Gerade habe ich einen interessanten Vortrag im Instituts-Kolloquium gehört. Es geht dabei um den europäischen Satelliten GAIA (Bild rechts, ESA). Das bedeutet “Globales Astrometrisches Interferometer für die Astrophysik”. Von diesem Satellit, der im Dezember 2011 starten soll, erwarten sich die Astronomen enorm viel!
Ziel der Mission ist es – simpel gesagt – die Positionen der Sterne in unserer Milchstrasse (zumindest der meisten) extrem genau zu vermessen. Das klingt vielleicht ein bisschen langweilig – ist aber ziemlich wichtig! Denn nur wenn die Positionen der Sterne genau genug bekannt sind, lässt sich weitere Forschung, z.B. über Entstehung und Entwicklung der Milchstrasse, darauf aufbauen.
Und als Nebenprodukt wird GAIA noch jede Menge andere Objekte am Himmel entdeckt. Man schätzt dass
- bis zu einer Million Asteroiden und Kometen innerhalb unseres Sonnensystems
- dreißigtausend Planeten außerhalb unseres Sonnensystems
- fünfzigtausend “misslungene” Sterne, sogenannte Braune Zwerge
- mehrere hunderttausend erloschene Sternüberreste, sogenannte Weiße Zwerge
- zwanzigtausend explodierende Sterne, sogenannte Supernovae
- hunderttausende weit entfernte aktive Galaxien, sogenannte Quasare
von GAIA entdeckt werden können (Quelle). Und eventuell auch die Werkzeugtasche von der ISS 😉
Und das ist dann doch recht beachtlich. Kein Wunder also, dass Astronomen auf der ganzen Welt auf eine erfolgreiche Mission der europäischen Weltraumagentur ESA hoffen.
Damit GAIA aber so exakt funktioniert, wie man es sich erhofft, ist es notwendig, die Position des Satelliten am Himmel genau zu kennen (der Ort muss auf etwa 150 Meter und die Geschwindigkeit auf 2,5 mm pro Sekunde bekannt sein). Denn wenn man nicht genau weiß, wo sich der Satellit befindet, kann man auch die Positionen der Himmelsobjekte nicht genau bestimmen (bzw. nur mit einer geringeren Genauigkeit). Am Besten wäre es also daher, wenn man 2 seperate Bodenstationen hätte – dann kann der Satellit aus 2 verschiedenen Richtungen angepeilt werden und die Positionsbestimmung ist kein Problem.
Nun will (kann?) die ESA aber kein Geld für eine zweite Bodenstation ausgeben und man muss sich etwas anderes überlegen, um die Position von GAIA zu bestimmen. Dieses Problem war Thema des Vortrags. Im Prinzip läuft es darauf hinaus, dass man probiert, den Satelliten mit Teleskopen von der Erde aus zu beobachten. Das ist allerdings nicht unbedingt trivial: so ein Satellit ist der Erde zwar vergleichsweise nahe (GAIA befindet sich aber mit 1,5 Millionen Kilometern trotzdem sehr weit entfernt), er ist aber auch extrem klein und leuchtschwach (GAIA wird in etwa 19 Magnituden haben).
Hinzu kommt, dass der Satellit für die gesamte Dauer der Mission (mindestens 5 Jahre) täglich beobachtet werden muss. Die Leute von GAIA-GBOT (GAIA-Ground Based Optical Tracking) müssen im Moment also jede Menge technische und astronomische Probleme lösen, um GAIA von der Erde aus so genau beobachten zu können. Sie sind aber auch auf der Suche nach Sternwarten, die ein bisschen ihrer Beobachtungszeit für die GAIA-Messungen zur Verfügung stellen. Den idealerweise sollte der Satellit von mehreren Sternwarten aus ins Visier genommen werden (und ein paar sollte man auch immer in Reserve haben, falls mal schlechtes Wetter ist).
Schon irgendwie absurd: Da wird eine Weltraummission der Superlative gestartet und knapp eine halbe Milliarde Euro investiert. Aber eine vergleichsweise kleine Summe für eine zweite Bodenstation, um die Fähigkeiten des Satelliten optimal auszunutzen und die hohe Genauigkeit der Messdaten zu bekommen, ist dann nicht mehr drin. Stattdessen ist man nun auf den guten Willen der internationalen astronomischen Community angewiesen die hoffentlich genug Beobachtungszeit an geeigneten Teleskopen zur Verfügung stellt.
Aber so was kommt leider öfter vor als man denkt. Zuerst wird viel investiert – und später werden schon geringste Kosten gescheut, die aber nötig wären um z.B. die Daten, die man aus einer teuren Weltraummission erhalten hat, auch vernünftig auszuwerten.
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