Was ist ein Doktorand? Eigentlich noch ein Student – denn das Verfassen einer Doktorarbeit zählt als Studium. Andererseits eigentlich schon ein Wissenschaftler – denn eine Doktorarbeit stellt normalweise ein engagiertes Forschungsprojekt dar das auch neue Erkenntnisse liefert.
An den Universitäten wäre Forschungsarbeit ohne Doktoranden vermutlich fast nicht mehr möglich.
Professoren bzw. Arbeitsgruppenleiter sind oft durch Verwaltungsaufgaben, Lehre, Drittmitteleinwerbung und Ähnlichem so belegt dass für eigentliche Forschungsarbeit kaum mehr Zeit bleibt – sie werden fast zu hauptberuflichen “Forschungsmanagern” die Ideen ausarbeiten, die Richtung vorgeben und hoffentlich auch helfen und unterstützen – aber die Arbeit machen Doktoranden.
Trotzdem ist die Forschung für eine Doktorarbeit keine Arbeit im eigentlich Sinn – besonders dann, wenn man sich die Bezahlung ansieht. In vielen Fällen verkümmert die Doktorarbeit zu einer Nebenbeschäftigung die durch andere Arbeit finanziert werden muss.
Eine gestern präsentierte Studie des
Graduiertenzentrums Sozialwissenschaft der Universität Wien und der
Arbeiterkammer Wien die von der in{}fem Forschungswerkstatt für
feministische Interdisziplinarität durchgeführt wurde beschäftigt sich mit genau diesem Thema. Die Autorinnen Christa
Markom, Petra Ziegler und Doris Bammer haben untersucht wie die Arbeitssituation der österreichischen Doktoranden aus den sozialwissenschaftlichen Fächern aussieht.
Laut dieser Studie arbeiten 55 Prozent der Doktoranden mehr als 30 Stunden in der Woche um ihre Doktorarbeit zu finanzieren. Ein Drittel aller Befragten verdient zwischen
500 und 1.000 Euro netto pro Monat, knapp ein Viertel zwischen 1.000 und
1.500 Euro und nur ein Fünftel zwischen 1.500 und 2.000 Euro. Nur 20 Prozent haben ein Stipendium bekommen; 80 Prozent sind auf Nebentätigkeiten angewiesen.
Wenn man 30 Stunden pro Woche arbeitet und vielleicht auch noch eine Familie hat und sich um Kinder kümmern muss kann man sich vorstellen wie schwierig es ist, Zeit für wissenschaftliche Arbeit zu finden. Auch die finanzielle Situation ist nicht sonderlich befriedigend. Wer selbst schon eine Doktorarbeit geschrieben hat, weiß dass das eigentlich nichts ist, was man nebenbei macht. Von Doktoranden wird auch immer mehr erwartet, quasi ständig in “Bereitschaft” zu sein – Überstunderegelungen sind mir bei Doktoranden bis jetzt noch nicht begegnet. Dann auch noch mit einem unterdurchschnittlichem Gehalt auskommen zu müssen kann frustrierend sein.
Überraschenderweise sehen das die Doktoranden selbst nicht so. Ein Siebtel der Befragten meinte sie würden mit ihren finanziellen Mitteln
“sehr gut” auskommen, ein Drittel bewertete ihre Situation mit “gut”, ein weiteres Drittel mit
“mittel” und nur ein Fünftel mit “weniger gut” oder “gar nicht gut”. Das scheint zu bestätigen das Wissenschaftler immer noch etwas für Idealisten ist.
Bei orf.on gibt es noch ein ausführliches Interview mit den Autorinnen der Studie.
In dieser Studie wurden nur die Sozialwissenschaften untersucht – aber ich würde vermuten dass es in den anderen Disziplinen ähnlich ist. Genau Daten dazu habe ich leider nicht – aber ich kann ja mal erzählen wie es bei mir persönlich war.
Ich habe in den ersten beiden Semstern meines Doktoratsstudiums überhaupt nichts verdient. Die Studienbeihilfe (in Österreich eine Förderung für finanziell bedürftige Studenten) hatte ich als Doktorand nicht mehr bewilligt bekommen und sonst war leider kein Geld zur Verfügung. Ich habe in der Zeit allerdings auch gerade meinen Grundwehrdients beim Bundesheer absolviert also bin ich über die Runden gekommen. Die nächsten vier Semster habe ich über Drittmittelprojekte 600 Euro netto pro Monat bekommen; in den letzten beiden Semestern des Studiums waren es etwa 800 Euro netto.
Das ist zwar nicht wirklich viel – aber es hat für mich zum Leben gereicht. Natürlich ohne großen “Luxus”, Auto, regelmäßige Urlaube etc. und gewohnt habe ich zu der Zeit in einem 10 m² großem Zimmer im Studentenheim. Dafür konnte ich mich aber ganz aufs Studium konzentrieren und musste nicht nebenbei noch arbeiten. Hätte ich aber zu der Zeit schon eine Familie gehabt, dann wäre das so sicher nicht möglich gewesen.
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