Vor ein paar Wochen erreichte die japanische Raumsonde Hayabusa 2 den kleinen Asteroiden Ryugu, der eine völlig absurde, eckige Form hat, wie wir sie noch nie zuvor bei einem Asteroiden gesehen hatten:
Asteroid Bennu, Bild: via GIPHY
Normalerweise sehen Asteroiden nämlich vollkommen unregelmäßig aus, nur die ganz großen sind rund. Hier ein paar, die wir schon mit Raumsonden besucht haben:
Und nun liefert uns die Sonde OSIRIS-REx die folgende Bildsequenz vom (vermeintlichen?) Asteroiden 101955 Bennu:
Huch!? Man könnte fast meinen, OSIRIS-REx habe sich im Asteroiden geirrt!
Hat sie sicher nicht. Die Sonde war am 8. September 2016 gestartet worden und soll am 3. Dezember in eine Umlaufbahn um den Asteroiden 101955 Bennu in 5 km Abstand einschwenken. Nach 505 Tagen Beobachtung soll sie planmäßig im Juli 2020 mit einem ausfahrbaren Roboterarm und einem Stickstoffgebläse zum Aufwirbeln sozusagen “on the fly” zwischen 60 Gramm und 2 kg Regolithstaub aufnehmen und bis September 2023 zur Erde bringen, der dann in einer 45 kg schweren Landekapsel unversehrt den Trip durch die Erdatmosphäre schaffen und in Utah am Fallschirm niedergehen soll,. damit er im Labor mit modernster Technik untersucht werden kann.
ORISIS-REx steht dabei für Origins, Spectral Interpretation, Resource Identification, Security, Regolith Explorer, also will man damit die Ursprünge (Origins) des Sonnensystems erkunden, das Spektrum des Asteroiden interpretieren, Rohstoffe (Resources) erkunden, die Sicherheit (Security) und den Regolithstaub auskundschaften.
Die Frage der Sicherheit stellt sich, weil der Asteroid, der mit 500 m etwa die Hälfte von Ryugus Durchmesser hat, ein erdnaher Asteroid ist (Near Earth Asteroid, NEA) und eine Chance von 1:1800 hat, im Jahr 2170 mit der Erde zu kollidieren. 500 m würden schon einen ordentlichen Schaden anrichten, auch bei einem Einschlag ins Meer (Tsunamis).
Der Jarkowski-Effekt, der dem Asteroiden einen von gerichteter Wärmeabstrahlung verursachten kleinen Schub gibt, soll dabei genauer untersucht werden, denn er macht die Vorhersage des Orbits und damit der möglichen Kollision mit der Erde ein wenig unsicher. Der Effekt beruht darauf, dass sich die sonnenbeschienene Seite aufheizt und dann durch die Rotation vor allem in Richtung Nachmittag- und Abendseite die Wärme abgestrahlt wird, während die wieder abgekühlte Nacht- und Morgenseite des Asteroiden kaum Strahlung abgibt. Somit wirkt die Kraft der abgegebenen Wärmestrahlung einseitig auf den Asteroiden und schiebt ihn an.
Bennu gehört zu den “kohligen Chondriten” und besteht damit aus noch nicht fragmentiertem (in der Schmelze durch Schwerkraft getrenntem), übrig gebliebenem Rohmaterial des Sonnensystems, worauf sich der Begriff “Ursprünge” bezieht. Wir werden hier also, wenn alles gut geht, sehr ursprüngliches Material aus der Entstehungsphase des Sonnensystems ins Labor bekommen und vielleicht mehr darüber erfahren, wie sich der Staub zu größeren Objekten zusammenfinden konnte und woher das Baumaterial des Sonnensystems stammt. Womöglich auch, warum es eckige Asteroiden gibt.
In den kommenden Wochen wird OSIRIS-REx den Asteroiden zunächst einmal genau von einer polaren Umlaufbahn aus inspizieren und vermessen, man wird seine Masse bestimmen und einen oder mehrere geeignete Orte für die Probenentnahmen bestimmen. Dabei bleibt zu hoffen, dass Bennu aus der Nähe doch ganz anders als Ryugu aussieht, denn letzterer besteht nur aus schroffem, blankem Fels, der, wie Nahaufnahmen der Minerva II und MASCOT-Lander zeigten, mitnichten von losem Regolithstaub bedeckt ist, welcher sich einfach so hochpusten ließe.
Wir dürfen auf die Nahaufnahmen von Bennu gespannt sein.
Referenzen
- Karl Hille, “NASA’s OSIRIS-REx Begins Asteroid Operations Campaign“, NASA, 24.-27. August 2018.
- Karl Hille, “OSIRIS-REx Sees Bennu from ‘All Sides’“, NASA, 6. November 2018.
- “OSIRIS-REx“, en.wikipedia.org.
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