Das macht die Beobachtung ihrer Bahn von der Erde aus natürlich etwas knifflig und es auch schwer, ausreichend Information für eine gute Bahnbestimmung zu erhalten. Das, was man bei einer Beobachtung an Daten erhält, nennt Milani ein “Tracklet”. Im Prinzip ist es ein vierdimensionaler Vektor in dem die Werte für Rektaszension, Deklination (also die zwei Koordinaten, die die Position des Objekts am Himmel beschreiben) und deren Änderungsraten enthalten sind.

Mit einem Tracklet kann man allerdings noch keine Bahn bestimmen. Um die Bahn eines Himmelskörpers zu bestimmen, braucht man 6 Bahnelemente, das Tracklet liefert allerdings nur 4 Gleichungen. 6 Unbekannte bei 4 Gleichungen funktioniert nicht.

Man muss also entweder 2 Koordinaten vorgeben oder 2 einschränkende Annahmen treffen (z.B. das die Objekte sich auf einer Kreisbahn befinden). Dadurch werden die Ergebnisse allerdings ungenau.

Besser ist es, man findet noch 2 weitere Variablen. Milani schlägt hier den Abstand des Objekts von der Erde und dessen Änderung vor. Jetzt hat man ein Tracklet mit 6 Werten und das Problem ist lösbar.

Eine wichtige Frage ist das sg. Korrelationsproblem. Angenommen, man hat zu zwei verschiedenen Zeitpunkten (die durchaus mehrer Tage auseinander liegen können), 2 Tracklets beobachtet. Gehören die beide zum selben Objekt oder handelt es sich um unterschiedliche Himmelskörper?

Milani hat für dieses Problem eine Lösung gefunden. Er benutzt dafür Energie- und Drehimpulserhaltung. Legt man durch beide Tracklets eine Bahnellipse, dann müssen Energie und Drehimpuls konstant sein. Mathematisch ist das Problem allerdings sehr knifflig zu lösen. Ich will nicht auf alle Details eingehen – aber es läuft darauf hinaus, dass man die Determinante einer 22 x 22 Matrix hat, die ein Polynom vom Grad 48 ist, das aufgelöst werden muss.

Das kann man allerdings gut mit numerischen Methoden hinkriegen die sich auch noch parallelisieren und auf modernen Supercomputer einsetzen lassen. Man kann also schnell sehr viele Daten verarbeiten.

Hat man diese Lösung, dann kann man leicht überprüfen, ob beide Tracklets das selbe Objekt beschreiben. Diese Methode funktioniert, solange zwischen den beiden Beobachtungen nicht mehr als 10 Tage liegen.

Getestet wurde das Ganze mit realen Daten der ESA aus dem Jahr 2007. Mit diesen Beobachtungsergebnissen (die nicht dafür ausgelegt waren, um mit Milanis neuer Methode analysiert zu werden) fand man bei 3172 Tracklets 464 Korrelationen und die sich daraus ergebenden Bahnen passen gut mit den Überlegungen zum ursprung dieses Weltraummülls zusammen.

Die Methode funktioniert also und hat vermutlich Auswirkungen auf zukünftige Durchmusterungen. Die Beobachtung von einem Tracklet pro Nacht reicht aus – man braucht nicht mehr 3 Beobachtungen zur Bahnstimmung, so wie es bisher oft gemacht wurde.

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Kommentare (5)

  1. #1 Herr Lebek
    1. April 2009

    Gibt es bei der Himmelsdurchmusterung per RADAR Einschränkungen z.B. des Militärs?

    Spitzbergen klingt für mich, als Laien, nicht unbedingt nach einem idealen Standort zur Weltraummüll suche, es sei denn man konzentriert sich auf Polare Umlaufbahnen, die ja wahrscheinlich die potenziell gefährlichsten Objekte beeinhalten dürften.
    Ist von dort eine Beobachtung aller Umlaufbahnen möglich?

  2. #2 Florian Freistetter
    1. April 2009

    @Herr Lebek: Naja, Spitzbergen ist nur eine von vielen Anlagen, die benutzt wird. EISCAT wurde ja nicht speziell zur Suche nach Weltraummüll gebaut (damit wollte man u.a. die Polarlichter erforschen).

  3. #3 Erik
    30. Mai 2012

    Fünfter Absatz von unten: »Ich will nicht auf alle Details eingehen – aber es läuft darauf hinaus, dass man die Determinante einer 22 x 22 Matrix hat, die ein Polynom vom Grad 48 ist das aufgelöst werden muss.«

    Fehlt da hinter »ist« ein Komma oder sollte nach dem »ist das« noch etwas stehen?

    Abgesehen davon, mal ganz pragmatisch gedacht, wäre es nicht besser, den Müll einzusammeln, anstatt aufwendige Such- und Ausweichaktionen zu veranstalten? Ich hätte da an ein stark gepanzertes Raumschiff gedacht, das sich in die Debris stürzt, die großen Stücke einsammelt und die kleinen Partikelchen einfach in sich einschlagen lässt.

    Alternativ könnte man der ISS-Besatzung wenigstens eine Mülltüte und die Anweisung »Haltet beim nächsten Außeneinsatz ein bisschen Ausschau nach Debris« hochschicken 😉

    Grueße
    Erik

  4. #4 Florian Freistetter
    30. Mai 2012

    @Erik: “Abgesehen davon, mal ganz pragmatisch gedacht, wäre es nicht besser, den Müll einzusammeln, anstatt aufwendige Such- und Ausweichaktionen zu veranstalten? “

    Und wie sammelst du den Müll ein, wenn du nicht weißt wo er ist? Der Weltraum ist GROSS! Sehr groß. Und man kann da nicht einfach nach Lust und Laune hin und her fliegen. Das braucht Treibstoff, würde enorm lange dauern und wäre enorm teuer.

  5. #5 Kallewirsch
    30. Mai 2012

    Abgesehen davon, mal ganz pragmatisch gedacht, wäre es nicht besser, den Müll einzusammeln

    Lass dich nicht von den Grafik täuschen. Die Orbits sind groß. Die Punkte, die auf den Grafiken immer so groß aussehen und so dicht um die gemalte Erde kreisen, dass man die Erdkugel nicht mehr sieht sind in Wirklichkeit winzig klein (im Vergleich zur Erde) und zwischen ihnen sind viele Zig-Kilometer bis einige hundert-Kilometer Platz.

    D.h. es reicht nicht, da einfach einen Fänger hochzuschicken und zu warten, bis die Teile sich wie die Blätter im Herbst in einem Tennisnetz ganz von alleine da drinn verfangen. Sondern man muss die aktiv holen! Nur: Die meisten Teile sind bei Raketenstarts hochgekommen. Wie bringst du eine Rakete in den Orbit ohne neuen Müll zu erzeugen? Wie steuerst du ein Raumfahrzeug von einem Teilchen zum nächsten ohne nicht wieder neuen Müll zu erzeugen? Mit einem Start eines Müllsammlers kannst du vielleicht 10 bis 20 Teilchen einsammeln, dann hast du keinen Sprit mehr um den Sammler auf die Bahn des nächsten Müllteiles zu bringen. Das bedeutet aber auch: Du brauchst eine ganze Flotte von Müllsammlern, die in kurzen Zeitintervallen hochgehen und Teile einsammeln. Problem dabei: Bei jedem Start wird wieder neuer Müll produziert, der dann ebenfalls wieder geholt werden muss.