Unsere Erde ist ja (rein himmelsmechanisch gesehen) erstmal ein recht unauffälliger Planet. Annähernd kreisförmig zieht sie ihre Bahn um die Sonne und sonst passiert nicht viel. Auch die anderen Planeten in unserem Sonnensystem verhalten sich so (natürlich stimmt das auch nicht ganz – dass es auch mal chaotisch zugehen kann, habe ich hier beschrieben).
Es könnte aber auch Planeten in anderen Sonnensystemen geben, die sich ganz anders verhalten: sogenannte Trojanerplaneten.
Was sind Trojaner?
Über die Trojaner habe ich ja schon vor einiger Zeit einen langen Artikel geschrieben. Damals ging es allerdings um Asteroiden. Diese Asteroiden umkreisen die Sonne (annähernd) auf der selben Bahn wie der Planet Jupiter – befinden sich aber 60° vor bzw. hinter ihm. Auch wenn sich die Asteroiden die Bahn mit dem Riesenplaneten Jupiter teilen müssen, gibt es keine Probleme. Joseph-Louis Lagrange hat im 18. Jahrhundert gezeigt, dass es 5 spezielle Punkte gibt, an denen sich die Anziehungskräfte der Sonne und eines Planeten auf einen Asteroiden gerade so aufheben, dass sie keinen störenden Einfluss ausüben können. 2 dieser 5 Lagrangepunkte sind stabil. Das bedeutet, dass Asteroiden, die sich in oder in der Nähe dieser Punkte befinden, dort auch für lange Zeit bleiben können – also eine stabile Bahn um die Sonne verfolgen. Und das sind genau die beiden Punkte vor und hinter Jupiter auf dessen Bahn, an denen wir im Sonnensystem bis heute tausende Asteroiden entdeckt haben: die Trojaner. In diesem Bild sind die stabilen Punkte mit “L4” und “L5” bezeichnet (Gelb: Sonne, Blau: Jupiter):
2 Planeten auf einer Bahn
Nun, zumindest nicht in unserem Sonnensystem. Hier kennen wir nur die Trojaner-Asteroiden des Jupiter (auch Mars und Neptun haben Trojaner) und ein paar Saturnmonde die sich in Trojanerkonfigurationen befinden (auch einige Weltraumobservatorien wurden in den Lagrangepunkten der Erde stationiert). Aber was ist mit extrasolaren Planetensystemen?
Wir wissen mittlerweile, dass solche Trojanerplaneten durchaus entstehen können. Erst vor kurzem sind wieder zwei wissenschaftliche Arbeiten erschienen, die deutlich machen, dass in anderen Sonnensystemen durchaus auch Trojanerplaneten entstehen könnten.
Wir wissen auch, dass diese Planeten für sehr lange Zeiten stabilen Bahnen folgen können. Arbeiten zur Stabilität von Trojanerplaneten wurden (und werden) unter anderem von der Astrodynamik-Arbeitsgruppe der Unisternwarte Wien durchgeführt (und auch ich habe vor einigen Jahren dort über dieses Thema gearbeitet).
Trojanerplaneten könnten also entstehen und wenn sie entstanden sind, können sie für sehr lange Zeiten stabile Bahnen haben. Warum haben wir bis jetzt dann noch keine entdeckt?
Unter anderem deswegen, weil noch nicht wirklich intensiv danach gesucht wird. Im Vergleich zur Suche nach “normalen” Exoplaneten ist das Auffinden von Trojanerplaneten etwas knifflig. Man kennt zwar mittlerweile schon Methoden, um sie zu entdecken – aber die wurden noch nicht systematisch umgesetzt (zumindest nicht, wenn man es mit dem Aufwand vergleicht, der sonst in der Exoplanetenforschung betrieben wird).
Wozu das Alles?
Dabei wäre eine Entdeckung eines Trojanerplaneten ein wirklicher Fortschritt! Nicht nur, weil man damit eine neue, stabile Konfiguration für Planetenbahnen auch tatsächlich in der Natur verifizieren könnte. Man könnte damit auch einige offene Fragen aus dem Bereich der Planetenentstehung lösen. Hier gibt es nämlich immer noch verschiedene Theorien, die miteinander konkurrieren. Besonders schwierig ist die Erklärung, wie die sg. “Hot Jupiters” entstanden sind. Das sind extrasolare Planeten, die sehr groß sind (vergleichbar mit Jupiter in unserem Sonnensystem oder größer), die sich sehr nahe an ihrem Stern befinden (viel näher als der Merkur an der Sonne). Die Theoretiker probieren immer noch, herauszufinden, ob diese Planeten wirklich so nahe am Stern entstanden sind oder ob sie im Laufe der Zeit von weit entfernteren Orten in Richtung des Sterns “migriert” sind.
Viele Forscher halten die Migrationshypothese für wahrscheinlicher – aber auch hier gibt es verschiedene konkurrierende Variationen. Einige gehen davon aus, dass der große Planet früher eine sehr exzentrische (also stark elliptische) Bahn hatte, die sich dann durch Wechselwirkungen mit interplanetarem Material (Staub, Gas, Kleinkörper) schnell zu einer kreisförmigen, sternnahen Bahn geändert hat. Und diese Hypothese würde für solche Planeten keine Trojaner zulassen! (Damit Trojanerplaneten stabile Bahnen haben können, darf die Bahn des größeren Partnerplaneten nicht zu exzentrisch sein).
Nun lassen sich praktischerweise Trojanerplaneten dann am einfachsten nachweisen, wenn sie sich ihre Bahn mit einem “Hot Jupiter” teilen. Würde man bei so einem Planeten einen kleineren Trojanerpartner entdecken, dann wäre die oben beschriebene Art der Migrationshypothese falsifiziert.
Gute Gründe also, um nach Trojanerplaneten zu suchen. Ich selbst hatte eigentlich vor, ein Forschungsprojekt zu genau diesem Thema zu beginnen. Zuerst wollte ich durch theoretische Simulationen diejenigen Sterne identifizieren, bei denen die Chancen am besten stehen, Trojanerplaneten zu entdecken. Und danach genau diese Sterne auch wirklich beobachten um so meine Vorhersagen entweder zu bestätigen oder zu falsifizieren. Selbst wenn ich keinen Trojanerplaneten entdecken würde, hätten wir immer noch jede Menge neue theoretische und experimentelle Daten gewonnen, die für spätere Arbeiten wichtig sein können.
Ich habe das eigentlich für ein recht gutes und interessantes Thema gehalten – die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fand das Projekt aber dann leider doch nicht so gut und hat mir vor ein paar Wochen mitgeteilt, dass sie eine Förderung abgelehnt.1
Tja – so läufts in der Forschung… aber man konnte in den letzten Jahren beobachten, dass auf diesem Gebiet immer mehr geforscht wird und dass sich auch immer mehr Wissenschaftler beteiligen. Als wir damals in Wien begonnen haben, uns damit zu beschäftigen, wurde das von vielen Kollegen als unnütze Spielerei betrachtet. Trojanerplaneten seien eine nette theoretische Konfiguration – aber in der Realität könne es sowas wahrscheinlich nicht geben und selbst wenn, würde man sie wohl in naher Zukunft kaum entdecken. Mittlerweile wissen wir, dass es sie sehr wohl geben kann und das wir auch (jetzt schon) in der Lage sind, sie zu entdecken, wenn sie existieren.
Ich würde mich wirklich freuen, wenn so eine Entdeckung gemacht werden würde! Vielleicht ein erdähnlicher Exoplanet, der sich die Bahn um seine Sonne mit einem Gasriesen teilt. Man stelle sich vor, wie es wäre, auf so einer seltsamen Welt zu Leben. Die Raumfahrt müsste dort eine interessante Angelegenheit sein…
Aber das ist noch nicht einmal die seltsamste Konfiguration, die sich Himmelsmechaniker ausdenken können. Es gibt noch welche, die sind noch viel außergewöhnlicher! Doch dazu dann mehr in einem anderen Artikel.
1: Einer der Hauptgründe für die Ablehnung des Antrags war übrigens die Arbeit meiner Wiener Kollegen. Die DFG meinte, dass meine Arbeit deswegen nicht mehr wirklich nötig wäre. So ein Argument ist dann natürlich extra bitter. Natürlich kenne ich die Arbeit meiner Freunde aus Wien sehr gut (ich habe ja teilweise selbst daran mitgearbeitet) und weiß genau, dass sie meinerm Projekt zwar ähnlich ist, aber in eine ganz andere Richtung zielt und auch keine der Fragen beantworten kann, die ich hätte beantworten wollen. Aber bei DFG-Projekten kann man leider kaum Einspruch einlegen – abgelehnt ist abgelehnt…
Kommentare (7)