Diesen Stern hat vermutlich jeder schon einmal gesehen – auch wenn ihn nicht jeder erkannt hat. Aber wer schon einmal den Nachthimmel betrachtet hat, hat sicherlich den hellsten Stern dort bemerkt: Sirius. Nicht nur astronomisch ist dieser Stern interessant – es gibt auch viele Leute, die behaupten, das Außerirdische aus dem Sirius-System die Erde besucht haben…
Mit einer Helligkeit von -1.46 Magnituden gehört Sirius zu den hellsten Objekten am Himmel. Und wenn man sich nicht gerade zufällig nördlich des 74. Breitengrades befindet, ist er auch immer sichtbar. Genaugenommen ist er aber nicht der hellste Stern – das ist die Sonne. Auch einige Planeten (Merkur, Venus, Mars und Jupiter) und der Mond erscheinen heller. Aber von den Sternen, die am Nachthimmel sichtbar sind, ist keiner heller als der “Hundsstern“. Diesen Namen trägt Sirius, weil er zum Sternbild Canis Major – dem großen Hund – gehört. Wenn dieses Sternbild in den Morgenstunden aufgeht, dann ist das immer im Sommer und zwar meistens dann, wenn es am heißesten ist – daher kommt auch das Wort “Hundstage”.
Neben dieser Bezeichnung hat Sirius auch sonst einen größeren kulturellen Einfluss gehabt als andere Sterne. Aber bevor ich darauf zu sprechen komme, gibt es erstmal ein paar astronomische Fakten. Sirius ist etwa doppelt so groß und fünfundzwanzig mal so hell wie wie die Sonne. Die Temperatur an der Oberfläche des Sirius ist mit 10000 Kelvin auch um etwa 4000 Grad höher als die unserer Sonne. Sirius ist auch ein sehr junger Stern – er ist erst 240 Millionen Jahre alt (die Sonne hat dagegen schon knapp 5 Milliarden Jahre auf dem Buckel). Wie jeder Stern bewegt sich Sirius. Der Name “Fixstern” rührt nur daher, dass man die Bewegung der Sterne lange nicht messen konnte. Tatsächlich war Sirius (gemeinsam mit Arktur) einer der ersten Sterne, bei dem diese Eigenbewegung gemessen werden konnte (1718 durch Edmund Halley). Und Sirius bewegt sich auf unser Sonnensystem zu! Aber keine Angst vor weiteren Katastrophenmeldungen – es dauert noch etwa 64000 Jahre bis Sirius sich maximal angenähert hat. Und selbst dann ist er immer noch 8 Lichtjahre entfernt. Er wird dann allerdings ein bisschen heller (~ -1.7 Magnituden) sein als jetzt.
Durch seinen Status als hellster Stern am Himmel hat Sirius natürlich viele der alten Kulturen (die ja aus religiösen Gründen meist an den Sternen interessiert waren) beeinflusst. Im alten Ägypten war der Zeitpunkt an dem Sirius das erste Mal morgens aufging eng mit dem Einsetzen der Nilflut verbunden. Auch Sumerer, Babylonier und Assyrer benutzten Sirius als wichtigen Ausgangspunkt für ihre kalendarischen Berechnungen.
Heute am bekanntesten (und umstrittensten) ist aber sicherlich die Rolle, die Sirius in der Mythologie der afrikanischen Dogon (in Mali) spielt. Dazu muss ich aber erst noch ein paar weitere astronomische Eigenschaften von Sirius erläutern: Sirius ist nämlich kein Einzelstern sondern ein Doppelstern. Wenn man das Bild oben, aufgenommen vom Hubbleweltraumteleskop, genau betrachtet, dann sieht man links unten noch einen kleinen hellen Punkt. Das ist Sirius B, ein weißer Zwerg der den Hauptstern, Sirius A, umkreist. Der kleine Begleiter ist mit freiem Auge nicht zu sehen (seine Helligkeit beträgt nur 8.5 Magnituden). Durch den gravitativen Einfluss des Sirius B schwankt Sirius A allerdings ein kleines bisschen. Das ist 1844 dem Astronomen Friedrich Bessel aufgefallen. Er konnte allerdings erst 1862 von Alvan Graham Clark beobachtet werden. Die folgende Grafik (von Wikimedia Commons) zeigt die Umlaufbahn dieses kleinen Begleiters:
Wieder zurück zu den Dogon in Afrika. Auch in dieser Kultur spielt der Sirius eine große Rolle. Der französische Ethnologe Marcel Griaule hat diesen Stamm in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts untersucht und danach einige sehr ungewöhnliche und interessante Dinge veröffentlicht. So wussten die Dogon beispielsweise dass Sirius – genannt sigulu tolo –
von einem kleinerem Stern (po tolo) umkreist wird. Sie wussten außerdem dass po tolo sich auf einer exzentrischen Bahn bewegt und sigulu tolo nicht in deren Mittelpunkt steht. Auch die Periode von po tolo gaben sie korrekterweise mit 50 Jahren an. Und sie wussten das po tolo sehr klein ist; dafür aber enorm schwer (auch eine korrekte Beschreibung für die extrem dichten Weißen Zwerge). Dann gab es noch weitere astronomisch korrekte Beschreibungen der Eigenschaften des Sirius-Systems und sogar Zeichnungen der Umlaufbahn die den modernen Diagrammen erstaunlich ähneln.
Was ist davon zu halten? Zu diesen detaillierten Erkenntnissen kann man ohne astronomische Instrumente und ein umfassendes Verständnis der modernen Astrophysik eigenlich nicht kommen. Erstmal gab es natürlich jede Menge wilde Spekulationen: die Dogon seien die Überbleibsel einer alten hochentwickelten afrikanischen Zivilisation. Robert Temple schrieb in den Siebzigern ein Buch über das Thema namens “The Sirius Mystery” in dem er behauptet, dass Außerirdische aus dem Sirius-System in der Vergangenheit die Erde besucht haben. Dieser Besuch hatte die ägyptische und sumerische Zivilisation enorm beeinflusst und die Dogon seien Nachfahren dieser Zivilisationen. Und selbstverständlich hat sich auch Erich von Däniken dieser Theorien angenommen und sie als einen weiteren Beweis für seine Theorie angesehen, nach der Außerirdische in der Vergangenheit der Erde öfter einen Besuch abgestattet haben.
In Ufologen- und Esoterikkreisen haben sich die mysteriösen astronomischen Kenntnisse der Dogon mittlerweile festgesetzt; die einschlägigen Autoren zitieren voneinander – aber wie üblich bei den Pseudowissenschaftlern macht sich keiner die Mühe, mal die Grundlagen und Quellen zu studieren. Macht man dass, dann ist das Mysterium schnell nicht mehr so mysteriös ;). Griaule hatte seine Forschungen bei den Dogon im Jahr 1931 begonnen. Alle den Dogon bekannten Tatsachen waren damals auch schon der Wissenschaft bekannt. Die Dogon hatten vor 1931 auch schon öfters Besuch von europäischen Missionaren bekommen. Und die könnten den Dogon durchaus von Sirius erzählt haben: Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts konnte man durch Messungen der gravitativen Rotverschiebung bei Sirius nämlich Einsteins allgemeine Relativitätstheorie experimentell bestätigen! Und diese Meldung ging damals weltweit durch alle Zeitungen; war also allen Gebildeten Leuten (zu denen sicher auch Missionare zählen) der damaligen Zeit sicher bekannt. Es spricht auch einiges dafür, dass Griaule (vermutlich unabsichtlich) seine Forschungsergebnisse selbst kontaminiert hatte. Anscheinend hatte er im Gespräch mit den Dogon vieles überinterpretiert und durch seine Fragen und Aussagen gegenüber den Dogon diesen “Mythos” teilweise selbst erschaffen. Arbeiten anderer Antrophologen die sich mit den Dogon beschäftigten konnten Griaules Forschungen nicht verifizieren.
Wie so oft bei scheinbar mysteriösen Dingen hat diese “Theorie” aber eine gewaltige Eigendynamik entwickelt. Und auch heute noch gibt es Unmengen an Esoteriken, Ufologen und Anhängern der Paläo-SETI, die steif und fest an diesen “Dogon-Mythos” glauben. Und wie üblich helfen hier auch keine Erklärungen und Fakten.
Sirius ist jedenfalls einer der faszinierendsten Sterne an unserem Himmel – astronomisch und kulturgeschichtlich!
Weiterführende Informationen:
- Das Buch “Phantastische Wissenschaft: Über Erich von Däniken und Johannes von Buttlar” von Markus Pössel bietet einen enorm detaillierten Überblick über die komplette Geschichte des “Sirius-Rätsels” der Dogon – sehr empfehlenswert!
- Sirius hat eventuell noch einen zweiten Begleiter!
- Sirius der Unglücksbote – Deutsche Sagen und Volksglaube zu Sirius
- Sirius im Röntgenlicht: Astronomy Picture of the Day vom 6. Oktober 2000
- Hier gibts noch jede Menge esoterisch-pseudowissenschaftliches über Sirius
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