Natürlich wirkt immer die Anziehungskraft der Erde – so wie auf der Zeichnung zu sehen ist, folgt die Kugel also der Krümmung der Erde. Wenn die Geschwindigkeit der Kugel schnell genug ist, dann wird die Kugel einmal um die Erde fliegen/fallen und wieder den Ausgangspunkt erreichen. Sie fällt zwar ständig in Richtung Erdboden – da sie aber so schnell ist, krümmt sich die Erde unter ihrer Flugbahn so schnell, das sie den Boden nie erreicht: die Kugel würde sich im Orbit um die Erde befinden. Nichts anderes ist bei Satelliten oder z.B. der internationalen Raumstation ISS der Fall. Und obwohl die Erde die ISS natürlich weiterhin anzieht und gravitativ beeinflusst, spüren die Astronauten dort nichts davon! Sie sind “schwerelos”! (genauso wie man auf der Erde in einem fallenden Fahrstuhl schwerelos wäre)
An Punkt “a”, der dem Mond am nächsten liegt, ist die Anziehungskraft am stärksten (dargestellt durch den längsten Pfeil); stärker als im Zentrum der Erde (“c”) wo die Anziehungskraft wiederum stärker als auf der dem Mond abgewandten Seiten bei Punkt “b” ist. Wie ich oben schon beschrieben habe, spürt man im Zentrum die Anziehungskraft allerdings nicht – wir können also die Anziehungskraft des Mondes relativ zum Erdmittelpunkt betrachten. Das bedeutet, wir müssen dieAnziehungskraft, die in Punkt “c” wirkt von der Anziehungskraft die in den Punkten “a” und “b” wirkt abziehen. Die Kraft ist in Punkt “a” größer als bei “c” – wir bekommen also eine positive (anziehende) Kraft, die in Richtung des Mondes wirkt. Die Kraft bei Punkt “b” ist allerdings kleiner als bei Punkt “c” – wenn wir die Kräfte also subtrahieren, erhält man eine negative (abstoßende) Kraft, die in Richtung des Mondes wirkt. Das ist das selbe, wie eine positive Kraft, die in die entgegengesetzte Richtung wirkt! Im Endeffekt erhalten wir also jeweils eine vom Erdmittelpunkt nach außen gerichtet Kraft in den Punkten “a” und “b”.
Die Tatsache, das die Anziehungskraft des Mondes an verschiedenen Punkten der Erde verschiedene stark ist (“differentielle Gravitation”) führt zusammen mit der Rotation von Erde und Mond um ihren gemeinsamen Massenschwerpunkt dazu, das auf der Erde nicht nur auf der Seite, die dem Mond zugewandt ist, eine Kraft die vom Erdmittelpunkt weg (in Richtung Mond) wirkt, sondern das auch auf der Seite, die dem Mond abgewandt ist, eine Kraft vom Zentrum der Erde nach außen wirkt! Und das ist der Grund, warum es zwei Flutberge auf den gegenüberliegenden Seiten der Erde gibt!
War das schon alles?
Natürlich noch nicht. Denn natürlich übt nicht nur der Mond einen gravitativen Einfluss auf die Erde aus. Die Anziehungskraft der Sonne ist viel stärker als die des Mondes; das ist ja auch der Grund, warum sich die Erde (und der Mond) um die Sonne bewegen. Die Sonne ist zwar viel, viel größer als der Mond – aber auch viel weiter weg? Welchen Einfluss hat das auf die Gezeitenkräfte? Prinzipiell gilt alles das, was ich oben über den Mond gesagt habe, auch für die Sonne. Auch sie verursacht Gezeiten auf der Erde. In diesem Fall ist allerdings die Entfernung der bestimmende Faktor: etwa zwei Drittel der gesamten Gezeitenkräfte, die auf der Erde wirken, werden vom Mond verursacht, die Sonne trägt nur zu einem Drittel dazu bei. Wie nun die Einflüsse von Sonne und Mond nun im Detail wirksam werden, hängt von ihren Positionen relativ zur Erde ab. Stehen die Himmelskörper gerade so, das sich die Kräfte von Sonne und Mond addieren, dann bekommen wir Gezeiten, die stärker sind als normal. Also eine höhere Flut und eine niedrigere Ebbe. Das passiert bei Neumond und bei Vollmond – denn in beiden Fällen stehen Sonne, Mond und Erde ja in einer Linie (bei Neumond steht der Mond zwischen Erde und Sonne so das wir nur die unbeleuchtete Seite sehen; bei Vollmond ist es umgekehrt). Das nennt man Springflut bzw. Springtiden. Natürlich kommt es auch vor, das die Kräfte von Sonne und Mond sich gegenseitig abschwächen. Das passiert bei zu- und abnehmenden Halbmond, wenn Sonne und Mond in einem Winkel von 90° zueinander stehen. Der Tidenhub ist dann geringer; d.h. auch der Unterschied zwischen Ebbe und Flut ist kleiner. Das wird Nippflut bzw. Nipptide genannt.
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