Tizian - Allegorie der Zeit (ca. 1565). Die drei Köpfe spielen auf die drei Generationen des Menschen an: Jugend, Erwachsensein und Alter. Der Alte blickt zurück in seine Vergangenheit, der junge erwartungsvoll in die Zukunft und der Erwachsene erblickt den Betrachter in der Jetztzeit. Links: Tizian im hohen Alter, Mitte: sein Sohn Orazio, rechts: sein Cousin und Erbe Marco Vecellio (der Sohn verstarb mit Tizian im gleichen Jahr an der Pest). Das dreiköpfige Fabeltier - Wolf, Löwe und Hund - ist ein Symbol der Besonnenheit. Bild: Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Die tägliche Erfahrung lehrt uns: was vorbei ist, ist vorbei. Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist. Und die Zukunft scheint unbestimmt. Prognosen seien schwierig, heißt es, besonders wenn sie die Zukunft beträfen. Insofern scheint das einzig greifbare die Gegenwart zu sein. Das, was gerade passiert, ist die harte Realität. Alles andere existiert (noch) nicht (mehr).

 

Die zeitige Dreifaltigkeit

Diese in der Philosophie als “Präsentismus” bezeichnete Sichtweise vertrat schon der griechische Philosoph Platon Ende des 5./Anfang des 4. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung. Für ihn hatten nur die “Ideen” bestand (heute würden wir dazu “Modelle” oder “Information” sagen), während die Dinge selbst flüchtig und vergänglich seien. Der Theologe und Kirchenlehrer Augustinus von Hippo übernahm im 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung Platons Sicht auf die Zeit. In seinem Buch “Confessiones” schrieb er (11. Buch, 20. Kap./26. Abschnitt):

Die Behauptung, des gebe drei Zeiten, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, trifft nicht im strengen Sinne zu. Im strengen Sinne müsste man wohl sagen: es gibt drei Zeiten, die Gegenwart von Vergangenem, die Gegenwart von Gegenwärtigem und die Gegenwart von Zukünftigem. Denn diese drei sind in einem gewissen Sinne im Geiste, und anderswo finde ich sie nicht: die Gegenwart des Vergangenen als Erinnern (memoria), die Gegenwart des Gegenwärtigen als Anschauen (contuitus), die Gegenwart des Zukünftigen als Erwarten (expectatio).

Anders gesagt sind für Augustinus Vergangenheit und Zukunft nur in den Gedanken präsent und damit existent – als Erinnerung an die Vergangenheit und als Erwartung oder vielleicht auch Vorhersage der Zukunft.

 

Hinterher ist man schlauer

Schon die Erkenntnis, dass Licht sich nur endlich schnell fortbewegt, erschüttert diese Ansicht im astronomischen Kontext. Für uns real ist das, was wir gerade jetzt wahrnehmen. Tatsächlich nehmen wir um uns herum aber stets nur Vergangenes wahr. Schon unseren Gesprächspartner sehen wir mit ein paar Milliardstel Sekunden (Nanosekunden) Verzögerung – das Licht legt knapp 30 cm in einer Nanosekunde zurück -, was allerdings, wie auch die weitaus höhere Verzögerung des Schalls der Sprache um einige Millisekunden, vollkommen in der Trägheit der Informationsverarbeitung unseres Gehirns untergeht. Deutlicher wird der Laufzeitunterschied von Blitz und Donner im Gewitter. Ist der Donner nicht schon eine reale Manifestation der Vergangenheit?

Und schließlich der Sternenhimmel: schon der Mond ist 1,3 Lichtsekunden entfernt, die Sonne 8 Lichtminuten 20, die Planeten einige Minuten bis Stunden an Lichtlaufzeit. Den Laufzeitunterschied des Lichts von Jupiter, wenn er einmal auf der gegenüberliegenden Seite der Sonne seine Bahn zieht und ein halbes Jahr später in seiner Oppositionsstellung bei größter Erdnähe, nutzte bereits Ole Rømer 1676, um zu zeigen, dass das Licht nicht unendlich schnell war – die Verfinsterung des Jupitermondes Io fand bei fernem Jupiter seiner Messung gemäß 22 Minuten später statt, als aufgrund der Beobachtung der Umlaufperiode dieses Jupitermondes zu erwarten war. Tatsächlich sind es 16:40 Minuten, aber für den damaligen Stand der Uhrentechnik war Rømers Wert schon ein recht genaues Ergebnis. 2 Jahre später nutzte Christiaan Huygens den Wert für die allererste Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit: 221.000 km/s. Etwas zu niedrig, aber die Größenordnung stimmte. Zu den Ungenauigkeiten der Zeitmessung kam hinzu, dass die Entfernungen der Planeten noch sehr unsicher waren. Erst nachdem man die Entfernung zu Mars und Venus trianguliert hatte, folgte aus Keplers drittem Gesetz auch der Abstand der Erde zur Sonne, der hier zweimal eingeht.

Noch weiter hinaus geht der Blick in den Sternenhimmel. Schon der nächste Stern ist 4 Lichtjahre und 73 Lichttage entfernt und wir sehen heute sein Licht von Anfang Januar 2016. Drama-Queen Beteigeuze ist bereits an die 700 Lichtjahre entfernt. Wir sehen ihn im Licht aus der Zeit, als bei uns tiefstes Mittelalter herrschte, und theoretisch (wenn auch nicht sehr wahrscheinlich) könnte er bereits nicht mehr existieren. Ein paar mit dem Feldstecher sichtbare Kugelsternhaufen sind zehntausend und mehr Lichtjahre entfernt, ihr Licht stammt aus der Zeit, als der Mensch sesshaft wurde und mit dem Ackerbau begann. Die in unseren Breiten leider unsichtbaren Magellanschen Wolken warten mit Licht aus der Zeit auf, als unsere Art Homo Sapiens entstand. Und mit einem Superteleskop in der Andromeda-Galaxie könnten dortige Beobachter die ersten Vertreter der Gattung Homo durch die afrikanische Steppe streifen sehen.

Kosmologisch gesehen ist das aber noch nebenan, auf diese lächerliche Entfernung greift noch nicht einmal die kosmische Expansion. Nein, dafür muss man schon Galaxien betrachten, deren Licht aus der Zeit der Saurier stammt. Unser Blick reicht aber noch viel weiter in die Vergangenheit, weiter als das Alter der Erde. Mit Radiowellen ertasten wir Strahlung, die nur 380.000 Jahre jünger ist als das Universum selbst. Und dahinter ist uns bislang der Blick durch den Feuerball des Plasmas im frühen Universum verwehrt (theoretisch könnten Gravitationswellen oder Neutrinos uns noch näher an den Urknall blicken lassen, aber bislang konnten wir solche Signale noch nicht aufspüren).

 

(K)ein Jetzt für Jedermann

Wir blicken innerhalb des Lichtkegels in die Vergangenheit, und alles außerhalb des Lichtkegels ist für uns (noch) nicht real. Dennoch können wir über die Lichtlaufzeit im Nachhinein berechnen, welche Ereignisse mit unserer Jetztzeit gleichzeitig stattfanden – wie ich dies in den Beispielen oben bereits getan habe, als ich Ereignisse auf der Erde zur Lichtlaufzeit in Beziehung gesetzt habe. Wie am Beispiel von Beteigeuze gesehen könnte der Stern jetzt möglicherweise schon Geschichte sein. Und mit dem Entfernungsmaß Eigendistanz rechnen wir die Distanz zu Galaxien aus, die sie bei fortschreitender Expansion heute von uns haben würden, wenn man sie ohne Zeitverzögerung mit einem Maßband messen könnte.

Insofern scheint Eindeutigkeit zu herrschen: Der Lichtkegel wird an der schmalsten Stelle von einer Gegenwarts-Ebene durchschnitten (als 4. Dimension für die Zeit ist diese Ebene in Wahrheit der dreidimensionale Raum) und trennt die Vergangenheit von der Zukunft. Die Gegenwart ist real, auch wenn ihre Signale uns erst zukünftig erreichen und wir tatsächlich nur die Vergangenheit sehen können.

Aus Sicht eines ruhenden Beobachters sieht sein Lichtkonus wie oben aus: die x-y-Ebene spannt den Raum auf und repräsentiert die Ebene der Gegenwart. In Wahrheit ist es der gegenwärtige Raum, aber die dritte Dimension hat im Bild leider keinen Platz mehr gefunden. Unterhalb der Ebene liegen vergangene Ereignisse (z.B. grünes Kreuz), oberhalb zukünftige (rotes Kreuz). Die Weltlinie des Beobachters ist die ct-Achse, die von der Vergangenheit in die Zukunft verläuft. Da der Beobachter ruht, verschiebt sich der Konus mitsamt der Gegenwartsebene entlang des Pfeils ct nach oben. Seine Sicht auf die Vergangenheit bzw. seine Wirkmächtigkeit auf die Zukunft sind auf das Innere des Konus beschränkt. Von den durch die Kreuze markierten Ereignissen erfährt der Beobachter erst, wenn sein Konus sich so weit nach oben verschoben hat, dass die beiden Kreuze in seinen Innenraum fallen. Bild: Autor, gemeinfrei.

Mit diesem scheinbar einleuchtenden Bild räumte jedoch ein Mitarbeiter des Schweizer Patentamts in Bern vor 115 Jahren radikal auf. Die Rede ist natürlich wieder von Albert Einstein. Gemäß der Relativitätstheorie ist die Gegenwart für verschieden schnell bewegte Beobachter nicht ein- und dieselbe.

Einsteins Gedankenexperiment dazu sieht wie folgt aus: man denke sich einen Zug, der mit sehr hoher Geschwindigkeit durch einen Bahnhof fährt. In dem Zug befindet sich in der Mitte eines Waggons eine Blitzlichtlampe und zwei Fotozellen an den Waggonenden, eine am in Fahrtrichtung vorderen Ende, eine am hinteren Ende, die den Lichtblitz registrieren. Da sich der Zugpassagier gemäß der Relativitätstheorie in Ruhe verharrend wähnen kann und das Licht sich demgemäß aus seiner Sicht symmetrisch von der Lampe ausbreitet, erreicht der Blitz, nachdem er ausgelöst wurde, die beiden gleich weit entfernten Sensoren an den Waggonenden gleichzeitig. Zwei durch die Sensoren ausgelöste Signallampen könnten dann gleichzeitig für ihn aufblinken; ihr Licht legt den gleichen Weg in der gleichen Zeit zum Beobachter zurück wie der Lichtblitz zuvor, nur in umgekehrter Richtung.

Aus Sicht eines Zugpassagiers breitet sich das Licht der Blitzlichtlampe in beide Richtungen des Zuges gleich schnell aus und erreicht die gleich weit entfernten Waggonenden gleichzeitig. Bild: Wikimedia Commons, ACDX, CC BY-SA 4.0

Ein Beobachter auf dem Bahnsteig sähe aber etwas völlig anderes. Das Licht breitet sich für ihn ebenfalls mit der gewohnten Geschwindigkeit in Fahrtrichtung und gegen die Fahrtrichtung des Zuges aus, ohne dass die Geschwindigkeit des Zuges darauf irgend einen Einfluss haben könnte. Das Licht, das sich zum vorderen Waggonende bewegt, muss diesem jedoch hinterher eilen und erreicht es verspätet. Das hintere Waggonende bewegt sich hingegen auf die Lichtquelle zu und verkürzt die Lichtlaufstrecke, so dass es früher getroffen wird. Keinesfalls erscheint dem Beobachter am Bahnsteig also, dass die Signallampen gleichzeitig auslösen, sondern die am hinteren Waggonende wird vor der am vorderen Ende auslösen.

Die Sicht eines Beobachters auf dem Bahnsteig ist eine völlig andere. Das Licht breitet sich für ihn in exakt der gleichen Weise vom Startpunkt aus, aber da sich der Zug bewegt, trifft der nach hinten gerichtete Lichtstrahl das hintere Waggonende früher als der nach vorne gerichtete Strahl das Vorderende. Die beiden Ereignisse erscheinen ihm nicht gleichzeitig. Bild: Wikimedia Commons, ACDX, CC BY-SA 4.0

Dass dem bewegten Beobachter die Signallampen simultan erscheinen, wird der ruhende Beobachter darauf zurück führen, dass das Licht der hinteren Signallampe nun den mit dem Zug bewegten Beobachter erst einholen muss und somit den gesamten Zeitvorsprung wieder einbüßt, während der Zugpassagier dem Licht der vorderen Signallampe entgegen kommt, so dass es seinen Zeitrückstand durch das spätere Auslösen genau wieder aufholt und gleichzeitig mit dem Licht der hinteren Lampe eintrifft.

 

In Stein gemeißelt

Was ein zunächst nur ein wenig kurios erscheint, hat in Wahrheit tief reichende Implikationen für die Struktur des gesamten Universums. Für den Beobachter im Zug ist die Gegenwart eine andere Menge von Raumzeitpunkten als für den Beobachter am Bahnsteig. Seine Gegenwartsebene erscheint aus Sicht des Beobachters auf dem Bahnsteig verkippt. Ereignisse, die für den Beobachter auf dem Bahnsteig in der Zukunft oder in der Vergangenheit liegen, erscheinen dem Beobachter im Zug als gegenwärtig. Er kann in Fahrtrichtung gewissermaßen in die Zukunft des Bahnsteigbeobachters schauen (bzw. gegen die Fahrtrichtung in die Vergangenheit). Je weiter entfernt im Raum ein Ort liegt, desto weiter in der Zukunft des ruhenden Beobachters reicht die Ebene der Gleichzeitigkeit des bewegten Beobachters. Er sieht quasi einen anderen Schnitt durch die Raumzeit, wie eine schräg angeschnittene Wurst. Zwar sieht er diese Zukunft auch erst mit der Verzögerung der Lichtlaufzeit und kann dem ruhenden Beobachter beim Passieren noch nichts darüber erzählen, was in dessen Zukunft liegt, aber da die Gegenwart nach obigem das Geschehen ein- für alle Mal festlegt und zur unabänderlichen Realität macht, sind für den bewegten Beobachter offenbar Ereignisse schon fest bestimmt, die für den ruhenden Beobachter scheinbar noch vollkommen offen sind. Z.B. ein Würfelwurf auf Proxima Centauri b.

Ein Beobachter, der uns gerade passiert, kann kein Ereignis in seiner Gegenwart haben, das innerhalb unseres Lichtkegels liegt, die Gegenwartsebene bleibt immer außerhalb des Lichtkegels. Wenn der bewegte Beobachter sich mit fast c bewegt, liegt die Ebene und die x-Achse außen am Konus an. Mit zunehmender räumlicher Entfernung wird die Zeitdiskrepanz zwischen der Gegenwart des bewegten Beobachters und uns als ruhendem Beobachter immer größer. Die Gegenwartsebene von uns entfernten Beobachters kann unseren Lichtkonus durchaus durchschneiden. Ein hinreichend weit entfernter Beobachter hat Ereignisse in seiner Gegenwart, die für uns noch lange bevor stehen und die wir für bisher vollkommen unbestimmt halten, auf die wir noch einen Einfluss zu haben glauben. Die Lichtlaufzeit vom Ereignis zum entfernten Beobachter und dessen Entfernung von uns hindert ihn allerdings daran, uns von dieser Zukunft berichten zu können, bevor sie für uns real wird.

Der Lichtkonus eines in Richtung der x-Achse bewegten Beobachters sieht aus Sicht des ruhenden Beobachters anders aus: Der Konus selbst ist identisch, denn er wird durch die Lichtgeschwindigkeit und den Raumzeitpunkt bestimmt, an dem sich der bewegte Beobachter gerade befindet. Der Konus ist hier anders angeschnitten entlang von Ebenen der Gleichzeitigkeit. Aufgrund der im Zug-Beispiel modifizierten Gleichzeitigkeit erscheint die Gegenwartsebene hier verkippt, die durch die beiden Kreuze symbolisierten Ereignisse liegen für den bewegten Beobachter beide in der Gegenwart, entsprechend liegt die x’-Achse in dieser Ebene (y ist nicht verändert, da wir annehmen, dass die Bewegung lediglich in x-Richtung erfolgt). Die Weltlinie des Beobachters entspricht aus Sicht des ruhenden Beobachters der Fortbewegung des bewegten Beobachters durch die Raumzeit – aus seiner Sicht ruht er und bewegt sich nur in ct’-Richtung durch die Zeit. Sein Lichtkonus bewegt sich demgemäß in Richtung ct’. Die beiden Ereignisse aus dem obigen Bild liegen hier beide in der Gegenwart, auch wenn der bewegte Beobachter sie erst mit Lichtlaufzeitverzögerung wahrnehmen wird, wenn sein Lichtkonus die beiden Punkte einfängt. Bild: Autor, gemeinfrei.

Wenn also für den bewegten Beobachter Ereignisse in Raumzeitpunkten real und fest bestimmt sind, die es für den ruhenden Beobachter noch nicht sind, dann platzt die Blase des Präsentismus. Für jedes zukünftige oder vergangene Ereignis wird sich ein bewegtes Inertialsystem und ein Ort finden, aus deren Sicht das Ereignis gerade jetzt passiert. Das heißt in aller Konsequenz allerdings nichts anderes, als dass die Zukunft schon feststeht und die Vergangenheit noch nicht verflogen ist. Unsere Entscheidungsfreiheit wäre demnach nur imaginär. Vergangenheit und Zukunft sind nur eine Illusion, hat Einstein gesagt – wenn auch eine sehr hartnäckige.

Außer einer gedachten zeitlosen Sicht von außen, von nirgendwann, wie der Philosoph Huw Price es ausdrückt, ist das Universum ein vierdimensionaler starrer Block, in dem sich nichts verändert. Der Geist eines Beobachters ist eine Abfolge von Gedächtniszuständen, die wie der Scheinwerferkegel eines Autos diesen Block in einem bestimmten Winkel durchzieht, welcher von der Raumzeitgeschwindigkeit abhängt. Was im Scheinwerferlicht auftaucht, erscheint möglicherweise überraschend und unerwartet, obwohl es schon “immer” da war, so wie ein im Kino gezeigter Film, dessen Bildfolge schon vor dem Beginn der Vorführung feststand. Ein vollkommen zufälliger, unvorhersehbarer radioaktiver Kernzerfall – solche sind bekanntlich einzeln vollkommen unvorhersagbar; man kann lediglich Aussagen darüber machen, dass in einer gewissen Zeit ein gewisser Anteil einer großen Menge von Kernen zerfallen wird, aber keinesfalls, wann genau welcher zerfällt – ist längst in Stein gemeißelt, ebenso wie das Ergebnis einer jeden, für uns nicht vorhersagbaren Quantenmessung. Es ist aber lediglich unsere Unwissenheit zu einem bestimmten Zeitpunkt, die uns die Unbestimmtheit vorgaukelt. Wem das unplausibel erscheint: Die Zukunft und die Vergangenheit gehorchen denselben physikalischen Gesetzen, auch im Nachhinein stimmt die Statistik radioaktiver Zerfälle, obwohl wir da schon wissen (jedenfalls wissen könnten) welche Kerne in einer Probe zerfallen sind. Die Vergangenheit erscheint uns vollkommen bestimmt, also kann es auch die Zukunft sein, nur dass wir sie eben noch nicht kennen. Wie den Verlauf einer unbekannten Straße im Dunklen oder den Ablauf eines Films, den wir zum ersten Mal sehen.

Die Relativität der Gleichzeitigkeit lässt letztendlich nur den Schluss zu, dass der gesamte Zeitablauf im Universum schon feststeht, wie der Ablauf eines im Kino gezeigten Films. Bild: Autor, gemeinfrei.

Das einzige Hintertürchen, das der Unbestimmtheit noch bleibt, ist die bereits behandelte Viele-Welten-Theorie, die – hier stark verkürzt zusammengefasst – besagt, dass nicht nur der Mikrokosmos der kleinsten Teilchen, sondern die ganze Welt eine Überlagerung von Quantenzuständen ist, deren gemeinsame Wellenfunktion niemals an irgendeiner Stelle kollabiert, wie es die quantenmechanische Interpretation von Bohr (“Kopenhagener Deutung”) behauptet, sondern die den Beobachter einer Quantenmessung einfach mit in die Überlagerung einbezieht. Er verschränkt sich mit den Quantenzuständen, die er beobachtet, und wenn es davon viele gibt, dann gibt es entsprechend viele überlagerte Zustände des Beobachters. Die quantenmechanische Unbestimmtheit besteht dann einfach darin, mit welchem Beobachter man sich gerade identifiziert. Dann wäre die Raumzeit nicht nur ein solider Block, sondern eine quantenmechanische Überlagerung unzählig vieler Blöcke. Das Universum hätte viele (nämlich genau alle physikalisch möglichen) Historien und man fände sich als Beobachter zufällig in einer von diesen wieder, am wahrscheinlichsten in einer solchen, die ein hohes Gewicht hat, das heißt die zu einem breiten Strang wahrscheinlicher und ähnlicher Historien gehört.

Während die Realität von Vergangenheit und Zukunft und damit die Vorbestimmtheit des Universums unausweichliche Folgerungen aus der Relativitätstheorie sind, ist diese Erweiterung natürlich spekulativ und nicht falsifizierbar (andere würden sagen: unphysikalisch), aber ich möchte sie dennoch erwähnen und später noch einmal darauf zurückkommen, weil sie uns später hilfreich sein wird bei der Formulierung einer Hypothese über die Natur der Zeit. Aber mehr dazu im übernächsten Teil der Artikelreihe. Der nächste wird sich zunächst mit Zeitreisen und Zeitparadoxa beschäftigen.

 

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Kommentare (112)

  1. #1 ralph
    21. März 2020

    Vielen Dank für diese tolle Einführung zum Thema Blockuniversum. Es könnte also einen Beobachter geben, welcher die für uns scheinbar unbestimmte Zukunft in seiner Gegenwartsebene als bereits geschehen wahrnimmt. In was für einem Inertialsystem müsste sich denn ein Beobachter, mit ensprechend sensiblen Instrumenten, befinden, der sehen kann, ob unsere Zivilisation in 100 Jahren noch existiert, oder nicht? Wo im Raumzeitkontonuum könnte ein solcher Ort sein? Könnte es real einen Planeten geben, mit denkenden Wesen, welche die Daten ihrer Instrumente auswerten (aus ihrer Sicht bereits ausgewertet haben) und fesstellen: “schade, diese Zweibeiner da auf dem dritten Planeten, eines Zwergsterns die wir schon lange beobachten, haben’s erstmal versaut.” Mein Abstraktionsvermögen stösst hier mal wieder an seine Grenzen.

  2. #2 hto
    21. März 2020

    @ralph

    Stell Dir das Universum als Holographie vor, wo Geist / Zentralbewusstsein die “Matrix” ist (die unseren Kreislauf im geistigen Stillstand seit der “Vertreibung aus dem Paradies” mit einkalkulierte), die es mit zweifelsfrei-eindeutiger Vernunft zu Verantwortungsbewusstsein in Freiem Willen FUSIONIERT (nicht konfusioniert / “einzeln”) zu überwinden gilt, damit WIR PROGRAMME, in voller Kraft des Geistes / Zentralbewusstseins (sozusagen: “wie im Himmel all so auf Erden”) eine Nachfolge, oder einer gänzlich unbestimmten Zukunft …

    Mensch bedeutet immer ALLE!

  3. #3 Alderamin
    21. März 2020

    @ralph

    Der Winkel, um den sich die Gegenwartsebene des bewegten Beobachters verkippt, ist arctan (v/c). Je schneller man sich bewegt, desto größer ist der Winkel, im Extremfall bei fast c nahezu 45°. Dann schneidet die Gegenwartsebene x Lichtsekunden voraus Raumzeitpunkte, die für uns als ruhende Beobachter x Sekunden in der Zukunft liegen, also wären etwas mehr als 100 Lichtjahre Entfernung ausreichend, um 100 Jahre in die Zukunft “zu sehen” – was aber die Lichtlaufzeit noch außer Acht lässt. Dass ihm dies keinen Wissensvorsprung einbringt, wird klar, wenn man sich überlegt, wo er sich dann befindet: er muss sich mit fast c in unsere Richtung bewegen und wenn bei uns der Augenblick nach 100 Jahren eintritt, wäre er hier bei uns und sähe ihn mit uns zusammen.

    Für geringere Geschwindigkeiten wäre der Winkel kleiner, aber selbst ein Fußgänger, der sich in 1 Milliarde Lichtjahre Entfernung auf uns zu bewegte, hätte Ereignisse in seiner Gegenwart, die 4,3 Jahre in unserer Zukunft liegen. In einem Auto mit knapp 110 km/h lägen sie 100 Jahre in unserer Zukunft.

  4. #4 Joseph Kuhn
    21. März 2020

    @ Alderamin:

    Weißt du zufällig, ob Huw Price mit dem view from nowhen nur rhetorisch Bezug auf Thomas Nagels view from nowhere nimmt oder auch inhaltliche Parallelen herausarbeitet?

    Zeitreisen: Ich bin übrigens auf einer, reise gerade in die Zukunft, bzw. in eine zukünftige Gegenwart 😉

  5. #5 Alderamin
    21. März 2020

    @Joseph Kuhn

    Ich kenne Nagels Buch nicht, nur das von Price (hab’s selbst). Price betont darin aber immer, dass man den Zeitverlauf ohne die Voreingenommenheit eines vorgegebenen Zeitpfeils betrachten muss, um ihn zu verstehen. Darauf komme ich in einem späteren Artikel noch zurück. Das beste in dieser Reihe steht noch bevor 😉

  6. #6 Peter Paul
    21. März 2020

    Ein hinreichend weit entfernter Beobachter hat Ereignisse in seiner Gegenwart, die für uns noch lange bevor stehen und die wir für bisher vollkommen unbestimmt halten, auf die wir noch einen Einfluss zu haben glauben.

    Ich glaube, ich kann mir denken, was du damit sagen willst, aber so wie du es sagst ist es doch nicht ganz stimmig. Bsp: Die beiden Ereignisse, die du duch das grüne und das rote Kreuz bezeichnest sind für “den” bewegten Beobachter gleichzeitig bzw. gegenwärtig. Einverstanden!
    Aber für “den” ruhenden Beobachter, für den du den Lichtkegel zeichnest, der sich also für t=0 am Ort x=0 befindet liegen beide Ereignisse weder in der Vergangenheit, noch in der Zukunft, gerade weil sie nicht in seinem Lichtkegel liegen. Ich nehme an, dass du wahrscheinlich gar nicht “den” ruhenden Beobachter meinst, dessen Lichtkegel du zeichnest, sondern, dass du das ruhende System als ganzes meinst, aber das hat natürlich gar keinen Lichtkegel. Alles was oberhalb seiner der Gegenwartsebene liegt ist dann Zukunft, alles darunter ist Vergangenheit.
    Ich finde, die Formulierung: “der Beobachter” ist einfach zu suggestiv. Jeder stellt sich dabei jemanden vor, der sich an einem Punkt zu einer bestimmten Zeit befindet. (Ein Beleg, dass du es selbst auch so meinen könntest ist dein “weit entfernter Beobachter” aus dem obigen Zitat. Denn das bewegte System hat natürlich gar keine Entfernung zum ruhenden System) In diesem Sinne ist nur ein ganzes System mit seinen jeweiligen Koordinatenachsen “der” Beobachter, oder besser, das “Beobachtungssystem”. Das hat aber, wie schon oben gesagt, gar keinen Lichtkegel.
    Noch eins: Versteht man unter einem Beobachter wirklich einen Raumtzeitpunkt , z.B. (0|0), dann ist jedes Ereignis, dass sich in seinem Zukunftskegel befindet auch im Zukunftskegel jeden anderen Beobachters, der sich mit beliebiger Geschwindigkeit relativ zu ihm bewegt, wenn er zum gleichen Zeitpunkt mit dem ersten Beobachter in der Raumzeit koinzidiert. Für ihn können solche Ereignisse gar nicht gegenwärtig sein, denn seine Raumachse liegt außerhalb des Lichtkegels.

  7. #7 meregalli
    21. März 2020

    “Prognosen seien schwierig, hat Einstein gesagt, besonders wenn sie die Zukunft beträfen.”
    Ist dieser schöne Spruch nicht einer der vielen, die dem Albert in den Mund gelegt wurden? War der Urheber nicht Mark Twain? (Obwohl, der hat viel gefladert-, u.a. seinen eigenen Namen)

  8. #8 Alderamin
    21. März 2020

    @Peter Paul

    Aber für “den” ruhenden Beobachter, für den du den Lichtkegel zeichnest, der sich also für t=0 am Ort x=0 befindet liegen beide Ereignisse weder in der Vergangenheit, noch in der Zukunft, gerade weil sie nicht in seinem Lichtkegel liegen.

    Doch, denn die Ebene der Gegenwart ist nach der allgemein gebräuchlichen Definition (letztlich ist alles nur eine Definitionssache) eben eine Ebene (in Wahrheit natürlich ein Raum) und nicht nur ein Punkt. Und sie trennt Vergangenheit (alles unter der Ebene) von Zukunft (alles darüber). Natürlich hat der Beobachter in der Mitte des Lichtkegels noch keine Kenntnis davon, was außerhalb seines Lichtkegels passiert ist – er kann die Ereignisse nach er Beobachtung später nur rückdatieren.

    Beispiel: wir geben den Radius des beobachtbaren Universums mit 46 Milliarden Lichtjahren an – das ist der Radius eines Bereichs, der überall 13,8 Milliarden Jahre alt ist, nicht das, was wir am Himmel sehen, wenn wir in die Vergangenheit blicken. Richtig ist allerdings auch, dass Astronomen gemeinhin das als “Jetzt” bezeichnen, was gerade am Himmel stattfindet. Aber sie sagen auch “Örter” zu Orten und “Metall” zu Sauerstoff. Physiker sehen das etwas anders.

    Ich finde, die Formulierung: “der Beobachter” ist einfach zu suggestiv.

    Ich möchte, dass der Leser sich gedanklich in den Nullpunkt des Koordinatensystems versetzt. Ich sage aber doch auch, dass der Beobachter die Ereignisse erst verzögert wahrnimmt.

    Denn das bewegte System hat natürlich gar keine Entfernung zum ruhenden System.

    Doch sicher, zu jeder Zeit, sie ist nur nicht konstant. Bei hinreichend großer Entfernung (oder kleiner Geschwindigkeit) spielt die Änderung kaum noch eine Rolle. Sonst hätte der Andromedanebel ja auch keine Entfernung von uns. Er bewegt sich auf uns zu.

    Versteht man unter einem Beobachter wirklich einen Raumtzeitpunkt , z.B. (0|0),

    Es ist ein Beobachterort zu einem bestimmten Zeitpunkt. Der ruhende Beobachter hat eine Weltlinie, das ist die ct-Achse. Den Lichtkegel muss man an einem Raumzeitpunkt festmachen, er bewegt sich mit dem Beobachter.

    dann ist jedes Ereignis, dass sich in seinem Zukunftskegel befindet auch im Zukunftskegel jeden anderen Beobachters, der sich mit beliebiger Geschwindigkeit relativ zu ihm bewegt, wenn er zum gleichen Zeitpunkt mit dem ersten Beobachter in der Raumzeit koinzidiert.

    Die Lichtkegel sind identisch, wenn beide sich am selben Ort befinden (das Licht erscheint beiden gleich schnell und die Kegel werden durch Flächen begrenzt, die aus Weltlinien des Lichts bestehen). Die gesamte Argumentation der Relativität der Gleichzeitigkeit macht nur Sinn, wenn man sie auf Ebenen bezieht, die den gesamten Raum durchschneiden. Gegenwart beschränkt sich nicht auf das, was man gerade beobachten kann (sonst würde ich auch nicht immer schreiben können, dass der Blick in die Ferne in die Vergangenheit geht und man einen Stern so sieht wie vor x Jahren).

    Mag sein, dass das Bild mit dem Lichtkegel eher verwirrt. Anderswo findet man aber oft diese Darstellung, hatte mich davon inspirieren lassen.

  9. #9 Alderamin
    21. März 2020

    @Meregalli

    “Prognosen seien schwierig, hat Einstein gesagt, besonders wenn sie die Zukunft beträfen.”
    Ist dieser schöne Spruch nicht einer der vielen, die dem Albert in den Mund gelegt wurden? War der Urheber nicht Mark Twain? (Obwohl, der hat viel gefladert-, u.a. seinen eigenen Namen)

    Stimmt, das war mir nicht bewusst. Laut Wikipedia wird es auch Karl Valentin zugeschrieben, soll aber möglicherweise von einem dänischen Politiker stammen. Wird geändert.

  10. #10 Jolly
    21. März 2020

    Laut Wikipedia wird es auch Karl Valentin zugeschrieben

    Niels Bohr ist dort auch als möglicher Urheber des Spruchs im Angebot, weitere Kandidaten lassen sich im Internet finden.

    Was uns zeigt, nicht nur die Zukunft, auch die Vergangenheit steht noch nicht fest.

    view from nowhere

    Muss man das no-where oder now-here lesen?

  11. #11 Alderamin
    21. März 2020

    @Jolly

    “now here” wären zwei Wörter. “Nowhere” ist bekanntlich normales Englisch. Bei Price heißt es hingegen “view from nowhen”.

  12. #12 Peter Paul
    21. März 2020

    Natürlich hat der Beobachter in der Mitte des Lichtkegels noch keine Kenntnis davon, was außerhalb seines Lichtkegels passiert ist – er kann die Ereignisse nach er Beobachtung später nur rückdatieren.

    Deine beiden Ereignisse, rot und grün, wird “der” Beobachter niemals wahrnehmen, weil sie nicht in seinem Lichtkegel liegen. Das heißt nicht, dass kein anderer Beobachter, der in seinem System ruht, diese Ereignisse wahrnehmen kann.

    Denn das bewegte System hat natürlich gar keine Entfernung zum ruhenden System.

    Jedes Bezugsystem der SRT umfasst die gesamte Raumzeit. Sie liegen alle ineinander drin und haben deshalb keinen Abstand. Natürlich ist die Andromeda-Galaxie kein Bezugsystem in diesem Sinne, sondern eben eine Galaxie, die von uns einen gewissen Abstand hat, aber “ihr” Bezugsystem(das Bezugsystem, in dem sie z.B. im Ursprung ruht) hat keinen Abstand zu unserem Bezugsystem.Sie liegen ineinander drin, sonst würden die Lorentz-Transformationen ja gar keinen Sinn machen. Beide Bezugsysteme beschreiben die gesamte Raumzeit.

  13. #13 Alderamin
    21. März 2020

    @Peter Paul

    Deine beiden Ereignisse, rot und grün, wird “der” Beobachter niemals wahrnehmen, weil sie nicht in seinem Lichtkegel liegen.

    Doch, sicher, der Kegel verschiebt sich ja nach oben. Oder anders gesagt, Licht von diesen Punkten geht kegelförmig nach oben aus und schneidet irgendwann die Weltlinie des Beobachters.

    Jedes Bezugsystem der SRT umfasst die gesamte Raumzeit. Sie liegen alle ineinander drin und haben deshalb keinen Abstand.

    Natürlich, da hast Du Recht, da habe ich “Ursprung” oder “Ort des bewegten Beobachters” gedacht. Die Systeme an sich haben keinen Abstand, nur miteinander in Beziehung gesetzte Ort darin (etwa die Ursprünge oder sich entsprechende Koordinaten).

  14. #14 Jolly
    21. März 2020

    @ Peter Paul

    Deine beiden Ereignisse, rot und grün, wird “der” Beobachter niemals wahrnehmen

    Der Beobachter kann nicht an den Ereignissen rotes X und grünes X beteiligt gewesen sein. Aber selbstverständlich kann er von gleichzeitig (zum Zeitpunkt t = 0) stattgefundenen Ereignissen erfahren, die sich an anderem Ort ereignen (x ≠ 0).

    Sein eigener Lichtkegel in die Zukunft definiert die Raumzeitpunkte (Ereignisse) an die ein Beobachter theoretisch selbst gelangen könnte (teilnehmen könnte), für den Lichtkegel in die Vergangenheit, an denen er theoretisch gewesen sein könnte.

    Wenn Du von dem Ereignis rotes X einen Lichtkegel zeichnest, kannst Du ablesen wann der Beobachter frühestens davon erfahren könnte (nämlich dann wenn sich beide Lichtkegel schneiden). Erfahren kann der Beobachter tatsächlich davon, wenn seine Weltlinie in den Lichtkegel des Ereignisses rotes X tritt.

  15. #15 Peter Strohmayer
    21. März 2020

    Zuerst ein Dankeschön, dass Du Dir die Mühe machst, immer wieder zum Nachdenken anzuregen. Bitte nimm daher meine nachfolgenden Überlegungen nicht als persönliche Kritik. Ich freue mich meinerseits über gut begründeten Widerspruch.

    “Die Sicht eines Beobachters auf dem Bahnsteig ist eine völlig andere. … Die beiden Ereignisse erscheinen ihm nicht gleichzeitig.”

    Diese (traditionelle) Erklärung ist ja ganz nett. Aber sie geht am Kern des Problems vorbei. Der Grund für das Auseinanderfallen der Gleichzeitigkeit aus Sicht zweier bewegter Beobachter liegt nicht bloß in unterschiedlichen Lichtlaufzeiten zwischen dem Eintritt eines Ereignisses und dessen Beobachtung. Sonst könnte man statt Licht auch bewegte Materiepunkte als Botenstoff nehmen. Die Defizite der Erklärung sind in den Skizzen mit dem Zug daran zu erkennen, dass die Länge des Zuges aus Sicht des Herrn am Bahndamm gleich bleibt. Das ist keine zulässige Vereinfachung der Erklärung durch Weglassen von nicht unbedingt Notwendigem, sondern sie blendet einen entscheidenden Punkt aus. Ohne Verkürzung der Länge des bewegten Zuges ist ein Auseinanderfallen der Gleichzeitigkeit undenkbar.

    “… aber da die Gegenwart … das Geschehen ein- für alle Mal festlegt und zur unabänderlichen Realität macht, sind für den bewegten Beobachter offenbar Ereignisse schon fest bestimmt, die für den ruhenden Beobachter scheinbar noch vollkommen offen sind. (…) Ein … entfernter Beobachter hat Ereignisse in seiner Gegenwart, die für uns noch … bevor stehen und die wir für bisher vollkommen unbestimmt halten, auf die wir noch einen Einfluss zu haben glauben. (…) Wenn also für den bewegten Beobachter Ereignisse in Raumzeitpunkten real und fest bestimmt sind, die es für den ruhenden Beobachter noch nicht sind, dann platzt die Blase des Präsentismus. (…).”

    Es ist genau umgekehrt: nicht die Art der Gegenwart legt die Ereignisse fest, sondern die Ereignisse die Art der Gegenwart.
    Bei einem von den Ursprüngen sich deckender Koordinatensysteme raumartig entfernten Ereignis ist niemals die Zukunft offen, sondern nur die – mit Kamelen oder mit Lichtsignalen überbrachte – Nachricht über das Ereignis. Wie schon in Teil 1, wird nicht zwischen der physikalisch irrelevanten Nachricht über ein Ereignis und dessen physikalisch relevanten Verzeichnung in einem Koordinatensystem unterschieden.

    “Ein vollkommen zufälliger … Kernzerfall … ist längst in Stein gemeißelt … .”

    Wenn ein raumartiger Abstand eines Ereignisses (des Kernzerfalls) dessen quantenmechanische Wahrscheinlichkeit aufheben würde, wäre das sehr bedeutsam. Eine neue Physik.

    “Die Relativität der Gleichzeitigkeit lässt letztendlich nur den Schluss zu, dass der gesamte Zeitablauf im Universum schon feststeht, wie der Ablauf eines im Kino gezeigten Films. … Das heißt in aller Konsequenz allerdings nichts anderes, als dass die Zukunft schon feststeht und die Vergangenheit noch nicht verflogen ist. Unsere Entscheidungsfreiheit wäre demnach nur imaginär. Vergangenheit und Zukunft sind nur eine Illusion … .”

    Ich möchte Dich nicht verletzten, aber die Relativität der Gleichzeitigkeit hat wirklich nichts mit den Fragen zu tun, ob die Zukunft vorherbestimmt, ob der Wille frei und ob die Zeit eine Illusion ist. Die Vorbestimmtheit des Universums ist ganz gewiss keine “unausweichliche Folgerung aus der Relativitätstheorie”, sondern eine (seit Jahrhunderten unentschiedene) philosophische Frage

  16. #16 Nachgehakt
    21. März 2020

    Klasse Artikel. Vielen Dank!

    Was meinen Sie, Alderamin, es wäre ja sogar möglich sich aktiv die Welten auszusuchen und gerade unwahrscheinliche Dinge tun? Was passiert, wenn die Überlagungen zu zwei sehr wahrscheinlichen Blockuniversen kommen?

  17. #17 Jolly
    21. März 2020

    @Alderamin

    “now here” wären zwei Wörter.

    Es könnte sich also um einen Schreibfehler handeln!

    Fühl dich bitte nicht zu einer (weiteren) Antwort verpflichtet, ich finde das nur interessant – und thematisch passend! -, dass bei nowhere, mit geeigneter Trennung, genau das Zeitliche und Räumliche auftauchen. (Bei ‘now hen’ funktioniert das Prinzip zwar auch, aber irgendwie nicht so gut.)

  18. #18 Peter Paul
    21. März 2020

    @Alderamin
    Danke! Wieder was dazu gelernt.

  19. #19 Jan
    21. März 2020

    @Peter Strohmayer:

    Der Grund für das Auseinanderfallen der Gleichzeitigkeit aus Sicht zweier bewegter Beobachter liegt nicht bloß in unterschiedlichen Lichtlaufzeiten zwischen dem Eintritt eines Ereignisses und dessen Beobachtung.

    Das behauptet die Erklärung doch gar nicht. Die Lichtlaufzeit zwischen den beiden Ereignissen und den Beobachtern wird doch gar nicht betrachtet. Falls das nicht klar ist: Die beiden Ereignisse sind das Auftreffen des Lichts an den Enden des Zuges.

    Aus Sicht des Beobachters im Zug legt das Licht von der Quelle zu den beiden Enden des Zugs die gleiche Strecke zurück, also erreicht es die beiden Enden gleichzeitig. Aus Sicht des Beobachters am Bahnsteig legt das Licht von der Quelle zu den beiden Enden des Zugs unterschiedliche Strecken zurück, also erreicht es die beiden Enden zu unterschiedlichen Zeiten.

    Sonst könnte man statt Licht auch bewegte Materiepunkte als Botenstoff nehmen.

    Der entscheidende Punkt ist, dass sich Licht stets mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, unabhängig von den Bewegungszuständen von Quelle, Empfänger, und Beobachter, und auch unabhängig von der Richtung. Insbesondere haben auch aus Sicht des Beobachters am Bahnsteig die beiden Lichtstahlen die selbe Geschwindigkeit. Mit Schallwellen oder einem anderen unterlichtschnellen “Botenstoff” ist das nicht der Fall. Also ist dann der Schluss “die beiden Ereignisse sind genau dann gleichzeitig, wenn die Signale zu ihnen die selbe Strecke durchlaufen” falsch.

    Die Längenkontraktion ist hingegen nicht relevant, denn sie verkürzt ja beide Strecken um den selben Faktor.

  20. #20 Alderamin
    22. März 2020

    @Jan

    Vielen Dank, genau richtig.

    @Peter Strohmayer

    Ich denke mir so was nicht selbst aus.
    Brian Greene, “Der Stoff aus dem der Kosmos ist”
    Sean Carroll, “From Eternity To Here”

    Die Autoren sind gestandene Physiker.

  21. #21 Peter Strohmayer
    22. März 2020

    @jan
    Die Lichtlaufzeit zurück zu den Beobachtern wurde im Artikel thematisiert (es ist aber richtig, dass sie auch nichts zur Erklärung des Effekts beiträgt). Dieses Detail ändert nichts an dem grundsätzlichen Mangel an Erklärungskraft auch der bloßen unterschiedlichen Lichtlaufzeiten zwischen Signalquelle und Zugsenden. Jeder der Beobachter könnte auch materielle Botenstoffe verwenden mit der Maßgabe, dass sie aus der Sicht des Bahndammbeobachters gleich schnell sein sollen wie aus Sicht des Zugsbeobachters. Das rechnerische Ergebnis des dadurch angeblich bewirkten Auseinanderfallen der Gleichzeitigkeit würde (im Vergleich zur L-T) genau so falsch sein wie bei Verwendung von Lichtstrahlen, weil die Längenkontraktion nicht berücksichtigt wird. Wo ist also in Bezug auf den verfehlten Erklärungsansatz der Unterschied?

  22. #22 Jan
    22. März 2020

    @Peter Strohmayer:

    Dieses Detail ändert nichts an dem grundsätzlichen Mangel an Erklärungskraft auch der bloßen unterschiedlichen Lichtlaufzeiten zwischen Signalquelle und Zugsenden.

    Könntest du bitte einmal genau erklären, welchen “Mangel” du meinst?

    Jeder der Beobachter könnte auch materielle Botenstoffe verwenden mit der Maßgabe, dass sie aus der Sicht des Bahndammbeobachters gleich schnell sein sollen wie aus Sicht des Zugsbeobachters.

    Wenn die “Botenstoffe” sich nicht mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, ist das aber nie der Fall. “Licht” bedeutet in der Relativitätstheorie eigentlich immer “irgendetwas das sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt”. Das kann eine elektromagnetische Welle sein, oder auch eine Gravitationswelle, oder auch irgend ein noch nicht entdecktes masseloses Teilchen.

    Das rechnerische Ergebnis des dadurch angeblich bewirkten Auseinanderfallen der Gleichzeitigkeit würde (im Vergleich zur L-T) genau so falsch sein wie bei Verwendung von Lichtstrahlen, weil die Längenkontraktion nicht berücksichtigt wird.

    Es geht bei der Erklärung gar nicht darum zu berechnen, wie groß der Zeitunterschied ist. Es geht darum, dass es einen Zeitunterschied gibt. Und dafür ist die Längenkontraktion wie bereits erwähnt irrelevant.

    Wo ist also in Bezug auf den verfehlten Erklärungsansatz der Unterschied?

    Welchen “verfehlten Erklärungsansatz” bitteschön?

  23. #23 Alderamin
    22. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Der “verfehlte Erklärungsansatz” ist das Standard-Gedankenexperiment, das auf Einstein selbst zurückgeht – Du hast doch ein Buch darüber geschrieben?

    Die Kritik im ersten Artikel kann ich nachvollziehen, ich bin noch am Grübeln, wie man es korrekter und trotzdem nachvollziehbar erklären kann. Aber hier?

    Es ist genau umgekehrt: nicht die Art der Gegenwart legt die Ereignisse fest, sondern die Ereignisse die Art der Gegenwart.

    Die Gegenwart ist nach gemeiner Definition der Zeitpunkt, wann Ereignisse überhaupt stattfinden. Ohne Gegenwart keine Ereignisse.

    Wie schon in Teil 1, wird nicht zwischen der physikalisch irrelevanten Nachricht über ein Ereignis und dessen physikalisch relevanten Verzeichnung in einem Koordinatensystem unterschieden.

    Lies nochmal, die Gegenwartsebene befindet sich bis auf einen Punkt komplett außerhalb des Lichtkegels, insofern wird sehr wohl zwischen der Signallaufzeit (wann das Ereignis auf der Weltlinie des Beobachters beobachtet wird) und der Verzeichnung im Koordinatensystem unterschieden. Das Ereignis ist im Zugbeispiel nicht die Blitzlichtlampe, sondern das Eintreffen der Wellenfront bei den Sensoren und das Aufleuchten der LEDs. Die Blitzlichtlampe dient lediglich zur Synchronisation der LEDs im bewegten System.

    “Ein vollkommen zufälliger … Kernzerfall … ist längst in Stein gemeißelt … .”

    Wenn ein raumartiger Abstand eines Ereignisses (des Kernzerfalls) dessen quantenmechanische Wahrscheinlichkeit aufheben würde, wäre das sehr bedeutsam. Eine neue Physik.

    Das ist eine Strohmannbehauptung, die nicht im Text steht. Tatsächlich im Text steht, dass im Blockuniversum jegliches Ereignis in jeder Entfernung schon feststeht. Die Zukunft ist hier ein Spiegel der Vergangenheit, die genauso feststeht und genau unserer bekannten Physik gehorcht hat, wie wir es für die Zukunft erwarten. In der Vergangenheit gibt es aber keine Wahrscheinlichkeiten von Quantenereignissen, weil sie schon eingetreten sind, sondern nur ihre Statistik, aus der wir Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten von zukünftigen Quantenereignissen ableiten. Statistik kann man auch an der feststehenden Ziffernfolge der Zahl Pi betreiben und etwa “voraussagen”, wieviele Folgen von drei Neunen wir in einem bestimmten Abschnitt der Nachkommastellen erwarten, obwohl die Ziffern “in Stein gemeißelt” sind. Und entsprechendes gilt für Vorhersagen einer determinierten Zukunft.

    Dass der freie Wille mit dem Determinismus des Universums nichts zu tun hat, hat Martin Bäker in seinem Blog ausführlich erörtert.

  24. #24 Peter Strohmayer
    22. März 2020

    @Jan #22

    Der Mangel der Erklärung zeigt sich beim Versuch, den Zeitunterschied zu berechnen.

    Zwei in der Mitte eines v=0,6c schnellen Zuges mit der Länge 2 ausgesendete und sich mit c=1 ausbreitende Signale erreichen die jeweils 1 entfernten Zugsenden nach einer Zeit von 1.

    Der Bahndammbeobachter soll die Signale mit der “Geschwindigkeit c sehen”. (Das kann er zwar nicht, weil man ein Photon nicht von der Seite beobachten kann. Es macht aber keinen Unterschied, wenn man stattdessen annimmt, er hätte beim Vorbeikommen des Zugsbeobachters selbst zwei eigene Lichtsignale mit c ausgesendet. Darauf baut meine Behauptung auf, man könnte – ohne den Kern der Erklärung zu ändern – auch materielle Botenstoffe mit einer von den Beobachtern gewählten gleichen Geschwindigkeit verwenden.)
    Aus der Sicht des Bahndammbeobachters würden die Lichtsignale das vordere Zugsende nach einer Zeit von t=1/(1-v)=2,5 und das hintere Zugsende nach einer Zeit von t=1/(1+v)=0,625 erreichen. (Beides stimmt mit der L-T nicht überein).

    Auch bei materiellen Botenstoffen, zB mit irgend einer gewählten konstanten Geschwindigkeit, zB 0,8, würden die Berechnung entsprechend aussehen und die Ereignisse des Ankommens an den Zugsenden nicht zur gleichen Zeit stattfinden.

    Nun wirst Du zu Recht einwenden (und hast es indirekt auch schon getan), dass es sich beim Ankommen der Signale des Zugsbeobachters und beim Ankommen der Signale des Bahndammbeobachters nicht um dieselben Ereignisse handeln würde. Dieser Einwand trifft aber auch auf die hier angenommenen Lichtsignale zu, wenn man die Länge des Zuges mit 2 gleich bleiben lässt! Warum sich aber der Zug aus Sicht des Bahndammbeobachters hier auf 1,6 zusammenziehen sollte, bleibt bei dem biederen Beispiel rätselhaft. Damit stimmt die Erklärung genau so wenig (bzw. bleibt genau oberflächlich) wie beim Beispiel mit den materiellen Botenstoffen.

  25. #25 Jan
    22. März 2020

    @Peter Strohmayer:
    Du ignorierst also meinen Kommentar vollständig. Dann sehe ich wenig Grund, mit deinem Kommentar nicht genauso zu verfahren.

  26. #26 Peter Strohmayer
    22. März 2020

    @Jan
    Meinst Du Deinen Satz “Wenn die ‘Botenstoffe’ sich nicht mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, ist das [die Aussendung gleich schneller materieller Signale] aber nie der Fall.”?

    Die Antwort ergibt sich aus dem Text. Ich kann es aber für Dich verdeutlichen. Warum soll es denn nicht möglich sein, dass jeder Beobachter aus seiner Sicht Materiepunkte mit derselben Koordinatengeschwindigkeit aussendet? Dasselbe passiert mit den Lichtsignalen. Das führt unter den Voraussetzungen der zur Rede stehenden Erklärung aber auch für die Lichtstrahlen dazu, dass die Ereignisse des Ankommens der Signale der Beobachter nicht identisch sind. Daher lassen sich die Ereignisse bezüglich ihrer allfälligen Gleichzeitigkeit nicht vergleichen.

  27. #27 Jan
    22. März 2020

    @Peter Strohmayer:
    Nein, ich meinte meinen gesamten Kommentar.

    Das führt unter den Voraussetzungen der zur Rede stehenden Erklärung aber auch für die Lichtstrahlen dazu, dass die Ereignisse des Ankommens der Signale der Beobachter nicht identisch sind.

    Das ist falsch.

    Versuchen wir es einmal anders:
    Man kann leicht eine Transformation angeben, bei der Längen kontrahiert werden, aber Gleichzeitigkeit erhalten bleibt.

    Und man kann ebenso leicht eine Transformation angeben, bei der Gleichzeitigkeit nicht erhalten bleibt, aber Längen nicht kontrahiert werden.

    Ergo: Die Längenkontraktion hat sehr wenig damit zu tun, dass Gleichzeitigkeit relativ ist.

  28. #28 Karl-Heinz
    22. März 2020

    @Jan

    Ich sage mal vereinfacht, Peter Strohmayer hat des Pudels Kern noch nicht begriffen.

    Beobachter A: im Zug
    Beobachter B: am Bahnsteig

    1) Worin sich Beobachter A und B einig sind ist, dass sich das Licht im jeweils eigenen Bezugssystem mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet.

    2) Gleichzeitigkeit:
    Beobachter A sendet in der Mitte des Zuges im gleichen Moment in beide Richtung (nach vorne und rückwärts) ein Lichtsignal aus, welches für Beobachter A gleichzeitig sowohl am Beginn (Eereignis E_vorne) als auch am Ende des Zuges (Ereignis E_hinten) eintreffen.

    3) Beobachter B am Bahnsteig sieht diese beiden Ereignisse nicht mehr gleichzeitig unter der Annahme, dass sich das Licht in seinem Bezugssystem ebenfalls mit c ausbreitet.

    4) Dass Peter Strohmayer nichts verstanden hat, sieht man auch daran, dass er meint man könnte anstatt Licht, welches sich immer mit c ausbreitet, auch Materieteilchen dessen Geschwindigkeit kleiner als c ist verwenden. Das mit den Materieteilchen würde rein rechnerisch nur dann das richtige Ergebnis liefern, wenn man die Geschwindigkeiten relativistisch addiert.

  29. #29 Joseph Kuhn
    Gerade eben noch hier und jetzt, und jetzt schon wieder
    22. März 2020

    @ Jolly

    Das Buch von Nagel heißt “The view from Nowhere”, es gibt es auch auf Deutsch unter dem Titel “Der Blick von nirgendwo”. Ein recht berühmtes Buch. Darin diskutiert Nagel, wie unsere subjektive Perspektive mit einer objektiven Betrachtung der Welt zusammenzubringen ist – gewissermaßen sein Lebensthema. Er hat seinen Buchtitel richtig geschrieben. 😉

    @ Alderamin:

    Bin gespannt auf die nächste Folge, obwohl ich davon ausgehe, dass auch du keinen Weg gefunden hast, Fehler durch Zeitreisen rückgängig zu machen. Dabei wäre das wirklich hilfreich – je älter man wird, desto mehr.

  30. #30 Karl-Heinz
    22. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Die Defizite der Erklärung sind in den Skizzen mit dem Zug daran zu erkennen, dass die Länge des Zuges aus Sicht des Herrn am Bahndamm gleich bleibt. Das ist keine zulässige Vereinfachung der Erklärung durch Weglassen von nicht unbedingt Notwendigem, sondern sie blendet einen entscheidenden Punkt aus. Ohne Verkürzung der Länge des bewegten Zuges ist ein Auseinanderfallen der Gleichzeitigkeit undenkbar.

    Natürlich erscheint der Zug dem Beobachter B am Bahnsteig verkürzt.
    Aber selbst wenn man die Verkürzung nicht berücksichtigt, kann man erkennen, dass die beiden Ereignisse, die Beobachter A im Zug wahrnimmt für ihn gleichzeitig sind, aber für Beobachter B am Bahnsteig finden diese beiden Ereignisse nicht mehr gleichzeitig statt. Und bitte unbedingt Licht für den Versuch verwenden und keine Materieteilchen.

    Warum?

    Worin sich Beobachter A und B einig sind ist, dass sich das Licht im jeweils eigenen Bezugssystem mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet.

  31. #31 Peter Strohmayer
    22. März 2020

    @Karl-Heinz #28
    Du unterstellst mir zu Unrecht, ich würde statt Licht Materieteilchen verwenden wollen, um die SRT zu erklären.
    Ich sage, dass selbst die Verwendung von Licht bei dieser Erklärung zu einem Widerspruch führt, der der Verwendung gleich schneller Materieteilchen entspricht. Die gleich bleibende Länge des Zuges verhindert auch bei Licht, dass es sich bei dem, was der Herr im Zug beobachtet, und dem, was der Herr am Bahndamm beobachten, um idente Ereignisse handelt.
    Dass man angeblich “das gleiche Photon” beobachtet, beweist nicht, dass es sich um idente Ereignisse handelt, denn man kann ein Photon nicht von der Seite beobachten. Es ändert aber nichts am Gedankenexperiment, wenn man beide Beobachter entsprechende Lichtsignale aussenden lässt. Bei Berechnung der Ausbreitung dieser Lichtsignale stellt sich sowohl nach newtonscher Mechanik als auch nach relativistischer Mechanik heraus, dass es sich – bei dieser Länge des Zugs – nicht um für beide Beobachter idente Ereignisse handeln kann. Dies auch dann, wenn – worauf Du so großen Wert legst – sich beide Beobachter darüber einig sind, dass ihre Photonen mit c unterwegs sind. Damit ist in der Erklärung ein grundlegender “Wurm” drinnen. Sie ist nicht nur “ein wenig falsch”, sie ist im Ansatz falsch. Auf dieser Basis kann man nicht hoffen, die Frage, was ist Zeit, zu beantworten (und natürlich nicht die, warum “natürlich der Zug dem Beobachter B am Bahnsteig verkürzt” erscheint).
    PS: Selbst wenn man die Geschwindigkeit der Materieteilchen relativistisch addiert, kommt bei dieser Länge des Zugs nicht das richtige Ergebnis heraus.
    PPS: Nicht vergessen: wir diskutieren aus reinem Vergnügen.

  32. #32 Karl-Heinz
    22. März 2020

    @Peter Strohmayer

    PPS: Nicht vergessen: wir diskutieren aus reinem Vergnügen.

    Kein Problem. Ich weiß, dass ab und zu meine Wortwahl daneben ist.

    So jetzt zu meiner Frage. Wann sprechen Beobachter A und Beobachter B vom selben Ereignis E?

  33. #33 Peter Strohmayer
    23. März 2020

    @Karl-Heinz

    Respekt. Man muss die richtigen Fragen stellen. Und das ist eine wirklich kluge Frage.

  34. #34 hto
    23. März 2020

    @Alderamin #23

    Ja, der Freie Wille hat mit dem holographischen Universum erst dann zu tun, wenn Mensch über die volle Kraft des Geistes/Zentralbewusstseins verfügen kann, um die “Matrix” eigenverantwortlich zu verändern.

  35. #35 hto
    23. März 2020

    “Was ist Zeit?” – Viel wichtiger ist wohl die Frage: Wie, bzw. wirkt Zeit??

    Je länger diese das System des “freiheitlichen” Wettbewerbs schädigende Coronavirus-Krise dauert, desto größer wird Chance, dass Mensch erkennt, wie er besser/gesünder OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik “Wer soll das bezahlen?” und “Arbeit macht frei” wirklich-wahrhaftig zusammenlebt.

  36. #36 Karl-Heinz
    23. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Meine Frage an dich. Warum erscheint uns die Länge des bewegten Zuges verkürzt?

  37. #37 Jan
    23. März 2020

    Ein weiteres Indiz dafür, dass die Längenkontraktion nicht entscheidend ist für die Relativität der Gleichzeitigkeit: Im nichtrelativistischen Limit geht die Längenkontraktion quadratisch (in β) gegen 1, die zeitliche Differenz der beiden Ereignisse aus Sicht des Beobachters am Bahndamm geht aber linear gegen 0.

  38. #38 Karl-Heinz
    23. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Und weißt du eine Antwort auf meine Frage?
    Warum erscheint uns die Länge des bewegten Zuges verkürzt?

  39. #39 Karl-Heinz
    23. März 2020

    upps .. Frage geht an Jan

    @Jan

    Und weißt du eine Antwort auf meine Frage?
    Warum erscheint uns die Länge des bewegten Zuges verkürzt?

  40. #40 Jan
    23. März 2020

    @Karl-Heinz:
    Findest du die üblichen Erklärungen, die man in Lehrbüchern oder der populärwissenschaftlichen Literatur findet, nicht überzeugend?

  41. #41 Karl-Heinz
    23. März 2020

    @Jan

    Doch. Danke für den Hinweis.

  42. #42 Jan
    23. März 2020

    @Karl-Heinz:
    Solche “warum”-Fragen finde ich problematisch, wenn nicht klar gemacht wird, was man als gegeben voraussetzt. Wenn man z.B. die Lorentz-Transformation als gegeben voraussetzt, dann folgt die Längenkontraktion direkt durch Einsetzen. Wenn man nur die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und die Äquivalenz von zueinander gleichförmig bewegten Inertialsystemen als gegeben voraussetzt, braucht es ein bisschen mehr Arbeit.

    Ziemlich einfach erhält man die Längenkontraktion, wenn man die Invarianz des Raumzeit-Abstands und die Relativität der Gleichzeitigkeit (passend zum eigentlichen Thema) als gegeben voraussetzt: Sei L0 die Ruhelänge des Zugs und L die vom Beobachter am Bahnsteig gemessene Länge. Wir suchen uns zwei Ereignisse, eins am Anfang des Zugs das andere am Ende, die aus Sicht des Beobachters am Bahnsteig gleichzeitig sind. Ihr Raumzeit-Abstand ist dann c² 0² – L² = -L². Aus Sicht des Beobachters im Zug sind diese Ereignisse nicht gleichzeitig, ihr zeitlicher Abstand sei Δt ≠ 0, ihr räumlicher Abstand ist L0, also ist ihr Raumzeit-Abstand c² (Δt)^2 – L0^2. Da der Raumzeit-Abstand invariant ist, folgt -L² = c² (Δt)^2 – L0^2, und damit L < L0.

    (Jetzt könnte man sich noch überlegen, warum das kein Widerspruch zu meinem Kommentar #27 ist; das lasse ich mal als “Übungsaufgabe für den Leser”.)

  43. #43 Karl-Heinz
    23. März 2020

    @Jan

    Ich kann mich noch dunkel an ein Beispiel erinnern.

    Darin ging es um einen Zug, der länger war als der Tunnel. Die Frage war, ob der Zug im Tunnel Platz finde würde, wenn beide Tore gleichzeitig sehr schnell geschlossen und wieder geöffnet werden. Die überraschende Antwort war JA, wenn sich der Zug genügend schnell bewegt. Durch die Relativität der Gleichzeitigkeit schließen und öffnen sich aus Sicht des Zuges die vorderen und hinteren Tore zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Der Zug kommt also ungeschoren durch den Tunnel und nichts wird vom Zug abgezwickt, obwohl er Länger als der Tunnel ist.
    Die Relativität der Gleichzeitigkeit führt dazu, dass wir den Zug kürzer sehen.

  44. #44 Peter Strohmayer
    23. März 2020

    @Jan #27 (“Die Längenkontraktion hat sehr wenig damit zu tun, dass Gleichzeitigkeit relativ ist.”)
    Längenkontraktion und Auseinanderfallen der Gleichzeitigkeit haben alles, wirklich alles, miteinander zu tun. Sie sind zwei Seiten derselben Medaille. Sie sind – in der jeweiligen Dimension – eigentlich dasselbe (mit dem Begriff der Raumzeit ist das ein- für allemal klargestellt).

    @Karl Heinz #32 (“Wann sprechen Beobachter A und Beobachter B vom selben Ereignis E?”).
    Um dasselbe (von den Beobachtern entfernte) Ereignis handelt es sich für zwei zueinander bewegte Beobachter im gegebenen Zusammenhang nur dann, wenn zwei sich gemeinsam ausbreitende Signalfronten von Licht, das die Beobachter bei ihrer Begegnung bei Ursprungsdeckung ihrer Koordinatensysteme) in die gleiche Richtung entlang ihrer Bewegungsachse ausgesendet haben, beim Zugsende ankommen.

    Ich behaupte, dass uns eine andere Möglichkeit, die Identität zu beweisen, nicht zur Verfügung steht, insbesondere nicht zB das Herumrechnen mit newtonscher Mechanik.

    Jeder Beobachter kann im Prinzip durch Reflektion seines Lichtstrahls und Halbierung der Laufzeit feststellen, wann und wo das Ereignis stattgefunden hat (im Koordinatensystem verzeichnet werden kann), obwohl keiner bei dem Ereignis dabei war.
    Dasselbe gilt für zwei koordinierte Lichtstrahlen in die Gegenrichtung.
    Für das richtige Verhältnis der Länge der Ausbreitung dieser Lichtstrahlen des einen Beobachters zu denen des anderen gibt es nur eine mögliche Lösung, die Lorentz-Transformation. Die Ableitung dieser Lösung aus Grundsätzen abseits von newtonscher Mechanik, Metern, Sekunden, 300000 km/s usw vermittelt eine ziemlich gute Vorstellung über das Wesen von Zeit und Raum.

    @Karl Heinz #36 (“Warum erscheint uns die Länge des bewegten Zuges verkürzt?”).
    Es ist nicht leicht, in ein paar Zeilen zu erklären, worüber tausende Bücher geschrieben wurden, aber Du forderst mich heraus:
    Der Zugsbeobachter rechnet im genannten Beispiel die von ihm gemessenen Längen der Ausbreitung seiner beiden Lichtstrahlen zusammen und erhält die Ruhelänge seines Zuges.
    Der Bahndammbeobachter muss die Länge des Zuges aus den von ihm gemessenen Längen der Ausbreitung seiner beiden Lichtstrahlen unter Berücksichtigung der Relativgeschwindigkeit des Zuges errechnen (Fahrplanaufgabe). Dabei stellt sich heraus, dass der Zug (die “bewegte Länge”) kürzer ist.

    Der Grund dafür liegt darin, dass ein räumlicher Abstand zwischen zwei Ereignissen und ein zeitlicher Abstand zwischen zwei Ereignissen für verschieden bewegte Beobachter unterschiedlich sein muss. Bei den beiden Ereignissen “Aussenden der Lichtstrahlen” und “Ankommen an einem der Zugsenden” muss die Ausbreitung der beiden koordinierten Lichtstrahlen der Beobachter – und damit der zeitliche und auch der räumliche Abstand der Ereignisse – verschieden lang sein, weil sich zwar die beiden Signalfronten ihrer Lichtstrahlen inzident beim Ereignis befinden, die Beobachter sich aber mittlerweile voneinander entfernt haben. Daher können sie niemals dieselbe Länge der Ausbreitung ihrer Lichtstrahlen messen.

    Dasselbe gilt für die Ausbreitung der beiden koordinierten Lichtstrahlen in einander entgegengesetzte Richtungen. Die Summe dieser Längen der Ausbreitung der beiden Lichtstrahlen eines Beobachters ist der räumliche Abstand der Ereignisse, Ihre Differenz ist der zeitliche Abstand der Ereignisse (bei Null herrscht zB für den betreffenden Beobachter Gleichzeitigkeit). Diese Summen müssen bei zueinander bewegten Beobachtern ebenfalls verschieden sein (nur das raumzeitliche Abstandsquadrat bleibt gleich).

    @Jan #42
    “… braucht es ein bisschen mehr Arbeit”. Das ist auch meine Erfahrung.

  45. #45 Frank Wappler
    23. März 2020

    Alderamin schrieb (21. März 2020):
    > […] Einsteins Gedankenexperiment dazu sieht wie folgt aus: man denke sich einen Zug, der mit sehr hoher Geschwindigkeit durch einen Bahnhof fährt.

    Der Zug (bzw. ein Waggon, der insbesondere zwei identifizierbare und gegenüber einander ruhende Enden hat) und der Bahnhof (bzw. der Bahnsteig, der insbesondere zwei identifizierbare und gegenüber einander ruhende Enden hat) bewegen sich also gegenüber einander; mit gegenseitig gleichem Geschwindigkeits-Betrag.

    > In dem Zug befindet sich in der Mitte eines Waggons eine Blitzlichtlampe und zwei Fotozellen an den Waggonenden

    Diese Versuchsanordnung ähnelt auch (bzw. vor allem) einem (zuerst womöglich) von D. F. Comstock 1910 beschriebenen Gedankenexperiment. (Vgl. mit dem womöglich bekannteren Gedankenexperiment Einsteins, 1916/17.)

    > Da sich der Zugpassagier

    … wohl jeder Bestandteil des Zuges …

    > gemäß der Relativitätstheorie in Ruhe verharrend wähnen kann

    … jedenfalls ist anzunehmen, dass alle Bestandteile des Zuges unbeschleunigt sind und bleiben; und alle Bestandteile des Bahnhofs ebenso …

    > und das Licht sich demgemäß aus seiner Sicht symmetrisch von der Lampe ausbreitet,

    … jedenfalls ist sicherlich Symmetrie dahingehend gefordert, dass Blitzlichtlampe hinsichtlich jeder ihrer Blitz- bzw. Signalanzeigen die entsprechenden allerersten Echo- bzw. Reflexionsanzeigen der beiden Waggonenden/Fotozellen wiederum koinzident (d.h. zusammen) wahrnahm.
    Die Erfüllung dieser Symmetrie-Forderung ist ein Kriterium zur Identifikation der Blitzlichtlampe als “Mitte (zwischen)” den Waggonenden/Fotozellen
    (und auch ein Kriterium zur Feststellung der beiden Waggonenden/Fotozellen als “gegenüber einander ruhend”).

    > erreicht der Blitz, nachdem er ausgelöst wurde, die beiden gleich weit entfernten Sensoren an den Waggonenden gleichzeitig.

    Entsprechend der Defnition von “Gleichzeitigkeit” nach Einstein (1916/17) bzw. Comstock (1910).

    > Zwei durch die Sensoren ausgelöste Signallampen könnten dann gleichzeitig für ihn aufblinken; ihr Licht legt den gleichen Weg in der gleichen Zeit zum Beobachter zurück wie der Lichtblitz zuvor, nur in umgekehrter Richtung.

    Entsprechend der o.g. Symmetrie-Forderung; zusammen mit:

    – der chronometrischen Definition von “Weg” bzw. von “Distanz” zwischen der Blitzlichtlampe und jedem (gegenüber der Blitzlichtlampe ruhenden) Waggonende als “c/2 Ping-Dauer” und

    – der passenden (naheliegenden) Definition von “Zeit” bzw. von “Belegungsdauer der Signalstrecke”.

    Aus der anschließenden Definition von “Geschwindigkeit (bzgl. eines Systems gegenüber einander ruhender Beteiligter” als Verhältnis aus

    – “Distanz (zwischen den beiden gegenüber einander ruhenden Enden der Signal- bzw. Reisestrecke)” und
    – “Belegungsdauer (der Signal- bzw. Reisestrecke), durch das betreffende Signal bzw. durch den betreffenden Reisenden”,

    ergibt sich bei ausdrücklicher Berücksichtigung der Signalfront des Blitzlichtsignals dessen Ausbreitungsgeschwindigkeit (bzgl. der gegenüber einander ruhenden Bestandteile des Waggons) übrigens als der wert: “c”, d.h. “Signalfront-Geschwindigkeit”.

    > Ein Beobachter auf dem Bahnsteig sähe aber etwas völlig anderes.

    ??? — Das oben Beschriebene ist doch zumindest im Prinzip für jeden wahrnehmbar:

    – die Blitzlichtlampe stellte (jeweils) eine bestimmte Anzeige dar,

    – jede der beiden Waggonenden/Fotozellen/Signallampen zeigte jeweils an, dass sie die Blitzlichtlampen-Anzeige wahrgenommen hatte, und

    – die Blitzlichtlampe nahm diese beiden Reflexions-Anzeigen der Waggonenden/Fotozellen/Signallampen koinzident wahr (und zeigte das demnach wiederum an).

    > Das Licht breitet sich für ihn ebenfalls mit der gewohnten Geschwindigkeit in Fahrtrichtung und gegen die Fahrtrichtung des Zuges aus, ohne dass die Geschwindigkeit des Zuges darauf irgend einen Einfluss haben könnte.

    Selbstverständlich können auch die Bestandteile des Bahnsteigs (insbesondere seine beiden Enden) Distanzen untereinander, und Dauern untereinander, und Geschwindigkeiten (z.B. von Signalfronten) ermitteln.
    Und sicherlich ist/trägt keine der beiden o.g. Waggonenden/Fotozellen/Signallampen die Signalfront der Blitzlichtlampen-Anzeige(n), sonst hätten sie (i.A.) gar nicht messen können, dass sich (durchwegs) gegenüber einander ruhten.

    > Das Licht, das sich zum vorderen Waggonende bewegt, muss diesem jedoch hinterher eilen und erreicht es verspätet. Das hintere Waggonende bewegt sich hingegen auf die Lichtquelle zu und verkürzt die Lichtlaufstrecke, so dass es früher getroffen wird.

    Diese Beurteilungen (“verspätet” bzw. “früher”) beziehen sich aber nicht auf die beschriebene Gleichzeitigkeits-Beziehung der Reflexions-Anzeigen der beiden Waggonenden/Fotozellen/Signallampen, sondern die Gleichzeitigkeits-Beziehung zwischen Anzeigen zweier bestimmter (geeigneter) Bestandteile des Bahnsteigs; nämlich:

    – ein Bahnsteigs-Bestandteil (nennen wir ihn: A), dessen Passage das “vordere Waggonende” koinzident mit der Blitzlichtlampen-Anzeige wahrnahm, und

    – ein Bahnsteigs-Bestandteil (nennen wir ihn: B), dessen Passage das “hintere Waggonende” koinzident mit der Blitzlichtlampen-Anzeige wahrnahm.

    Und noch ein weiterer bestimmter Bestandteil des Bahnsteigs ist in Betracht zu ziehen, nämlich:

    – ein Bahnsteigs-Bestandteil (nennen wir ihn: X), dessen Passage die Blitzlichtlampe koinzident damit wahrnahm, dass sie selbst “blitzte”.

    Das Distanzverhältnis zwischen A, B und X ist (selbstverständlich) unsymmetrisch:
    (AX / AB) ≠ (BX / AB).

    > Keinesfalls erscheint dem Beobachter am Bahnsteig also, dass die Signallampen gleichzeitig auslösen,

    ??? — “Gleichzeitigkeit” (bzw. “Ungleichzeitigkeit”) wird (jedenfalls in der RT) nicht nach “Erscheinen” beurteilt, sondern in Auswertung der Einstein-Comstockschen Definition für gegebene Beobachtungsdaten.

    > sondern die am hinteren Waggonende wird vor der am vorderen Ende auslösen.

    Nein: Die Echo/Reflexions/Auslöseanzeigen der beiden Waggonenden/Fotozellen/Signallampen sind und bleiben im beschriebenen Gedankenexperiment entsprechend Definition gleichzeitig.

    Aber: Die beiden o.g. Waggonenden-Passage-Anzeigen der Bahnsteigs-Bestandteile A bzw. B sind dagegen ungleichzeitig
    (was zu zeigen insbesondere noch einen geeigneten weiteren Bahnsteigs-Bestandteil involviert, der als “Mitte zwischen” A und B festgestellt würde).

  46. #46 Thorsten Robert Müller
    Königstein
    23. März 2020

    Wenn man ganz genau hinschaut sieht man das Tizian nicht den betrachter anschaut sondern er schaut nach Links, der Löwe schaut nach Rechts. Also gibt Tizian bis heute dem betrachter der im Mittelpunkt des Dreiecks Stünde immer die Gegenwart das Gemälde wirkt also bis Heute in einem Zeitgemässen kontext, was Tizian mir als Hochgeistigen Intellektuellen ineraktiven Menschen zeigt. Der bis heute mit seinem Gemälde unsere Gegenwart beeinflusst. Fantasitisch.

    Zeichnet man übrigends die Blicke nach, ergibt sich ein Triangulation, oder auch ein Dreieck nach einer meiner Theoretischen Logischen Abhandlungen, besteht das Raum Zeit Gefüge auch aus drei Zeit Dimensionen. Ich denke das in der Zukunft wesentlich mehr an Masse Materie sein muss als in der Vergangenheit die ist irgendwie zu kurz, ich habe diese Drei weißen schläuche in Fluktuationen diffuser Natur, in nun 46 wiederholten Gedanken Experimenten gesehen diese habe ich weiter entwickelt mit der Fernwahrnemung. Ich habe das Museum in England angeschrieben, schon vor 8 Jahren, und gefragt warum das Gemälde nach 500 immer noch Explizit Falsch Interpretiert und oder Falsch dargestellt würde. Die Spacken haben natürlich um, ihr Gesicht nicht zu verlieren nicht Reagiert.

    Egal diese Konversation und oder dieser Monolog, bringt mir nichts Wissen Sie ich beschäftige mich mit einer Quanten Matrix, und mit Tele-Photonen-Portationen. Oder mit meinen 1456 Gedanken Experimenten. Und ganz Vorsichtig, letzte woche hat mich die Gesamte Harvard University erst mal auf meine Legasthenie Reduziert, und mir dann Kopieren Unterstellt ich habe alle Komollitonen der Harvard University dann heraus gefordert Öffentlich, ein Thema auszu wählen und mir zu schicken ich würde es in 54 Minuten komplett in Theoretischer Logik abhandeln. Klar die Raten was schicken Sie mirdie Metaphysik ich habe alle Neuen Zeit gemässen Deffinitionen Unterzogen. Seit dem schreiben mich Mark Zuckerberg immer wieder an, oder Bill Gates und wollen das ich für Sie Arbeite. In Twitter habe ich 1500000 Millionen Leser bei nur 10000 Followeren das ist so Geil. Gestern Nacht habe ich Black Holes immer weiter gedacht, ich verstehe nur komplizierte Dinge und Liebe über Alles mein Chaos.

    Die Komollitonen von Harvard Bezahlen 360000 Dollar für was den das ich ihnen die Metaphysik Definiere.

    Ega, schönen Tag wünsche ich.

    Ein Zitat zum ende habe ich gestern geschrieben.

    OHNE PHOTONEN
    HAT DIE REALITÄT
    KEINE ZEIT
    ZU EXISTIEREN.

    God Bye

  47. #47 Karl-Heinz
    23. März 2020

    @Peter Strohmayer

    @Karl Heinz #32 (“Wann sprechen Beobachter A und Beobachter B vom selben Ereignis E?”).
    Um dasselbe (von den Beobachtern entfernte) Ereignis handelt es sich für zwei zueinander bewegte Beobachter im gegebenen Zusammenhang nur dann, wenn zwei sich gemeinsam ausbreitende Signalfronten von Licht, das die Beobachter bei ihrer Begegnung bei Ursprungsdeckung ihrer Koordinatensysteme) in die gleiche Richtung entlang ihrer Bewegungsachse ausgesendet haben, beim Zugsende ankommen.

    Es ist ein bisschen einfacher, als man zunächst vermutet.

    a) Ein Freund sitzt neben mir. Auf einmal schlägt unmittelbar neben uns ein Blitz ein. Mein Freund und ich nehmen den Einschlag des Blitzes als Ereignis E_Blitzeinschlag war.

    b) Ein Freund fährt mit seinem Fahrrad neben mir vorbei als unmittelbar neben uns ein Blitz einschlägt. Mein Freund und ich nehmen den Einschlag des Blitzes als Ereignis E_Blitzeinschlag war.

    Ein Beobachter kann jederzeit problemlos erkennen, ob in seiner unmittelbaren Umgebung zwei Ereignisse gleichzeitig stattfinden oder nicht.

    Wie sieht das ganze aber aus, wenn der Beobachter B weiter weg ist und zudem sich relativ zu mir auch noch bewegt?

    c) In diesem Fall hat Beobachter B über den ganzen Raum Sub-Beobachter (synchronisierte Uhren) verteilt, die sich mit dem Beobachter B mit bewegen. Einer dieser Subbeobachter befindet sich immer in der Nähe von mir und nimmt, falls in diesem Augenblick ein Blitz einschlägt, dieses Ereignis E_Blitzeinschlag auf. Dieses Ereignis E_Blitzeinschlag wird der Subbeobachter den Beobachter B übermitteln. Dass Beobachter B nicht instant von dem Ereignis E_Blitzeinschlag Kenntnis erhalten kann, versteht sich von selbst.

    Welche Daten muss der Subbeobachter dem Beobachter B übermitteln?
    Auch das ist sehr simple. Seine Zeit sowie seine Position beim Einschlag relativ zum Beobachter B.

    Wichtig dabei ist, dass die Messungen in allen Inertialsystemen unmittelbar am Ort der Ereignisse mittels synchronisierter Uhren durchgeführt werden.

  48. #48 Karl-Heinz
    23. März 2020

    @Peter Strohmayer

    ad #47

    Natürlich habe auch ich im ganzen Raum Subbeobachter verteilt, um entfernte Ereignisse messen zu können. 😉

  49. #49 Karl-Heinz
    23. März 2020

    @Alderamin

    Wenn also für den bewegten Beobachter Ereignisse in Raumzeitpunkten real und fest bestimmt sind, die es für den ruhenden Beobachter noch nicht sind, dann platzt die Blase des Präsentismus. Für jedes zukünftige oder vergangene Ereignis wird sich ein bewegtes Inertialsystem und ein Ort finden, aus deren Sicht das Ereignis gerade jetzt passiert. Das heißt in aller Konsequenz allerdings nichts anderes, als dass die Zukunft schon feststeht und die Vergangenheit noch nicht verflogen ist.

    Alles in Stein gemeißelt?
    Kann ich jetzt so richtig nicht nachvollziehen. Das sind ja alles Ereignisse, die sehr weit entfernt sind. Abgesehen davon, dass ich meine Sub-Beobachter andauernd ermahne, die Messungen zügig mir zu überliefern, damit ich auch die weit entfernte Wirklichkeit zusammensetzen kann.

  50. #50 Peter Strohmayer
    23. März 2020

    @Karl-Heinz #47
    Du hast insofern Recht, als in den synchronisierten Uhren (Subbeobachtern) im Gitternetz eines Koordinatensystems die Prozedur der Aussendung einer Signalfront steckt, mit der diese Uhren synchronisiert wurden. Wenn sich zwei dieser Gitternetze aneinander vorbei bewegen, so weichen die Anzeigen zweier Uhren, die sich begegnen, in gleicher Weise voneinander ab, wie bei den genannten koordinierten Lichtstrahlen.

    Die Identitätsprüfung von Ereignissen ist daher nicht “ein bisschen einfacher”, sondern genau dasselbe. (Praktisch durchführbar ist ohnehin nur die Berechnung mit L-T).

  51. #51 Karl-Heinz
    23. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Deine Vorgehensweise muss ich mir erst angucken. Schade dass in deinem Skript so wenig Zeichnungen sind. Ich bin eher der visuelle Typ. 😉

  52. #52 JoselB
    23. März 2020

    Ich habe hier mal eine Frage, die leicht off-Topic ist. Ich hoffe, dass ein Mitleser mit besserem Physikverständnis und besserem Überblick über die Theorienlandschaft mir sagen kann, ob es ernsthafte Ansätze in die Richtung gibt. Ich gehe davon aus, dass ich keine Einfälle habe, die nicht jemand anderes mit mehr Ahnung auch schon hatte, es sei denn ich habe irgendwo einen gewaltigen Fehler in meinem Verständnis. Was ich aber nicht hoffe.

    So weit ich das verstehe, geht die Wellenfunktion eines Ereignisses nicht nur in Richtung Zukunft sondern auch in Richtung Vergangenheit, bzw. löscht sich dort durch Überlagerung mit der Funktion der “Ursache” des Ereignisses aus. Was aber heißen müsste, dass die Ausbreitung in Richtung Vergangenheit dann in der Ursache zu suchen ist. Wenn jetzt ein Quant z.B. durch einen Filter in einen bestimmten Zustand gezwungen wird, so müsste die Funktion in Richtung Vergangenheit eine Überlagerung aus dem resultierenden Zustand nach dem Filter sowie dem zukünftigen Zustand des Filters selbst sein. Wenn jetzt diese Welle in der Vergangenheit selbst in einer Verschränkung mit einem anderen Teilchen “entstanden ist”, so müsste doch das andere Teilchen der Verschränkung eine Überlagerung aus dem Ursprungszustand der Verschränkung und der Zukunft des Filters und dem Zustand nach dem Filter sein.

    D.h. was man als scheinbare Fernwirkung sieht, wäre die Ausbreitung der Wellenfunktion in die Vergangenheit und quasi Spiegelung am Verschränkungsereignis in die Zukunft des anderen Teilchens und umgekehrt. Dabei frage ich mich wie dann der reale Zustand aussieht, weil man die Wellenfunktion ja nur in eine Richtung rechnet und man theoretisch zwei Funktionen hat, die einerseits den selben Sachverhalt beschreiben (die Übertragung des einen Quants) aber dabei trotzdem unterschiedlichen Inhalt haben (also sich irgendwo ergänzen). Jetzt mal komplett ohne Verständnis daher phantasiert: kann es sein, dass diese Kombination aus Informationsübertragung Richtung Zukunft und Vergangenheit den Kollaps der Wellenfunktion erklärt? Und: mit mehreren solchen Spiegelungen gibt es ja eine Wirkung die nach außerhalb des Lichtkonus gehen kann. Ich nehme an, die Informationsübertragung kann trotzdem nicht möglich sein, weil man einerseits den Kollaps selbst berechnen müsste (also mehr Wissen bräuchte, als eine Messung ergeben kann) und andererseits die Spiegelungen diese Wirkung dominieren und man damit Informationen außerhalb des Lichtkonus berücksichtigen müsste (also den Zustand der Speigelungsereignisse) um Informationen von außerhalb des Lichtkonus zu errechnen.
    Ich hoffe, das war nicht zu wirr und jemand kann mir sagen, ob es Theorien in diese Richtung gibt bzw. wo mein Denkfehler liegt. Vielen Dank!

  53. #53 Karl-Heinz
    24. März 2020

    @JoselB

    Ich hoffe du rächst dich nicht, indem du uns mit Scheinsätze in #52 veräppelst.

    Unter einem sinnlosen Satz („Scheinsatz“) versteht man eine Wortreihe, „ die […] gar keinen Satz bildet “. Sie besitzt zwar die grammatikalische Form wie ein sinnvoller Satz, drückt jedoch „ weder einen bestehenden noch einen nicht bestehenden Sachverhalt “ aus.

    Wie gesagt, das ist meine Meinung zu deiner Frage.

  54. #54 JoselB
    24. März 2020

    @Karl-Heinz: Vielen Dank für das Lektorat! Dann formuliere ich mal den letzten Satz zur Frage um:

    Kann mir jemand sagen, ob es Theorien in diese Richtung gibt, wo ich einen gravierenden Denkfehler gemacht habe oder ob meine Ausführung zu wirr war um nachvollzogen zu werden?

    P.S.: Wofür sollte ich mich eigentlich rächen?

  55. #55 JoselB
    24. März 2020

    Ich vermute mal, dass die Tatsache, dass als erstes das Fehlen der angekündigten Frage kritisiert wurde, bedeutet, dass meine Ausführung zu umfangreich und wirr war…

  56. #56 Karl-Heinz
    24. März 2020

    @JoselB

    Achso, …
    Ich kenne mich auf diesem Gebiet leider zu wenig aus. 😉

  57. #57 JoselB
    24. März 2020

    So, nachdem ich jetzt einige Kommentare aus älteren Threads nachgelesen habe, kann ich die Frage auch selbst beantworten: Es scheint Überlegungen in die Richtung zu geben und das unter dem Namen Superdeterminism, zumindest interpretiere ich einen von Quanteder verlinkten Artikel von Sabine Hossenfelder & Tim Palmer entsprechend ( https://nautil.us/issue/83/intelligence/how-to-make-sense-of-quantum-physics ). Vor allem weil die dort gezogenen Schlüsse im großen den meinen entsprechen (dass das Blockuniversum durch Interaktion der Partikel in eine eingeschränkte Konfiguration gezwungen wird, die prinzipiell deterministisch sein müsste aber dadurch jede Interaktion auch Informationen von außerhalb des Lichtkegels berücksichtigt.)

  58. #58 Frank Wappler
    24. März 2020

    Alderamin schrieb (21. März 2020):
    > Die tägliche Erfahrung lehrt uns: was vorbei ist, ist vorbei. […]
    > Die Gegenwartsebene [eines] von uns entfernten Beobachters kann unseren Lichtkonus durchaus durchschneiden.

    Ja: eine gegebene ausnahmslos raumartige (Raumzeit-Hyper-)Fläche und der Licht- (bzw. Signalfront-) (Hyper-)(Doppel-)Kegel eines/jedes Ereignisses, das nicht zur gegebenen (ausnahmslos raumartigen Raumzeit-Hyper-)Fläche gehört, haben generell viele Ereignisse gemeinsam.
    Und deren Gesamtheit bildet jeweils eine ausnahmslos raumartige (Raumzeit-Hyper-)Kegelschnittlinie.

    Und eine solche kann definitionsgemäß keine zwei Ereignisse enthalten, die zu den verschiedenen “Hälften” des Licht- (bzw. Signalfront-) (Hyper-)(Doppel-)Kegels irgendeines Ereignisses gehörten (d.h. eines zum “Vergangenheits-Kegel” und das andere zum “Zukunfts-Kegel”).

    Von allem, was an jemandem vorbei ist (also dermaßen wirklich vorbei, dass “es zu dessen Vergangenheits-Lichtkegel gehört”), wird im erfahrungsgemäßen Sinne deshalb niemand behaupten können, dass es an demjenigen noch gar nicht wirklich vorbei gewesen sei.

    > Ein hinreichend weit entfernter Beobachter hat Ereignisse in seiner Gegenwart, die für uns noch lange bevor stehen und die wir für bisher vollkommen unbestimmt halten, auf die wir noch einen Einfluss zu haben glauben.

    Chronologischer:
    Ein hinreichend weit entfernter Beobachter wird feststellen können, dass er Ereignisse in seiner damaligen Gegenwart hatte, die vorher für uns noch lange bevorstanden und beeinflussbar gewesen waren, und auf die er damals (und auch schon ein wenig vorher) keinen Einfluss mehr hatte.

  59. #59 Karl-Heinz
    24. März 2020

    @JoselB

    Warum haust dich net mit dem Franky auf ein Packerl? 😉

  60. #60 Alderamin
    24. März 2020

    @Joseph Kuhn

    Bin gespannt auf die nächste Folge, obwohl ich davon ausgehe, dass auch du keinen Weg gefunden hast, Fehler durch Zeitreisen rückgängig zu machen.

    Ach, es ist alles noch schlimmer. Viel schlimmer, als ich bisher dachte. Auf geht’s an den 3. Teil…

  61. #61 Peter Strohmayer
    26. März 2020

    Wikipedia: Ein Präsentist vertritt die These, dass nur gegenwärtige Objekte und Ereignisse existieren. Vergangenem und Zukünftigem kommt keine reale Existenz zu. (…) Eine Gegenthese ist … die These eines Blockuniversums (alle Ereignisse existieren in einer vierdimensionalen Raumzeit absolut und Relationen von früher und später sind nur subjektiven Perspektiven geschuldet).
    Aldemarin: “… aber da die Gegenwart … das Geschehen ein- für alle Mal festlegt und zur unabänderlichen Realität macht, sind für den bewegten Beobachter offenbar Ereignisse schon fest bestimmt, die für den ruhenden Beobachter scheinbar noch vollkommen offen sind. (…) Wenn also für den bewegten Beobachter Ereignisse in Raumzeitpunkten real und fest bestimmt sind, die es für den ruhenden Beobachter noch nicht sind, dann platzt die Blase des Präsentismus. (…).”
    —–
    Betrachten die Existenz (“das Stattfinden”) des Ereignisses des gemeinsamen Ankommens zweier Lichtsignale am Zugsende, die von zwei Beobachtern (im Zug und auf dem Bahndamm) ausgesendet wurden, als sie aneinander vorbeikamen.
    Das Aussenden der Lichtsignale ist für beide Beobachter (aus der Sicht ihres Koordinatensystems) ein- und dasselbe (ev. in ihrer Gegenwart stattfindende) Ereignis. Das Ankommen der Lichtsignale ist ebenfalls für beide Beobachter ein- und dasselbe (ev. in ihrer Gegenwart stattfindende) Ereignis. “In ihrer Gegenwart” heißt nur, dass es aus der Sicht des betreffenden Koordinatensystems gleichzeitig mit einem anderen besonderen Ereignis, nämlich einer gedachten individuellen Existenz eines aus der Sicht dieses Koordinatensystems ruhenden Beobachters zum gewählten Zeitpunkt “Null”, stattgefunden hat, was freilich physikalisch völlig bedeutungslos ist.
    Die jeweilige Zeit (die “Gegenwart”) der Beobachter ist in verschiedene Ordnungsrahmen eingebettet (und zwar auch schon zum Zeitpunkt ihrer Begegnung), so wie ihr jeweiliger Raum in verschiedene Ordnungsrahmen eingebettet ist. Idente (zumindest von einem Beobachter räumlich entfernte) Ereignisse werden in diesen Ordnungsrahmen nach Zeit und Raum zwingend verschieden verzeichnet. Das geht in Anbetracht der konstanten Wirkungsausbreitung der Lichtstrahlen, mit denen sie messen, gar nicht anders (siehe #44).
    Die unterschiedliche Verzeichnung ändert an der Existenz bzw. der Realität des betreffenden Ereignisses ebenso wenig, wie an der Existenz bzw. Realität sämtlicher Ereignisse des Universums. Nur weil die Ordnungsrahmen voneinander abweichen, kann man nicht behaupten, ein und dasselbe Ereignis würde bei einem bereits stattfinden (“real” sein), während für den anderen noch nicht entschieden wäre, ob es stattfinden wird, weil es in seiner Zukunft liegen würde.
    Nein: ein Ereignis findet, wenn es überhaupt irgendwann irgendwo im Universum tatsächlich stattgefunden hat, mit absoluter Gewissheit aus der Sicht aller Beobachter statt, und zwar in ihrer jeweiligen (von ihrer individuellen Existenz unabhängigen) Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, die vom Ordnungsrahmen des betreffenden Beobachters und davon, wo man den Nullpunkt des Koordinatensystems festsetzt, bestimmt wird. Man kann bei unterschiedlich bewegten Beobachtern nicht von einer absoluten, für alle einheitlichen “Vergangenheit”, “Gegenwart” oder “Zukunft” sprechen und daraus populärimpressionistische Schlüsse ziehen.
    Wenn aus meiner Sicht ein Ereignis 100 Lichtjahre entfernt vor hundert Jahren tatsächlich stattgefunden hat, so hat es “in meiner Gegenwart” (gleichzeitig mit meiner Existenz) nie stattgefunden, aber es hat aus der Sicht meines Koordinatensystems “in meiner Gegenwart” (als personalisiertes Koordinatensystems) stattgefunden, wenn ich dessen Nullpunkt in die Zeit vor hundert Jahren verschiebe.
    Ob ein Ereignis tatsächlich stattfinden wird, kann kein Beobachter des Universums mit absoluter Gewissheit vorhersagen. Wenn es aber stattgefunden haben wird, werden es alle Beobachter nach Zeit und Ort verzeichnen, und zwar – je nach Koordinatensystem und Nullpunkt – in ihrer Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft. Wenn sie es in der Zukunft verzeichnen, hängt das nur von der Wahl ihres Nullpunkts ab. Es ist ein geometrischer und kein ontologischer Vorgang, und er lässt nicht den Schluss zu, dass bei einer Zukunftsverzeichnung die Existenz des Ereignisses in Frage gestellt werden könnte.

    Insofern ist die oben zitierte Position des Präsentismus begrifflich nicht konsistent, weil es zwar nach überwiegender Auffassung ein existierendes Universum, aber keine absolute, allen Beobachtern gemeinsame “Gegenwart” gibt, auf die sie sich einigen können. Aber ihre Zeitzählung ist über die L-T unverrückbar verknüpft, und das ist ja auch für die Existenz des Universums eine völlig ausreichende Basis.

  62. #62 Peter Strohmayer
    26. März 2020

    Nachtrag:
    Ein stattgefunden Ereignis kann zwar aus der Sicht eines Beobachters zu einem Zeitpunkt später als seine gleichzeitige Gegenwart stattfinden, es kann aber auch aus der Sicht anderer Beobachter nach der L-T nie im noch beeinflussbaren Vorwärtslichtkegel (der eigentlichen Zukunft) liegen.
    Umgekehrt kann ein (zeitartig vom Ursprung entferntes) Ereignis, dass in Zukunft möglicherweise stattfinden wird, bei keinem anderen Beobachter außerhalb des Vorwärtslichtkegels liegen (raumartig vom Ursprung entfernt sein).

    Auch daraus ergibt sich die Unrichtigkeit des Satzes, dass ein- und dasselbe Ereignis für den einen Beobachter unabänderliche Realität, für den anderen aber “scheinbar noch vollkommen offen” sein könnte. Die Sache läuft auf eine Verwechslung der Begriffe “Gleichzeitigkeit” und “Gegenwart” hinaus.

  63. #63 Karl-Heinz
    27. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Was man jetzt aber genau unter Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart versteht, ist hier sehr schön erklärt.

    https://www.yaclass.at/p/physik/12-schulstufe/spezielle-relativitaetstheorie-17770/raumzeit-18239/re-4295b54d-5289-448b-be57-fc595d7f42b9

  64. #64 Karl-Heinz
    27. März 2020

    Nach sowas. Es sieht so aus, als hätte Alderamin wirklich recht. 😉

    https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/gestern-und-morgen-sind-eins/

  65. #65 Peter Strohmayer
    27. März 2020

    Karl-Heinz #63
    Stimmt. (Trotzdem tun mir die Kleinen, die die SRT mit der irreführenden Masche “wir beobachten ein Photon” erklärt bekommen, leid. Sie bleiben geistig in der newtonschen Mechanik stecken.)

    Irgendein Lichtkegel allein sagt aber gar nichts. Interessant wird es erst, wenn man die Sicht aller anderen Beobachter hinzusetzt. Um diese auf eine gemeinsame Basis zu stellen, benötigt man ein einziges, tatsächlich erfolgtes Ereignis. Entweder müssen sie alle inzident aneinander vorbeikommen, sodass sie ihre Uhren auf Null stellen, oder es gibt ein Ereignis, das alle verzeichnen können (zB das Aussenden des Einsteinschen Synchronistationslichtsignals) und in das sie die Ursprünge ihres jeweiligen Koordinatensystems hinein verlegen. Erst dann hat der Begriff “Vorwärtslichtkegel” bzw. die Begriffe Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft einen für alle Beobachter des Universums gleichen Sinn, weil dann die Grenzen dieser Lichtkegel für alle gleich sind.

    #64 Natürlich hat Alderamin Recht, aber nicht aus dem von ihm (bzw. in den von ihm zitierten Quellen) genannten, auf positivistischem Denken beruhenden Grund.

  66. #66 Karl-Heinz
    27. März 2020

    @#Peter Strohmayer

    Trotzdem tun mir die Kleinen, die die SRT mit der irreführenden Masche “wir beobachten ein Photon” erklärt bekommen, leid. Sie bleiben geistig in der newtonschen Mechanik stecken.

    Newtonschen Mechanik?
    Nö, warum.
    Es gilt doch c (+) v = c. Schneller als c geht nicht. Und wir beobachten ein Photon, ist doch gleichbedeutend mit “Wir verfolgen die Flugbahn eines PHOTONS”, oder etwa nicht?

  67. #67 Peter Strohmayer
    27. März 2020

    @Karl Heinz

    Wir können das Photon nicht beobachten, wie wir etwa einen Ball beobachten. Die traditionelle SRT Erklärung muss daher voraussetzen, wie wir ein Photon theoretisch sehen müssten (woher wüßten wir sonst, dass es sich um eine schräge Bahn handelt?). Dazu steht den Erklärern (vorerst) nur die newtonsche Mechanik zu Verfügung. Nach der ergibt sich anhand der Zeit des Beobachters t die Bahn eines Photons in der bewegten Lichtuhr, die mit der tatsächlichen Bahn nicht übereinstimmt. Das wird verschwiegen. Man tut so, als wäre die Sache mit der SRT allein dadurch erklärt, wenn man diesem Photon in der bewegten Lichtuhr (auf falsch gedachter schräger Bahn) die “Geschwindigkeit” c zuordnet.
    Abschließend wird die Situation wie bei einem physikalischen Hütchenspiel umgedreht, weil ja klar ist, dass bei der Berechnung Unsinn herauskommen würde. Man berechnet die Bahn des Photons mit c, als würde es von einem ruhenden Beobachter schräg auf und ab ausgesendet worden sein. Das zeigt sich daran, dass dessen Zeit t verwendet wird, um die mit der Geschwindigkeit v erreichte Entfernung der Lichtuhr ebenfalls mit t zu berechnen.

    Fazit: man beobachtet kein Photon, sondern jeder Beobachter sendet ein Photon so aus, dass es sich auf Grund der begrenzten Wirkungsausbreitung gemeinsam mit dem anderen ausbreitet. Dann muss man nur noch erfahren, dass Zeit und Raum in der Ausbreitung dieser Lichtstrahlen verankerte sind. Damit wird alles klar.

  68. #68 Karl-Heinz
    28. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Ich kann ihre Argumente nicht ganz nachvollziehen. Wenn ich die Lichtuhr rein nach Newton rechne, ist die Bahn des Photons natürlich falsch, da die Geschwindigkeit des Photons, welches schräg nach unten bzw. oben verläuft, Überlichtgeschwindigkeit erreichen würde. Es ist aber ein Leichtes sich zu zeigen, wie die Bahn des Photons im Bezugssystem des ruhenden Beobachters verlaufen muss, damit die postulierte Geschwindigkeit c vom Photon eingehalten wird. Ich denke du hast dich da in etwas verrannt.

  69. #69 Peter Strohmayer
    28. März 2020

    @Karl-Heinz

    Einer von uns denkt nicht genau genug.

    Wenn ich das Photon in der bewegten Lichtuhr tatsächlich von der Seite betrachten könnte, wie das bei der Erklärung angenommen wird, dann vergeht für mich ab Aussendung des Photons eine gewisse Zeit t, bis es am oberen Ende der Lichtuhr ankommt. Die Basis der Lichtuhr ist dann für mich die Strecke v*t entfernt.

    Stimmt das nicht?
    Doch.

    Und wenn die Basis von mir nicht v*t, sondern weiter entfernt sein muss (damit Deine Bahnberechnung stimmt), ist es dann immer noch “ein Leichtes zu zeigen” warum das der Fall sein soll? Soll beim ruhenden Beobachter die Zeit umso schneller vergehen, je schneller sich eine Lichtuhr an ihm vorbei bewegt?

    Das wäre Unsinn?
    Richtig.

  70. #70 Karl-Heinz
    29. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Soll beim ruhenden Beobachter die Zeit umso schneller vergehen, je schneller sich eine Lichtuhr an ihm vorbei bewegt?

    Das wäre Unsinn?
    Richtig.

    Sorry, das ist ein logischer Fehlschluss von dir.
    Keiner behauptet, dass die Zeit für den ruhenden Beobachter deswegen schneller vergeht, nur weil jemand mit hoher Geschwindigkeit vorbeirauscht.
    Im Prinzip wird ja nur eine Beziehung (Relation) zwischen bewegtem und ruhendem Beobachter hergestellt.
    Wie man so eine Lichtuhr rechnet und natürlich auch warum man es so rechnet, kann ich ja zeigen, wenn du möchtest.

  71. #71 Peter Strohmayer
    29. März 2020

    @ Karl-Heinz

    “vorbeirauscht …”

    Doch, alle behaupten das, und zwar in noch unsinnigerer Weise:

    1. Das Photon benötigt für das Zurücklegen der Länge der bewegten Lichtuhr an sich die Zeit t1 (zunächst aus Sicht des bewegten Beobachters).

    2. Der ruhende Beobachter rechnet den Winkel der Photonenbahn zunächst auf Grund v*t1 und merkt, dass sich das mit der geforderten “Lichtgeschwindigkeit” des Photons bei ihm nicht ausgeht.

    3. Er korrigiert den Winkel der von ihm “besichtigten” Photonenbahn so, dass es sich mit v*t2 ausgeht, und gelangt für sich zur Zeit t2 als Prozessdauer.

    4. Er vermutet, dass die Zeit bei ihm schneller vergangen sein muss, den t1 ist gleich geblieben, t2 aber länger geworden.

    5. Der Physiklehrer sagt, nein, nicht bei beim ruhenden Beobachter ist die Zeit schneller vergangen, sondern beim bewegten Beobachter ist die Zeit langsamer vergangen. (Fünf Minuten Eier kochen benötigt aus Sicht des ruhenden Beobachters länger, das Photon in der Lichtuhr breitet sich aus Sicht des ruhenden Beobachters langsamer aus, usw, der ganze Unfug).

    Er behauptet somit sehr wohl, dass die Zeit für den bewegten Beobachter deswegen langsamer vergeht, nur weil jemand mit hoher Geschwindigkeit vorbeirauscht. Das ist eine mit 4. vollkommen vergleichbare Aussage. “Schneller” und “langsamer” ist nur eine Frage der Perspektive.

    Die Behauptung des Physiklehrers ist aber insofern noch abwegiger, weil sich nicht die Prozessdauer t1, sondern die Prozessdauer t2 mit zunehmender Geschwindigkeit ändert. Soll nicht jede Logik über Bord geworfen werden, müsste die angebliche Zeitänderung wenigstens beim hier als ruhend bezeichneten Beobachter vermutet werden.

    Zur Klarstellung: natürlich ist auf der Uhr, die sich unmittelbar bei einem “bewegten” Beobachter befindet, weniger Zeit vergangen, wie auf einer begegnenden Uhr des Koordinatensystems des “ruhenden” Beobachters, die sich nicht bei diesem befindet. Das ist aber ganz etwas anderes als eine langsamer vergehende Zeit, die uns mit einer bewegten Lichtuhr suggerieren werden soll.

  72. #72 Karl-Heinz
    29. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Ich mache einen Vorschlag. Versuchen wir uns doch in kleinen Schritten anzunähern, um Missverständnisse zu vermeiden.
    Dazu habe ich mir zunächst ein kleines nicht relativistisches Beispiel ausgedacht. Ein Ball wird in einem fahrenden Zug fallen gelassen. Die Flugbahn des Balls sollen in zwei Inertialsystemen beschrieben werden.
    Inertialsystemen I: im inneren des Zuges, dh. das System I bewegt sich mit dem fahrenden Zug mit.
    Inertialsystemen B: ist fest mit dem Bahnsteig verankert.

    Die mathematische Beschreibung könnte in etwa so aussehen.
    Bahn des Balls, der im fahrenden Zug fallen gelassen wird, im Inertialsystemen I:

    bezüglich Geschwindigkeit
    v_x = 0
    v_z = g * t

    bezüglich Ort
    s_x = 0
    s_z = (g/2) * t^2

    Bahn des Balls, der im fahrenden Zug fallen gelassen wird, im Inertialsystemen B:
    bezüglich Geschwindigkeit
    v_x = v_zug
    v_z = g * t

    bezüglich Ort
    s_x = v_zug * t
    s_z = (g/2) * t^2

    Bist du mit dieser mathematischen Beschreibung einverstanden? Der Beobachter, der sich im Zug befindet, sieht den Ball beschleunigt nach unten fallen.
    Der Beobachter am Bahnsteig sieht eine Wurfparabel.

  73. #73 Karl-Heinz
    29. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Jetzt wandeln wir das obige Beispiel etwas ab und betrachten jenes Photon, welches sich in einer Lichtuhr, nach unten bewegt. Die beiden Spiegel der Lichtuhr haben den Abstand d zueinander.

    System L: Inertialsystem L bewegt sich mit der Lichtuhr mit.
    System B: Inertialsystem ist fest mit dem Bahnsteig verankert. Seine Koordinaten bezeichne ich noch zusätzlich mit einem ‘ um sie zwischen den einzelnen Inertialsystemen besser unterscheiden zu können.

    Wir machen den gleichen nicht relativistischen Ansatz(!) wie oben.

    Photon bezüglich Inertialsystem L (bewegt sich mit der Lichtuhr mit):
    bezüglich Geschwindigkeit
    v_x = 0
    v_z = c

    bezüglich Ort
    s_x = 0
    s_z = c * t

    Photon bezüglich Inertialsystem B (fest mit dem Bahnsteig verankert):
    bezüglich Geschwindigkeit
    v’_x = v_Lichtuhr
    v’_z = c

    bezüglich Ort
    s’_x = v_Lichtuhr * t
    s’_z = c * t

    Das Photon bewegt sich im System L geradlinig nach unten, während seine Bahn im System B schräg nach unten verläuft. Die Geschwindigkeit mit der das Photon im System B nach unten läuft ist: v_schräg= √ (v_Lichtuhr^2 + c^2) .
    Man beachte, dass v_schräg größer als c ist!
    Das kann aber nicht sein, da man erkannt hat, dass die Geschwindigkeit des Photons in jedem Inertialsystem immer gleich der Lichtgeschwindigkeit c ist.
    Damit ist dieser Ansatz falsch oder sagen wir nicht ganz richtig. Diese Transformation nennt man auch Galilei-Transformation.

    Ich hoffe du konntest mich bis hierher noch so einigermaßen folgen.

  74. #74 Karl-Heinz
    29. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Wie man jetzt den richtigen Ansatz für die Lichtuhr findet, kann ich auch noch zeigen, falls Interesse besteht.

  75. #75 Peter Strohmayer
    29. März 2020

    @ Karl-Heinz
    Fein, dass Du Dir so viel Mühe gibst. Ich lasse mich gern darauf ein. Bisher war alles richtig. (Warum bringst Du eine ungleichförmige Bewegung ins Spiel? Wäre eine gleichförmige zu Vergleichszwecken mit c nicht besser?)

  76. #76 Karl-Heinz
    29. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Fein, dass Du Dir so viel Mühe gibst. Ich lasse mich gern darauf ein. Bisher war alles richtig.

    Da bin ich aber froh. Es ist gar nicht so einfach Sachverhalte in Worte zu fassen.

    Warum bringst Du eine ungleichförmige Bewegung ins Spiel? Wäre eine gleichförmige zu Vergleichszwecken mit c nicht besser?

    Ich wollte jetzt nicht gleich mit der Tür in Haus fallen und da dachte ich mir, nimm doch zum Aufwärmen die Flugbahn, die ein Körper beim Wurf in einem homogenen Schwerefeld beschreibt, die jeder kennt.

    Bei #73 bin ich dann auf die gleichförmige Bewegung nämlich die Lichtuhr umgeschwenkt.

  77. #77 Karl-Heinz
    30. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Machen wir ein kleines Review.

    Was haben wir?
    Eine Lichtuhr, die vom wirklich sehr schnellen Zug transportiert wird. Zwei Inertialsysteme L und B. Inertialsystem L ist an der Lichtuhr festgemacht während B fest mit dem Bahnsteig verbunden ist. Dann haben wir noch eine Lichtuhr dessen Spiegelabstand d ist. Des weiteren wissen wir, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Photonen unabhängig vom Inertialsystem immer gleich c ist.
    Wichtig ist auch noch das Wissen darüber, dass der Spiegelabstand, der bei unserer Lichtuhr immer senkrecht zur Bewegungsrichtung steht, sowohl im Inertialsystem L als auch im Inertialsystem B die gleiche Länge besitzt. s_z = s’_z
    Mit diesem Wissen können wir jetzt die “nicht richtige” Transformation in #73 modifizieren.

  78. #78 Karl-Heinz
    30. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Lichtuhr welche sich mit dem Zug am Bahnsteig vorbei bewegt.
    d … Abstand der zwei Spiegeln der Lichtuhr zueinander.

    • Inertialsystem L (bewegt sich mit der Lichtuhr mit)
    • Inertialsystem B (am Bahnsteig fest verankert)
    • Die x und z werden im im Inertialsystem B mit x’ und z’ bezeichnet.
    • relativistischer Längeneffekt tritt nur in Bewegungsrichtung auf. Daher gilt z = z’ = d

    • Beschreiben wollen wir das Phänomen Bahn des Photons der Lichtuhr im Inertialsystem L und B.

    Ansatz:
    Im Inertialsystem L ist sofort klar, dass sich das Photon auf und ab bewegen wird. Im Inertialsystem B dagegen läuft das Photon schräg nach unten und wird dann vom unteren Spiegel wiederum schräg nach oben reflektiert. Das Aussenden des Photons vom oberen Spiegel soll zum Zeitpunkt t0 = 0 geschehen. Das Erreichen des unteren Spiegel soll zum Zeitpunkt t1 geschehen.

    ungewöhnlicher Ansatz:
    Die Zeit wird in beiden Inertialsystemen getrennt betrachtet.

    In L gilt daher für die Zeit t:
    Aussenden des Photons: t = t0 = 0
    Photon erreicht den unteren Spiegel: t = t1
    d = c * t1

    In B gilt daher für die Zeit t’:
    Aussenden des Photons: t’ = t0′ = 0
    Photon erreicht den unteren Spiegel: t’ = t1′
    d = c * t1′
    Länge der schrägen Photonenbahn:
        (I)  s’ = √ (v_rel^2 * t1’^2 + d^2) = c * t1′.
        c * t1′ deswegen, da ja das Photon mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist, bis es auf die untere Platte auf trifft.

    Herstellen der Beziehung zwischen t und t’.
    Nach der Formel (I) gilt: √ (v_rel^2 * t1’^2 + d^2) = c * t1′
    Weiters gilt d = c * t1′ = c * t1 damit folgt:
    (II)     v_rel^2 * t1’^2 + c^2 * t1^2 =c^2 * t1’^2

    Nach der Umformung ergibt sich die Beziehung:
    c^2 * t1^2 = c^2 * t1’^2 – v_rel^2 * t1’^2
    t1^2 = (1 – (v_rel/c)^2) * t1’^2

    (III) Zeitdilatation
    t … Zeit im Inertialsystem L
    t’ … Zeit im Inertialsystem B

        t = √(1 – (v_rel/c)^2) * t’
        oder
        t’ = 1/[√(1 – (v_rel/c)^2)] * t

    Was sagt uns die Formel?
    Wenn jemand mit 60% der Lichtgeschwindigkeit an uns vorbei rauscht und uns im Sekundentakt nach seiner Zeit grüßt, dann erleben wir seinen Grußvorgang in unserem Inertialsystem im Rhythmus von 1,25 Sekunden. Alle seine Vorgänge erscheinen uns nach seiner Zeit um einen Faktor von 0,8 verlangsamt. Das hat jetzt überhaupt nichts mit dem Dopplereffekt zu tun, wie du meinst. 😉

  79. #79 Peter Strohmayer
    30. März 2020

    Du schreibst
    d = c * t1′ (?)
    und dann richtig
    s’ = … = c * t1′
    Du schreibst
    d = c * t1′ = c * t1(?)
    und setzt dann richtig
    d= c * t1
    in den Ansatz “v_rel^2 * t1’^2 + c^2 * t1^2 =c^2 * t1’^2”
    ein.

    Mathematisch eine Spur wackelig (nicht bös gemeint, das kann in der Eile natürlich passieren), aber im Ergebnis kommst Du richtig zum Lorentzfaktor.

    Du bist damit bei Pkt 3. der Argumentation in #71 angelangt.

    Was wolltest Du mir nun mit der Ableitung des Lorentzfaktors zeigen? Du deutest die Verlängerung der Prozessdauer so (“was sagt uns die Formel”):

    “Wenn jemand mit 60% der Lichtgeschwindigkeit an uns vorbei rauscht und uns im Sekundentakt nach seiner Zeit grüßt, dann erleben wir seinen Grußvorgang in unserem Inertialsystem im Rhythmus von 1,25 Sekunden.”

    Ist jetzt Deiner Meinung nach

    aus unserer Sicht (aus der Sicht des ruhenden Beobachters)

    a) die eigene Zeit schneller vergangen (Pkt. 4 #71)?
    oder
    b) die Zeit des Grüßenden langsamer vergangen (Pkt. 5 #71)?
    oder
    c) vertrittst Du vielleicht auch den Standpunkt, dass das Vergehen der Zeit aus jeder Sicht für jeden Beobachter gleich bleibt und das Phänomen der aus unserer Sicht verlängerten Prozessdauer anders erklärt werden muss?

    (Übrigens: Der Effekt der “Verlangsamung” (=Verlängerung der Prozessdauer) ist der lupenreine relativistische transversale Dopplereffekt. Aber das ist jetzt nicht wichtig).

  80. #80 Karl-Heinz
    30. März 2020

    @Peter Strohmayer

    d = c * t1′ (?)

    Upss, danke … Da hast du natürlich recht.
    d = ist nur c * t1 und nicht c * t1′

    Ist jetzt Deiner Meinung nach

    aus unserer Sicht (aus der Sicht des ruhenden Beobachters)

    a) die eigene Zeit schneller vergangen (Pkt. 4 #71)?
    oder
    b) die Zeit des Grüßenden langsamer vergangen (Pkt. 5 #71)?
    oder
    c) vertrittst Du vielleicht auch den Standpunkt, dass das Vergehen der Zeit aus jeder Sicht für jeden Beobachter gleich bleibt und das Phänomen der aus unserer Sicht verlängerten Prozessdauer anders erklärt werden muss?

    Sagen wir es einmal so. Wenn ich neben der Lichtuhr stehe, und sie auch relativ zu mir auf ihrem Platz bleibt, tickt die Uhr für mich im Vergleich zu meiner Armbanduhr immer gleich schnell. Anders sieht es aus, wenn ich eine Lichtuhr betrachte, die sich relativ zu mir bewegt. Hier nimmt die beobachtbare Tickrate mit zunehmender Geschwindigkeit ab.
    Ein anderes Beispiel wäre eine Galaxie, die nur eine Eigenbewegung hat. Die Radialgeschwindigkeit ist gleich 0.
    Hier muss man berücksichtigen, dass die Frequenzen der Spektren um den Faktor Faktor √(1 – (v_tangential/c)^2) verschoben sind. Diesen Effekt bezeichnet man als transversalen Doppler-Effekt. Objekt unterliegen also aufgrund ihrer Bewegung einer Zeitdilatation.

  81. #81 Peter Strohmayer
    30. März 2020

    @ Karl-Heinz
    Du entscheidest Dich mit dem Satz “Objekte unterliegen … aufgrund ihrer Bewegung einer Zeitdilatation” für die Position des Physiklehrers Pkt. 5 in #71.

    Diese Meinung hast Du Dir einzig und allein auf der Grundlage gebildet, dass Du einen einzigen orthogonalen Lichtstrahl in einer bewegten Lichtuhr “beobachtet” und aus der Konstanz von c Deine Schlüsse gezogen hast.

    Dass die gewählte Prozessdauer bei einem orthogonalen Lichtstrahl in der Lichtuhr gleich bleibt, aber beim ruhenden Beobachter mit zunehmender Geschwindigkeit der Lichtuhr immer länger wird, sodass eigentlich bei ihm die Zeit schneller vergehen müsste, hast Du nicht an Dein Denken herangelassen. Ich verstehe das: es ist bequem, sich auf die Seite der Physiklehrer zu stellen, auch wenn man nicht genau begründen kann, warum.

    Deine These lautet:
    Aus der Sicht des ruhenden Beobachters dauert der Prozess der Photonenausbreitung in der bewegten Lichtuhr länger, weil bei ihr als bewegtem Objekt die Zeit langsamer vergeht, also im Verhältnis zum ruhenden Beobachter bei ihr weniger Zeit vergeht und insbesondere der orthogonale Lichtstrahl aus meiner Sicht bei ihr langsamer die Lichtuhr “hinauf- bzw. hinabkriecht”.

    Diese These muss nun natürlich für beliebiger Lichtstrahlen gelten, die sich in einer bewegten Lichtuhr ausbreiten und die Du dabei “beobachtest”, also zB auch für eine Lichtuhr, die horizontal in einem vorbeifahrenden Zug liegt.

    Stimmt das? Meinst Du das so?

  82. #82 Karl-Heinz
    31. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Dass die gewählte Prozessdauer bei einem orthogonalen Lichtstrahl in der Lichtuhr gleich bleibt, aber beim ruhenden Beobachter mit zunehmender Geschwindigkeit der Lichtuhr immer länger wird, sodass eigentlich bei ihm die Zeit schneller vergehen müsste, hast Du nicht an Dein Denken herangelassen. Ich verstehe das: es ist bequem, sich auf die Seite degr Physiklehrer zu stellen, auch wenn man nicht genau begründen kann, warum.

    Oh… jetzt bin ich mal gespannt was ein Philosoph darauf antwortet.
    System L sieht ein Photon sich senkrecht nach unten bewegen. System B sieht das gleiche Photon sich schräg nach unten bewegen. Was ist nun real, was imaginär?
    Von B nach L ⇔ von schräg nach senkrecht
    Von L nach B ⇔ von senkrecht nach schräg
    Du meinst also, wenn man von L nach B geht müsste in B deswegen die Zeit wahnsinnig schnell vergehen, oder?

    Was ist mit ???
    Von B nach L ⇔ von senkrecht nach schräg
    Von L nach B ⇔ von schräg nach senkrecht

    Oh misst, jetzt betrachten wir eine Lichtuhr, die am Bahsteig steht. 😉

  83. #83 Karl-Heinz
    31. März 2020

    Sorry, ich meinte Mist. 😉

  84. #84 Peter Strohmayer
    31. März 2020

    @Karl-Heinz
    Ich mache Dir Deine Meinung doch nicht streitig, dass die Zeit bei der “bewegten” Lichtuhr aus der Sicht des ruhenden Beobachters langsamer vergehen soll. Ja, auch dann, wenn sie am Bahnsteig steht und sie vom Zug aus “beobachtet” wird.

    Aber ich halte nochmals fest, dass Du Dir Deine Meinung in #78 nur durch “Beobachten” einer bewegten, orthogonal aufgestellten Lichtuhr gebildet hast.

    Daher nochmals die Frage #81: Gilt Deine Argumentation, dass die Zeit langsamer vergeht, weil der Lichtstrahl in einer bewegten Lichtuhr für den ruhenden Beobachter c haben muss, auch für eine im Zug liegende Lichtuhr?

  85. #85 Alderamin
    31. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Die Frage fand ich spannend und habe nachgerechnet. Jawohl, die liegende Uhr geht um denselben Faktor langsamer wie die orthogonale.

    Man setze die Länge der Uhr (die der Lichtstrahl während eines Schlages zweimal zurücklegt) zu l’.

    Das Photon starte am hinteren Ende der Uhr. Es läuft dem vorderen Ende, das sich mit v bewegt, hinterher, daher gilt t1=(l’+v*t1)/c, woraus durch Umformung folgt t1=l’/(c-v).
    Dann läuft das Photon wieder zurück und das hintere Ende der Uhr kommt ihm entgegen, es gilt t2=(l’-v*t2)/c, woraus durch Umformung folgt t2=l’/(c+v).

    Insgesamt dauert ein Schlag der Uhr also t1+t2=[(c+v)*l’+(c-v)*l’]/[(c-v)*(c+v)] = l’*2c/(c²-v²).

    Wegen der Längenverkürzung in Bewegungsrichtung gilt nun allerdings l’=l*√(1-v²/c²)=l*√[(c²-v²)/c²]=l/c*√(c²-v²), wenn l die Länge der Uhr bei orthogonaler Ausrichtung oder in Ruhe ist.

    Das eingesetzt in unsere Laufzeitformel ergibt
    t1+t2= l’*2c/(c²-v²) = 2lc/c*√(c²-v²)/(c²-v²)=2l/c*c/√(c²-v²)=2l/c*√(1-v²/c²)=2t’, und das ist genau die Zeit, die Uhr tickt, wenn sie orthogonal zur Bewegungsrichtung steht q.e.d.

    Dass die Längenverkürzung gilt (und nicht quasi als Zirkelschluss hier hineingeschummelt wurde) kann man wiederum an der orthogonalen Uhr zeigen, denn wenn nach Uhr des bewegten Beobachters eine bestimmte Strecke s im System des ruhenden Beobachters nur eine Zeit T’=T*√(1-v²/c²) benötigt, dann muss sie ihm um den selben Faktor verkürzt erscheinen: s’=s*√(1-v²/c²), denn in der Relativgeschwindigkeit stimmen beide Beobachter überein: v=s/T=s’/T’=v’.

  86. #86 Karl-Heinz
    31. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Ich schließe mich Alderamin an. Und nun? 🙂

  87. #87 Karl-Heinz
    31. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Ein Profi schüttelt mit dem Ärmel und dann ist sie da, die Lorentz-Transformation.
    Sag mal, musst du deine Erkenntnisse jetzt revidieren?

  88. #88 Peter Strohmayer
    31. März 2020

    @Alderamin (#Karl-Heinz)

    Erst zum Nebensächlichen (aber Rechnen hat ja auch einen Reiz):
    Bei Dir ist ein c zu viel (richtig: t1+t2= 2l/√(1-v²/c²)=2t’). Egal.

    Der Satz
    “wenn nach Uhr des bewegten Beobachters eine bestimmte Strecke s im System des ruhenden Beobachters nur eine Zeit T’=T*√(1-v²/c²) benötigt, dann muss sie ihm um den selben Faktor verkürzt erscheinen: s’=s*√(1-v²/c²), denn in der Relativgeschwindigkeit stimmen beide Beobachter überein: v=s/T=s’/T’=v’.”

    ist ziemlich unklar. Das fehlende Subjekt des Satzes ist offenbar der Lichtstrahl bzw. das Photon. Du misst die Zeit, in der sich dieses Photon ausbreitet, aus Sicht des bewegten Beobachters (mit seiner Uhr), aber den Weg (die Strecke s), den das Photon zurücklegt, “im System” (also aus Sicht) des ruhenden Beobachters. Fremde Zeit, eigener Weg: dieser Quotient ist in der SRT die Eigengeschwindigkeit. Die wirst Du nicht meinen.
    Egal.

    Das Photon soll die Zeit T’=T*√(1-v²/c²) benötigen. Nach der bisherigen Argumentation müsste T’ die längere Prozessdauer aus Sicht des ruhenden Beobachters sein (die das Licht benötigt, um den längeren schrägen Lichtweg s’ – den Du allerdings oben “s” genannt hast – egal) zurückzulegen -, und T die kürzere Prozessdauer aus Sicht des ruhenden Beobachters sein (die das Licht benötigt, um die Ruhelänge s der Lichtuhr zu durchlaufen).
    Egal.

    Im Satzteil “dann muss sie ihm um den selben Faktor verkürzt erscheinen” steht “sie” offenbar für die Strecke s, das wäre also die schräge Photonenbahn aus Sicht des ruhenden Beobachters (die eigentlich s’ heißen müsste). Das Wort “ihm” meint den “ruhenden Beobachter”. Ihm soll demnach die schräge Photonenbahn “s” verkürzt erscheinen? Warum, um alles in der Welt?
    Egal.

    Ich will mir nicht ausdenken, dass Du zum Ausdruck bringen willst, dass sich die orthogonale Strecke s aus Sicht des bewegten Beobachters für den ruhenden Beobachter um den Faktor √(1-v²/c²) auf s’ verkürzen würde. Ich will gar nicht ausdenken, dass Du zum Ausdruck bringen willst, dass sich die schräge Photonenbahn (nach meiner Nomenklatur s’, nach Deiner s) für den bewegten Beobachter um den Faktor √(1-v²/c²) verkürzt.
    Egal.

    Also bleibt die Längenverkürzung beim Zugsbeispiel einstweilen eine aus der Erklärung mit der Lichtuhr nicht ableitbare Annahme, die der Physiklehrer uns vorerst glauben lassen muss?
    Egal.

    Alles Nebensächlichkeiten.

    Zur Hauptsache:

    Die These des Physiklehrers mit der Lichtuhr beruhte darauf, dass aus Sicht des ruhenden Beobachters das Photon auf schräger Bahn mit c unterwegs sein muss. Die schräge Bahn wäre länger, daher würde aus Sicht des ruhenden Beobachters die Zeit bei der bewegten Lichtuhr langsamer vergehen.

    Nun berechnet Alderamin (klugerweise) bei einem nicht orthogonalen Lichtstrahl nicht dessen alleinige Ausbreitung, wovon bisher die ganze Zeit die Rede war, sondern die Ausbreitungen zweier nicht orthogonaler Lichtstrahlen hintereinander, und erklärt, aus dem arithmetischen Mittel der Summe der Laufzeiten der Lichtstrahlen würde sich die Verlangsamung der Zeit bei der bewegten Lichtuhr ergeben. Damit hat er die ursprüngliche Erklärungslinie aufgeben müssen, denn er berechnet zwei, nicht einen Lichtstrahl, und er muss plötzlich auf Durchschnittszeiten abstellen.

    Das führt zu einer für den Physiklehrer lästigen Argumentation:
    Wenn ich die von Aldemarin errechnete, angeblich bei der Lichtuhr langsamer vergehende Zeit zu Grunde lege, dann haben die beiden nacheinander sich horizontal gegengerichtet ausbreitenden Lichtstrahlen in der Lichtuhr aus der Sicht des ruhenden Beobachters weder in die eine, noch in die andere Richtung “Lichtgeschwindigkeit”. Schlimmer noch: sie haben verschiedene Geschwindigkeiten!

    Gilt jetzt also die grundlegende Annahme unseres Physiklehrers, dass wir alle Lichtstrahlen mit c “sehen” müssen, nicht mehr? Wie will er dann weiterhin die Zeitdilatation mit der Beobachtung von Photonen in der Lichtuhr erklären? Er wird sich für die seiner Schüler, die sich ein Minimum an Kritikfähigkeit erhalten haben, wohl etwas anderes einfallen lassen müssen.

  89. #89 Karl-Heinz
    31. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Erst zum Nebensächlichen (aber Rechnen hat ja auch einen Reiz):
    Bei Dir ist ein c zu viel (richtig: t1+t2= 2l/√(1-v²/c²)=2t’).

    Da fehlt ja ein c bei dir im Nenner. 🙂

  90. #90 Alderamin
    31. März 2020

    @Peter Strohmayer

    Bei Dir ist ein c zu viel (richtig: t1+t2= 2l/√(1-v²/c²)=2t’)

    Nein, das c war nicht zu viel, bei Deiner “Korrektur” steht jetzt da, eine Zeit sei gleich einer Strecke. 2l/c is richtig, das ist eine Zeit (die Zeit eines Schlags der senkrecht aufgestellten Lichtuhr).

    Der Satz
    “wenn nach Uhr des bewegten Beobachters eine bestimmte Strecke s im System des ruhenden Beobachters nur eine Zeit T’=T*√(1-v²/c²) benötigt, dann muss sie ihm um den selben Faktor verkürzt erscheinen: s’=s*√(1-v²/c²), denn in der Relativgeschwindigkeit stimmen beide Beobachter überein: v=s/T=s’/T’=v’.”

    ist ziemlich unklar. Das fehlende Subjekt des Satzes ist offenbar der Lichtstrahl bzw. das Photon.

    Das Subjekt fehlt hier nicht, das Subjekt ist “(eine bestimmte) Strecke s” im Nebensatz und “sie” (eben die Strecke) im Hauptsatz.

    das wäre also die schräge Photonenbahn aus Sicht des ruhenden Beobachters (die eigentlich s’ heißen müsste).

    Nein, gemeint ist irgendeine Strecke s im Bezugssystem des ruhenden Beobachters, die der bewegte Beobachter zurücklegt, und zwar in der Zeit T des ruhenden Beobachters. Die gestrichenen Größen s’ und T’ sind dann die aus der Sicht des bewegten Beobachters. Da beide dieselbe Relativgeschwindigkeit zueinander messen, gilt v=s/T=s’/T’=v’ und damit geht der Lorentzfaktor zwingend in Zähler und Nenner ein. Damit beobachtet der bewegte Beobachter eine Längenverkürzung der Strecke s. Aus Symmetriegründen muss dann der ruhende Beobachter eine Längenverkürzung des Raumschiffs und der longitudinal bewegten Lichtuhr beobachten. Zugegeben war das oben etwas verkürzt, aber die Längenverkürzung darf ich doch als bekannt und akzeptiert voraussetzen, oder? Daher nur gestreift.

    Ich will gar nicht ausdenken, dass Du zum Ausdruck bringen willst, dass sich die schräge Photonenbahn (nach meiner Nomenklatur s’, nach Deiner s) für den bewegten Beobachter um den Faktor √(1-v²/c²) verkürzt.

    Nein, die Flugbahn des Photons ist bei transversal montierter Uhr nicht verkürzt, um Himmels willen, warum denn auch? Sie tickt nach oben und unten und bewegt sich mit v vorwärts, nicht mit verkürzten v. Die Uhr ist zwar in der Breite gestaucht, aber das spielt für den Lichtweg hier keine Rolle. Vollkommen anders bei der longitudinal montierten Uhr, die in Richtung der Längenverkürzung tickt. Aber auch hier ist v v und c c, nur die Länge der Uhrenstrecke ist gestaucht.

    Nun berechnet Alderamin (klugerweise) bei einem nicht orthogonalen Lichtstrahl nicht dessen alleinige Ausbreitung, wovon bisher die ganze Zeit die Rede war, sondern die Ausbreitungen zweier nicht orthogonaler Lichtstrahlen hintereinander, und erklärt, aus dem arithmetischen Mittel der Summe der Laufzeiten der Lichtstrahlen würde sich die Verlangsamung der Zeit bei der bewegten Lichtuhr ergeben. Damit hat er die ursprüngliche Erklärungslinie aufgeben müssen, denn er berechnet zwei, nicht einen Lichtstrahl, und er muss plötzlich auf Durchschnittszeiten abstellen.

    Nur eine Rückkehr des Signals repräsentiert einen kompletten Schlag einer Lichtuhr (siehe hier, unten “Vorsicht, gefälschte Lichtuhr!”, da so Probleme der Gleichzeitigkeit vermieden werden. Man kann (und sollte) die orthogonal aufgestellte Uhr genau so rechnen. Man denke sich, dass die Uhr bei jedem Ankommen des Signals am unteren oder hinteren Ende einen Lichtpuls aussende (zu dem kommt dann nochmal der Doppler dazu, wenn sie sich vom ruhenden Beobachter entfernt, aber man kann durchaus annehmen, dass sie sich gerade tangential zum Beobachter bewegt, dann ist dieser Effekt zu vernachlässigen und sie geht aus Sicht des ruhenden Beobachters immer noch langsamer).

    Vom Aufgeben einer Argumentationslinie kann hier keine Rede sein, ging es doch lediglich darum zu zeigen, dass der Zeitverlauf bei einer longitudinal bewegten Lichtuhr gleich schnell wie der einer transversal bewegten erscheint, und das wurde bewiesen.

    Wenn ich die von Aldemarin errechnete, angeblich bei der Lichtuhr langsamer vergehende Zeit zu Grunde lege, dann haben die beiden nacheinander sich horizontal gegengerichtet ausbreitenden Lichtstrahlen in der Lichtuhr aus der Sicht des ruhenden Beobachters weder in die eine, noch in die andere Richtung “Lichtgeschwindigkeit”. Schlimmer noch: sie haben verschiedene Geschwindigkeiten!

    Das stimmt nicht, ich habe konsequent immer c für die Geschwindigkeit des Photons angenommen, was ja die Grundannahme der RT ist. t1= (l’+v*t1)/c, dabei ist l’ die Länge der Uhr und v*t die Länge der Strecke, die das Vorderende in der Zeit t1 vorauseilt, aber die Geschwindigkeit des Lichtsignals ist c im Nenner. Analog für t2. Das Licht ist auf Hin- und Rückweg genau gleich schnell, nur die Wege sind verschieden. Bei Galileo wäre die Geschwindigkeit verschieden und die Zeit gleich, bei Einstein nicht.

    Gilt jetzt also die grundlegende Annahme unseres Physiklehrers, dass wir alle Lichtstrahlen mit c “sehen” müssen, nicht mehr?

    Doch, selbstverständlich, was zu beweisen war (und wurde). Du argumentierst hier nicht gegen einen imaginären Physiklehrer und auch nicht gegen mich, sondern gegen die Physiker Lewis und Tolman, die die Lichtuhr 1909 erdacht haben (und die seitdem kein Physiker kritisiert hat).

  91. #91 Peter Strohmayer
    1. April 2020

    Zuerst zum Nebensächlichen:
    Dein Ansatz:
    t1+t2=l’*2c/(c²-v²)
    l’=l/c*√(c²-v²)
    t1+t2=2lc/c*√(c²-v²)/(c²-v²)=2l/c*c/√(c²-v²)=
    – jetzt verblieb Dir mE versehentlich ein c im Nenner –
    2l/c*√(1-v²/c²)=2t’.
    Das ist mir hundert Mal passiert und wird mir noch hundert Mal passieren.
    Du meinst, Dein eigenes (korrigiertes) Ergebnis
    t1+t2 = 2l/√(c²-v²)
    wäre falsch? Nein, die richtige Dimension steckt im Wurzelausdruck der quadrierten Geschwindigkeiten.

    Warum verbeißt ihr Euch in solche Nebensächlichkeiten und beharrt in #89 und #90 auf einem so harmlosen Fehler. Willst Du diskutieren oder nur Recht behalten? Wir dürfen keine Angst vor Argumenten haben, die uns widerlegen, wir müssen sie – vor allem wenn es um die Hauptsache geht – willkommen heißen, weil sie uns weiterbringen.

  92. #92 Peter Strohmayer
    1. April 2020

    Alderamin #89

    Zur Nebensache “Längenverkürzung”.

    Du erklärst im Satz

    “wenn nach Uhr des bewegten Beobachters eine bestimmte Strecke s im System des ruhenden Beobachters nur eine Zeit T’=T*√(1-v²/c²) benötigt, dann muss sie ihm um den selben Faktor verkürzt erscheinen: s’=s*√(1-v²/c²), denn in der Relativgeschwindigkeit stimmen beide Beobachter überein: v=s/T=s’/T’=v’.”

    die “bestimmte Strecke s” zum Subjekt. Demnach bewegt sich diese Strecke s (s ist die Ruhelänge aus der Sicht des ruhenden Beobachters) aus Sicht des bewegten Beobachters mit der Geschwindigkeit v (sie ruht also aus der Sicht des ruhenden Beobachters rechts oder links von diesem auf der x-Achse). Der bewegte Beobachter stellt nach Deinem Satz mit seiner Uhr fest, dass s für ihre Bewegung die Zeit T’ benötigt. Aus seiner Sicht legt die bewegte Strecke s sohin irgend eine andere Strecke (nicht s) = v*T’ zurück. Das ist die gleiche Strecke, die auch der ruhende Beobachter aus Sicht des bewegten Beobachters in der Zeit T’ zurückgelegt hat.

    Jetzt verwirrst Du alles mit dem Satz:

    “Gemeint ist irgendeine Strecke s im Bezugssystem des ruhenden Beobachters, die der bewegte Beobachter zurücklegt, und zwar in der Zeit T des ruhenden Beobachters. (also s=v*T).”

    Du setzt also die Länge einer aus Sicht des bewegten Beobachters bewegten Strecke s mit der Strecke gleich, die der bewegte Beobachter aus Sicht des ruhenden Beobachters zurücklegt, und bezeichnest beide mit s. Du tauscht zudem die bewegten Objekte (Beobachter statt Strecke) und die Sicht (die des ruhenden statt die des bewegten Beobachters) aus.

    Nach diesem Ansatz geben Deine weiteren Ausführungen Lehrmeinungen zur Längenkontraktion wieder, die sich aus Deinen bisherigen (mE widersprüchlichen) Ausführungen nicht ableiten lassen.

  93. #93 Karl-Heinz
    1. April 2020

    @Peter Strohmayer

    Aber die Ausdrücke
    2l/√(c²-v²) und 2l/[c*√(1-v²/c²)] sind doch äquivalent.

  94. #94 Peter Strohmayer
    1. April 2020

    Nun zur Hauptsache:
    Aldemarin #89
    “Nur eine Rückkehr des Signals repräsentiert einen kompletten Schlag einer Lichtuhr (…), da so Probleme der Gleichzeitigkeit vermieden werden. (…) Vom Aufgeben einer Argumentationslinie kann hier keine Rede sein, ging es doch lediglich darum zu zeigen, dass der Zeitverlauf bei einer longitudinal bewegten Lichtuhr gleich schnell wie der einer transversal bewegten erscheint, und das wurde bewiesen.”

    Dem kann ich nicht zustimmen.
    Die Argumentationslinie ging bei der bewegten Lichtuhr dahin, dass eine, und nur eine (angeblich beliebige) Ausbreitung des Photons analysiert wurde (Karl-Heinz #78: “Das Aussenden des Photons vom oberen Spiegel soll zum Zeitpunkt t0 = 0 geschehen. Das Erreichen des unteren Spiegel soll zum Zeitpunkt t1 geschehen.”). Demnach musste sich die Prozessdauer von t (aus Sicht der Lichtuhr) auf t’ (aus Sicht des ruhenden Beobachters) um den Lorentzfaktor verlängert haben, damit der ruhende Beobachter das Photon auf der im Vergleich zur Länge der Lichtuhr um den Lorentzfaktor längeren schrägen Bahn auch mit c “sieht”.

    Mit der Betrachtung eines “kompletten Schlags” wird eine andere (richtigere) Argumentationslinie verfolgt. Die hat aber nichts mehr mit dem (verfehlten) ursprünglichen Ansatz zu tun, dass der ruhende Beobachter die von bewegten Lichtquellen ausgesendete Lichtstrahlen mit c “sehen” muss.

    Es mag ja sein dass Du, “… konsequent immer c für die Geschwindigkeit des Photons angenommen” hast und dass “das Licht … auf Hin- und Rückweg genau gleich schnell” ist.

    Aber mit der aus Deiner Berechnung abgeleiteten Zeitkorrektur kommst Du eben nicht mehr zu dem – zB von Karl-Heinz #78 apodiktisch zu Grunde gelegten – Denkansatz, dass der ruhende Beobachter die in der bewegten, nun liegenden Lichtuhr ausgesendeten Lichtstrahlen mit c “sieht”.

    Bei einem von der Lichtuhr mit der Länge l in die Bewegungsrichtung ausgesendeten Lichtstrahl ist die Photonenbahn aus Sicht des ruhenden Beobachters um den Faktor (1+v)/sqr(1-v2/c2) länger als l, daher müsste die Zeit – nach der Diktion des Physiklehrers – beim bewegten Beobachter (Lichtuhr) um den Faktor sqr(1-v2/c2)/(1+v) langsamer vergehen, damit der ruhende Beobachter diesen Lichtstrahl mit c “sieht”.
    Bei einem von der Lichtuhr mit der Länge l gegen die Bewegungsrichtung ausgesendeten Lichtstrahl ist die Photonenbahn aus Sicht des ruhenden Beobachters um den Faktor (1-v)/sqr(1-v2/c2) kürzer als l, daher müsste die Zeit – nach der Diktion des Physiklehrers – beim bewegten Beobachter (Lichtuhr) um den Faktor sqr(1-v2/c2)/(1-v) schneller vergehen, damit der ruhende Beobachter diesen Lichtstrahl mit c “sieht”.
    Da das klarerweise Unsinn ist, kann auch die Argumentation des Physiklehrers nicht stimmen. Das “sehen mit c” (und die in diesem Erklärungsmodell verpackte newtonsche Mechanik #67) ist kein brauchbares Erklärungsmodell.
    Wenn Du der Überzeugung bist, dass es Dir eine richtige Vorstellung von der SRT verschafft hat, will ich Dir diesen Glauben nicht ausreden. Es ist ja sehr unterhaltsam, den Gedanken eines Menschen kritisch zu folgen, der sich auf dieser Basis an die Frage, was ist Zeit, heranwagt.

  95. #95 Peter Strohmayer
    1. April 2020

    Karl-Heinz #93
    Das war jetzt das 101. te Mal. Ihr habt natürlich Recht (ich war beim herausheben des c aus der Wurzel stecken geblieben und habe nicht gemerkt, dass es wieder hinein gehoben wurde.)
    Rechnen macht trotzdem Spaß.

  96. #96 Alderamin
    1. April 2020

    @Peter Strohmayer

    Aber mit der aus Deiner Berechnung abgeleiteten Zeitkorrektur kommst Du eben nicht mehr zu dem – zB von Karl-Heinz #78 apodiktisch zu Grunde gelegten – Denkansatz, dass der ruhende Beobachter die in der bewegten, nun liegenden Lichtuhr ausgesendeten Lichtstrahlen mit c “sieht”.

    Abgesehen davon, dass ich ja genau so gerechnet habe (wie gesagt, ohne Doppler, der bei tangentialer Bewegung auch nicht anfällt): Das muss man auch gar nicht zeigen, das ist doch gerade die Voraussetzung der ganzen speziellen RT: alle Beobachter sehen Licht immer gleich schnell. Genau daraus leitet sich doch die Lorentztransformation ab. Man kan daraus folgern, dass die Lichtuhr langsamer tickt (egal ob sie transversal oder longitudinal ausgerichtet ist – das darf von der Logik her ja auch schon keinen Unterschied machen, sonst wäre die Transformation falsch).

    Man sollte sich nicht an dem Wort “sehen” festbeißen. Es geht nicht darum, ob ein Beobachter ein Photon wirklich sieht, es geht darum, wie sich im Modell Licht für verschiedene Initialsysteme ausbreitet und was daraus für bestimmte Messungen folgen würde (z.B. könnte man das Ticken der Lichtuhr messen, wenn sie nach jedem Schlag ein Lichtsignal abgäbe – oder man nimmt eine echte Uhr, die mit der Gedankenexperiment-Uhr synchron laufen muss, und die würde dann echt langsamer vergehen. Den Doppler muss man ggf noch dazu rechnen, je nachdem in welche Richtung sich der bewegte Beobachter relativ zum ruhenden bewegt.

    Ich hab’ mich hier in die Diskussion gemischt, weil ich den Aspekt mit der liegenden Uhr interessant fand und würde mich dann auch wieder rausmischen wollen, damit mir keiner nachsagt, dass ich unbedingt Recht behalten will (wobei ich jetzt nicht wirklich den Unterschied zu Deiner Argumentation sehe, dass die Lichtuhr irgendwie untauglich sei, die Lorentztransformation zu begründen). Vielleicht übernimmt Karl-Heinz dann wieder, von dem auch die #78 stammt, der mir dankenswerter Weise schon die Antwort auf #91 abgenommen hat. 😉

  97. #97 Peter Strohmayer
    1. April 2020

    Alderamin #96
    “… gerechnet habe (wie gesagt, ohne Doppler, der bei tangentialer Bewegung auch nicht anfällt)”.

    Soweit ich es verstehe, fällt der transversale Dopplereffekt an. Er besteht hier darin, dass sich die Frequenz einer vorbeibewegten Lichtuhr um den Lorentzfaktor verlangsamt (tritt umgekehrt bei ein und demselben Vorbeikommen auch beim anderen Beobachter auf). Das hast Du ausgerechnet. Es liegt mE nicht nahe, das als ein langsameres Vergehen von Zeit bei irgend einem der Beobachter zu deuten. Aber ich muss – gemahnt und geläutert in #95 – auch nicht unbedingt Recht behalten.

  98. #98 Karl-Heinz
    1. April 2020

    @Peter Strohmayer

    Transversal gibt es an und für sich keinen Dopplereffekt, jetzt abgesehen von der Zeitdilatation. Kannst du mir sagen, wie ein klassischer Doppeleffekt zustande kommt?

  99. #99 Peter Strohmayer
    1. April 2020

    @Karl-Heinz
    “Transversal gibt es an und für sich keinen Dopplereffekt, jetzt abgesehen von der Zeitdilatation.”

    Der transversale Dopplereffekt ist der Effekt, den manche, und eben auch Du mit diesem Satz, auf ein langsamer Vergehen der Zeit beim bewegten Objekt zurückführen. Ich schließe mich dieser Ansicht nicht an, weil auch alle anderen Dopplereffekte nichts mit einem anderen Vergehen von Zeit zu tun haben, was sich zB daran zeigt, dass sie alle symmetrisch sind.

  100. #100 Karl-Heinz
    1. April 2020

    @Peter Strohmayer

    Wenn man nur ein bisschen nachdenkt, dann kommt man ziemlich schnell drauf, woher die Symmetrie kommt.

  101. #101 Peter Strohmayer
    1. April 2020

    @Karl-Heinz

    Die Symmetrie kommt dadurch zu Stande, dass sich zwei Koordinatensysteme mit synchronisierten Uhren (die über das jeweilige Gitternetz verteilt sind) aneinander vorbei bewegen, und nun die Uhr, die bei sich beim jeweiligen Beobachter (im jeweiligen Koordinatenursprung) befindet, einer Uhr des vorbeikommenden Gitternetzes begegnet, deren Zeiger zunehmend weiter vorausgehen.
    Die Abweichung der Uhrenanzeigen hat eine Ursache: die gemeinsame Wirkungsausbreitung zweier Lichtstrahlen mit c, unabhängig davon, wie sich die Lichtquellen relativ zueinander bewegen. Dies verbunden mit der Tatsache, dass Längen und Zeiten mit diesen Lichtstrahlen gemessen werden.
    Zwei von der Uhr im Ursprung gegebene Signale werden daher im anderen System mit größerem zeitlichen Abstand gemessen.

    Was ist bei Deinem bisschen Nachdenken herausgekommen?

  102. #102 Karl-Heinz
    2. April 2020

    @Peter Strohmayer

    Ganz habe ich dein Konzept der konstanten Wirkungsausbreitung nicht verstanden. Machen sie gleiche Voraussagen im Vergleich zur herkömmliche Theorie, oder gibt es Unterschiede?

  103. #103 Peter Strohmayer
    2. April 2020

    @ Karl-Heinz
    Das ist nicht mein Konzept. Ich betone es nur. Es handelt sich um die gemeinsame Ausbreitung der Signalfronten zweier Kugelwellen aus Licht, die von zueinander bewegten Beobachtern bei ihrer Begegnung ausgesendet werden.
    Bertrand Russell, Das ABC der Relativitätstheorie, 1928, 40, beschreibt das so: “Wenn ein Lichtstrahl [Kugelblitz] von einem Körper ausgesandt wird, so bleibt der Körper während der [konzentrischen] Ausbreitung der Lichtwelle[n] in ihrem Mittelpunkt, wie er sich auch (gleichförmig) bewegen mag ….” [
    Keine der Photonen die in den Signalfronten davoneilen, können sich gegenseitig überholen. Die Signalfronten bilden eine (sich der herkömmlichen euklidischen Vorstellung entziehende) gemeinsame Fläche. Für jeden Beobachter legt die Siganlfront das an Weg zurück, was sie an Zeit dafür benötigt (x2+y2+z2=t2; x’2+y’2+z’2=t’2).

    Was ich mache, ist das sinnlose und irreführende “Beobachten” von Photonen (mit der newtonschen Mechanik im Kopf) konsequent durch eine bei Begegnung der Beobachter erfolgende gemeinsame Aussendung von sich zwingend gemeinsam ausbreitenden Photonen hin zu einem Ereignis zu ersetzen (wie Du das im Grunde in #78 gemacht hast), weil das die Sache exakt trifft.
    Das ist die ganze SRT.

  104. #104 Karl-Heinz
    2. April 2020

    @Peter Strohmayer

    Kann es dann in deinen Augen so etwas wie ein Zwillingsparadoxon überhaupt geben?
    Sag jetzt aber nicht die Beschleunigung beim Umkehren sei schuld daran. 😉

  105. #105 Peter Strohmayer
    Wien
    2. April 2020

    @Karl-Heinz
    Was bei der Beschleunigung im Allgemeinen stattfindet (die Eigenzeit des Beschleunigten bleibt hinter der Eigenzeit des Ruhenden zurück), findet beim Zwillingsparadoxon im Besonderen statt (nur wird dort mit unendlich hohen Beschleunigungen gearbeitet).

    Daher die Kontrollfragen: Glaubst Du, dass beim Beschleunigten “die Zeit langsamer vergeht”? Wenn ja, meinst Du nicht dass die Beschleunigung daran schuld ist?

    Und wenn Du meinst, die Beschleunigung hat was damit zu tun, dann kannst Du auch versuchen, den Grund für diese Zeitverschiebung herauszufinden. Mit der “Beobachtung von Photonen” wirst du dabei aber nicht weit kommen. Dann kannst Du aber auch das Zwillingsparadoxon nicht verstehen.

  106. #106 Zweistein
    20. Dezember 2021

    Schöner Artikel. Aber im Teil 2 stimmt irgendetwas nicht: “Dass dem bewegten Beobachter die Signallampen simultan erscheinen, wird der ruhende Beobachter darauf zurück führen, dass das Licht der hinteren Signallampe nun den mit dem Zug bewegten Beobachter erst einholen muss und somit den gesamten Zeitvorsprung wieder einbüßt, während der Zugpassagier dem Licht der vorderen Signallampe entgegen kommt, so dass es seinen Zeitrückstand durch das spätere Auslösen genau wieder aufholt und gleichzeitig mit dem Licht der hinteren Lampe eintrifft.”

    -Das behauptet also, dass das Lichtsignal am Waggonanfang später als am Waggonende eintrifft, und der bewegte Beobachter in der Waggonmitte das nur nicht bemerkt, weil die jeweiligen Rückwege der Informationen das umgekehrte Phänomen erfahren und das unterm Strich ausgleicht.
    Wenn man das Gedankenexperiment aber ein wenig erweitert, dann wird augenfällig, dass die Argumentation so nicht stimmen kann: Wenn man an den beiden Lichtsensoren jeweils eine Uhr und eine Vorrichtung vorsieht, die beim Eintreffen des Lichtsignals einen Zeitstempel des Ereignisses protokolliert, dann gilt doch folgendes: Der bewegte Beobachter wird feststellen, dass beide Vorrichtungen denselben Zeitpunkt in ihren Logfiles für das Eintreffen des Lichtstrahls festgehalten haben. Und auch der externe Beobachter am Bahnsteig wird bestätigen, dass beide Uhren immer dieselbe Zeit anzeigen (dass diese dann wiederum von der Zeit des externen Beobachters abweichen mag, ist etwas anderes; hier geht es erst mal nur darum, dass die beiden Uhren im Waggon unter sich betrachtet synchron sind).

    Bremst der Zug nachher ab und steht still, so dass sich beide Beobachter abgleichen können, dann sind die Zeitstempel in den Logfiles ja nach wie vor unverändert wirklich und geben an, dass sie identisch sind.

    Welche Zeit aber hat der externe Beobachter dann auf der Uhr am Waggonende gesehen, als er dort den Lichstrahl eintreffen sah? Und welchen (anderen!) Zeitpunkt hat er auf der Uhr am Waggonanfang gesehen, als nach seiner Meinung der Lichtstrahl dann “später” am Waggonanfang eintraf?

    Der Artikel beschreibt ja, dass dies aus Sicht des externen Beobachters zwei unterschiedliche Zeitpunkte waren. Wenn er aber zugleich die ganze Zeit über die beiden Uhren im Gleichtakt gesehen hat und trotzdem behauptet, dass das Licht am Waggonanfang später eingetroffen sei als am Waggonende, dann muss er ja notwendigerweise _unterschiedliche_ Zeiten auf den beiden Uhren abgelesen haben. Und das ist ein Widerspruch dazu, dass der bewegte Beobachter und die Logfiles denselben Zeitpunkt protokolliert haben?

  107. #107 Alderamin
    20. Dezember 2021

    @Zweistein

    Wenn man das Gedankenexperiment aber ein wenig erweitert, dann wird augenfällig, dass die Argumentation so nicht stimmen kann: Wenn man an den beiden Lichtsensoren jeweils eine Uhr und eine Vorrichtung vorsieht, die beim Eintreffen des Lichtsignals einen Zeitstempel des Ereignisses protokolliert, dann gilt doch folgendes: Der bewegte Beobachter wird feststellen, dass beide Vorrichtungen denselben Zeitpunkt in ihren Logfiles für das Eintreffen des Lichtstrahls festgehalten haben. Und auch der externe Beobachter am Bahnsteig wird bestätigen, dass beide Uhren immer dieselbe Zeit anzeigen (dass diese dann wiederum von der Zeit des externen Beobachters abweichen mag, ist etwas anderes; hier geht es erst mal nur darum, dass die beiden Uhren im Waggon unter sich betrachtet synchron sind).

    Nein. Wir haben hier ein prinzipielles Problem mit der Gleichzeitigkeit, das auch für die beiden Uhren zutrifft. Die müssen ja zunächst einmal synchron gestellt werden.

    Wie macht der Beobachter im Zug das? Zwei Möglichkeiten:
    1) Er bringt beide Uhren an den Waggonenden an, begibt sich zur Mitte, und sendet an beide ein Synchronisationsignal, dass sie gleich stellt. Das ist nichts anderes als das Aussenden des Lichts. Die Uhren laufen für ihn gleich, aber der ruhende Beobachter wird sagen, die Uhr am hinteren Ende geht vor, weil sie den Synchronisationspuls zuerst erhalten hat, vor der vorderen Uhr. Da sie vorgeht, wird sie das spätere Eintreffen der Photonen zu späterer Zeit registrieren, als sie es sollte, wenn sie “wirklich” mit der vorderen Uhr synchron wäre. Sie misst lediglich dieselbe Differenz zwischen der Synchronisation und dem Eintreffen der Photonen wie die vordere Uhr, weil Synchronisation und Photonen den selben Mechanismus verwenden. Nur deswegen zeigen sie schließlich denselben Wert an.

    2) Er synchronisiert beide Uhren in der Mitte des Zuges und trägt dann die Uhren zu den Enden des Zuges. Sie werden ihm dann wieder synchron erscheinen und ein gleichzeitiges Eintreffen der Lichtpulse anzeigen.
    Der ruhende Beobachter wird aber beobachten, dass die nach hinten getragene Uhr aufgrund ihrer langsameren Relativbewegung in Bezug auf ihn (sie ist auf dem Weg langsamer als der Zug!) weniger Zeitdilatation erfahren wird, also geht sie schneller als während sie relativ zum Zug ruhte. Umgekehrt wird die Uhr, die nach vorne gebracht wird, mehr Zeitdilatation erfahren und langsamer gehen. Folglich wird er berichten, dass die hintere Uhr gegenüber der vorderen vorgeht, wenn sie an ihren Plätzen hängen und das Ganze sieht dann für ihn wieder genauso aus wie in Fall 1.

    Wenn es nach dem ruhenden Beobachter ginge, würde er die Uhren synchronisieren, z.B. indem er der vorderen Uhr einen Startpuls gibt, wenn sie ihn passiert, und der hinteren Uhr einen Puls, sich auf tWaggonpassage zu stellen (also auf die Zeit, die die hintere Uhr mehr gebraucht hat, um seine Höhe zu erreichen), sobald sie ihrerseits ihn passiert. Dann wären die Uhren aus seiner Sicht synchron und würden dem Zuginsassen klar beweisen, dass die Photonen der Quelle zuerst hinten ankommen und dann vorne.
    Der Zuginsasse würde hier aber Foul reklamieren, denn schließlich läuft aus seiner Sicht die Uhr des Beobachters am Bahnsteig viel zu langsam, so dass er der hinteren Uhr nicht die wirkliche Zeit übermitteln würde, die der Waggon gebraucht hat, um ihn zu passieren, sondern einen kleineren Wert, so dass die hintere Uhr gegnüber der vorderen nachgehen muss (bei einem größeren Wert würde die Uhr auf eine größere, spätere Zeit gestellt). Dann wäre es kein Wunder, wenn sie nachher das Eintreffen der Photonen verfrüht anzeigte.

    Das Problem ist, dass man es nicht beiden “gleichzeitig” recht machen kann, weil die Gleichzeitigkeit bei beiden wirklich verschieden ist.

  108. #108 Peter Strohmayer
    Wien
    20. Dezember 2021

    #Zweistein 106
    Die Uhren mit den Logfiles sind vom bewegten Beobachter synchronisiert worden und ruhen im bewegten Bezugssystem (Zug). Sie weisen den Zeitpunkts des Ankommens der beiden Lichtsignale aus Sicht des bewegten Beobachters aus. Der ruhende Beobachter kann diese Zeitstempel später überprüfen und findet die Gleichzeitigkeit bestätigt.

    Der ruhende Beobachter muss die Zeitpunkte des Eintreffens der Lichtsignale mit seinen eigenen synchronisierten Uhren messen, die in seinem Bezugssystem (Bahnsteig) ruhen. Und diese Uhren, die jeweils an den Uhren des bewegten Beobachters an den beiden Enden des Zuges vorbeikommen, wenn die Lichtpulse eintreffen, weisen voneinander abweichende Zeitstempel des Eintreffens dieser Lichtpulse aus. Das wiederum kann der bewegte Beobachter bestätigen, wenn er später in die Logfiles der Uhren des ruhenden Beobachters Einblick nimmt.

    Die Missverständnisse bei der SRT kommen dadurch zu Stande, dass man angeblich ein Photon “beobachtet”, das von einem bewegten Beobachter ausgesendet wurde oder dass man die Zeit “langsamer vergehen sieht” usw. Man kann aber kein Photon von der Seite beobachten und auch nicht Zeiten mit Uhren messen, die sich bewegen.

    Das Verständnis wird erleichtert, wenn man davon ausgeht, dass der ruhende und der bewegte Beobachter bei ihrer Begegnung je einen Lichtpuls in einer Weise aussenden, dass sich die Photonen an deren Spitzen gemeinsam ausbreiten und gemeinsam bei einem Ereignis (zB dem Eintreffen an einem Zugende) eintreffen. Die unterschiedliche Länge der Ausbreitungen dieser beiden Lichtpulse entsprechen den jeweils aus der Sicht der beiden Beobachter vergangenen Zeitspannen, die aus geometrischen Gründen zueinander im Verhältnis der Lorentz-Transformation stehen.

  109. #109 Alderamin
    20. Dezember 2021

    @Peter Strohmayer

    Die Missverständnisse bei der SRT kommen dadurch zu Stande, dass man angeblich ein Photon “beobachtet”, das von einem bewegten Beobachter ausgesendet wurde oder dass man die Zeit “langsamer vergehen sieht” usw. Man kann aber kein Photon von der Seite beobachten und auch nicht Zeiten mit Uhren messen, die sich bewegen.

    Das sind sogenannte “Gedankenexperimente” mit denen man sich den Ablauf gedanklich veranschaulicht. Niemand misst das so. Niemand kann einem Photon bei der Ausbreitung zusehen (na ja…Pulsen schon).

    Es ist aber nachvollziehbar, dass der Ablauf so wie beschrieben sein muss, wenn die Lichtgeschwindigkeit in allen Bezugssystemen konstant ist, was man wiederum messen kann. Und das langsamer Vergehen von Zeit in einem bewegten System kann man als transversalen Dopplereffekt, der ohne Zeitdilatation 0 wäre, durchaus beobachten, denn Lichtwellen können auch als Uhrennormal verwendet werden. Hier wurde der Dopplereffekt von mit Laserlicht bestrahlten schnellen Ionen bestimmt und so die Zeitdilatation nachgewiesen.

  110. #110 Peter Strohmayer
    Wien
    21. Dezember 2021

    @Aldemarin #107
    Den Überlegungen zur Synchronisation vermag ich mich nicht anzuschließen. Die angeblichen Auswirkungen des Uhrentransports sind nicht nachvollziehbar, weil jede Uhr beim Transport zeitlich zurück bleibt, unabhängig davon, an welchem Zugsende sie wieder zur Ruhe kommt. Der Ansatz krankt zudem daran, dass bewegte bzw. beobachtete Uhren synchronisiert werden sollen. Das angebliche “Beobachten” von Zeiten, Uhren und Photonen ist eben die Quelle aller Missverständnisse. Auch scheint ein Bewusstsein dafür zu fehlen, dass nicht alle bewegten Uhren “langsamer gehen” (richtig: nach L-T eine weniger fortgeschrittene Zeit anzeigen), sondern nur diejenige der Uhren des anderen Systems, die einem Beobachter gerade begegnet.

    Ich bevorzuge folgende Synchronisationsmethode: Im Bezugssystem jedes Beobachters sind jeweils ruhende Uhren im Raum verteilt, die jeweils mit einer bei Begegnung der beiden Beobachter ausgesendeten Kugelwelle aus Licht synchronisiert (auf Null gestellt) werden.

    Da die “Lichtgeschwindigkeit” bei beiden gleich ist, können niemals zwei Uhren, die in einem System die gleiche Zeit anzeigen (gleichzeitige Ereignisse in einer bestimmten räumlichen Entfernung messen), zwei Uhren des anderen Systems begegnen, die ebenfalls die gleiche Zeit anzeigen und dieselbe räumliche Entfernung voneinander aufweisen (nachzuprüfen mit der L-T und anschaulich verstehbar mit zwei vom jeweiligen Beobachter ausgesendeten Lichtpulsen, deren Photonen an der Spitze sich gemeinsam ausbreiten, während sich die Beobachter voneinander entfernen, sodass die Längen der Ausbreitung und damit die zeitlichen und räumlichen Entfernungen zum Ereignis des Ankommens verschieden sind).

    Das ist die Situation im Zug. Aus Sicht des bewegten Beobachters finden die Ereignisse gleichzeitig in der Entfernung einer Zugslänge voneinander statt. Aus der Sicht des ruhenden Beobachters finden die Ereignisse nicht gleichzeitig und in einer größeren Entfernung als eine Zugslänge voneinander statt. Wenn die Längenkontraktion der Entfernung der Ereignisse des Eintreffens an den Zugsenden voneinander nicht ebenso klar ersichtlich ist, ist das ein Indiz dafür, dass untaugliche Erklärungsmuster verwendet werden (siehe oben #15ff). Das Auseinanderfallen der Zeit ist genau so wichtig wie das Auseinanderfallen des Raums, beides hat ein und dieselbe Wurzel, die beides mit der gleichen Notwendigkeit nach sich zieht.

    #109 Zum transversalen Dopplereffekt. Beim relativistischen Dopplereffekt ist die Nullrichtung des Lichteinfalls, bei der kein Dopplereffekt eintritt, gegen die Bewegungsrichtung verschoben. Sonst besteht insoweit kein Unterschied zum klassischen DE. Insgesamt sind diese Frequenzverschiebungen bei gleicher “Lichtgeschwindigkeit” energetische Prozesse, die uU mit einer Zeitdilatation einhergehen, aber nicht auf dieser aufbauen. Niemand würde die höhere Frequenz eines sich nähernden Folgetonhorns dahin deuten, dass dort die Zeit schneller vergeht, zumal Dopplereffekte auf Gegenseitigkeit beruhen und die Überlegungen zu einer angeblich anders vergehenden Zeit ein Nullsummenspiel sind.

  111. #111 Frank Wappler
    23. Dezember 2021

    Alderamin schrieb (#109, 20. Dezember 2021):
    > […] Hier [ https://arstechnica.com/science/2014/09/time-dilation-measured-at-40-percent-of-the-speed-of-lightin-the-lab/ bzw. B. Botermann et al., PRL 113, 120405 (2014) u. Erratum PRL 114, 239902 (2015) ] wurde der Dopplereffekt von mit Laserlicht bestrahlten schnellen Ionen bestimmt und so die Zeitdilatation nachgewiesen.

    Die Verfahren der (S)RT zum Vergleich von Frequenzen waren von vornherein bekannt, bleiben unverändert bestehen, und bedürfen keiner nachträglichen “Bestimmungen” oder “Nachweise”.

    Was Botermann et al. dagegen vor Durchführung ihrer Versuche nicht wussten und nicht wissen konnten, und was sie hätten messen können, wenn sie gewollt hätten, bzw. was sich aus ihren (z.B. hier einsehbaren ausführlicheren Angaben) durch Anwendung dieser RT-Verfahren noch immer schließen lässt, ist stattdessen:

    dass die relevanten Anregungsfrequenzen der von Botermann et al. untersuchten Ionen gegenüber Befunden anderer, früherer Messungen (an anderen Exemplaren von nominell gleichen Ionen, in anderen Versuchen, Referenzen [21, 22]) nicht wesentlch ungleich waren.

  112. #112 Frank Wappler
    3. Januar 2022

    Alderamin schrieb (20. Dezember 2021):
    > […] 1) […] beide Uhren an den Waggonenden [… Die Waggon-]Mitte […] sendet an beide ein Synchronisationssignal, dass sie gleich stellt.

    Dieses Verfahren entspricht offenbar der Gleichzeitigkeits-Definition von Comstock (1910), die als naheliegende Ergänzung der wohl bekannteren Gleichzeitigkeits-Definition von Einstein (1916/17) aufgefasst werden kann;
    zusammen mit der (naheliegenden) Festsetzung, dass (voneinander getrennte, gegenüber einander ruhende) Uhren genau dann als “synchron laufend” gelten, falls (alle Paare von) deren gleichzeitige Anzeigen jeweils “auf gleiche Ablesewerte gestellt” waren, ihnen also jeweils gleiche Ablesewerte zugeordnet waren.

    > aber der ruhende Beobachter[-Bestandteil des Bahnhofs] wird sagen, [dass] die Uhr am hinteren Ende […] den Synchronisationspuls zuerst erhalten hat, vor der vorderen Uhr.

    Ganz bestimmt nicht; denn damit würde improper Weise die zeitliche Reihenfolge der Signal-Empfangs-Anzeigen der Bahnhofsuhren den Signal-Empfangs-Anzeigen der Waggonuhren zugschrieben.

    > […] 2) [… Transport von in der Mitte gleich gestellten] Uhren zu den Enden des Zuges.

    Dieses (“Synchronisations”-)Verfahren würde womöglich von den stillschweigenden Annahmen begleitet,

    – dass diese beiden Uhren mit gleichen Gangraten weiterliefen, während sie voneinander getrennt waren, und/oder

    – dass diese beiden Uhren mit (entgegengesetzt) gleichen Geschwindigkeiten durch den Waggon transportiert würden.

    Zur Prüfung und eventuellen Gewährleistung jeder dieser Annahmen sind Messmethoden der Art (1) aber ohnehin erforderlich.

    p.s. — ScienceBlogs-Kommentar-HTML-Test:

    “t<sub>Waggonpassage</sub>” wird dargestellt als: “tWaggonpassage”.

    p.p.s.

    > Wenn es nach dem ruhenden Beobachter[-Bestandteil des Bahnhofs, “B”] ginge, würde er die [Waggon-(?!)-]Uhren synchronisieren, z.B. indem er der vorderen Uhr einen Startpuls gibt, wenn sie ihn passiert, und der hinteren Uhr einen Puls, sich auf t_{Waggonpassage} zu stellen (also auf die Zeit, die die hintere Uhr mehr gebraucht hat, um seine Höhe zu erreichen), sobald sie ihrerseits ihn passiert. Dann wären die Uhren aus seiner Sicht synchron […]

    Ist damit die (in Kommentar #107 nicht ausdrücklich dargelegte) Annahme verbunden, dass die

    Gangrate (sowohl der vorderen als auch der hinteren Uhr) =
    t_{Waggonpassage} /
    Dauer_der_hinteren_Uhr[ von ihrer Anzeige gleichzeitig zur Anzeige der vorderen Uhr bei Passage des B, bis zu ihrer Anzeige der Passage des B ]

    ?

    Falls so, dann wäre diese beschriebene “Sicht” bzw. Synchronisierungs-Methodik konsistent zur oben dargelegten Festsetzung, dass (voneinander getrennte, gegenüber einander ruhende) Uhren genau dann als “synchron laufend” gelten, falls (alle Paare von) deren gleichzeitige Anzeigen jeweils “auf gleiche Ablesewerte gestellt” waren, ihnen also jeweils gleiche Ablesewerte zugeordnet waren.