Der Preprint-Server arXiv enthält hauptsächlich Kopien wissenschaftlicher Arbeiten, die in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Aber manchmal findet man dort auch andere interessante Artikel. Zum Beispiel die Arbeit “Echos from the Moon” von Luca Girlanda.
Girlanda, Wissenschaftler am Istituto Nazionale di Fisica Nucleare in Pisa, berichtet hier von einem Experiment mit Schülern des Liceo Scientifico Statale “A.Vallisneri”. Die Schüler (im Alter zwischen 14 und 19 Jahren) haben die Audioaufnahmen der Apollo-11-Mission zum Mond untersucht.
Mit einer Analyse der Verzögerung zwischen den Gesprächen der Astronauten auf dem Mond und der Bodenstation lässt sich die Laufzeit der Signale und damit die Entfernung zwischen Erde und Mond bestimmen. Die Schüler haben aber noch einen anderen Effekt entdeckt.
Bei vielen Aufnahmen war ein Echo zu hören, wenn die Signale über Lautsprecher und Mikrofon in Armstrongs Helm nochmal zur Erde zurückgesendet wurden. Mit einem Computerprogramm zur Audio-Analyse konnte sie die Zeit zwischen Originalwort und Echo genau vermessen und so die Entfernung zwischen Erde sehr genau bestimmen. Sie kamen auf einen Wert von (3.93 ± 0.01)·108 m. Keine schlechte Messung: die echte Entfernung des Mondes variert zwischen 3.633 ·108 m und 4.055 ·108m.
Echomessung am Computer – Bild: Luca Girlanda
Mit Audiodaten der Apollo-17 Mission, die am längsten von allen Mondmissionen dauerte, konnten die Schüler dann auch noch zeigen, dass sich die Entfernung des Mondes von der Erde ändert. Wieder haben sie die Echos in den Aufnahmen vermessen und die Entfernung bestimmt. Dabei wurden zeitlich auseinanderliegende Gespräche verwendet – und es zeigte sich, dass sich auch unterschiedliche Entfernungen ergaben, die gut mit den theoretischen Entfernungen übereinstimmen.
Ich finde dieses Experiment großartig! Mit minimalen technischen Aufwand – sowohl die Audiodateien der Mondmissionen als auch das verwendete Analyseprogramm sind frei übers Internet erhältlich – kann man hier den Schülern jede Menge Physik beibringen. Auch die Arbeitsweise ist spannend – und zeigt den Kindern ein bisschen, wie Wissenschaft funktioniert. Girlanda schreibt:
“The experiment that we have reported represents an exemple of “open” research-oriented activity, in which no “correct answer” can be anticipated a priori. This aspect should be emphasized whenever possible in the teaching of physics, since it gives students the flavor of what physicists do in their experimental or theoretical work”
Viel Wert wurde auch auf die Identifizierung und Untersuchung der möglichen Fehlerquellen gelegt. Und das die Ergebnisse des Experiments auch noch auf arXiv veröffentlicht wurden, ist natürlich ein spezieller Bonus. Die Schüler werden wahrscheinlich noch einmal extra stolz auf ihre Arbeit sein und der Rest der Welt kann nachlesen, warum solche Experimente eigentlich einen fixen Platz im Lehrplan der Schulen finden sollten:
“In summary, the reported activity has constituted an important cultural achievement for the students: for interdisciplinary reasons -the study of the Apollo missions, one of the most fascinating accomplishements of mankind, the use of English as a foreign language – but also for reasons more proper to physics – the ellipticity of Kepler’s orbits, the invariance of the speed-of-light as foundation of the experiment, the propagation of sound and of electromagnetic waves. Not to mention the thrill for measuring a shorter time delay than allowed, which would constitute a planetary scoop as evidence in favor of much popular conspiracy theories” about Apollo missions.”
Ja, für die Verschwörungstheoretiker, die an eine vorgetäuschte Mondlandung glauben, ist es natürlich besonders bitter, wenn sie jetzt schon durch Teenager in der Schule widerlegt werden 😉
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