Gibt es noch was zu sagen?
Jede Menge eigentlich 😉 Gezeiten gibt es natürlich nicht nur zwischen Erde und Mond. Alle Körper, die sich gegenseitig gravitativ beeinflussen, üben auch Gezeitenkräfte aufeinander aus. Jupiter z.B. verursacht Gezeiten auf seinem Mond Io. Die Kräfte, die der riesige Jupiter auf den winzigen Mond ausübt sind so stark, das Io regelrecht “durchgeknetet” wird. Deswegen findet man auf Io auch rege vulkanische Tätigkeit. Der Zwerplanet Pluto und sein Mond Charon üben Gezeitenkräfte aufeinander aus und befinden sich schon in der Situation in die Erde und Mond in ferner Zukunft kommen – jeder Himmelskörper zeigt dem anderen immer die gleiche Seite. Auch enge Doppelsterne beeinflussen sich gegenseitig durch Gezeiten; Gezeiten spielen bei der Dynamik und der Entwicklung von Galaxien eine große Rolle – sie sind wirklich ein Phänomen überall im Universum auftritt.
Eines beeinflussen die Gezeiten allerdings nicht: den Menschen! Immer wieder hört man von “Mondgläubigen” das der Mond einen großen Einfluss auf den Menschen ausübt; das man sich “nach dem Mond” richten soll. Operationen sollten nur bei bestimmten Mondphasen ausgeführt werden, ebenso muss der Mond beim Abnehmen, beim Haare schneiden, beim Blumen pflanzen, etc berücksichtigt werden. Ich werde diese “Theorie” jetzt hier nicht wiederlegen (dazu gibts bald einen eigenen Beitrag) und verweise fürs erste mal auf die Homepage dermond.at, auf der im Prinzip alles gesagt wird, was man zu diesem Thema sagen kann. Fragt man diese Mondgläubigen, wie denn der Mond diese geheimnisvollen Kräfte auf die Menschen übertragen kann, dann erhält man als Antwort oft einen Hinweis auf die Gezeiten: “Wenn der Mond sogar ganze Ozeane bewegen kann, dann kann er doch sicher auch den Menschen beeinflussen, der doch zu 70% aus Wasser besteht”. So oder ähnlich lauten meist die Argumente. Leider sind sie völlig falsch. Bei den Gezeitenkräften kommt es auf die Größenordungen an. Hat jemand schon mal Ebbe und Flut an einem See beobachtet? In der Badewanne? Im Bierglas? Natürlich nicht – diese Wassermengen sind viel zu klein um einen merkbaren Tidenhub zu entwickeln! Man kann natürlich ausrechnen, wie stark die Gezeitenkräfte sind, die der Mond auf den Menschen ausübt. Der ist wahnsinnig gering! Es ist schwer, überhaupt einen passenden Vergleich zu finden. Wenn man eine Hautschuppe oder ein Haar verliert, verliert man auch Masse. Sehr wenig, aber immerhin. Die gravitative Kraft, die auf ein Objekt wirkt, hängt von der Masse ab. Die Änderungen in der Anziehungskraft, die auf einen Menschen wirken, die durch den Verlust so einer Hautschuppe auftreten, sind deutlich größer als die, die durch die Gezeitenkraft des Mondes verursacht werden! Allein durch die Nahrungsaufnahme (und natürlich auch die Ausscheidungen) ändern sich die auf eine Person wirkenden gravitativen Kräfte viel, viel stärker als durch die Gezeiten! Man also getrost sagen, das die Gezeitenkraft absolut keinen (direkten) Einfluss auf Menschen haben (Indirekt natürlich schon; das kann jeder Seefahrer bestätigen und jeder Schwimmer oder Strandwanderer, der schonmal von der Flut überrascht wurde).
Zum Schluß möchte ich noch einen ganz speziellen, faszinierenden Effekt beschreiben, der indirekt auch durch die Gezeiten verursacht wurde. Am 11. August 1999 beobachteten hundertausende Menschen auf der ganzen Welt eine totale Sonnenfinsternis. Das ist nur deswegen möglich, weil, von der Erde aus gesehen, die Sonne und der Mond den gleichen scheinbaren Durchmesser haben. Der Mond ist zwar viel kleiner als die Sonne – aber auch sehr viel näher. Zufällig haben beide in etwa die gleich scheinbare Größe am Himmel – und deswegen kann es vorkommen, das sie sich exakt überdecken und wir eine totale Sonnenfinsternis beobachten. Wäre der Mond näher an der Erde, wäre sein scheinbarer Durchmesser größer. Dann würde er die Sonne immer noch überdecken – man könnte aber so tolle Phänomene wie den Diamantringeffekt oder die Korona (die äußerste Schicht der Sonnenatmosphäre) nicht oder viel schwerer beobachten. Wäre der Mond weiter entfernt, wäre der scheinbare Durchmesser kleiner und er könnte die Sonne nicht mehr verdecken – es wären also nur noch partielle/ringförmige Finsternisse zu beobachten. Weiter oben habe ich erklärt, das die Gezeitenreibung dazu führt, das sich der Mond immer weiter von der Erde entfernt. Früher (viel früher) war es also tatsächlich so, das der scheinbare Durchmesser des Mondes größer als der der Sonne war. Aus menschlicher Sicht ist das nicht ganz so tragisch 😉 Damals gab es immerhin noch keine Menschen. Aber in ferner Zukunft könnte es vielleicht noch Menschen geben – die werden aber dann keine totalen Sonnenfinsternisse mehr beobachten können, da der Mond schon zu weit von der Erde entfernt ist. Wir sind also in der glücklichen Lage, gerade zu einer Zeit zu leben, in der die Gezeitenreibung dafür gesorgt hat, das der Abstand zwischen Erde und Mond genau richtig ist um uns mit tollen totalen Sonnenfinsternissen zu erfreuen!
Es gäbe noch viel mehr zu den Gezeiten zu sagen – aber irgendwann muss ich diesen Beitrag auch mal beenden 😉
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