Über das Jahr 2012 werden ja die wildesten Geschichten verbreitet. Angeblich soll da die Welt untergehen. Das stimmt natürlich nicht – aber viele Menschen haben tatsächlich Angst und können die falschen Informationen der Weltuntergangspropheten leider nicht als solche erkennen. Dabei kann man mit ein bisschen Grundlagenwissen aus der Astronomie schnell sehen, wie unsinnig solche Behauptungen sind.
Gestern habe ich schon erklärt, warum es einen gefährlichen “Planet X” nicht geben kann. Heute möchte ich mich einer anderen Behauptung widmen: der angeblich 2012 stattfindenden “Aufreihung aller Planeten”.
Am 21. 12. 2012 sollen die Planeten “alle in einer Reihe” stehen – das kann man in vielen Internetforen lesen (und auch hier bei mir fragen Kommentatoren immer wieder danach). Diese Aufreihung soll dann auf der Erde die schlimmsten Konsequenzen haben: Erdbeben, Überflutungen, Polsprung, Unwetter, Vulkanausbrüche – usw.
Das ist natürlich Unsinn. Die Gründe dafür erkennt man schnell, wenn man sich ein wenig genauer mit den Bahnen der Planeten und den zwischen ihnen wirkenden Kräften beschäftigt.
Treffen sich zwei Planeten…
Der astronomische Fachbegriff für “alle Planeten stehen in einer Reihe” lautet Konjunktion. Damit bezeichnet man ganz allgemein eine Situation, in der zwei Himmelskörper am Himmel scheinbar sehr nahe beieinander stehen. Natürlich begegnen sie sich in der Realität nicht – alle Planeten sind ja auf ihren Bahnen und die überkreuzen sich nicht.
Konjunktionen von zwei Planeten gibt es relativ häufig. Die letzte war am 20. September, als sich Merkur und Saturn getroffen haben und die nächste findet am 8. Oktober statt, wenn die beiden sich ein zweites Mal treffen. Zweier-Konjunktionen gibt es ein paar dutzend im Jahr.
Die beiden beteiligten Planeten sind dabei auch nicht unmittelbar nebeneinander. Es gibt zwar keinen fixen Abstand, ab dem man von einer Konjunktion spricht – aber da kann doch (relativ) viel Platz dazwischen sein, wie man z.B.bei der selteneren Dreifachkonjunktion zwischen Venus, Jupiter und Mond (November 2008) sieht:
2012 sollen nun aber alle Planeten in einer Reihe stehen. Aber was heisst das eigentlich?
Nebeneinander oder hintereinander?
Würde man z.B. von oben auf das Sonnensystem blicken und sähe alle Planeten in einer Reihe neben der Sonne aufgestellt, dann würden man hier auf der Erde natürlich keine Reihe am Himmel sehen, sondern alle Planeten auf einem einzigen Fleck des Himmels (genaugenommen würden wir nur Venus oder Mars sehen und alle anderen würden sich dahinter verstecken).
Die Planeten können natürlich auch noch so stehen, dass wir sie in einer Reihe am Himmel sehen. Das passiert genaugenommen ständig! Die Planetenbahnen liegen ja alle mehr oder weniger in der selben Ebene – das bedeutet, ihre scheinbaren Bahnen am Himmel sind fast gleich. Wir nennen die Linie am Himmel, entlang der sich die Planeten bewegen Ekliptik.
Dieser Fall ist also nichts besonderes – also zurück zum ersten Fall. 2012 sollen angeblich alle Planeten exakt auf einer Linie stehen. Dadurch verstärkt sich ihre Anziehungskraft und auf der Erde passieren fürchterliche Dinge. Das klingt vielleicht zuerst noch logisch – aber wenn man vernünftig darüber nachdenkt, sieht man schnell, das man keine Angst zu haben braucht.
Alles Schwächlinge – außer dem Mond
Jeder Körper übt auf jeden anderen Körper eine Gravitationskraft aus. Die hängt von der Masse ab und vom Abstand. Mit Newtons Formel lässt sich diese Kraft leicht berechnen. Aber auch ohne Rechnung kann man sich leicht einen Überblick verschaffen.
Was die Erde angeht, ist (die Sonne ignorieren wir jetzt mal) der Mond das Objekt, das die stärkste Kraft auf uns ausübt. Klar, der Mond ist klein. Verglichen mit dem Riesenplanet Jupiter ist er sogar winzig. Aber der Mond ist nur ein paar hundertausend Kilometer von der Erde entfernt – Jupiter ein paar Milliarden knapp 800 Millionen Kilometer! Und die Gravitationskraft wird mit dem Quadrat des Abstands schwächer – der Abstand spielt also ein wichtigere Rolle als die Masse.
Und auch die anderen Planeten können keine großen Kräfte auf die Erde ausüben. Es gibt dann aber auch noch die Gezeitenkraft. Die wird natürlich auch durch die Gravitationskraft hervorgerufen – äußert sich aber ein wenig anders. Hier wissen wir auch, dass die jeweilige Stellung von Sonne, Mond und Erde die Stärke der Gezeiten stark beeinflussen kann.
Aber die Gezeitenkraft hängt ebenfalls von Masse und Abstand ab – diesmal sogar von der dritten Potenz des Abstands! Sie wird also noch schneller schwächer als die Gravitationskraft und auch hier spielt außer dem Mond kein Planet eine Rolle. Hier ist eine Tabelle (die Zahlen habe ich von Donald Luttermoser, East Tennesse State University, übernommen)
Hier ist die Stärke der Gravitations- bzw. Gezeitenkraft die der Mond auf die Erde ausübt, mit “1” angegeben. Man sieht, dass abseits des Mondes die stärkste Kraft vom Jupiter ausgeübt wird – sie ist allerdings 100 mal geringer! Und was die Gezeitenkraft angeht, kommt der stärksten Beitrag von der Venus – beträgt aber nur ein fünfhundertzwanzigtausendstel der Kraft, die der Mond auf uns ausübt!
Betrachtet man die Gravitationskraft, dann beträgt der gesamte Einfluss aller anderen Planeten noch nicht mal 2% der Kraft, die der Mond ausübt. Wenn die Planeten also alle in einer Reihe stehen und dadurch die stärkstmögliche Kraft auf die Erde ausüben, wäre diese Kraft nur um 2% größer als der normale Wert.
Aber vielleicht reichen diese 2% ja, um Katastrophen auszulösen? Nein – tun sie nicht. Denn auch die viel stärkere Kraft, die der Mond auf uns ausübt, ändert sich. Der Abstand zwischen Erde und Mond ist nicht konstant und deswegen ist auch die Kraft mal stärker und mal schwächer. Und die Variation ist hier viel größer als 2% und liegt bei etwa 25%. Alle Katastrophen, die durch eine zweiprozentige Änderung der Gravitationskraft ausgelöst werden könnte, würden also schon jeden Monat durch die viel stärkere Änderung der Gravitationskraft des Mondes ausgelöst.
Egal ob die Planeten in einer Reihe stehen oder nicht – es können dadurch auf der Erde sowieso keine Katastrophen ausgelöst werden. Aber stehen denn nun die Planeten 2012 in einer Reihe oder nicht?
Wird es eng am Himmel?
Je mehr Planeten an einer Konjunktion beteiligt sind, desto seltener treten sie auf. Die letzte “große” Konjunktion hatten wir am 5. Mai. 2000. Damals waren um 10:08 MESZ die Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn und die Sonne und der Mond alle innerhalb eines 26 Grad breiten Streifen am Himmel zu sehen. Bzw. nicht zu sehen – es war ja schon Vormittag und die Sonne hat alles überstrahlt. Ich habe mit der Planetariumssoftware Stellarium mal ein Bild erzeugt, wie das damals ausgesehen hätte, wenn man es sehen hätte können:
Hier musste ich schon ziemlich herauszoomen, um mehr als ein paar Planeten ins Bild zu bekommen. Merkur und Venus sind halbwegs nahe beieinander – aber das wars auch schon. Jupiter ist zu dem Zeitpunkt, als das Bild gemacht wurde, noch weit unter dem Horizont.
Und auch sonst werden im Jahr 2012 die Planeten nie in einer Reihe stehen!
Niemals!
Aber wenn wir eh nichts vor der Planetenaufreihung zu befürchten haben, haben wir dann wenigsten irgendwann mal Glück, und können so etwas tatsächlich beobachten? Wenn nicht 2012, dann vielleicht irgendwann später?
Das wird wohl leider nicht der Fall sein. Man kann die Wahrscheinlichkeit berechnen, mit der es zu seinem Ereignis kommt (ich halte mich wieder an die Zahlen von Luttermoser). Wartet man darauf, dass – bei einem Blick von oben auf das Sonnensystem – alle Planeten und die Sonne in einer Reihe stehen, dann wird das nur einmal alle 340 Millionen Jahre vorkommen!
Das ist lange – und dabei handelt es sich noch nicht mal unbedingt um eine perfekte Reihe. Will man, dass alle Planeten auf der selben Seite der Sonne stehen, dann kommt das nur einmal alle 180 Billionen Jahre vor! (Dieser Zeitraum ist zehntausendmal länger als die Zeit, die unser Universum überhaupt erst existiert).
Und selbst wenn dieses unwahrscheinliche Ereignis doch eintreten sollte – dann ist es immer noch keine perfekte Reihe. Denn die Planeten bewegen sich zwar annähernd in der selben Ebene um die Sonne – aber eben nur annähernd. Die Bahnen sind trotzdem alle ein bisschen geneigt und die Reihe wird wohl eher eine Art Wellenlinie sein. Möchte man warten, bis die Planeten tatsächlich alle exakt in einer Reihe stehen und eine wirklich gerade Linie auf einer Seite der Sonne bilden, dann tritt so ein Ereignis einmal in 86 Septilliarden Jahren auf! Mit dieser Zahl kann wohl niemand etwas anfangen – es ist eine 86, gefolgt von 45 Nullen. Unser Universum Sonnensystem ist nur 5 Milliarden Jahr und wird wohl noch knapp 10 Milliarden Jahre lang existieren. Verglichen mit den 86 Septilliarden ist das verschwindend gering – man kann also mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die Planeten niemals alle in einer perfekten Reihe stehen werden!
Es wird also im Jahr 2012 keine besondere Stellung der Planeten geben. So etwas könnte uns außerdem sowieso nicht gefährlich werden. Es muss also niemand Angst vor dem Jahr 2012 haben!
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