Das unser Sonnensystem seit dem Sommer 2006 nur noch acht Planeten hat ist ja mittlerweile den meisten bekannt. Aber vielleicht weiß der eine oder die andere noch nicht, dass wir nun auch schon fünf Zwergplaneten kennen?

Mit der neuen Planetendefinition der Internationalen Astronomischen Union (IAU) verlor nicht nur Pluto den Status eines Planeten. Es wurde auch eine neue Klasse von Himmelsobjekten geschaffen: die Zwergplaneten.

Genau wie ein normaler Planet muss auch ein Zwergplanet genügend Masse haben um sich unter seiner eigenen Gravitation zu einer runden Form zusammenzuziehen. Ein Planet wächst aber während seiner Entstehungsphase normalerweise schnell genug, um das ihn umgebende Planetenbaumaterial (die “Planetesimalen” die wir heute als Asteroiden und Kometen sehen) aufzubrauchen bzw. durch seine größer werdende Gravitationswirkung aus dem System zu schmeißen. In der Umgebung der Planeten findet man daher heute keine größeren Ansammlungen von Asteroiden mehr (Es gibt Ausnahmen wie z.B. die Trojaner-Asteroiden bei Jupiter). Ein Zwergplanet schafft das nicht und findet sich daher mitten in großen Asteroidengürteln.

Im Sommer 2006 kannte man 3 Zwergplaneten. Den ehemaligen Asteroiden Ceres der sich mitten im Hauptgürtel der Asteroiden zwischen Mars und Jupiter befindet und den ehemaligen Planeten Pluto der sich mitten im Kuipergürtel befindet (ein Asteroidengürtel außerhalb der Bahn des Neptun). Dazu kam Eris, ein weiterer ehemaliger Asteroid aus dem Kuipergürtel.

In diesem Jahr wurde die Familie der Zwergplaneten um 2 Mitglieder erweitert. Am 19 Juli diesen Jahres bekam der Asteroid 2005 FY9 aus dem Kuipergürtel den Namen Makemake und den Status eines Zwergplaneten verliehen. Und letzte Woche wurde der ebenfalls aus dem Kuipergürtel stammende Asteroid 2003 EL61 unter dem Namen Haumea in den Rang eines Zwergplaneten erhoben.

Haumea ist ein seltsames Objekt. Mit einer großen Halbachse von 43 Astronomischen Einheiten befindet er sich weit außerhalb der Bahn des Pluto. Aber wirklich überraschend ist seine Form:

a href="https://solarsystem.nasa.gov/planets/profile.cfm?Object=KBOs&Display=OverviewLong">Bild: NASA

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Das sieht nicht wirklich nach einem runden Himmelskörper aus. Und tatsächlich ist Haumea auch nicht rund sondern hat eine elliptische Form: in der längeren Richtung ist Haumea etwa 2200 km lang; in der kürzeren nur 1100 km!  Das liegt an seiner hohen Rotationsgeschwindigkeit: Haumea braucht nur knapp 4 Stunden um sich einmal um seine eigene Achse zu drehen. Durch diese schnellen Umdrehungen hat er sich im Lauf der Zeit stark abgeplattet (Er gilt übrigens trotzdem als Zwergplanet auch wenn er nicht wirklich rund ist. Würde er langsamer rotieren, dann wäre er genauso rund, wie es die Definition fordert).

Haumea ist auch viel dichter als man es von einem Objekt im Kuipergürtel erwarten würde. Die bestehen nämlich zu einem großen Teil aus Eis und haben deswegen eine geringe Dichte. Zusammen mit der hohen Rotationsgeschwindigkeit deutet das auf eine große Kollision vor langer Zeit. Damals war Haumea noch viel größer als jetzt und kollidierte mit einem anderem Zwergplaneten. Bei dieser Kollision verlor Haumea einen Großteil seines Eismantels und die Rotationsgeschwindigkeit erhöhte sich.

Ein weiteres Indiz für diese Kollision sind die beiden kleinen Monde von Haumea. Sie heissen Hi’iaka und Namaka und entstanden vermutlich ebenfalls bei dieser Kollision.

Übrigens ist auch die Entdeckungsgeschichte von Haumea ganz interessant.
Spanische Astronomen (José Luis Ortiz und seine Mitarbeiter) gaben die Entdeckung des damals noch als Asteroid bezeichneten Objekts am 28. Juli 2005 bekannt (die entsprechenden astronomischen Beobachtungen wurden allerdings schon 2003 durchgeführt). Grund für die Bekanntgabe: am 20 Juli. hatte der amerikanische Astronom Mike Brown einen Vortrag über ein Objekt mit der internen Arbeitsbezeichnung K40506A (das sie im Dezember 2004 beobachteten) angekündigt. Da Ortiz vermutete dass es sich um das selbe Objekt handelt, dass er entdeckt hatte beeilte er sich mit der Veröffentlichung seiner Daten. Mike Brown und seine Kollegen bestätigen zunächst noch, dass wirklich Ortiz und sein Team die Erstentdecker sind. Aber dann stellen sie fest, dass Ortiz über das Internet auf ihre frei zugänglichen Teleskop-Logbücher zugegriffen hatte – und zwar noch vor der Bekanntgabe seiner Entdeckung. Sie warfen Ortiz und seinem Team nun vor, dass es ihnen nur mit diesen Daten möglich war, das Objekt auf ihren Aufnahmen von 2003 zu identifizieren.
Laut IAU gilt nämlich nicht derjenige als Entdecker, der das erste Foto eines Objekts gemacht hat sondern der, der zuerst genügend Daten liefert um die Bahn eines Objekts genau zu bestimmen. Und wenn Ortiz und sein Team den Asteroiden erst durch die Aufnahmen von Brown identifizieren könnte, dann wäre er der eigentliche Entdecker gewesen.

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Kommentare (12)

  1. #1 Klaus
    23. September 2008

    Der Comic unten gefällt mir. Ich verfolge Pharyngula, und auch dort ist ein Aufschrei bemerkt worden von Leuten, die sich Pluto nicht wegnehmen lassen wollten. Ziemlich verrückt!

  2. #2 Ronny
    23. September 2008

    Das muss ganz schön geknallt haben damit der arme kleine so heftig rotiert. Scheinbar so eine Art kosmischer Querschläger.
    Wie findet man die Dinger eigentlich ? Mit einem modernen Blinkkomparator ? Wer macht sich da den Aufwand ? Gehts da um die Suche nach Gesteinsbrocken mit Erdkurs ? (oh nein, schon wieder Katastrophen, sorry 🙂

  3. #3 florian
    23. September 2008

    @Ronny: Wer suchet der findet! 😉 Man fotografiert einfach den Himmel – und vergleicht dann die Bilder (mit einem “modernen Blinkkomparator” – z.B. dem freien Program astrometrica). Wenn sich was vor dem Fixsternhintergrund bewegt, kann es ein Asteroid sein. Wenn man Glück hat, ist es einer der noch nicht bekannt ist.
    Machen tun das viele: sowohl professionelle Astronomen als auch Amateure. Gerade bei der Suche nach Asteroiden leisten die Amateurastronomen großartige Arbeit. Vielleicht meldet sich ja Markus Griesser nochmal – der hat schon einige Asteroiden entdeckt und liest hier regelmäßig mit.
    Warum macht man das? Die Suche nach gefährlichen Asteroiden ist nur ein Aspekt – natürlich ein wichtiger. Aber es ist auch wichtig das “Inventar” unseres Sonnensystems so gut wie möglich zu kennen. Und gerade die Asteroiden sind da interessant denn aus ihnen kann man viel über die Entstehung des Sonnensystems lernen.

  4. #4 ruth
    24. September 2008

    ah geh, das mit der elliptischen form ist sicher nur ein fehler in der optik des teleskops… und irgendein phd-student hat die datenreduktion versaut 😉
    die nasa mit ihrer cheaper-faster-better politik…. tststs.

  5. #5 Ronny
    25. September 2008

    @ruth, glaub ich nicht, vermutlich wird er nur gerade von einem in CERN generierten schwarzen Loch angezogen :))
    Andererseits, Das Hubble-Teleskop hatte auch einen Linsenfehler (das muss sowas von peinlich gewesen sein). Und wenn man die Datenreduktion versaut dann würds rauschen oder seltsame 3D Hügel ergeben.
    Mich fasziniert es, dass man von so einem kleinen Ding so ein genaues Foto machen kann. Sind das die Teleskope mit den kleinen Spiegeln die nachgereglt werden um das atmosphärishe Seeing auszugleichen ?

  6. #6 Markus Griesser
    25. September 2008

    @Ronny: Uups, habe erst jetzt meinen Namen oben gelesen… 🙂

    Wie Florian andeutet, gibt es unter uns “redlich bemühten Laien” verschiedene Suchstrategien. Ich kenne Kollegen, die wie die grossen Surveys den Himmel in vorgrammierten Suchstreifen abscannen und dieses Scanning in zeitlichen Abständen wiederholen. Allfällige Kleinplaneten verraten sich dann als bewegte Punkte, wobei die täglich aktualisierte Datenbank des Minor Planet Center uns jeweils verrät, um welchen Asteroiden es sich handelt. Hat die Datenbank zu einem bewegten Lichtpunkt keine Info, könnte es ein Neuer sein. In diesem Fall sollte man in der berühmt-berüchtigten “Second Night” den Brocken nochmals aufstöbern und erst dann die Positionsmessungen aus beiden Nächten zusammen ans MPC übermitteln. Wenn ihn dann das MPC nicht schon einem bekannten Asteroiden zuordnen kann, vergibt es eine provisorische Designation (z.B. 2008 QK23 – mein “Neuester”), unter der man ihn dann aus der Datenbank heraus weiterverfolgen kann. Das da MPC von jedem Asteroiden verlangt, dass er in mindestens vier Oppositionen beobachtet sein muss, bis seine Bahn als genügend genau gilt, dauert es in der Regel Jahre, bis der Entdecker sein Recht für einen Namensvorschlag wahrnehmen kann.

    Ich habe zwar einige neue Brocken gefunden, doch waren es bei mir immer Zufallsfunde. Meine Passion gehört den Near Earth Asteroid (NEAs), von denen ich in den letzten zehn Jahren über 13’000 Positionsmessungen ans MPC übermittelt habe. Besonders interessant sind jeweils die Confirmations, also die Bestätigungen eines mutmasslich neuen erdnahen Asteroiden. Ein schönes Beispiel dafür hat es hier:

    https://www.cfa.harvard.edu/mpec/K07/K07E42.html

    Wenn man, wie ich in diesem Beispiel, die weltweit einzige Station ist, die den wenige Stunden zuvor von einem Profi-Survey in den USA entdeckten Brocken bestätigt, und zwar mit einer so hohen Genauigkeit, dass das MPC gleich eine erste Bahn rechnen kann, ist man gerade als “Amateur” auch ein bisschen stolz, bleibt aber gleichwohl bescheiden …

    Aber eben: Wir fühlen uns natürlich – wie es Florian sehr schön andeutet – nicht als “Retter der Welt”. Gut, es gibt doch immer wieder interessante NEAs, die unserer Erde sehr nahe kommen. So habe ich auch den berühmten “Apophis” im Januar 2005 in zwei Messstaffeln astrometriert. Aber unsere persönliche Knochenarbeit besteht darin, mit Follow-up-Messungen zur laufenden Verbesserung der Bahndaten beizutragen. Das ist alles andere als spektakulär, erfordert viel Geduld und Stehvermögen. – Ja, und manchmal hält dann eben die liebe Gott dem fleissigen Asteroiden-Beobachter zur Belohnung ein neues Lichtpünktchen hin …:-))

    P.S. Astrometrica ist keine Freeware, doch was der in Österreich lebende Entwickler Herbert Raab für dieses schlicht grossartige Astrometrie-Programm verlangt, ist geradezu unanständig wenig!

  7. #7 Ludmila
    25. September 2008

    @Markus: Ich verneige mein Haupt in Ehrfurcht. Ohne Leute wie Euch wäre uns schon längst alles unter’m Hintern weggebrochen. Und Ihr macht das auch noch ganz ohne Bezahlung bzw. investiert Unsummen in Eure Geräte. Bewundernswert.

  8. #8 Ronny
    25. September 2008

    Yo, da kann ich mich nur anschließen. Ich habe mich schon gefreut, dass ich mit meinem 16 Zöller es geschafft habe die Umlaufzeiten der 4 größten Jupitermonde zu berechnen. Außerdem mit meinem Stativ (knack, knirsch) treffe ich maximal den Jupiter zweimal hintereinander 🙂

  9. #9 Markus Griesser
    25. September 2008

    @Ludmilla: Ein so schönes Kompliment von einer Profi-Planetologin geht bei mir Amateur-Würstchen runter wie ein feines Sahneeis. Herzlichen Dank für die charmant überreichten Blumen! Doch ein ganz dickes Dankeschön gebührt ohnehin auch dem Florian: Was der in diesem Blog an fundiertem und aktuelölen Fachwissen und stets leicht verständlich bietet, ist schon toll. Weiter so: Dieser Blog macht einfach nur Spass!

  10. #10 Ludmila
    25. September 2008

    @Markus: Keine falsche Bescheidenheit! Wir kochen auch nur mit Wasser.

  11. #11 Herr Lebeks Geist
    15. April 2009

    Das ist eindeutig ein UFO! Endlich, der Beweis! Abplattung ist ein Effekt der ausschließlich bei Autoreifen und Schlidkröten vorkommt! Und was bitte sollte ein Autoreifen jenseits der Plutobahn machen? Ich schicke gleich ein Telegramm an Däniken…

    *** 🙂 ***

  12. #12 sky
    11. September 2016

    Ein Fabergé-Ei 🙂