Mit ein bisschen astronomischen Grundlagenwissen lässt sich einiges anfangen. Man merkt dann zum Beispiel, dass man keine Angst vor dem angeblichen Weltuntergang im Jahr 2012 haben muss. In den letzten Tagen habe ich schon über den Planeten X, die “besondere” Planetenkonstellation im Jahr 2012 und den mysteriösen “Synchronisationsstrahl” geschrieben.
Heute möchte ich etwas zu den diversen Weltuntergangsszenarien sagen, die die Bewegung der Sonne in unserer Milchstrasse betreffen. Die Sonne soll 2012 die Ebene der Milchstrasse durchqueren. Sie soll in irgendwelche “dunklen Spalten” oder “dunklen Bereiche” eintreten – usw. Aber wie immer zeigt ein bisschen Astronomie schnell, was man davon zu halten hat.
Konjunktion in den Pleiaden – oder so irgendwie
Man muss gar nicht lange suchen, um Internet solche Aussagen zu finden:
Der längste Zyklus im Maya Kalender beträgt 26.000 Jahre, so lange dauert die Umdrehung unseres Sonnensystems um die Sternengruppe der Plejaden. Die Tibeter, Alten Ägypter, Cherokee-und Hopi-Indianer beziehen sich in ihren mystischen Glaubenssystemen und Zeitrechnungen genau wie die Maya auf einen solchen 26.000 Jahre Zyklus. Dieser Zyklus endet nach dem Maya Kalender am 22. Dezember 2012. Zu diesem Zeitpunkt findet eine äußerst selteneastronomische Konstellation statt, die sich seit Tausenden von Jahren langsam abzeichnet. Zur Wintersonnenwende im Jahr 2012 wid die Sonne in Konjunktion mit der Milchstrasse stehen. Die gesamte Schöpfungsgeschichte der Maya kann man nur durch ein Verständnis dieser Konjunktion verstehen, ebenso die uns bevorstehenden Veränderungen.
Oder sowas hier:
“Zur Wintersonnwende im Jahr 2012 wird die Sonne in Konjunktion mit dem Äquator der Milchstraße stehen. Zu diesem Zeitpunkt findet eine äußerst seltene astronomische Konstellation statt, die sich seit Tausenden von Jahren langsam abzeichnet.
Der Ort, an dem die Sonne der Milchstraße begegnet, befindet sich in der “Dunklen Spalte” der Milchstraße, die durch interstellare Staubwolken gebildet wird. Außerhalb der beleuchteten Großstädte kann jeder in einer klaren Sommernacht dieses Phänomen sehen.”
Manchmal wird es auch völlig wirr:
“Etwa 25800 Jahre dauert es, wenn unser Sonnensystem die Sterngruppen der Plejaden umrundet. Dann hat sich die taumelnde Erdachse nämlich einmal im Kreis gedreht und beendet diesen großen Zyklus, den man auch als das “platonische Jahr” bezeichnet. Die in der Milchstraße angesiedelten Plejaden – auch „Siebengestirn” genannt – sind mit bloßem Auge zu erkennen. Das Ende dieses Zyklus haben die Maya auf den 22. Dezember 2012 datiert. Wird dieses Ende des Zyklus möglicherweise nur falsch interpretiert?”
Wie ist das nun wirklich mit der Sonne und der Milchstrasse? Was bewegt sich wohin und was passiert 2012?
Alles dreht sich, alles bewegt sich
In den Zitaten weiter oben wurde einiges durcheinander gebracht. Also fangen wir am besten mal mit dem vertrauten an: unserer Erde. Die dreht sich ja bekanntermaßen einmal in 24 Stunden um die eigene Achse – das erzeugt bei uns Tag und Nacht. Dann bewegt sich die Erde natürlich auch noch um die Sonne herum und braucht dafür ein Jahr. Soweit ist noch alles klar.
Es gibt aber noch mehr periodische Bewegungen, die von der Erde ausgeführt werden. Die Achse der Erde steht nicht ganz gerade. Sie ist ein bisschen schief und darum “eiert” die Erde ein wenig herum – so wie ein Spielzeugkreisel:
Genau so bewegt sich auch die Erde und auch die Achse der Erde steht nicht still. Im Moment zeigt die Achse auf der Nordhalbkugel in Richtung des Polarsterns. Aber das ändert sich im Laufe der Zeit. Vor ein paar tausend Jahren hat die Achse auf einen anderen Punkt am Himmel gezeigt und in ein paar tausend Jahren wird sie wieder auf einen anderen Punkt zeigen:
Erst in etwa 25800 Jahren hat sich die Achse einen Kreis vollendet und zeigt wieder auf den gleichen Punkt wie heute. Diesen Zeitraum nennt man auch “platonisches Jahr”. Die Präzession ist nichts geheimnisvolles. Sie war wahrscheinlich schon den Babyloniern bekannt; auf jeden Fall den alten Griechen und vielleicht auch tatsächlich den Maya (obwohl das nach der aktuellen Forschungslage eher unwahrscheinlich ist). Die Präzession wird durch die Anziehungskraft des Mondes verursacht und sie hat es immer schon gegeben. Da es sich um eine kreisförmige Bewegung handelt, macht es auch keinen wirklichen Sinn, von einem “Anfang” oder einem “Ende” des Zyklus zu reden, wie es in den Zitaten weiter oben der Fall ist. Die Präzession beginnt nicht und endet auch nicht – sie findet einfach ständig statt.
Was die Erdachse angeht, gibt es noch weitere Bewegungen (Nutation, …) – aber das würde zu jetzt zu weit führen.
Am Rande der Milchstrasse…
Denn nicht nur die Erde bewegt sich – auch die Sonne steht nicht still. Und bei ihrer Bewegung nimmt sie natürlich alle Planeten mit sich.
Die Sonne ist Teil einer großen Ansammlung von Milliarden von Sternen die wir “Milchstrasse” nennen. Wenn also in den Zitaten weiter oben gesagt wird, die Sonne würde “in Konjunktion mit der Milchstrasse” stehen, dann macht das keinen großen Sinn – denn die Sonne befindet sich in der Milchstrasse.
So wie alle Planeten sich um die Sonne drehen, drehen alle Sterne in der Milchstrasse sich um deren Zentrum (darüber hab ich gestern schon geschrieben). Das gilt auch für die Sonne. Sie bewegt sich nicht um die Pleiaden – das ist ein relativ naher Sternhaufen in 440 Lichtjahren Entfernung der ebenfalls Teil der Milchstrasse ist.
Die Sonne ist recht weit vom Zentrum der Milchstrasse entfernt – bis dorthin sind es etwa 26000 Lichtjahre! Um das Zentrum einmal zu umrunden braucht sie etwa 230 Millionen Jahre! Dabei bewegt sie sich auch nicht auf einer glatten Ellipse, so wie man es von den idealisierten Planetenbahnen kennt – sondern auf einer Wellenlinie. Die Gravitationskraft der anderen Sterne zieht an der Sonne so dass sie sich immer “rauf” und “runter” bewegt und sich mal über der Ebene der Milchstrasse befindet und mal darunter.
Und genau am 21.12.2012 durchstößt die Sonne diese Ebene wieder und es wird Schlimmes passieren! Und die Maya haben das vorhergesehen. Das zumindest behaupten die Esoteriker gerne. Die Wahrheit ist wie immer anders.
Die Sonne durchquert die Ebene der Milchstrasse etwa alle 30 bis 45 Millionen Jahre. Im Moment befindet sie sich über der Ebene und entfernt sich weiter von ihr. Sie hat die Ebene nämlich erst vor 1,5 Millionen Jahren durchquert und befindet sich jetzt 65 Lichtjahre von der Ebene entfernt. Es wird noch einige Millionen Jahre dauern, bis die Ebene wieder durchquert werden – 2012 wird das sicher nicht passieren!
Dunkle Spalten
Und was ist mit den mysteriösen “dunklen Bereichen” in die die Sonne 2012 eintreten soll? Auch die sind erfunden. Erst vor kurzem habe ich einen Artikel über die nähere Umgebung der Sonne geschrieben. Sie befindet sich in einer sogenannten “Bubble” oder “Blase” – einem Bereich der Milchstrasse, der bis auf ein paar Sterne relativ leer ist und kaum interstellaren Staub enthält. Daran wird sich so schnell auch nichts ändern – die Sonne wird weiterhin in dieser Blase bleiben – sollte sie irgendwann mal andere Bereiche der Milchstrasse betreten, in denen es mehr Staub und Gas gibt und die man zu recht “dunkel” nennen könnte, dann passiert das erst in fernster Zukunft.
Der Mythos der “dunklen” Bereiche basiert wahrscheinlich wieder auf einer Fehlinterpretation von astronomischen Wissen. Betrachtet man die Milchstrasse, so wie sie uns auf der Erde erscheint, dann sieht das typischerweise so aus:
Man erkennt ein helles Band von Sternen, dass von dunklen Bereichen durchsetzt ist. Diese dunklen Bereichen sind interstellare Wolken aus Gas in der Nähe des Zentrums durch die kein Sternenlicht durckommt. Diese Aufnahme zeigt sie im Detail:
Ich habe gestern schon erwähnt, dass das Zentrum der Milchstrasse im Sternbild Schütze liegt. Das Sternbild Schützer wiederum liegt an der Ekliptik: das ist die scheinbare Bahn, die die Sonne am Himmel zieht. Man kann also jedes Jahr im Winter die Sonne im Sternbild Schütze sehen – und dabei steht sie natürlich auch vor der Milchstrasse (auch wenn man das am Tag nicht sehen kann). Mit etwas Phantasie könnte man also sagen, dass die Sonne vor den “dunklen Spalten” der Milchstrasse steht (vermutlich ist das mit “Konjunktion zwischen Sonne und Milchstrasse” gemeint).
Das passiert auch im Winter 2012. Aber das passiert jedes Jahr! 2012 ist hier nichts besonderes!
Zusammenfassung
Was man im Internet über die Bewegung der Erde und der Erde im Zusammenhang mit dem angeblichen Weltuntergang lesen kann, ist eine wirre Mischung aus verschiedenen realen und erfundenen Zahlen. Im Jahr 2012 wird in dieser Hinsicht nichts außergewöhnliches passieren. Es gibt keinen Zyklus, der “endet”, es gibt keine galaktischen Ebenen, die durchquert werden und keine “dunklen Bereiche”, in die wir eintreten. Es wird nichts passieren, vor dem man Angst zu haben braucht!
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