(Achtung – dieser Beitrag wird ein wenig polemisch 😉 )
Heute hat der Bund der Steuerzahler sein “Schwarzbuch 2008” vorgestellt in dem über die Verschwendung öffentlicher Gelder berichtet wird. Nicht alle der aufgeführten Beispiele halte ich für gerechtfertigt. Aber die Lektüre des Schwarzbuchs ist ein guter Anhaltspunkt um zu sehen, wieviel Geld für alle möglichen Dinge ausgegeben und leider auch verschwendet wird.
Ich als Wissenschaftler – noch dazu als Grundlagenforscher – muss mir ja sehr oft anhören, dass meine Forschung Geldverschwendung ist und das dieses Geld anderswo viel besser angewendet werden könnte. Immer wenn in den Medien über ein neues großes Forschungsprojekt (z.B. der Large Hadron Collider oder die Marssonde Phoenix) berichtet wird dauert es nicht lange bis die Stimmen laut werden, die sich über das viele Geld aufregen, dass hier angeblich sinnlos verpulvert wird.
Im Vergleich zu den Kosten für andere Dinge ist Wissenschaft und Forschung aber regelrecht billig! Und natürlich bringt Forschung (auch bzw. gerade Grundlagenforschung!) natürlich später auch wieder Geld ein.
Ich habe ein paar Beispiele aus dem Schwarzbuch des Bundes deutscher Steuerzahler herausgesucht um zu demonstrieren wo in Deutschland Geld ausgegeben bzw. verschwendet wird und wie sich diese Summen im Vergleich zu entsprechenden Forschungsprojekten ausnehmen (ich beschränke mich hier auf astronomische Forschung – davon hab ich die meiste Ahnung).
- In Weilburg (Hessen) wurde für 4,5 Millionen Euro ein Parkhaus gebaut. Allerdings wusste man schon vorher, dass die Stadt ein neues Parkhaus nicht wirklich benötigt. Jetzt steht es leer und verursacht der Stadt Kosten von 280.000 Euro pro Jahr. Für die 4,5 Millionen Euro die dieses unnötige Parkhaus gekostet hat könnte man etwa 10 Forscher (Post-Doktoranden) für 10 Jahre beschäftigen. Oder eine ganze Arbeitsgruppe, bestehend aus einem Professor und jeweils einigen Post-Doktoranden, Doktoranden und Diplomanden. Die 280.000 Euro pro Jahr die das leerstehende Parkhaus verursacht wären mehr als ausreichend um dieser Arbeitsgruppe die nötigen Computer, Geräte, Reise- und Publikationskosten zu finanzieren.
Schon ärgerlich: einerseits gibt es in Deutschland exzellente Arbeitsgruppen die aus Einsparungsgründen aufgelöst werden – andererseits wird öffentliches Geld für solche unnötigen Bauvorhaben verschwendet. - Durch finanzielle Spekulationen (“Spread-Ladder-Swaps“) mit öffentlichen Geldern verloren die Städte Hagen, Remscheid, Neuss, Mülheim, die Entsorgungs-Gesellschaft Westmünsterland und die Würzburger Versorgungs-und Verkehrs GmbH insgesamt etwa 85 Millionen Euro. Das ist ziemlich genau die Hälfte von dem, was das Weltraumteleskop CoRoT kostet. Hunderte andere Kommunen in Deutschland haben solche riskanten Swap-Geschäfte abgeschlossen – weitere Verluste sind also in den nächsten Jahren zu erwarten. Das Geld, das nur eine Handvoll deutscher Gemeinden durch unnötige und riskante finanzielle Spekulationen verspielt haben würde also ausreichen um eine Forschungsmission zu finanzieren, die im Moment nur von einem internationalen Zusammenschluss europäischer Raumfahrtagenturen finanziert werden kann.
- 75 Millionen Euro wurden für den Bau eines Snow-Funparks (eine Indoor-Skihalle) in Wittenburg ausgegeben. 17 Millionen davon hat das Land Mecklenburg-Vorpommern bezahlt. Nun steht der Park kurz vor dem Aus. Für das Geld das diese kaum benützte Indoor-Skianlage gekostet hat, hätte man auch ein Groß-Observatorium vom Kaliber des Keck-Observatoriums auf Hawaii bauen können.
Es gäbe noch Beispiel zuhauf: 450.000 Euro für eine teure Natursteinverblendung von nur 8 Autobahnbrücken in Sachsen. 900.000 Euro Subvention pro Jahr an das Rock’n Popmuseum in Gronau. 500.000 Euro Baukosten und 170.000 Euro jährliche Kosten für einen Infopavillion zum U-Bahn-Bau in Hamburg. 450.000 Euro jährliche Kosten weil die Stadt Wiesbaden ihren Mitarbeitern den Besuch in privaten Fitnesscentern finanziert.
Diese Ausgaben des Staates sind noch relativ harmlos wenn sie man mit anderen Summen vergleicht: 100 Millionen Euro zahlt z.B. die ARD pro Saison für die Übertragunsrechte an der Fußball-Bundesliga. Der amerikanische Sender NBC zahlte 2008 knapp 570 Millionen Euro für die Übertragung der olympischen Schwimmwettbewerbe an das Internationale Olympische Komittee. Damit könnte man die Marsonde Phoenix fast zweimal finanzieren (die kostete etwa 300 Millionen Euro) oder die Raumsonde New Horizons (die den Pluto und den Kuipergürtel erforschen soll) und etwa 445 Millionen Euro kostet. Für die gesamten Übertragungsrechte der olympischen Spiele von 2000 bis 2008 zahlte NBC übrigens 3,5 Milliarden Euro – das entspricht in etwa dem, was der Teilchenbeschleuniger LHC gekostet hat.
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