In der Nacht von Samstag auf Sonntag werden wieder mal die Uhren umgestellt. Wir wechseln auf die Sommerzeit; stellen die Uhr in der Nacht von 2 auf 3 Uhr vor und “verlieren” eine Stunde.
Die Zeitumstellung ist ein sehr emotionales Thema. Ich habe schon viele sehr hitzige Diskussionen dazu gehört – die Sommerzeit hat erbitterte Gegner und fanatische Befürworter. In den Zeitungen wird jedesmal wieder über verschiedenste Studien berichtet, die belegen, wie sehr uns die Umstellung gesundheitlich schadet und die Leserbriefspalten sind ebenfalls voll mit passenden Berichten. Und manche Leute scheinen überhaupt nicht zu verstehen, was vor sich geht.
Dabei ist das mit den Zeitzonen und der Zeitumstellung eine sehr interessante Geschichte. Vor etwa zweihundert Jahren gab es keine einheitliche Uhrzeit. Auf dem Land war die genau Zeit sowieso uninteressant; da hat man sich einfach nach dem Stand der Sonne gerichtet. Und die größeren Städte hatten alle ihre eigene Zeit. Wenn die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hatte, war es 12 Uhr Mittags – und das passiert natürlich an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeitpunkten.
Die lokale Zeit zu bestimmen war früher übrigens eine der wichtigsten
Aufgaben der Astronomen. Viele Sternwarten wurden im 18. und 19.
Jahrhundert genau zu diesem Zweck gegründet (so z.B. die Sternwarte in
Jena). Die Astronomen “lieferten” dann die aktuelle Zeit an die
umliegenden Gebiete (z.B. mit einem “Zeitball”, der Punkt 12 Uhr Mittags deutlich sichtbar am Dach des Sternwarte entlang einer Stange herunterfiel, wie z.B. in Greenwich). Im Paris des späten 19. Jahrhunderts konnte man
tatsächlich Uhren kaufen, die ihr Zeitsignal per Druckluftsignal aus
der Paris Sternwarte bekamen…
Da die meisten Menschen damals sowieso nicht sehr weit reisten, war es kein Problem, wenn an unterschiedlichen Orten unterschiedlichen Zeiten herrschten. Schwierig wurde es erst durch die Ausbreitung der Eisenbahn. Die brauchte natürlich genaue Zeiten für ihre Fahrpläne. Die einzelnen Bahnlinien führten schnell einheitliche Zeiten ein – die allerdings nur für sie galten. Auf den Bahnhöfen konnte man manchmal drei unterschiedliche Zeiten an drei Uhren ablesen: die lokale Zeit, die Zeit der nächstgrößeren Stadt und die Zeit der Bahnlinie.
Das war natürlich ein ziemliches Durcheinander und führte schließlich dazu, dass man sich Gedanken über eine Vereinheitlichung machte. Maßgeblich hierfür war der kanadische Eisenbahningenieur Sir Sandford Fleming. Der hatte eine sehr revolutionäre Idee: er wollte eine völlig einheitliche Weltzeit.
Also keine Zeitzonen, sondern tatsächlich eine Zeitangabe, die für die ganze Welt gültig ist. Das sah dann so aus:
Er hat sich die Erde selbst als gigantische Uhr vorgestellt, mit 24 Meridianen die mit den Buchstaben “A” bis “Y” bezeichnet wurden. Der “Zeiger” dieser Uhr war eine gedachte Linie vom Zentrum der Erde zur Sonne. Wenn nun dieser Zeiger den C-Meridian überschreitet, dann ist es genau “C Uhr” – und zwar überall auf der Welt.
Wenn wir hier bei uns in Deutschland der Wecker beispielsweise um C:30 klingelt und wir aufstehen müssen, zeigt die Uhr China ebenfalls C:30 an. Allerdings ist es dann dort schon Abend. Bei uns würde der Mittag dann um “I Uhr” stattfinden – anderswo um “L Uhr”, “P Uhr” oder “X-Uhr”.
Fleming hatte sogar schon entsprechende Uhren konstruiert, wo man einen Rahmen so drehen konnte, dass der jeweilige “Mittagsbuchstabe” ganz oben am Ziffernblatt war – aber dieses System hat sich natürlich nicht durchgesetzt.
Aber immerhin kam es durch sein Bemühen 1884 zur Internationalen Meridiankonferenz in Washington, wo die Einteilung der Erde in 24 Zeitzonen und – nach langwierigen politischen Diskussionen – die Festlegung des Merdians von Greenwich als Nullpunkt beschlossen wurde.
Die Geschichte der Sommerzeit began erst gute 20 Jahre später, als 1907 der Engländer William Willet seine Schrift “The Waste of Daylight” veröffentlichte. Darin schlug er vor, im Frühling die Uhren vorzustellen (jeweils viermal 20 Minuten an vier aufeinanderfolgenden Sonntagen im April) um so im Sommer mehr Tageslicht zur Verfügung zu haben und Beleuchtungskosten zu sparen.
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