Auf den jeweils 10 km, die ich jeden Tag mit dem Fahrrad über Feldwege zur (bzw. von der) Universität fahre, habe ich immer jede Menge Zeit, mir Gedanken zu machen. Gestern zum Beispiel über eine alte Frage der Astronomie: Warum ist es nachts eigentlich dunkel?
Das ist eine sehr schöne Frage. Festzustellen, dass sich auf der Erde längere Perioden von Helligkeit und Dunkelheit abwechseln, ist so ziemlich die einfachste astronomische Beobachtung, die man machen kann. Aber denkt man konsequent über die eigentliche Ursache nach, dann kann man zu wirklich fundamentalen Ergebnissen kommen!
Eigentlich ist es ziemlich klar, warum es nachts dunkel ist. Die Sonne beleuchtet immer nur eine Seite der Erdkugel. Und da sich die Erde dreht, bekommt jeder Punkt auf der Erde mal Sonnenlicht ab und mal nicht. Deswegen gibt es den Wechsel von Tag zu Nacht.
Aber wenn das schon alles wäre, dann würde ich da sicher keinen Artikel drüber schreiben 😉 Könnte es also Gründe geben, warum es nachts nicht dunkel sein sollte?
Nun ja – auch in der Nacht gibt es natürliche Lichtquellen – den Mond, die Planeten und die Sterne. Deren Licht reicht aber nicht aus, die Nacht taghell zu erleuchten. Aber warum eigentlich nicht? Wenn es unendlich viele Sterne gäbe, die über das ganze Universum verteilt sind und die Erde (nach dem kopernikanischen Prinzip) keine Sonderstellung im Universum einnimmt, dann müsste eigentlich an jedem Punkt des Himmels, auf den unser Blick fällt, irgendwo ein Stern zu sehen sein. Und wenn jeder Punkt des Himmels von einem Stern erleuchtet wird, dann dürfte die Nacht nicht schwarz sein, sondern strahlend hell!
Diese Frage geht auf den Astronomen Heinrich Olbers zurück, der sie 1826 veröffentlichte und ist deswegen auch als Olberssches Paradoxon bekannt (das Problem war allerdings auch schon vorher bekannt).
Der Nachthimmel ist nun aber sehr offensichtlich dunkel – wo ist also das Problem bei unserer Überlegung. Im 19. Jahrhundert wusste man im Vergleich zu heute noch nicht viel über die Struktur und den Aufbau des Universums. Man wusste z.B. nicht, wie Sterne funktionieren und warum sie leuchten. Und das ist schon der erste wichtige Punkt!
Aus der Tatsache, dass der Himmel nachts dunkel ist, folgt direkt, dass Sterne nicht ewig leben können. Heute wissen wir, dass in Sternen nukleare Fusionsprozesse ablaufen, die Licht und Energie erzeugen. Irgendwann hört die Fusion aber auf, nämlich dann, wenn das Material, aus dem der Stern besteht, nicht weiter zu neuen Elementen fusioniert werden kann. Die Lebensdauer von Sternen ist also begrenzt und beträgt im Durchschnitt etwa 10 Milliarden Jahre. Der Nachthimmel wäre nur dann hell, wenn Sterne ewig leben und strahlen. Wenn sie irgendwann damit aufhören, sehen wir nichts mehr.
Aber auch das Universum kann nicht unendlich alt sein (wie man damals noch dachte). Licht hat eine begrenzte Geschwindigkeit und wenn das Universum erst ein bestimmtes Alter hat, hat uns vielleicht noch nicht das gesamte Licht erreicht. Und das Licht, das wir sehen könnten, können wir vielleicht gar nicht mehr sehen. Denn das Universum expandiert ja auch und das Licht weit entfernter Lichtquellen, die sich wegen er Expansion enorm schnell von uns wegbewegen, wird aufgrund des Dopplereffekts zu höheren Wellenlängen hin verschoben, die wir nicht mehr sehen können. Das “Licht des Urknalls” ist z.B. heute bis in den Mikrowellenbereich verschoben worden. Könnten wir diese Strahlung mit unseren Augen direkt sehen, würde der Himmel tatsächlich gleichmäßig erhellt sein. Da wir aber nur einen engen Wellenlängenbereich direkt wahrnehmen können, bleibt uns diese Art der Strahlung verborgen.
Es ist also nachts deswegen dunkel, weil das Universum einen Anfang hatte, weil sich das Universum ausdehnt und weil die Sterne ebenfalls nicht ewig leben sondern entstehen und vergehen wie alles andere auch. Das sind ziemlich fundamentale Einsichten für so eine simple Beobachtung…
Kommentare (82)