Am Sonntag, den 12. April, dürfen wieder Ostereier gesucht werden. Prinzipiell ist Ostern ja ein religiöses Fest und hat erstmal wenig mit Wissenschaft zu tun. Allerdings ist der Ostersonntag ein sg. beweglicher Feiertag. Im Gegensatz zu Weihnachten, das immer am 24. Dezember gefeiert wird, findet Ostern nicht immer am gleichen Tag im Jahr statt.
Und hier kommt die Wissenschaft ins Spiel. Um auszurechnen, wann Ostern in einem bestimmten Jahr stattfindet, benötigt man astronomische und mathematische Kenntnisse. Zu bestimmen, wann Ostern gefeiert wird, ist eine komplizierte Sache und war jahrhundertelang Aufgabe der Astronomen und Mathematiker.
Geschichte
Jesus soll am Freitag, den 14. Nisan
(damals der erste Monat des jüdischen Kalenders) gekreuzigt worden
sein. Die Wiederauferstehung soll am Sonntag, den 16. Nisan
stattgefunden haben. Der jüdischen Kalender basiert allerdings auf der
Bewegung des Mondes; während unser heutiger Kalender auf der Bewegung
der Sonne (bzw. der Erde) basiert. Die Umrechung von einem System in
das andere ist knifflig und führt zum variablen Datum des Osterfests.
Zur damalige Zeit begann das Jahr mit dem Frühlingsmonat Nisan –
also im März/April. Der Tag des 1. Nisan wurde jedes Jahr durch die
Beobachtung des Neumondes festgelegt – es war der Tag, an dem das erste
Licht des neuen Mondes sichtbar war. Da zwischen Neu- und Vollmond
immer etwa 2 Wochen liegen, fällt der 14. Nisan immer in die Nähe des
Vollmonds. Ganz zu Beginn feierten die ersten Christen Ostern gemeinsam
mit dem jüdischen Passahfest. Im Laufe der Zeit geriet der jüdische
Kalender aber immer mehr in “Unordung” – man ging dazu über, den
Kalender fix zu berechnen als auf ständigen Beobachtungen aufzubauen.
Dadurch hat sich auch das christliche Ostern vom jüdischen Passah
gelöst und die Christen begannen, das Osterdatum selbst zu berechnen.
Allerdings legte jedes Jahr fast jede Gemeinde ihr Datum selbst fest
und man kam dabei oft auf unterschiedliche Ergebnisse und feierte
deswegen auch Ostern an unterschiedlichen Tagen.
Beim ersten Konzil von Nicäa
im Jahr 325 wurde daher nach einer einheitlichen Lösung gesucht. Man
beschloss, dass Ostern ab jetzt überall am selben Sonntag gefeiert
werden sollte, dass es nicht mit dem Passahfest zusammenfallen soll und
dass es am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert
wird.
Berechnung
Und hier tritt jetzt die Astronomie auf den Plan. Den um das
Osterdatum herauszufinden, muss man natürlich über die Bewegung der
Erde und des Mondes Bescheid wissen. Frühlingsanfang ist im heute
verwendeten gregorianischen Kalender jedes Jahr am 19., 20. oder 21.
März (das hängt von den Schalttagen im jeweiligen Jahr ab). Zu dieser
Zeit verwendete man aber noch den julianischen Kalender und 525 legte
Papst Johannes I. fest dass der Frühlingsanfang immer auf den 21. März
fallen soll. Das frühestmögliche Datum für den Ostersonntag war
deswegen auch der 22. März; das spätestmögliche lag logischerweise etwa
einen Monat später – am 25. April.
Wie nun das Datum genau berechnet werden sollte wurde vom Konzil allerdings nicht festgelegt. Im Laufe der Zeit gab es viele verschiedene Methoden (hier gibt es eine gute Übersicht). Die heute noch verwendete Formel wurde 1800 vom großen Mathematiker und Astronomen Carl Friedrich Gauß entwickelt (1816 veröffentlichte er noch eine korrigierte Version). Hier kann man sich die Arbeit im Orignal ansehen.
Den Algorithmus im Detail zu erklären würde hier zu weit führen. Aber in seiner einfachsten Version funktioniert er so:
Ausgangspunkt ist das Jahr “J”, für das man das Datum des Ostersonntags berechnen möchte. Daraus bestimmt man vier Zahlen:
a = J mod 19
b = J mod 4
c = J mod 7
k = J div 100
Dabei bedeutet “div” eine ganzzahlige Division; man ignoriert also eventuelle Nachkommastallen. Mit der Rechenoperation “mod” bestimmt man den Rest der bei einer ganzzahligen Division auftritt. Für das Jahr 2009 sieht das so aus:
a = 2009 mod 19 = 14 (2009 dividiert durch 19 ergibt 105; der Rest ist 14)
b = 2009 mod 4 = 1
c = 2009 mod 7 = 0
k = 2009 div 100 = 20
Nun werden 2 weitere Zahlen berechnet:
p = k div 3
q = k div 4
Für 2009 bedeutet das:
p = 20 div 3 = 6
q = 20 div 4 = 5
Daraus berechnet man zwei weitere Parameter:
M = (15 + k – p – q) mod 30
N = (4 + k – q) mod 7
Diese Formeln gelten speziell für den gregorianischen Kalender, den wir heute benutzten. Im julianischen Kalender ist M = 15 und N = 6. Für 2009 ergibt sich also:
M = (15 + 20 – 6 – 5) mod 30 = 24 mod 30 = 24
N = (4 + 20 – 5) mod 7 = 19 mod 7 = 5
2 Zahlen fehlen noch, bevor das Osterdatum berechnet werden kann:
d = (19*a + M) mod 30
e = (2*b + 4*c + 6*d + N) mod 7
In unserem Beispiel ergibt sich
d = (19*14 + 24) mod 30 = 290 mod 30 = 20
e = (2*1 + 4*0 + 6*20 + 5) mod 7 = 127 mod 7 = 1
Und mit d und e ergibt kann man nun endlich das Osterdatum bestimmen. Ostersonntag ist am
(22 + d + e)ten März
Für 2009 ist das also der
(22 + 20 + 1)te = 43. März 2009
Dieses Datum gibt es natürlich nicht. Für Zahlen größer als 31 zählt man einfach im April weiter. 32. März wäre also der 1. April, 33. März der 2. April, usw. Der 43. März 2009 entspricht dann dem 12. April 2009 – und das ist genau der Tag, an dem wir dieses Jahr Ostern feiern!
Ganz perfekt ist die Formel von Gauss aber nicht – es gibt einige Fälle, in denen sich nicht stimmt und Korrekturen angewandt werden müssen. Bekommt man als Ergebnis z.B. den 26. April (das wäre im Jahr 1981 der Fall gewesen), dann findet Ostern am 19. April statt. Ist das Ergebnis der 25. April, findet Ostern am 18. April statt. Diese Korrekturen werden in einer modifizierten Formel, die 1997 von Heiner Lichtenberg entwickelt wurde, berücksichtigt..
Wissenschaft
Eine Literatursuche zum Thema “Ostern” in astronomischen Datenbanken fördert teilweise sehr interessante Artikel zu Tage. Neben vielen Arbeiten zur Astronomie der Osterinseln und dem “Easter Event” 2001, als man erhöhte Werte des Sonnenwinds gemessen hatte, gibt es viele interessante Arbeiten zur Berechnung des Osterdatums. Hier ist eine kleine Auswahl:
- Ein gewisser William Noble schreibt 1899 in einem Brief an die Zeitschrift “The Observatory” (The Observatory, 22, p. 340): “The
perusal of Mr. Cowell’s interesting and elaborate paper […] suggests to
me to ask the question: Why should easter continue to be a movable
festival after all? A more eminently unscientific arrangement than the
existing one would be hard to devise. […] I should be really glad to
know what objection can exist to making Easter-Day a fixed festival,
falling upon one definite Sunday in every year, and so obviating all
necessity for the elaborate calculations entailed on us by mere
ecclesiastical tradition and prejudice.” Tja, leider scheint sein
Aufruf zu einem fixen Osterdatum nicht viel Gehör gefunden zu haben –
die “kirchlichen Traditionen und Vorurteile” sind ja auch
bekanntermassen sehr schwer loszuwerden… - 1944 schreibt George Walker in “Popular Astronomy” einen Artikel über “Rare Dates for Easter” (Popular Astronomy, 52, p. 139).
Dabei untersucht er die Häufigkeit der Osterdaten und stellt fest, das
manche nur sehr selten auftreten. Am seltensten findet Ostern am 22.
März statt (im Schnitt nur einmal alle 210 Jahre). Es folgt Ostern am
25. April – das findet nur einmal alle 133 Jahre statt. Und Ostern am
23. März (so wie im Jahr 2008) ist das drittseltenste Datum und kommt
nur einmal in 105 Jahren vor (und das ist auch gut so – wer will schon
ständig Ostern bei Eis und Schnee feiern…). - Aber auch heute noch beschäftigen sich Wissenschaftler mit dem
Osterdatum. Ovidiu Vaduvescu hat 2004 einen neuen Algorithmus zur
Berechnung von Ostern veröffentlicht. Dabei legte er mehr Wert auf die
astronomischen Gesichtspunkte und weniger auf die religiösen und
hoffte, so die unterschiedlichen Osterdaten der katholischen und
orthodoxen Kirchen zu vereinen. Die Arbeit ist auf dem preprint-Server arxiv frei verfügbar.
Ich wünschen allen Leserinnen und Lesern ein schönes Osterfest!
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