Schon lange bevor die Esoteriker Unsinn über einen angeblich gefährlichen Planeten X (“Nibiru”) erzählt haben, haben sich Wissenschaftler ernsthaft Gedanken darüber gemacht, ob es in den äußeren Bereichen des Sonnensystems noch weitere, unentdeckte Planeten geben könnte.
Gefunden hat man nichts. Bzw. man hat jede Menge gefunden! Keinen Planeten – aber immerhin einen gewaltigen Asteroidengürtel. Die Entdeckung des Kuipergürtels in den 1990er Jahren war eine große Sache und der Kuipergürtel wird immer noch intensiv erforscht und untersucht. Große Objekte gibt es dort allerdings nicht (einige Zwergplaneten ausgenommen).
Wenn es in unserem Sonnensystem tatsächlich noch weitere Planeten gibt, müssen die sehr weit entfernt sein. Aber auch sie könnten sich finden lassen. Ein Planet verrät seine Anwesenheit nämlich nicht nur durch das von der Sonne reflektierte Licht, das wir im Teleskop sehen können, sondern auch durch seinen gravitativen Einfluss. Der Planet Neptun wurde genau so entdeckt: lange bevor man in im Teleskop gesehen hatte, hat man gemerkt, dass irgendwas die Bahn des Uranus beeinflusst. Daraus errechnete Urbain Le Verrier die Bahn des Neptun.
Lorenzo Iorio vom Istituto Nazionale di Fisica Nucleare in Pisa hat nun die Bahnen der inneren Planeten in unserem Sonnensystem auf solche Störungen hin untersucht. Denn wenn es weit draußen im Kuipergürtel noch Planeten gibt, dann müsste man das hier merken können.
Bei arXiv ist vor einigen Tagen seine Arbeit “Constraints on Planet X and Nemesis from Solar System’s inner dynamics” veröffentlicht worden.
Basierend auf Beobachtungsdaten der letzten 100 Jahre hat Iorio versucht, herauszufinden, ob es in der Drehung des Perihels von Venus, Erde und Mars einen Effekt gibt, der auf den Einfluss eines unbekannten Planeten zurückzuführen ist.
Gefunden hat er nichts. Allerdings ermöglicht es diese Untersuchung, die mögliche Bahn eines unbekannten Planeten einzugrenzen. Ein Planet mit der Masse des Mars muss mindestens 250 astronomische Einheiten (also 250 Mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde) entfernt sein – ansonsten würde man seinen Einflussen in den Beobachtungsdaten sehen. Ein Planet mit der Masse der Erde dürfte seine Bahn nicht näher als 750 astronomische Einheiten an der Sonne haben.
In beiden Fällen würden sich die Planeten weit hinter dem Kuipergürtel befinden – ein Bereich, über den wir heute noch kaum etwas wissen. Man vermutet dort einen Übergangsbereich zwischen Kuipergürtel und der das Sonnensystem kugelförmig umgebenden Oortschen Wolke. Das einzige Objekt, das wir bisher in dieser hypothetischen “inneren Oortschen Wolke” gefunden haben, ist der Asteroid Sedna der eine große Bahnhalbachse von 500 astronomischen Einheiten hat (sich der Sonne auf seiner Bahn aber bis auf 76 astronomische Einheiten annähert).
Hätte ein unbekannter Planet eine Masse wie der Jupiter, dann müsste er sich weit in der Oortschen Wolke befinden und müsste auf jeden Fall 13500 astronomische Einheiten entfernt sein. Handelt es sich gar um einen braunen Zwerg (ein Mittelding zwischen Planet und Stern), dann dürfte der sich nur außerhalb der Oortschen Wolke befinden, bei einem Abstand von 1.8 Lichtjahren. Ein hypothetischer Begleitsstern der Sonne müsste sich ebenfalls mindestens 2 Lichtjahre entfernt befinden, um bisher unbemerkt geblieben zu sein.
Solche Planeten zu finden wird nicht einfach werden. Aber es spricht eigentlich nichts dagegen, dass sie existieren. In der Frühzeit des Sonnensystems ging es ziemlich chaotisch zu. Damals wurden wahrscheinlich einige Protoplaneten aus dem System geworfen – und irgendwo müssen die ja nun sein 😉 Vielleicht befinden sie sich ja nun irgendwo in der Oortschen Wolke und warten auf ihre Entdeckung.
Und den Panikmachern und Weltuntergangspropheten von der esoterischen Planet-X-Fraktion konnte wieder mal nachgewiesen werden, dass sie keine Ahnung haben, wovon sie reden.
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