Am Montagabend soll planmäßig die NASA-Raumsonde InSight auf dem Mars aufsetzen. Die Sonde ist seit dem 5. Mai dieses Jahres unterwegs und hat 485 Millionen Kilometer auf ihrem Weg zum Mars zurückgelegt. Ich möchte Euch die Mission im Folgenden vorstellen.
Ich habe den Artikel in zwei Teile aufgeteilt. Teil 1 am heutigen Sonntag erläutert die Mission und den Aufbau und die Instrumente von InSight. Teil 2 folgt Montag früh und stellt die MarCO-Cubesats vor, die InSight zum Mars begleitet haben, erläutert die Phasen der Landung und die danach folgenden Aktionen.
Landestelle
InSight ist eine Landesonde für den Mars, aber kein Rover, sie wird auf ihren drei Beinen an fester Stelle in der Elysium Planitia stehen (nicht weit vom Curiosity-Rover entfernt). Der Ort wurde ausgewählt, weil er in Äquatornähe liegt und somit die Solarzellen dort optimal mit Sonnenlicht versorgt sind (ca. 600-700 Watt mittags), und weil er niedrig liegt (2655 m unter der mittleren Höhe der Marsoberfläche, die auf dem Mars den Meeresspiegel ersetzt), so dass genug Atmosphäre für den Fallschirm vorhanden ist – der Luftdruck hängt bekanntlich von der Höhe über dem Boden ab. Der schwere Curiosity-Rover wurde sogar auf 4501 m unter Normalnull abgesetzt! Außerdem ist die Landestelle flach und frei von Felsen, was das Risiko vermindert, dass die Sonde an einem Hang enden und umkippen könnte, oder dass das Seismometer auf steinigem Untergrund nicht flach auf den Boden abgesetzt werden kann.
Außerdem muss der Boden weich sein. Warum, werden wir gleich erfahren. Aus Beobachtungen des Abkühl- und Aufwärmverhaltens durch den Mars-Odyssey-Orbiter schloss man, dass der Boden hier aus losem Material bestehen müsste.
Der Start erfolgte von Kalifornien (Vandenberg Air Force Base) aus – ungewöhnlich, weil man von dort aus nach Süden starten muss, und damit normalerweise Umlaufbahnen um die Pole der Erde angesteuert werden. Allerdings war Cape Canaveral für das benötigte Startfenster ausgebucht. Man verwendete eine Atlas V 401-Rakete, die genug Treibstoff hatte, um den Kurs nach dem Start in die Ebene der Planetenbahnen zu drehen. Es war das erste Mal überhaupt, dass eine interplanetare Sonde von Vandenberg aus gestartet wurde.
Wissenschaft
Bei InSight ist der Name der Sonde Programm: sie soll uns einen Einblick in das Innere des Mars geben. Wir wissen über das Innere von Erde und Mond sehr genau Bescheid, weil wir einerseits deren Schwerefeld mit Satelliten wie GOCE und GRAIL vermessen haben, vor allem aber durch Seismometer, die Erd- bzw. Mondbeben beobachtet und auf die Laufzeiten und den Widerhall der Erschütterungen gehorcht haben. US-Astronauten hatten zu diesem Zweck Seismometer auf dem Mond hinterlassen und man hat einige der ausgebrannten Oberstufen der Apollo-Raketen auf den Mond stürzen lassen, um das Äquivalent von auf der Erde für seismische Messungen eingesetzten Sprengstoffdetonationen zu erzeugen. Außerdem sorgten aufschlagende Meteoriten immer wieder für Erschütterungen, die von den Seismometern aufgezeichnet wurden. Daher wissen wir, dass der Mond wie die Erde einen festen inneren und einen flüssigen äußeren Eisenkern hat, und wie dick der umgebende Mantel aus zähflüssigem Gestein und die feste äußere Kruste sind (siehe Bild).
Beim Mars sind da noch viele Fragezeichen im Bild zu sehen. Mittlerweile geht man aufgrund von Messungen des Mars Global Surveyor Orbiters davon aus, dass der Mars einen zumindest teilweise flüssigen Eisenkern besitzt. InSight soll diese und andere Fragen über den inneren Aufbau des Mars klären und damit den Mars zum Vergleichsobjekt für die Erde machen, damit wir besser verstehen, wie die Gesteinsplaneten im inneren Sonnensystem entstanden sind. Der Mars ist der einzige Planet außer der Erde, auf dem solche Messungen durchgeführt werden und wurden, die eine stabile Plattform und eine lange Beobachtungsdauer benötigen. Auch die Viking-Marslander hatten schon Seismometer an Bord, die weniger empfindlich und stärker dem Wind ausgesetzt waren. Auf dem Merkur ist hingegen noch gar keine Sonde gelandet und auf der Venus hat kein Lander mehr als ein paar Stunden den höllischen Temperaturen widerstanden.InSight wird also ein Seismometer auf den Mars bringen, welches auf Erschütterungen etwaiger tektonische Aktivität (Mars hatte einmal riesige Vulkane – der Gipfel von Olympus Mons liegt 21,3 km über der mittleren Marsoberfläche) und von Meteoriteneinschlägen horchen und dabei auch deren Herkunftsorte bestimmen wird. Außerdem soll der Wärmefluss aus dem Inneren durch eine im Boden versenkte Temperatursonde gemessen werden, um damit Rückschlüsse auf die Temperatur im Inneren des Planeten zu ziehen. Weiterhin soll die Rotation des Mars mittels des Funksignals des Landers von der Erde aus hochpräzise gemessen werden, denn die Rotationsgeschwindigkeit und -achse hängen empfindlich von Vorgängen im Inneren des Mars ab.
Schließlich soll die Sonde das lokale Wetter beobachten, unter anderem um Störeinflüsse auf die Messungen zu bestimmen (Wind und Schwankungen des Magnetfelds, die das Seismometer stören könnten; Temperaturschwankungen in Luft und Boden, die den Wärmefluss in der Tiefe beeinflussen könnten).
Damit ist grob umrissen, wie die Sonde ausgestattet sein muss.
Sonde
InSight beruht auf dem erfolgreichen Phoenix Mars Polar Lander und ist mit 358 kg Landemasse (694 kg Startmasse inklusive Verkleidung, Hitzeschild, Reisestufe und Treibstoff) eher ein Leichtgewicht. 50 kg davon sind wissenschaftliche Nutzlast. Die Sonde durchmisst 1,56 m (6 m mit entfalteten Solarpanelen) und wird auf der Oberfläche zwischen 83 und 108 cm hoch stehen – je nachdem wie weit ihre Beine beim Aufsetzen zusammengeschoben werden.
InSight verfügt über folgende Instrumente [1], [2]:
- eine rundstrahlende UHF1 -Antenne, mit deren Hilfe die Sonde mit Mars-Orbitern (NASA Mars Reconnaissance Orbiter MRO, NASA Mars Odyssey Orbiter, ESA Mars Express Orbiter) kommunizieren kann, die wiederum mit der Erde in Funkkontakt stehen.
- Auxiliary Payload Sensor Subsystem, bestehend aus:
- Einem windgeschützten Luftdrucksensor. Die Öffnung ist im obigen Bild mit Pressure Inlet beschriftet.
- Einem Temperatur- und Windmesser TWINS (Temperature and Winds for InSight).
- Einem Magnetometer zur Messung des schwachen Magnetfelds des Mars (nicht im Bild erkennbar).
- zwei RISE-X-Band2 -Antennen: RISE ist das Rotation & Interior Structure Experiment, dessen Ziel die exakte Messung der Rotation, Präzession und Nutation des Mars ist. Die Antennen haben eine mittelstarke Richtcharakteristik und sind starr nach Osten und Westen orientiert. Wenn sie während der Marsrotation auf die Erde zeigen, kann ihr 8-GHz-Signal exakt (auf 10 cm genau) von der Erde aus geortet werden und sie können mit bis zu 2 kbit/s Befehle vom Kontrollzentrum an die Sonde empfangen. Kleine Variationen der Rotation des Planeten und seiner Achse (Nutation) sollen Rückschlüsse darauf erlauben, wie groß der flüssige Kern des Mars ist.
- einen Laser-Retroreflektor LaRRI (Laser RetroReflector for Insight): LaRRI, beigesteuert von der italienischen Raumfahrtagentur ASI (Agenia Spaziale Italiana), ist ein handtellergroßes Bauteil mit eingelassenen Rückstrahlern (“Katzenaugen”) für Laserlicht, das bei einer zukünftigen Orbitermission exakte Entfernungsmessungen mit Laser-Höhenmesser erlauben könnte – bei der InSight-Mission kommt es noch nicht zum Einsatz.
- einen 2,4 m langen Roboterarm IDA (Instrument Deployment Arm) mit Kamera IDC (Instrument Deployment Camera, 45° Blickfeld): mit IDA werden das während des Flugs auf der Landeplattform der Sonde geparkte Seismometer SEIS und die Bohreinheit HP³ mit einem Greifer (Grapple) angehoben und an geeigneter Stelle auf den Marsboden abgesetzt. Die schwenkbare IDC-Kamera am Roboterarm wird Aufnahmen der Umgebung und des Absetzpunkts von SEIS bzw. HP³ machen und das Absetzen überwachen.
- eine starr eingebaute Weitwinkelkamera ICC (Instrument Context Camera, Blickfeld 120°). Die Kamera ist an der Frontseite des Landers angebracht und überblickt den Bereich, in dem SEIS und HP³ abgesetzt werden sollen.
- ein Seismometer SEIS (Seismic Experiment for Interior Structure): das von der französischen Raumfahrtorganisation CNES bereitgestellte SEIS enthält 6 Sensoren in einem Vakuumgefäß zur Messung von Erschütterungen des Bodens. SEIS ist über ein langes Kabel (engl. Tether) mit der Landeplattform verbunden. SEIS wird nachträglich zum Schutz vor Erwärmung durch das Sonnenlicht und Wind eine Hülle namens Wind and Thermal Shield WTS übergestülpt. Der Rand ist flexibel, um Bodenunebenheiten auszugleichen (siehe folgendes Bild).
- und eine Bohreinheit HP³ (Heat Flow and Physical Properties Probe): das von der deutschen DLR gebaute HP³ verwendet einen selbst-hämmernden Penetrator (“mechanischer Maulwurf”; ein ähnliches Gerät war MUPUS auf dem Rosetta-Lander Philae), der sich 5 m tief in den Boden eingraben und den Wärmefluss aus dem Marsinneren an die Oberfläche messen soll – deswegen benötigt InSight eine Landestelle auf weichem Boden. Der HP³-Penertrator verfügt er über 14 Temperatursensoren, um die Temperaturen in verschiedenen Tiefen exakt zu messen. Er ist wie SEIS über ein langes Kabel mit der Landeplattform verbunden. Die an der Oberfläche verbleibende Einheit des HP³ verfügt über ein Infrarot-Strahlungsmessgerät (Radiometer) zur Messung der Oberflächentemperatur. Das folgende Video der DLR zeigt die Arbeitsweise von HP³.
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Referenzen
[1] InSight Press Kits (Launch, Landing), Jet Propulsion Laboratory, California Institute of Technology.
[2] Emily Lakdawalla, “Preview of the InSight Mars launch“, Planetary Society Blog, 5. April 2018.
1 Ultra High Frequency, bezeichnet den Bereich von 300 MHz bis 3 GHz.
2 X-Band bezeichnet in der Funktechnik den Frequenzbereich von 8 bis 12 GHz.
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