Pünktlich nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub in Hamburg hat mich eine enorm heftige Erkältung erwischt. Deswegen bin ich gerade auch wenig motiviert, meinen geplanten langen Artikel über die Stabilität des Sonnensystems zu schreiben. Aber passend zum Thema “Gesundheit” habe ich mich heute morgen mal wieder über den Standard geärgert und hier ist der Grund:
Dass die Redakteure des Online-Standards gerne mal ein bisschen Werbung für Homöopathie & Co machen, ist bekannt.
Nun plant man dort gerade eine ganze Artikelserie zum Thema “Komplementärmedizin”. Unter dem Titel “Heilsame Ergänzung” bekommt man schon einen ersten Vorgeschmack.
Michael Frass, bekannt vom “ATOX-Biocomputer” und Präsident des Dachverbandes österreichischer Ärztinnen und Ärzte für Ganzheitsmedizin wird dort gleich zu Beginn mit folgenden Worten zitiert:
“Die konventionellen Medizin ist darauf ausgerichtet Krankheiten zu
behandeln. In der Komplementärmedizin kann man bereits behandeln, bevor
organische Schäden eingetreten und nachweisbar sind”
Ach – die “Komplementärmedizin” kann schon behandeln, bevor irgendetwas “nachweisbar” ist? Wenn man nichts nachweisen kann, woher wissen die dann, wann und was sie behandeln sollen? Aber hey – Therapien, die nicht funktionieren und Medikamente, die nicht wirken, wendet man ja sowieso am besten bei Menschen an, die gesund sind. Wenn man den Menschen einredet, sie wären krank, kann man sie danach mit Placebos wunderbar heilen.
Danach thematisiert der Artikel die Unzulänglichkeit der “Schulmedizin”:
“Nur ein Defizit zum Beweis: Eine Mittelohrentzündung wird von
Schulmedizinern als Invasion von Bakterien verstanden und als solche
mit einem Antibiotikum behandelt. Kehrt sie wieder erklärt sich das
Problem aus der Resistenz von Keimen oder einer allgemein geschwächten
Abwehr. Der Versuch den Teufelskreis mit einem potenteren Antibiotikum
zu durchbrechen schlägt oft fehl.”
Was soll denn das jetzt bitte? Eine Mittelohrentzündung wird nicht nur als Invasion von Bakterien “verstanden” – es ist eine Invasion von Bakterien! Natürlich verliert der Artikel kein Wort darüber, wie sich diese bakterielle Infektion den “komplementärmedizinisch” behandeln lässt. Dafür folgt jede Menge Schwurbelei:
“Der Organismus ist aus der Balance geraten, mit dem Resultat der
Umprogrammierung innerer Richtwerte. Zwar tut der Körper weiter sein
bestes, orientiert sich jedoch nun an diesen neuen, falschen Werten und
ist in Folge dessen außerstande die ursprünglich harmonische
Ausgangslage wieder zu erlangen. Eine Fehlleitung mit Konsequenzen: Der
Körper produziert Krankheit anstelle von Gesundheit.”
Nachdem im Artikel schon “anthroposophische Medizin, Neuraltherapie, Mikroimmuntherapie,
Ayurveda, Homöopathie, Traditionell chinesische Medizin, Osteopathie
oder Phytotherapie” als mögliche “Therapien” genannt worden sind, folgt dieser schöne Satz:
“Andere Heilverfahren, (…) wie
Kinesiologie oder Reiki sind vom Verbraucher kritischer zu betrachten.
Die Esoterik kommt hier mit ins Spiel.”
Im Gegensatz zur Anthroposophie, Homöopathie & Co die ja mit Esoterik nichts am Hut haben… Neeeeiin – das sind alles vollkommen seriöse und wissenschaftliche Heilmethoden. Die Wirksamkeit eines homöopathisches Präparats wird ganz seriös durch Traumdeutung festgestellt und bei der Produktion wird das “Medikament” völlig wissenschaftlich auf die vorgeschriebene Art und Weise geschüttelt…
Das sieht auch der Standard so. Homöopathie ist natürlich echte Medizin:
“Denn, dass die homöopathische Therapie mehr kann als Placebo, wurde in zahlreichen Arbeiten bewiesen.”
Soll ich nett sein, und der Standardredaktion nur Unwissen und/oder Dummheit unterstellen? Denn dass diese “Beweise” schlicht und einfach nicht existieren, sollte man bei einer sorgfältigen Recherche leicht feststellen können. Die Autorin – Dr. Regina Phillip – hat allerdings immerhin einen Doktortitel (und einer ersten Google-Suche nach scheint sie sogar Ärztin zu sein) – da würde man so eine schlampige Recherche nicht erwarten. Ob hier doch Ideologie dahinter steckt?
Das wird man vermutlich in den nächsten vier Wochen sehen. Denn es geht weiter mit dem Thema:
“Alle vier Wochen werden wir die Wirkungsweise einzelner Methoden gezielt hinterfragen”
Ich bin gespannt… und werde darüber berichten! Aber ich vermute fast, der Online-Standard hat ein gröberes Problem, was das Gesundheits-Ressort angeht.
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