Aber egal – die Entfernungen der Planeten werden nun global-scaling-mäßig verwurstet und in das fundamentale Fraktal eingetragen. Daraus lassen sich dann überraschende “Erkenntnisse” ableiten wie z.B. diese:
“Venus ist der einzige Planet im Sonnensystem, dessen mittlere Entfernung vom
Sonnenzentrum in unmittelbarer Nähe eines Knotens im Spektrum der Protonenresonanz-Wellenlängen liegt. Deshalb ist mit einer hohen Fluktuationswahrscheinlichkeit der Orbitalbewegung der Venus zu rechnen, was den extrem ausgeprägten Vulkanismus (über 1600 Vulkane) auf Venus erklären könnte.”
Nun, abgesehen davon, dass ein “Knoten im Spektrum der Protonenresonanz” nicht wirklich irgendetwas erklärt ist auf der Venus auch kein Vulkanismus zu beobachten. In der Vergangenheit gabs dort jede Menge – heute aber nicht mehr.
Auch die Größe der Himmelskörper wurde zur “Analyse” benutzt. Auch hier kommt man zu überraschenden Ergebnissen:
“Saturn befindet sich knapp rechts neben dem Knoten 54, Jupiter etwas weiter rechts. Daher werden Saturn und Jupiter mit hoher Wahrscheinlichkeit noch wesentlich größer werden.”
Wow! Die Planeten werden wachsen! Das wird die Astrophysiker allerdings überraschen – vor allem, weil es den gängigen Theorien der Planetenentwicklung ein wenig widerspricht…
Neben astrophysikalischen Beispiele gibt es noch jede Menge andere Anwendungsbeispiele. Man kann Global Scaling benutzen um Gebäude optimal zu planen; man kann es medizinisch ausnutzen (auch die Stimmungen eines Menschen lassen sich anscheinend aus dem Fundamentalfraktal vorhersagen) und es soll nicht nur diagnostisch sondern sogar therapeutisch anwendbar sein! Es gibt scheinbar nichts, was sich mit Global Scaling nicht analysieren und prognostizieren lassen würde. Sogar die Lotto-Zahlen kann man sich vorhersagen lassen!
Und jetzt weiß ich endlich auch, was ein “Global Scaling Berater” ist. Nichts anderes als ein Astrologe, Kartenleger, Handleser… nur wird eben zur Vorhersage ein obskures pseudowissenschaftliches Modell verwendet das mit modernen wissenschaftlichen Fachbegriffen um sich wirft und kein obskures pseudowissenschaftliches Modell, das auf absolut veralteten Vorstellungen basiert. Aber man muss trotzdem keine Quantentheorie oder fraktale Geometrie studiert haben, um mit Global Scaling beraten zu können – dafür gibts Computerprogramme! Das kann man sich beim IREF um 340,- kaufen (plus 125,- pro Jahr an Lizenzgebühren). In ebenfalls kostenpflichtigen Seminaren kann man sich die Theorie erklären lassen und an einer eigenen “Global Scaling Universität” in Falkensee kann man sogar “studieren” (falls man 499,- pro Kurs übrig hat). Sogar die ersten technischen Anwendungen gibts schon: für gerade mal 7900,- kann man sich ein Gerät zur “Global Scaling Lichttherapie” zulegen.
Global Scaling an der Universität
Wenn Global Scaling nur ein weiteres Angebot in der pseudowissenschaftlichen Szene wäre, wäre die Sache nicht ganz so schlimm. Aber nach ein bisschen Rechechere finden sich da leider ein paar Zusammenhänge, die die Sache in einem ganz anderem Licht erscheinen lassen.
Denn mit Global Scaling beschäftigen sich anscheinend nicht nur die üblichen Mitglieder der Esoterik-Szene. Diese Meldung der Donau-Universität in Krems (Österreich) hat mich nicht wenig schockiert:
“Im Rahmen der internationalen
Wissenschaftskonferenz IPSI-2005 am 18. Februar in Amalfi/Italien hielt
Dr. Erwin Bratengeyer, Leiter des Forschungszentrums TIM-Lab an der
Donau-Universität Krems, einen Vortrag zum Thema “Synchronicity in
Random Signals”, in dem er aktuelle Ergebnisse des “Global Scaling”
präsentierte.”
Nun ist ein Konferenzbeitrag nicht unbedingt die Königsklasse der wissenschaftlichen Publikation – vor allem nicht bei einer IPSI-Konferenz. Dort wurde nämlich unter anderem auch schon mal ein Beitrag zur Präsentation akzeptiert, der automatisch mit einem Computerprogram generiert wurde und im Prinzip nur aus sinnlosen Text ohne wissenschaftlichen Wert bestand.
Trotzdem ist es erschreckend, dass sich die Meldung nach 3 Jahren immer noch auf der Homepage der Donau-Universität befindet und so beschrieben wird:
“Bei „Global Scaling” handelt es sich um eine revolutionäres Verfahren
zur Datenübertragung, das von Dr. Hartmut Müller in zwanzigjähriger
Forschung entwickelt wurde. Die Forschungsabeiten am TIM-Lab werden von
der Global Scaling Technologies AG, Schweiz, finanziert.”
Von einer Universität sollte man schon erwarten können, dass sie sich etwas genauer mit der Wissenschaftlichkeit der Arbeitsfelder ihrer Mitarbeiter beschäftigt. Immerhin sind einige andere Seiten schon aus dem Webangebot der Donau-Uni gelöscht worden. Über Web-Archive sind sie aber noch aufrufbar; wie z.B. ein Bericht über eine “Global Scaling Quantum Teleportation“:
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