Triebwerkauslass weiß ist, das könnte ein schützender Überzug sein, der die Ionen vom blanken Metall fern hält.

    Könnte hitzebeständige Keramik sein. Diese komischen rosafarbenen Röhrchen, mit denen die Zuleitungen ummantelt sind, erinnern mich auf jeden Fall an das Material von keramischen Gasdüsen für die WIG-Schweißung.

  19. #19 Leser
    1. November 2018

    RAMJET’s gibt es schon eine ganze Weile. Und für RAMJET’s gibt es sogar auch eine deutsche Bezeichnung : Staustrahltriebwerk ! Mich wundert, daß sowas nicht mehr bekannt ist.

  20. #20 Alderamin
    1. November 2018

    @Leser

    Mir ist das schon bekannt, aber das Ionentriebwerk heißt RAM-HET, und mir ging es drum, den Namen abzuleiten. Meinetwegen setze ich es aber noch in Klammern dahinter.

  21. #21 Leser
    2. November 2018

    Ein Staustrahltriebwerk verdichtet das anströmende Gas allein durch die Trägheit des Gases beim Auftreffen auf das Staustrahltriebwerk. Das anströmende Gas wird also relativ zum Staustrahltriebwerk abgebremst und es entsteht dadurch eine abbremsende Kraft am Staustrahltriebwerk. Dem Gas im Staustrahltriebwerk muß jetzt so viel Energie zugeführt werden, daß der Schub aus der Entspannungsdüse (dem Ionentriebwerk) den Bremswiderstand überwiegt. So einfach, wie ein Staustrahltriebwerk aufgebaut ist, diese Bedingung einzuhalten ist kompliziert, und nagt sehr an der Effektivität von Staustrahltriebwerken. Deshalb haben schnell fliegende Flugzeuge (Concorde, SR71, MiG29, …..) bis heute nur Gasturbinen als Antrieb und keine Staustrahltriebwerke für den hohen Geschwindigkeitsbereich.

  22. #22 tomtoo
    3. November 2018

    @Leser
    Warum sollte das nicht bekannt sein? Aber das Wort ramjet oder Staustrahltriebwerk? Da bevorzuge ich ramjet.

  23. #23 Leser
    4. November 2018

    @ tomtoo

    Ich weiß, in 100 Jahren gibt es kein Deutsch mehr. Da wird dann überall nur noch englisch geprochen. Das erlebe ich ja jetzt schon stückchenweise. Und der Verkäufer im Laden kann mir eine Ware nicht erklären, weil er zwar die englischen Fachbegriffe kennt, aber nicht deren Bedeutung. Und die deutsche Entsprechung der englischen Fachbegriffe kennt er auch nicht.

    Merkt ihr eigentlich gar nicht, welchen Kulturverlust wir dadurch erleben ? Ich werde keine 50 Jahre mehr erleben, aber ich wünsche mir, dabei keinen Kulturverlust zu erleben. Und wenn man sich den Beitrag #22 anschaut, könnte ein wenig mehr Übung auf deusch gar nicht schaden.

  24. #24 Leser
    4. November 2018

    @ ich selbst, Leser

    Schade da ist mir doch tatsächlich ein t verloren gegangen. Das wird hiermit t nachgeliefert.

    Im übrigen bedeutet das englische Wort “ram” nicht nur rammen sondern auch hineinstopfen (Langenscheidts Großes Schulwörterbuch Englisch-Deutsch). Das Gas wird also durch das Aufstauen (daher der Name Staustrahltriebwerk) unter Druck in das Triebwerk hineingestopft, verbrannt und dann wieder ausgestoßen. In unserem Fall natürlich ionisiert, beschleunigt und wieder ausgestoßen.

  25. #25 Alderamin
    4. November 2018

    @Leser

    Merkt ihr eigentlich gar nicht, welchen Kulturverlust wir dadurch erleben ?

    So dramatisch sehe ich das hier nicht. Es geht hier ja um Fachbegriffe und Fachsprache. In der Biologie und Medizin verwendet man Latein, in naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen fast ausnahmslos Englisch.

    Ich hab’s ja in meinem Beruf erlebt, wenn man auf der Arbeit mit den internationalen Kollegen Englisch spricht und jegliche Dokumentation englisch ist, dann gehen einem Begriffe wie Mobile Switching Center und Data User Part in Fleisch und Blut über, ohne dass man im Handbuch der Deutschen Bundespost nachschlägt und dort erfährt, dass man auch “Mobilfunk-Hauptvermittlungsstelle” oder “Anwenderteil für leitungsvermittelte Datendienste” sagen könnte. Für die viele Begriffe in meinem Beruf weiß ich kein deutsches Wort. Ich weiß was KPIs (key performance indicators) sind (wichtige Leistungs-Messgrößen, die ein System charakterisieren) und meine Kunden (auch deutsche) wissen das auch und man versteht sich.

    Das sind Begriffe für eine kleine Gruppe Menschen, die Dinge damit sehr präzise beschreiben möchte. Mich ärgert manchmal ja auch, dass in der Werbung die banalsten Begriffe eingeenglischt werden, aber wenn neue Dinge erfunden werden und es dafür einen griffigen (Pseudo-)englischen Begriff wie “Computer” (statt “Elektronische Datenverarbeitungsmaschine” oder “Handy” (statt “Mobil(funk)telefon”; “Handy” ist im übrigen ein Lehnwort und zudem noch ein falscher Freund, im englischen heißen die Dinger “mobile”, im Amerikanischen “cell phone”) gefunden wird und sich etabliert, dann finde ich das in Ordnung.

    Weiß jemand den deutschen Begriff für “Smartphone”?

    Im vorliegenden Artikel ging es um ein Triebwerk, das RAM-HET heißt. Einen deutschen Begriff dafür gibt es höchstwahrscheinlich noch gar nicht. Wenn ich erklären will, woher das “RAM” vorne stammt, da nützt mir das Staustrahltiebwerk deutlich weniger als der Ramjet. Nur deshalb, habe ich den Begriff hier erwähnt. Und jetzt steht er ja auch noch deutsch in den Klammern dahinter. Damit sollte der Bewahrung der deutschen Sprachkultur doch genüge getan sein, oder?

  26. #26 Captain E.
    5. November 2018

    @Alderamin:

    Ich frage mich übrigens gerade, wie das Smartphone wohl in USA oder UK heißt?

  27. #27 Alderamin
    5. November 2018

    @Captain E.

    Ich frage mich übrigens gerade, wie das Smartphone wohl in USA oder UK heißt?

    Smartphone.

  28. #28 Leser
    5. November 2018

    Die deutsche Sprachkultur kann man nicht genug pflegen ! Ich gebe zu, wenn ich eine finnische Promotion lese, freue ich mich, wenn sie auf englisch geschrieben ist, denn finnisch verstehe gar ich nicht. Englisch verstehe ich aber schon. Aber es ist das Englisch meines Fachgebietes. Alltagsenglisch verstehe ich auch recht gut. Aber wenn es um fachfremde Fachbegriffe geht, liest sich der Text nicht mehr flüssig und man muß mitten im Satz über den Inhalt einzelner Begriffe nachdenken. Englisch ist eben doch nicht die Muttersprache. Und wenn man nicht über den Inhalt dieser fachfremden Fachbegriffe nachdenkt, versteht man den Text nicht mehr.

    Es gibt Begriffe, die sind “eingedeutscht”. Niemand sagt mehr Rechner oder Datenverarbeitungsanlage zum Computer. Und ein “Smartphone” (Achtung Werbewirtschaft !!) ist eigentlich auch nur eine besondere Bauform eines Computers, für einen bestimmten Zweck. Es gibt keine klugen Telefone ! Die Werbestrategen und auch Politiker erfinden ständig neue Begriffe, um bestimmte Dinge zu verschleiern (z.B. alternative Fakten – Lüge, Minuswachstum – Krise, Arbeitnehmer – Mitarbeiter oder Arbeitleister) oder interessant zu machen (z.B. Handy oder Smartphone für Mobiltelefone mit zum Teil sehr erweitertem Funktionsumfang). Dadurch wird die Sprache und die Kommunikation aber nicht einfacher. Und deshalb versuche ich solche Begriffe hier auf dem Blog zu vermeiden.

    Ich bin überzeugt, daß ein Teil der Leser dieses Blogs nicht gewußt hat, daß ein RAMJET ein Staustrahltriebwerk ist. Und deshalb ist es schon gut, das es erwähnt wurde und der Link (die Verbindung) zu Wikipedia in deinem Artikel steht.

  29. #29 Zyfdnug
    9. November 2018

    Ich hab’ ja nichts dagegen, deutsche Begriffe zu benutzen; die Tatsache, dass Fachbegriffe in ihrem jeweiligen Fachgebiet oft nicht übersetzt werden (brauchen) ist ja angesprochen worden.

    Aaaber – wenn ich von “Kulturverlust” lese kribbelt’s bei mir. “Kulturwandel” finde ich weitaus sinnvoller. Den Bedeutungsunterschied muss ich nicht erklären, oder?

    Z

  30. #30 Alderamin
    9. November 2018

    @Zyfdnug

    Ja, wir haben schon immer fleißig Wörter aus anderen Sprachen importiert, die uns teilweise gar nicht mehr als Fremdwörter auffallen.

    Dass der Angelsachse “Rucksack”, “Kindergarten”, “Blitzkrieg”, “Angst”, “Gestalt” und (seine Ex-Kolonialisten hinterm Großen Teich) “Gesundheit!” sagt, ist vermutlich hinlänglich bekannt. In Rumänien lief mir mal eine Knollenfrucht namens “cartof” in der Kantine über den Weg, da hätte ich eher ein Konstrukt mit Äpfeln aus der Erde vermutet, wie bei anderen romanischen Sprachen. Aber nein, die Siebenbürger Sachsen haben den Begriff offenbar mit nach Rumänien gebracht.

  31. #31 Leser
    9. November 2018

    @ Zyfdnug

    Schaut dir Völker an, deren Sprache verloren gegangen ist. Meist existieren diese Völker nicht mehr als Volk / Ethnie / Kulturpool. Als Genpool existieren sie noch.

  32. #32 Captain E.
    9. November 2018

    @Alderamin:

    Die angelnden Sachsen mögen auch noch “Zeitgeist” und “Weltanschauung” recht gerne. 😉

  33. #33 Zyfdnug
    10. November 2018

    Leser: Die Begriffe “Volk”, “Ethnie” und “Kulturpool” finde ich, wie du dir vermutlich denken kannst, auch nicht besonders sinnvoll.

    Ich kenn’ auch kein Beispiel, an dem ich zeigen könnte, das eine Kultur sich tatsächlich durch Übernahme von Wörtern aus fremden Sprachen soweit verändert hat, dass sie in Folge als eigene Kultur nicht mehr identifizierbar ist.

    Andersherum gibt es ja reichlich Beispiele dafür, dass Wörter und Begriffe verschwinden – zuerst weniger benutzt werden, schliesslich “altertümlich” wirken, und irgendwann im Alltagsgebrauch verschwinden, ohne dass sie zwingend durch Fremdwörter ersetzt werden. Oftmals sind Veränderungen im, tja, kulturellen Umfeld die Ursache.

    Kurzfassung meines Verständnisses: Kulturen ändern sich, und damit auch Sprachen, denn Sprachen sind Ausdruck einer Kultur. Aber Kulturen ändern sich nicht, weil leichtfertig “ihre” Sprache vernachlässigt wird. Linguisten und Sozialhistoriker können da mehr Material zu bieten, ich müsste in lange nicht mehr angesehenen Unterlagen kramen 🙂

    Z

  34. #34 Leser
    10. November 2018

    @ Zyfdnug

    Entschuldigung. Das Wort “Kulturpool” hat mir auch weh getan. Aber mir fiel nichts besseres ein. Ich bin kein Sprachwissenschaftler. Einer meiner Eltern war einer. Vielleicht ist mein Sinn für Sprache etwas dadurch geschärft worden. Lehnwörter gab es schon immer. Aber sie machen nur dann richtig Sinn, wenn es in der eigenen Sprache kein sinnvolles Wort dafür gibt.

  35. #35 Jolly
    10. November 2018

    @Leser

    Aber sie [Lehnwörter] machen nur dann richtig Sinn wenn es in der eigenen Sprache kein sinnvolles Wort dafür gibt

    Das ‘macht Sinn’ ist eine Entlehnung, während wir das ‘ergibt Sinn’ bereits hatten.

    Macht Sinn, um den Sinn für Sprache (und den für Kulturwandel) noch weiter zu schärfen, oder?

  36. #36 Alderamin
    10. November 2018

    @Leser

    Aber sie machen nur dann richtig Sinn, wenn es in der eigenen Sprache kein sinnvolles Wort dafür gibt.

    Oder wenn das deutsche Wort zu umständlich ist. Oder von “oben” verordnet wurde.

    Mobilfunktelefon -> Handy
    elektronische Datenverarbeitungsmaschine / elektronischer Rechner -> Computer
    Federbettdecke -> Plumeau

    Oder weil’s cooler/vornehmer klingt:

    Geldbörse -> Portemonnaie
    Bürgersteig -> Trottoir
    Gaststätte -> Restaurant

    Könnte man ewig weiterführen…

  37. #37 bothas
    Könnte man ewig weiterführen…
    15. November 2018

    E-Mail -> Strompost
    Elektroauto -> Stromwagen
    Elektrischer Stuhl -> Stromtod

  38. #38 Leser
    17. November 2018

    @ bothas

    “E-Mail -> Strompost”

    Vorsicht ! Strompost gibt es schon seit fast zweihundert Jahren. Morsetelegrafie nannte man das damals. Und das ist durchaus was anderes als eine eMail.

  39. […] von Erde und Mond sehr genau Bescheid, weil wir einerseits deren Schwerefeld mit Satelliten wie GOCE und GRAIL vermessen haben, vor allem aber durch Seismometer, die Erd- bzw. Mondbeben beobachtet und […]