Die deutschen Hochschulrektoren tagen in der Universität Jena – und vor der Tür stehen die Studenten und protestieren. Alles wird neu, alles wird besser, meinen die Rektoren – aber Geld ausgeben will auch niemand.
An den deutschen Unis wird ja zur Zeit überall reformiert und erneuert. Bachelor-Studiengänge werden eingeführt und prinzipiell soll alles besser werden. Die Studenten müssen “fit für den Arbeitsmarkt” werden; schneller studieren und im internationalen Vergleich besser sein. Wie das am besten umzusetzen ist, darüber diskutiert zur Zeit die deutsche Hochschulrektorenkonferenz in Jena.
Ich finde ja, man sollte erstmal generell über die Frage diskutieren, ob es überhaupt sinnvoll ist, das Studium den Wünschen des Arbeitsmarktes anzupassen. Natürlich soll ein Studium nicht welt- und praxisfremde Wissenschaftler hervorbringen, die später keinen Job finden. Aber nur so schnell wie möglich Absolventen zu erzeugen, die perfekt an die Wünsche von Wirtschaft und Industrie angepasst sind kann auch keine optimale Lösung sein. Es wird ja gerne vergessen, das die Grundlagenforschung, nun ja, die Grundlage für die bestehende Technologie ist. Und es liegt in der Natur der Grundlagenforschung das man meistens vorher nicht genau weiß, was für Ergebnisse man erhält – deswegen macht man diese Forschung ja. Und wenn man Ergebnisse hat, dann dauert es unter Umständen noch sehr lange, bis die irgendwo konkrete Anwendungen finden können. Unter dem ständigen Druck nach “praxisnahen” Studien, nach schnellen Patenten und Möglichkeiten Geld zu verdienen rückt die Grundlagenforschung immer weiter in den Hintergrund. Das mag zwar kurzfristig kein Problem sein – aber mittelfristig kann es nur dann wirklichen Fortschritt und Innovation geben, wenn auch die Grundlagenforschung ausreichend gefördert wird. Es muss außerdem dafür gesorgt werden, dass es in der Grundlagenforschung genügend Nachwuchs gibt – und hier kommt wieder die Hochschulrektorenkonferenz ins Spiel. HRK-Präsidentin Prof. Margret Wintermantel sagt:
“In der Wissensgesellschaft ist gute Hochschulbildung eine zentrale
Ressource. Der demographische Wandel zeigt uns, dass wir nach 2020
immer weniger Studierende haben werden und wir deshalb jetzt die Chance
nutzen müssen, die starken Jahrgänge wirklich gut auszubilden. Wir
müssen die Lehre viel stärker als bisher individualisieren, das heißt
am Lernprozess des einzelnen Studierenden ausrichten.
Hochschulausbildung braucht Raum für den akademischen Diskurs und
individuelle Schwerpunktsetzungen. Dazu braucht es entsprechende
Lehrprogramme.”
Sie sagt weiter:
“Wenn es unser Ziel ist, den Absolventen wissenschaftliche Kompetenzen
mitzugeben und Problemlösungsfähigkeit, dann muss die Lehre darauf
ausgerichtet sein”
Das klingt ja alles prinzipiell mal nicht schlecht. Man darf nur nicht den Fehler machen, die Lehre an den Universitäten weiter zu “verschulen”. Wie Prof. Wintermantel gesagt hat ist eine der allerwichtigsten Eigenschaften eines Wissenschaftler die Fähigkeit eigenständig zu denken und selbst Probleme zu erkennen und zu lösen! Aber leider wird diese Fähigkeit an den Universitäten oft nicht mehr wirklich gefördert. Die Studienpläne sind minutiös durchgeplant und man hat fast keine Möglichkeit mehr die Vorlesungen an die eigenen Interessen und Fähigkeiten anzupassen. In den Übungen und Praktika läuft es oft ab wie in der Schule; auch hier wird den Studenten nicht immer die Möglichkeit gegeben, eigenständig zu arbeiten und kreativ zu sein – besser ist es die Musterlösung des Professor möglichst genau zu reproduzieren. Diplom- und leider oft auch Doktorarbeiten werden nicht immer nur einfach “betreut” – sondern eher “in Auftrag gegeben”; der Student arbeitet dann nicht mehr größtenteils selbständig sondern macht nur das, was ihm vom Betreuer aufgetragen wird. Das fördert die Fähigkeit eigenständig zu arbeiten natürlich auch nicht wirklich.
Die Lehre an den Universitäten ist also tatsächlich von fundamentaler Wichtigkeit für die Qualität der Wissenschaftler und der Wissenschaft. Umso schlimmer, dass sie niemanden wirklich zu interessieren scheint. Auch wenn die HRK nun die Bedeutung der Lehre an den Universitäten betont – “einfach so” lässt sie sich nicht so schnell verbessern. Was zum Beispiel auf jeden Fall nötig wäre, ist mehr Personal! Das kostet natürlich Geld – und Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus hat sich auch gleich beeilt um klarzuzstellen, dass es für die Unis in Thüringen keine zusätzlichen Mittel geben wird und meinte dass man “die vorhandenen Mittel effektiv und konzentriert einsetzen soll” – was immer das auch konkret bedeuten mag…
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