Mein Google-Alert hat mir heute zwei interessante Artikel über Homöopathie bzw. Alternativmedizin geliefert. In beiden geht es um Abstimmungen.
Abstimmung in der Schweiz
In der Schweiz gibt es eine “Volksinitiative: Ja zur Komplementärmedizin” Die forden z.B. eine Berufsanerkennung für nichtärztliche Therapeuten und die Aufnahme von anthroposophischer Medizin, Homöopathie, Neuraltherapie, Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) und traditioneller chinesischer Medizin (TCM) in die Grundverfassung. Ausserdem forden sie die Lehre von Homöopathie und Co an den Universitäten und die Einrichtung von Professuren für die verschiedenen pseudomedizinischen Disziplinen (insgesamt 11 Professuren). Die Alternativmedizin soll auch in den Krankenhäusern angewandt werden.
Die Forderungen der Initiative wurden ursprünglich von den Politikern abgelehnt. Der Ständerat Rolf Büttiker von der FDP hatte dann einen Gegenvorschlag eingereicht bei dem nur das Wort “umfassend” aus dem vorgeschlagenen Gesetzestext für einen Verfassungsartikel gestrichen wurde der nun so lautete:
“Artikel 118a (neu) Komplementärmedizin
“Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Berücksichtigung der Komplementärmedizin.”
Dieser Vorschlag wurde vom Ständerat angenommen. Am Mittwoch hat nun auch der Nationalrat mit 95 zu 60 Stimmen diesen Vorschlag angenommen. Dagegen gestimmt hatten SVP und Teile der FDP; dafür war die SP. Jean-François Steiert von der SP hat z.B. erklärt, dass komplementärmedizinische
Therapien wirksamer sind und weniger kosteten als schulmedizinische
Behandlungen. Vielleicht sollte man dem Mann mal die Lektüre von “Trick or Treatment“von Ernst & Singh ans Herz legen – er würde wahrscheinlich überrascht sein!
Der Bundesrat hatte allerdings empfohlen diesen Vorschlag abzulehnen. “Politisch
sei es nicht akzeptabel, aus taktischen Gründen mit einem direkten
Gegenvorschlag den Initianten entgegenzugehen” meinte der Innenminister
Pascal Couchepin. Man sollte lieber eine Volksabstimmung zu diesem Thema durchführen.
Ich kenne mich mit dem politischen System der Schweiz leider nicht gut genug aus um beurteilen zu können, wie wahrscheinlich es nun ist, dass dieser neue Artikel tatsächlich in die Verfassung aufgenommen wird. Aber es wäre jedenfalls begrüßenswert, wenn die Verfassung der Schweiz auch weiterhin frei von Worten wie “Komplementärmedizin” ist.
Wissenschaft ist eben nunmal nichts, worüber man abstimmen kann! Sie beschreibt die Realität und die kümmert sich nicht darum, was die Menschen gerne hätten.
Abstimmung in Köthen
Nicht nur in der Schweiz wird über Homöopathie abgestimmt. Auch im Stadtrat von Köthen in Sachsen-Anhalt wurde dieses Thema kürzlich behandelt. Diese Meldung aus der Mitteldeutschen Zeitung hat mich zuerst mal ein wenig verwirrt.
“Zur Sitzung des Hauptausschusses war festgelegt worden, den
Etat der Homöopathie und Wissenschaftsservice GmbH um 20 000 Euro zu
kürzen. “Mit dieser Kürzung hätten wir die
Homöopathie zu Grabe getragen”, meinte [Oberbürgermeister] Zander während eines
Pressegespräches. Nunmehr bezuschusst die Stadt die Homöopathie mit 92
000 Euro.”
Warum hat Köthen eine “Homöopathie und Wissenschaftsservice GmbH”? Und warum bekommen die 92 000 Euro Zuschuß? Und dann noch dieser Satz von Oberbürgermeister Zander:
“Die Homöopathie ist eine wichtige Säule der Köthener Stadtentwicklung.”
Also ich hab ja schon viel über Homöopathie gehört – aber positive Einflüsse auf die Stadtentwicklung waren selbst mir neu. Aber ein bisschen Recherche brachte dann Licht ins Dunkel. Auf der Homepage der Stadt Köthen ist folgendes zu lesen:
“Den Grundstein dafür, dass Köthen in der Welt mit der Homöopathie verbunden wird, legte Dr. Samuel Hahnemann,
mit seinem Umzug von Leipzig nach Köthen (Anhalt). Die erstmalige
Erlaubnis eines deutschen Landesherren zur Herstellung und
Verabreichung seiner homöopathischen Mittel, sowie der Schutz des
Herzogs vor Anfeindungen der Schulmediziner erlaubten Hahnemann hier
weitgehend uneingeschränktes Forschen, Publizieren und Praktizieren.”
Der große Hahnemann, der Erfinder der Homöopathie selbst hat in Köthen gewirkt. Und daraus versucht die Stadt offensichtlich Kapital zu schlagen:
“In der Stadt Köthen (Anhalt), die die Homöopathie als ein Element ihrer Stadtentwicklung fördert, wirken neben dem DZVhÄ ebenso die Homöopathie-Stiftung des DZVhÄ, das Europäische Institut für Homöopathie (InHom), die Europäische Bibliothek für Homöopathie Köthen, der Hahnemann-Lutze-Verein Köthen (Anhalt) e.V. und die Homöopathie- und Wissenschaftsservice Köthen GmbH.”
Diese Stadt scheint wirklich voll und ganz auf Homöopathie ausgerichtet zu sein. Es wird ein “Köthener Homöopathiesommer” veranstaltet, es gibt Vorträge, Sommerkurse, Ausstellungen, Museen usw.
Klingt nicht unbedingt so, als würde ich dort gerne Urlaub machen. Andererseits brauche ich von Jena aus mit dem Zug nur zwei Stunden bis dorthin. Vielleicht sollte ich mir diese Homöopathie-Hochburg doch mal ansehen.
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