Das viele Leute der pseudowissenschaftlichen Astrologie vertrauen um den EM-Sieger vorherzusagen habe ich schon in einem meiner letzten Artikel geschrieben. Aber auch eine andere der populären Pseudowissenschaften scheint eine wichtige Rolle im Fußballsport zu spielen. Spiegel Online berichtete letzte Woche das verblüffende 92% der Bundesligaärzte die Spieler mit homöopathischen Mitteln behandeln.
Profisportler scheinen einen besonderen Hang zum Aberglauben zu haben und keine Hemmungen, jede noch so absurde Theorie auszuprobieren wenn sie denn eine Leistungssteigerung verspricht. Der österreichische Skispringer Thomas Morgenstern schwört auf einen “ATOX-Biocomputer”; der (ehemalige) deutsche Fußballnationalspieler Martin Wagner lässt sich mit Reiki behandeln; Rafael van der Vaart wird nach einer Verletzung (unter anderem) mit Akkupunktur wieder fit gemacht und mysteriöse Pflaster aus Fernost erfreuen sich großer Beliebtheit. Abgesehen von den verschiedensten pseudomedizinischen Behandlungen sind einfache Rituale und Aberglaube offensichtlich sehr wichtig für Sportler.
Der Hang zu Aberglaube und Ritualen ist in gewisser Weise auch verständlich – denn auch beim Sport spielen Glück und Zufall immer eine Rolle. Und gewisse fixe Zeremonien helfen möglicherweise dabei, das Gefühl zu haben, man könnte diese prinzipiell unbestimmbaren Faktoren irgendwie beeinflussen. Denn noch mehr als Glück und Zufall ist die geistige Einstellung von Bedeutung. Ein Sportler, der überzeugt ist Pech zu haben, wird wohl eher versagen als jemand, der hochmotiviert und von seinem Glück überzeugt ist.
Aber warum Homöopathie? Die Umfrage des Sportmediziners Peter Billigmann (Institut für Leistungsdiagnostik und Sporttraumatologie, Koblenz) zeigt, dass so gut wie alle Mediziner in der deutschen Bundesliga homöopathische Mittel verwenden – 92 Prozent verabreichen diese Präparate! Billigmann ist selbst Mannschaftsarzt beim TuS Koblenz und überzeugt von der Wirksamkeit der homöopathischen Mittelchen:
“Die Behandlungserfolge können sich sehen lassen, Homöopathika haben
praktisch keine Nebenwirkungen und auch beim Thema Doping sind wir auf
der sicheren Seite.”
Nun ja – ein “Medikament” das von vornherein keine Wirkung hat, kann natürlich keine Nebenwirkungen haben. Und mit nicht vorhandenen Wirkstoffen kann man sich natürlich auch nicht dopen. Aber es ist nicht verwunderlich, dass Billigmann ein Loblied auf die Homöopathie singt – die Studie wurde von der Firma Heel in Auftrag gegeben – einer der weltweit größten Hersteller homöopathischer Präparate.
Mich persönlich wundert es gar nicht, dass Homöopathie im Fussball so gut “wirkt”. Dort, wo die Psyche eine so große Rolle spielt wie im Sport, sind Placebos ein gutes Heilmittel. Und die Homöopathie ist ja ein recht gutes Placebo. Außerdem wird sie – laut Aussagen von Peter Billigmann – meistens zusätzlich zu konventionellen Mitteln eingesetzt.
Aber es ist natürlich schade, dass wieder einmal die Homöopathie mehr oder weniger kritiklos als wirksame Therapie dargestellt wird. Natürlich kann sie wirken – genau so gut wie ein Placebo! Aber eben nicht besser und sie ist schon gar nicht das “sanfte Wundermittel” als das sie von vielen Anhänger dargestellt wird.
Heutzutage gegen Homöopathie aufzutreten scheint fast schon vergebliche Liebesmühe zu sein. Im Bewußtsein der Öffentlichkeit ist sie fest als wirksame Alternative zur “bösen Schulmedizin” verankert. Apotheken bieten wie selbstverständlich homöopathische Präparate an* und an der Berliner Charite soll eine Professur für Homöopathie (bzw. Komplementärmedizin) eingerichtet werden.
Dabei muss man sich nichtmal durch die Umengen an Studien und Metastudien kämpfen, die die Homöopathie widerlegen (oder zu bestätigen scheinen) – einfaches logisches Denken reicht aus, um zu sehen, das man auf diese Art und Weise keine Krankheiten heilen kann.
Ein Beispiel: eines der Grundprinzipien der Homöopathie lautet ja, dass ein Mittel um so wirksamer ist, je höher die Potenz (d.h. die Verdünnung des “Wirkstoffes”) ist. Dabei sind die Verdünnungen so extrem, dass in einem Präparat gar keine Moleküle des Ausgangsstoffes mehr vorhanden sind! Laut Homöopathen wird allerdings die “Information” des Wirkstoffes auf geheimnisvolle Art und Weise (und durch eine bestimmte Art des Schüttelns zwischen dem Verdünnen) auf das Lösungsmittel übertragen. Das passiert seltsamerweise aber nur mit dem Wirkstoff. Wasser (normalerweise als Lösungsmittel verwendet) enthält aber immer kleinste Mengen an Verunreinigungen. Und die müssten dann ja auch ihre Informationen an das Wasser abgeben. Wie man es schafft, dass das Wasser nur die Informationen des Wirkstoffs aufnimmt und die Informationen der ganzen anderen Stoffe im Wasser ignoriert konnte mir bis jetzt noch kein Homöopath erklären. Beispiele dieser Art gäbe es noch jede Menge. Ich verweise hier aber erstmal auf die sehr guten Artikel von Dr. Theodor Much bzw. Ben Goldacre.
Diese Studie im Auftrag der homöopathischen Industrie hinterlässt aber trotz allem einen schlechteren Nachgeschmack als üblich. Profisportler haben nunmal eine große Vorbildwirkung – und der flächendeckende Einsatz der Homöopathie im Fußball wird dem Image sicher gut tun…
*: Ich selbst war einmal ziemlich erstaunt (und verärgert!) als ich mit heftigen Ohrenschmerzen in die Apotheke ging und Ohrentropfen verlangte. Erst als ich sie zuhause ausgepackt habe, habe ich gemerkt, dass mir – kommentarlos! – homöopathische Tropfen verkauft wurden!
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