Heute feiern wir ja den 200. Geburtstag von Charles Darwin. Da ich nun aber Astronom bin und kein Biologe überlasse ich es lieber meinen Kollegen aus der Biologe hier bei ScienceBlogs über seine revolutionäre Arbeit zu schreiben.
Ich möchte mich heute den “anderen Darwins” widmen, die im Ruhm des großen Charles oft ein bisschen verblassen. Charles Darwin hatte viele Kinder und Enkelkinder – und auch sie waren oft hervorragende Wissenschaftler. Francis Darwin war Botaniker, Leonard Darwin ein Ökonom und Horace Darwin ein Ingenieur – und das waren nur 3 seiner Kinder. Mich interessiert aber besonders Charles Darwins zweiter Sohn: George Howard Darwin, ein Astronom und Mathematiker.
George Howard wurde 1845 als fünftes Kind von Charles Darwin geboren. Er studierte am Trinity College in Cambridge wo er 1868 auch Fellow wurde. 1883 wurder er zum Plumian Professor of Astronomy and Experimental Philosophy ernannt. Seit dieser Zeit beschäftigte er sich auch verstärkt mit dem Problem der Gezeiten. George Darwin war auch der erste, der eine auf mathematischen Methoden basierende Theorie der Mondentstehung vorlegte. Seiner Vorstellung nach rotierte die frühe Erde sehr viel schneller als heute. Da sie damals noch nicht so fest war heute, hat sich der Mond durch diese schnelle Drehung von der zähflüssigen Erde abgespalten.
Diese Theorie war nicht schlecht. Sie erklärte die geringe Dichte des Mondes, der ja demnach nur aus dem äußeren Mantelgestein der Erde bestehen würde. Auch die Größe des Mondes lässt sich gut durch eine Abspaltung aus dem Äquatorwulst der Erde erklären. Manche Geolgen meinten damals auch, im großen “Loch” des Pazifiks die Überreste dieser Abspaltung von der Erde zu sehen.
Allerdings wissen wir heute, dass Darwins Theorie falsch ist. Die Erde hätte enorm schnell rotieren müssen und es gibt keinen vernünftigen Mechanismus, der das hätte leisten können. Wir wissen zwar, dass die Erde früher tatsächlich schneller rotierte (Grund dafür ist die Gezeitenreibung) – allerdings nicht so schnell, wie es für Darwins Theorie nötig gewesen wäre. Die Mondbahn ist außerdem um etwa 5 Grad gegenüber der Erdbahn geneigt – auch das lässt sich mit einer Abspaltung schwer erklären. Und auch der Pazifik entstand durch die Plattentektonik und nicht durch die Abspaltung des Mondes.
Wir können heute mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass der Mond durch eine Kollision der Erde mit einem Protoplaneten entstanden ist. Aber auch wenn Darwins Theorie falsch ist, war sie als erste mathematisch begründete Theorie doch sehr wichtig.
Neben dem Problem der Mondentstehung hat sich George Darwin auch mit dem Dreikörperproblem beschäftigt. Hier interessierte er sich besonders für periodische Bahnen und deren Einteilung in verschiedene Gruppen. Seine Arbeiten dazu sind im Volltext verfügbar und wirklich interessant – besonders diejenigen, in denen er Bahnen in Form einer 8 untersucht (allerdings haben sie diese Bahn nur in speziellen Koordinatensystemen). Und viele seiner anderen wissenschaftlichen Arbeiten findet man hier als Volltext.
1892 wurde George Darwin die Goldmedaille der Royal Astronomical Society verliehen, deren Präsident er dann später auch wurde.
Aber auch die nächste Generation der Darwins trat in die Fußstapfen ihrer berühmten Vorgänger. Der 1887 geborene Sohn von George Darwin, Charles Darwins Enkel Charles Galton Darwin wurde ein erfolgreicher Physiker.
Wie sein Vater studierte er Mathematik am Trinity College in Cambridge, verlegte sich dann aber auf die Physik. Nach seinem Abschluß 1910 arbeitete er an der Universität Manchester gemeinsam mit Ernest Rutherford und Niels Bohr an deren berühmten Atommodell. Später beschäftigte er sich mit Röntgenstrahlen und deren Einsatz zur Untersuchung von Kristallen. Nach dem ersten Weltkrieg arbeitete er über statistische Mechanik (die “Darwin-Fowler-Methode” stammt aus dieser Zeit – ich habe aber leider keine Ahnung, worum es sich dabei handelt). 1924 wurde er Professor an der Universität Edinburgh und beschäftigte sich mit quantentheoretischen Problemen. Auch in dieser Disziplin hat er mit dem “Darwin-Term” dauerhaften Spuren hinterlassen. Dieser Korrekturterm wird gebraucht, wenn man die Feinstruktur im Spektrum des Wasserstoffs genau beschreiben möchte.
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