Im Zusammenhang mit dem Absturz des Yemenia-Flugs 626, ist in den Medien immer wieder von einem “Wunder” zu lesen. Warum? Anscheinend deswegen, weil es 152 Todesopfer und eine Überlebende gab…
Ein paar typische Schlagzeilen lauten:
- “Ein Wunder: 14jährige überlebt Absturz eines Airbus”
- “Wunder: Überlebende des Flugzeugabsturzes schildert ihre Rettung”
- “Miracle survivor of Comoros Airbus crash tells of rescue from Indian Ocean wreckage“
- “FIRST PHOTO OF MIRACLE GIRL WHO SURVIVED COMOROS CRASH“
Ok, oft wird das Wort “Wunder” wirklich nur umgangssprachlich gemeint sein; für etwas, dass, extrem unwahrscheinlich ist. Aber oft genug wird tatsächlich auch Gott bzw. ein religiöser Aspekt mit ins Spiel gemacht. “The Sun” titelte z.B. mit “God wanted her to live“.
Wenn manche Menschen an Gott und Wunder glauben möchten, dann sollen sie das ruhig. Da habe ich persönlich kein Problem damit. Mir selbst wäre bis jetzt zwar noch nichts untergekommen, dass ich mir nur durch ein Eingreifen Gottes hätte erklären können. Aber wenn das jemand anders sieht, ist das auch ok (obwohl das dann meiner Meinung nach eher an mangelnder Vorstellungskraft liegt).
Aber 152 Tote Menschen sind kein Wunder! Wenn eine Schar Engel aus den Wolken gekommen wäre und das abstürzende Flugzeug aufgefangen und sicher zum nächsten Flughafen eskortiert hätte: DAS wäre ein Wunder. Aber welcher Gott tötet 152 Menschen nur um am 153ten ein Wunder zu wirken? Oder waren die übrigen alle böse Sünder, die sterben mussten?
“Die Presse” hat sogar extra eine Seite zusammengestellt, die einen Überblick über bisherige “Wunder” dieser Art bietet.
Bei solchen Katastrophen von “Wunder” zu reden, halte ich nicht nur für unsinnig sondern auch für zynisch. Ernsthaft, mit einem Gott, der solche Wunder wirkt, will ich lieber überhaupt nichts zu tun haben.
Vermutlich können die gläubigen Menschen erklären, warum das alles nicht so ist und warum das trotzdem als Wunder Gottes angesehen werden muss. Man kann sich ja in religiösen Dingen alles so zurechtdefinieren, dass es wieder passt: “In diesem Wunder zeigt sich Gott. “Zufall”, sagt
er. “Ich bin auch der Zufall.” meint z.B. der Astrologe Markus Termin. Aber das sind natürlich auch nur Wortspielereien. Hunderte Tote sind kein Wunder, egal, wie man es definiert.
Apropos Astrologie. Allerorten wird ja der Flugzeugabsturz auch wieder astrologisch ausgeschlachtet (z.B. hier, hier oder hier). Kurze Frage: hatten alle 152 Todesopfer das selbe Horoskop? Und nur die 14jährige Überlebende ein anderes? Aber dass ist sicher wieder eine dumme Frage, die man nicht stellen darf… Hauptsache, die Astrologen wissen hinterher wieder genau, warum es passiert ist – Neptun und Chiron waren schuld! – obwohl es natürlich praktischer wäre, sie wüssten es vorher.
Auch in Österreich gab es kürzlich übrigens ein echtes Wunder. Die starken Regenfälle der letzten Woche führten in vielen Gebieten zu Hochwasser und Überschwemmungen. Die Sachschäden waren groß und leider gab es auch mindestens ein Todesopfer. Betroffen war unter anderem auch die Albertina, das berühmte Wiener Museum mit der größten grafischen Sammlung der Welt. Wasser drang in das Depot ein und nur durch viel Glück blieben die Kunstwerke unbeschädigt.
Für den Direktor der Albertina, Klaus Albrecht Schröder, ist das “ein moderner Gottesbeweis“. Die dahinter stehende Logik kann wohl auch hier nur ein Gläubiger verstehen: wenn ein ganzes Land unter Hochwasser leidet, Menschen sterben und dann ein paar Bilder zufällig nicht nass werden; dann soll das ein Beweis für die Existenz Gottes sein?
Wenn dem tatsächlich so ist, und sich Gott auf diese Art den Menschen mitteilt, dann scheint er sehr sadistisch veranlagt zu sein (oder extrem abgelenkt und schusselig).
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