Warum die Astrologie ein guter Ratgeber auf dem Weg zum neuen Arbeitsplatz ist, kann ich hier leider nicht sagen – ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktionieren sollte. Aber vermutlich kann das der “Bewerbungsexperte” Hans Christian Schrader, der am 12. März bei der Veranstaltung “Informationsbörse – Wege in den Job” in Berlin einen entsprechenden Vortrag hält (durchgeführt vom “Forum Berufsbildung“).

Irgendwie macht das alles langsam Sinn. Wenn die Firmen ihre Mitarbeiter nach astrologischen Kritierien auswählen, dann muss man sich natürlich auch als Bewerber entsprechend informieren und die Astrologie berücksichtigen. Und wenn Firmen/Banken sogar ihre Geschäfte nach den Sternen richten, dann sind astrologisch geschulte Mitarbeiter natürlich von Vorteil. Ob Astrologie funktioniert oder nicht, ist hier nur mehr nebensächlich – das System stützt sich selbst.


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Kommentare (24)

  1. #1 sil
    9. März 2009

    Die stellen sich gegenseitig Jodeldiplome und -zertifikate aus. Die Erfolgreicheren leben dann von den Seminaren. Die volle Dröhnung gibt´s im Standardwerk von
    Colin Goldner: “Die Psycho-Szene”.

  2. #2 sil
    9. März 2009

    Die stellen sich gegenseitig Jodeldiplome und -zertifikate aus. Die Erfolgreicheren leben dann von den Seminaren. Die volle Dröhnung gibt´s im Standardwerk von
    Colin Goldner: “Die Psycho-Szene”.

  3. #3 rolak
    9. März 2009

    Tja, das Buch kann ich nun nicht mehr als empfehlen 🙂 Die Aktivitäten des Herrn Schrader sind schon länger =»bekannt (kurz hinter ‘Deckmäntelchen’) oder =»hier, trotzdem habe ich mal ganz freundlich wg seiner Motivation bzw Begründung angefragt.

  4. #4 rolak
    9. März 2009

    ..ich sollte mir langsam abgewöhnen, spitze Klammern (kleiner..größer) zu benutzen. =»’als «neu» empfehlen.

    Die Gesamtsituation finde ich allerdings nicht sinnstiftend, sondern beunruhigend – ob irgendeines der prophetischen Systeme je funktioniert hat, war doch bisher auch völlig irrelevant. Aber das Ausbreiten in immer neue Teilbereiche des täglichen Lebens…

  5. #5 SImon
    9. März 2009

    ich bin immer wieder amüsiert darüber wofür es alles “experten” gibt, und wie man ein solcher wird. “bewerbungsexperte” kannte ich noch nicht.

  6. #6 Jane
    9. März 2009

    *schock* Hans Christian Schrader ist nicht irgendwer, zusammen mit Jürgen Hesse gibt er “Das Bewerbungshandbuch” heraus, das auch die “Bewerbungsbibel” genannt wird.
    Analog dazu werden die beiden auch als “Bewerbungspäpste” bezeichnet 😉

    Die beiden sind Deutschlands führende Bewerbungsexperten. Umso schlimmer.

    Und ich hab die “Bibel” im Regal stehen! Igitt! 😉

  7. #7 Florian Freistetter
    9. März 2009

    @Jane: Na wenn er der Bewerbungs”papst” ist, dann wundert es mich auch nicht, wenn er unsinnigen Vorstellungen anhängt 😉

    Aber du hast recht – wenn er tatsächlich so prominent ist, dann ist das wirklich bedenklich. Bisher hatte ich ja Glück – im wissenschaftlichen Bereich laufen die Bewerbungen anders als in der freien Wirtschaft. Aber sollte ich jemals in die Verlegenheit kommen, eine “echte” Bewerbung schreiben zu müssen, werde ich mich wohl lieber nicht an die Ratschläge von Schrader halten…

  8. #8 Florian Freistetter
    9. März 2009

    Ich hab mal bei den Leuten vom Bewerberblog (übrigens auch aus Jena) nachgefragt, ob die dazu noch irgendwelche interessanten Infos haben…

  9. #9 Soziobloge
    9. März 2009

    Man sollte mal bedenken, wieviel Papier und Aufwand durch Astrologie gespart werden kann. Statt einer riesigen Bewerbungsmappe steht einfach nur noch das Sternzeichen auf einem Blatt. Vielleicht noch das genaue Geburtsdatum, damit man auch eine genauere Auwahl treffen kann. Vorher den Experten gefragt und schon hat man ohne viel Aufwand den Richtigen gefunden. Sogar das Vorstellungsgespräch kann man sich sparen. Was für ein Potential in Zeiten der Krise. 😉

  10. #10 Florian Freistetter
    9. März 2009

    @Soziobloge: Noch einfacher: Einfach Geburtsdatum und -zeit auf die Stirn tätowieren und fertig. Dann weiß jeder sofort über einen Bescheid.
    Und am Arbeitsamt wird ausgerechnet, wann jemand geboren sein muss, um die Anforderungen für einen bestimmten Job optimal zu erfüllen. Das wird mit dem Meldeamt abgeglichen: so kann jeder automatisch zu einem absolut passenden Job eingeteilt werden.

  11. #11 Pianoman
    10. März 2009

    Dieser Wahn !

    Ich stelle mir das gerade vor: Hey, Sie sind ja Wombat mit Aszendent Kanalratte im dritten Reihenhaus von links ; man, da geht ja Automechaniker überhaupt nicht. Werden Sie doch Feng-Shui Berater…

    Ich habe dem Forum Berufsbildung eine unfreundliche Email geschickt. Bin auf die Antwort gespannt.

  12. #12 Florian Freistetter
    10. März 2009

    @Pianoman: Wenn eine Antwort kommt, dann bitte auch hier Bescheid sagen!

  13. #13 Pianoman
    10. März 2009

    Keine Antwort vom Forum Berufsbildung, bisher…

    Aber der Gülcan Kamps der Internet-Astrologie schwallt ganz aktuell auf seinem
    “No responses”-Blog:

    (…)
    All dies wurde jetzt glücklicherweise auch von Profis der Berufsvermittlung erkannt:

    FORUM Berufsbildung: “Informationsbörse – Wege in den Job

    Hans Christian Schrader (Biographie von: Hans Christian Schrader – Eichborn.de), der obigen Vortrag über psychologische Astrologie hält, wird als der Deutsche Top-Experte in Sachen Berufsauswahlverfahren bezeichnet, und zwar durchaus auch von seinen Kritikern: Warum die Astrologie ein guter Ratgeber auf dem Weg zum neuen Arbeitsplatz ist.

    Um so bemerkenswerter ist es, dass ein solcher Mann mit Erahrung den Wert der Astrologie für seine Klienten offensichtlich hoch schätzt. Leider wird ihm deshalb nicht nur mit Achtung begegnet, sondern solche, die es ja immer und auf allen Gebieten besser wissen wollen, schütteln in Ignoranz ihre Köpfe. (No responses)

    Nun, ich glaube, ich mach mir den Spaß und schaue bei der Veranstaltung mal vorbei, wäre auch eine Dienstgang. Sehen wir mal, wie Herr Schrader mit kritischen Einwürfen umgehen kann.

  14. #14 Florian Freistetter
    10. März 2009

    @Pianoman: “Nun, ich glaube, ich mach mir den Spaß und schaue bei der Veranstaltung mal vorbei, wäre auch eine Dienstgang. Sehen wir mal, wie Herr Schrader mit kritischen Einwürfen umgehen kann.”

    Wenn du dort warst, bitte unbedingt berichten! Du kannst auch gerne einen Gastbeitrag hier bei mir verfassen – würde mich freuen!

  15. #15 Birgit
    10. März 2009

    @Pianoman: Kann mir bitte jemand erklären was psychologische Astrologie ist und wo der Unterschied zur normalen Astrologie besteht??? 😉
    Ach herrje, vielleicht bin ich als Chaot mit Schokotorte im 3.Haus von links gar nicht geeignet für den Job den ich grad mache…..

  16. #16 Nico
    10. März 2009

    Nu bin ich aber etwas verwundert… bei Hesse/Schrader steht was über astrologische Personalauswahl drin, aber ich kann mich nicht dran erinnern, dass sie ein gutes Haar daran gelassen hätten. Ist irgendwas Komisches passiert seitdem?

  17. #17 Pianoman
    10. März 2009

    Kann mir bitte jemand erklären was psychologische Astrologie ist und wo der Unterschied zur normalen Astrologie besteht??? 😉

    Vielleicht ist`s auch astrologische Psychologie ? Oder psychopathische Astroprosa ? Wer weiß…

    Ich mache mich am Donnerstag mal schlau und berichte.

  18. #18 Micha
    11. März 2009

    Psychologische Astrologie ist eine von vielen astrologischen Schulen, die sich durch das Attribut “psychologisch” ein seriöses Mäntelchen umhängen möchte. Mehr nicht – und “die Astrologie” gibt es sowieso nicht, nur verschiedene, sich widersprechende astrologische Schulen.

  19. #19 florian
    11. März 2009

    Das Bewerberblog hat nun auch einen Artikel über Astrologie&Bewerbung geschrieben.

  20. #20 Nadia
    11. März 2009

    Spannendes Thema! Unsere Meinung (also die von Personalern) könnt ihr auf unserem Bewerberblog nachlesen. Ein Nachtrag zu Herrn Schrader: Er ist tatsächlich ein Bewerbungsguru, hat viele Bücher zum Thema verfasst. Was diesen Mann geritten hat, Horsoskope als valides Mittel der Bewerberauswahl zu ernennen (sofern er das tatsächlichgetan hat), kann ich nicht sagen. Sollte das so sein, spricht das wohl eher gegen seine Fach- und Praxiskenntnis.

  21. #21 Pianoman
    11. März 2009

    Zitat aus einem Artikel der Berliner Zeitung:

    Die Verwendung von Horoskopen zur Berufsberatung sei daher durchaus sinnvoll: “Es ist nicht so, dass die Planeten Einfluss auf das Leben der Menschen haben”, betont Schrader. Er ist aber überzeugt davon, dass sie anzeigen, was die seelische Grundstruktur ausmacht.

    Dennoch – so mancher Ratsuchende lässt sich von Schrader bei der Berufswahl helfen und bezahlt für diesen Dienst. (…)

    Ankündigung der alterwürdigen Urania:

    Das Thema der heutigen Urania-Party ist der Psychologischen Astrologie gewidmet. Worum geht es dabei? Was unterscheidet sie von Zeitungshoroskopen? Kann sie als ein Instrument der Menschenkenntnis dienen, wie viele glauben? Kann man psychologische Erkenntnisse mit astrologischen Beobachtungen verbinden? Ist das seriös? Wie immer Sie dazu stehen: Seien Sie gespannt und überprüfen Sie Ihre individuelle “seelische Landkarte” daraufhin vor allem in Fragen zur Paarbeziehung und zum Beruf. Der große Publikumserfolg der Nufer-Schrader-Seminare in der Urania und die zahlreichen Anregungen der Teilnehmer haben die Idee entstehen lassen, auch einen Jour Fixe diesem Thema zu widmen.

    Eintritt: 25,- €, Urania-Mitglieder 20,- €,

    Seit dem Tag, an dem der erste Schuft seinen ersten Dummkopf fand, gibt es Quacksalber.

  22. #22 Roger Beathacker
    11. März 2009

    Auf die Antwort von Forum waere ich auch sehr gespannt. Ebenso wuerde mich der Wortlaut des Anschreibens interessieren. Als Besitzer eines Bildungsgutscheins habe ich bei dieser Einrichtung kuerzlich wegen einer Fortbildung zum Bildungs- und Berufsbegleiter vorgesprochen und wurde von einem Betreuer zu Fragen meiner “Motivation” interviewt. Den frisch ueberarbeiteten Lebenslauf und das eigens erstellte, ebenfalls erwuenschte einseitige Schreiben mit der Darlegung meiner Gruende und Motive wuerdigte er kaum eines Blickes. Statt schliesslich ja oder nein zu sagen verwies er mich an eine Kollegin, die aber offenbar auch nicht so recht wusste wie und wo sie mich einordnen sollte. Das Ende vom Lied: ich soll bitte noch eine weitere (externe) Kollegin konsultieren zwecks Beratung … Man kommt offenbar leichter an einen Studienplatz fuer innere Medizin als in so einen popligen Kurs.

    Insgesamt habe ich freilich schon laenger den Eindruck, dass diese Branche in weiten Teilen esoterisch kontaminiert ist. Bei der Teilnahme an einem “Assessment” zu dem ich im vergangenen Jahr eine “Zuweisung” erhalten hatte – was soviel bedeutet, wie “Mitmachen oder Leistungskuerzung!” – wurde ich bereits am zweiten Tag von der zustaendigen Dozentin gefragt, ob ich mich auch mit Schamanismus beschaeftigen wuerde. Als ich das verneinte, gab sie bedauernd zur Antwort, dass ich aber sicher einen guten Schamanen abgeben wuerde.

    grmmmpf…

    Meine ohnedies vorhandenen Zweifel daran, ob gerade dieser Kurs bei diesem Institut mich tatsaechlich irgendwie weiterbringen koennte, sind nach der Lektuere dieses Artikels und der Kommentare eher noch gewachsen. Andererseits reitzt es mich schon, dort evtl. ein wenig den Wallraff zu machen …

    Schaun mer mal

    😉

  23. #23 Pianoman
    14. März 2009

    Wer heute, angesichts der Unwägbarkeiten unserer Ökonomie und den daraus möglicherweise resultierenden Orientierungsschwierigkeiten, Hilfe dabei sucht, eigene Ressourcen in Lohn und Brot umzusetzen, d.h. einen Beruf zu erlernen oder sich nach einem neuen Arbeitsplatz umzuschauen, ist nicht nur ein potentieller Mandant der dafür ausgebildeten Berufsberater, sondern auch ein Objekt der monetären Begierde abgedrifteter Vertreter der akademischen Lebensberatergilde.

    Die nennt ihre honorargenerierende Tätigkeit camouflierent “psychologische Astrologie”, und
    leitet – unter dem Deckmäntelchen vorgetäuschter Wissenschaftlichkeit – aus der
    Konstellation willkürlich ausgewählter Himmelskörper die Begründung dafür ab, Menschen
    dazu zu veranlassen, Autos zu reparieren oder Orchesterdirigent zu werden; je nach dem, wie
    nahe Saturn bei Chiron steht. Beispielsweise.

    So auch der aus vielen Publikationen bekannte “Bewerbungspapst” Dipl. Psychologe Hans
    Christian Schrader, der – im Duo mit seinem Studienkollegen Hesse – mannigfaltige Lektüre
    zum Thema Bewerbung verfasst hat. Bücher von Hesse/Schrader galten bis dato als seriöse,
    praxisorientierte Vorbereitung im Kampf mit den ideenreichen Selektionsmechanismen der
    Personalabteilungen.

    Was die Seriosität der Beratung angeht, muss man zukünftig bei Herrn Schrader Abstriche
    machen. Der nämlich setzt sich vor seinen Laptop, gibt den Geburtszeitpunkt in ein
    Astroprogramm ein , und hat nach etwa 2 Min. ein atemberaubend präzises Bild der
    Seelenlandschaft des Klienten; sagt Schrader. Und das Volk glaubt´s ihm.

    Zumindest die meisten von denen, die am 12.3.09 um 14.00 Uhr im Raum C des “Forum
    Berufsbildung” in der Berliner Charlottenstrasse saßen. Und das waren viele; so viele, dass
    sich der Veranstalter entschlossen hat, 2 Stunden später den Vortrag zu wiederholen.
    Dass von diesen Menschen der weitaus überwiegende Teil weiblichen Geschlechts war,
    erlaube ich mir ohne jeden chauvinistischen Hintergedanken anzumerken.

    Dieses Faktum ist nämlich Bestandteil des soziologischen Rahmenbedingungen, die solche
    Scharlatanerie erst ermöglichen.
    Neben der geschlechtsbedingten Affinität zu irrationalen Weltbegründungen ist noch ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: Die meisten derjenigen, die einen “psychologischen” Rat
    suchen, befinden sich in einer Krise, in der die Illusion eines sicheren Ufers eine derartige
    Faszination ausübt, dass man den Kollegen der Erleuchtungsabteilung alles, aber auch
    wirklich alles an Glückseeligkeitsversprechen abzunehmen bereit ist, sofern nur die Zumutung der Ungewissheit endlich verschwindet.
    Egal welcher Unsinn dabei verzapft wird, Hauptsache, die Erlösung von den Bedrängnissen
    des Alltags winkt am Horizont.

    Denn erst in einem solchen Klima, in dem es beispielweise nicht mehr bedeutsam ist, dass der Protagonist mehrfach wiederholt, es gäbe keinerlei wissenschaftlichen Nachweis für das
    angewendete Verfahren, und, von dieser Feststellung selbst völlig unbeeindruckt, trotzdem
    – mit unglaublicher Chuzpe – schon allein durch die Vermeidung sämtlicher konjunktivistischer Redewendungen jeden Zweifel am Gesagten ausschließt, erst in einem solchen Klima ist eine solche wie die erlebte Publikumsverblödung überhaupt möglich, ohne dafür anschließend geteert und gefedert zu werden.

    Dass es dem psychologischen Astrologen Schrader nicht um Aufrichtigkeit, sondern um die
    Schaffung eines entsprechenden Klimas ging, konnte man schon an Kleinigkeiten erkennen.
    Beispielweise nannte Schrader als Hinweis für die Bedeutung des Mondes im Horoskop, die
    schon längst und auch mehr als nur einmal als Aberglaube entlarvte Häufung von Straftaten
    oder aggressiverem Verhalten während Vollmondnächten. Wir wissen, dass diese Behauptungen genau so jeder Grundlage entbehren, wie z. B. die angebliche Mehrzahl von
    Geburten; und die Vielfalt anderer außergewöhnlicher Effekte, die Vollmondnächte so bescheren.

    Auch der Rest der Veranstaltung war eine klimagestaltende Maßnahme: Schrader
    interpretierte Mozarts Lebensaspekte an dessen Horoskop, danach ein anonymisierter Fall aus seiner Beratungspraxis, zum Schluss eine Dame aus dem Publikum, bei der die “2 Min.
    Psychoanalyse” per PC coram publico angewendet wurde
    .
    Was zu hören war, waren banale Barnum-Sätze, ubiquitäre Problemsituation (z.B. Vater-
    Sohn-Konflikt) und, bei der Dame aus dem Publikum, die Einbindung deren persönlicher
    Aussagen in die Horoskop-Interpretation. Nun ist bekannt, wie der Mechanismus der astrologischen Beratung funktioniert – und Schrader hat dabei nichts Neues geliefert:

    Barnum-Aussagen (Manchmal ist Ihnen warm, an anderen Tagen dagegen frösteln Sie…) ,
    geschicktes Ausfragen des Klienten, kommunikationsgesteuerte Interpretation und nicht
    zuletzt selbsterfüllende Prophezeiungen, lassen aus Zufallshypothesen stichhaltige Astrologie
    entstehen. Das “psychologische ” daran ist die fachkundige Exploration des Klienten und die
    Nutzung des Horoskops als Projektionsfläche für dessen offenbarte seelische Dispositionen.

    Nun verwendet die Psychologie projektive Verfahren (Rorschach etc.) regelmäßig.
    Allerdings geht es dabei um freie, ergebnisoffene Auseinandersetzung mit Materialien oder
    Stimuli, ohne irgendeinen Bezug zu einem festgelegtes System von vorgeblich “richtigen”
    und als – zweifelsfrei feststehend – suggerierten Eigenschaften, wie sie in einem Horoskop
    angeblich dargestellt werden.

    Insoweit ist Nachsicht für Schrader im Hinblick auf dessen möglicherweise auch fachlich
    angemessene Anwendung einer etwas unkonventionellen Projektionsfläche absolut nicht
    angebracht, da der Vorwurf der Manipulation des Klienten einfach nicht zu entkräften ist.
    Deshalb bleibt Schraders Behauptung, mit Hilfe eines PC-gestützten Analyse der
    Planetenkonstellation tatsächlich valide Aussagen über seelische Dispositionen oder
    Charaktereigenschaften treffen zu können, weiterhin der wesentliche Kritikpunkt.

    Nicht nur, dass Schrader damit seiner früheren Einschätzung astrologischer Personalauswahl
    widerspricht: “Firmen bzw. Arbeitgeber, die nach dem Prinzip “Management by Astrology”
    arbeiten, genießen in der Wirtschaft einen höchst zweifelhaften Ruf. Machen Sie sich bei so
    einer Firma Sorgen um ihre berufliche Zukunft, oder besser noch, fangen Sie gar nicht erst
    dort an” (Hesse /Schrader, Das Neue Test-Trainingsprogramm, Goldmann, 1994, S. 125).

    Man muss sich auch die Frage stellen, was Schrader dazu veranlasst – trotz seiner Ausbildung als Psychologe – sich und vor allem seinen Klienten den Weg in die Täuschungen eines Wahndenksystems zu eröffnen, das so typisch ist für Astrologie-Gläubige.

    Die Nennung der Referenzgrößen Fritz Riemann und C.G. Jung zur Legitimation der Schraderschen Weltsicht komplettiert dann das Bild.

    Was bleibt über ?

    Zum einen das soziologische Erstaunen über die Mannigfaltigkeit der Parallelwelten und
    -wirklichkeiten von Menschen direkt neben uns.
    Das Erstaunen über Zauberei und Magie direkt aus dem Personal Computer, und die Frage, ob die von Max Weber beschrieben Entzauberung der Welt, unter den grünen Ampeln der
    postmodernen Beliebigkeit zum Ende des 20. Jahrhunderts, sich genau ins Gegenteil gekehrt
    hat ?

    Und letztendlich auch die Frage, wie die, die sich der Faktizität des wissenschaftlichen
    Beweises verpflichtet fühlen, mit dem sprudelnden Narrativum eines Welten-Erklärers
    umgehen, der sich ausschließlich seiner Phantasie und einer konstruierten Realität
    verpflichtet sieht.

    Schrader praktiziert Magie. Nicht mehr und nicht weniger. Eine Magie, die sich auf der Flucht
    vor Aufklärung, Wissenschaft und Technik, durch die Ausbildung neuer Sozialformen ins 21.
    Jahrhundert rettet, und ihr Auftreten an die Anforderungen des modernen Lebens anpasst.
    Mit seriöser – besonders “psychologischer” – Beratung hat das allerdings nichts zu tun, und es ist, liebe Leute vom Forum Berufsbildung, auch keine weiteres Beratungsangebot…
    Es ist der direkte Weg in ein Stadium des mythisierten Nichtwissens, der selbstverschuldeten Unmündigkeit.

    Schrader verrät seine Profession, die ethische Grundlage seines Berufstandes, wenn er die
    mühsame Suche nach der Begründung und den Antrieben des menschlichen Handelns, das
    eigentliche Motiv psychologischer Analysetätigkeit, durch ein absurdes, pseudowissenschaftliches Erkenntnisverfahren ersetzt.

    Nun gibt es allerdings noch eine andere Sichtweise der Dinge:
    Vergegenwärtigt man sich die Tatsache, dass die Verwendung eines PCs für den unbedarften
    Zeitgenossen eine wissenschaftliche Validität des Verfahrens suggeriert, so drängt sich der
    Eindruck auf, dass es möglicherweise nur um die Bequemlichkeit einer von jedem tieferen
    Auseinandersetzung mit der Lebenswelt des Klienten befreiten Beratungstätigkeit geht,
    letztlich um die “Faulheit des Psychologen”.

    Dieser Ansatz ist zwar nicht moralischer, aber befreit Schrader zumindest vom Verdacht, die
    Bodenhaftung komplett verloren zu haben.

    Dafür, dass Schrader nur die Bedürfnisse verunsicherter Zeitgenossen befriedigt, spricht nicht
    wenig: Auf eine Nachfrage aus dem Publikum nannte Schrader sein Honorar für eine
    psychologisch-astrologische Beratung, mit 75,- Euro/Std.

    Nun muss man davon ausgehen, dass für dieses Geld ganz sicher keine fundierte
    Persönlichkeits-Analyse zu bekommen ist. Andererseits sind aber auch wohl die wenigsten
    der solchen Rat Suchenden, bereit und in der Lage, soviel Geld zu investieren, um einem
    Psychologen den zeitlichen Aufwand zu honorieren, der nötig ist, sich ein umfassendes Bild
    vom Klienten zu verschaffen.

    Zwar nimmt die Sehnsucht nach einer “Anderen Realität” offenbar proportional zur gefühlten
    emotional-spirituellen Entleerung im technisch verwalteten Leben zu, aber der Gegenentwurf,
    – die selbstfinanzierte Erleuchtung – muss nicht nur in spektakulärer Eindeutigkeit erfolgen,
    sondern eben auch schnell und preiswert daher kommen.
    Insoweit sind nämlich auch die EinwenigüberdenTellerrandschauenden Kinder der von ihnen
    so verachteten, materialistischen Gegenwart.
    Hier funktionieren also banale Marktgesetze: Der Nachfrage nach gesicherten Erst- und
    Letztbegründungen – am besten als Sonderangebot vom Wühltisch – steht das Angebot der
    astrologischen Lebensberater gegenüber: Erkenntnis per Kopfdruck aus dem PC, wie ein
    Pulverkaffee aus dem Automat, und, quasi wie der Keks auf der Untertasse, ´ne nette
    Geschichte als Beigabe.

    Eben “Instant Karma”. Belanglose Erkenntnis “to go”.

  24. #24 Dr. E. Berndt
    14. März 2009

    @pianoman
    Danke, wie immer ein perfekter Artikel.
    Ihre Ausführungen gleichen einer wirklich guten sportlichen Kieljacht! Und bläst der Esoteriksturm noch so stark und böig, sie bleibt auf Kurs, läuft nicht durch den Wind und geht ohne Stampfen durch die aufgewühlten Wogen der Unwissenheit durch. Und sie kentert auch nicht, denn viel Wissen im Kiel verleiht großes aufrichtendes Moment. Da läßt sich dann halt auch die Pinne locker halten. Und die Pseudoweisheiten, die es in die Plicht schwappt, ziehen durch die Selbstlenzer umgehend ab.