Ich lese gerade ein sehr gutes Buch über schwarze Löcher (Rezension folgt). Dadurch bin ich wieder auf eines der hauptsächlichen Mißverständnisse über schwarze Löcher gestoßen die man sehr oft hört (zum Beispiel in den Diskussionen über den LHC).
Viele Leute glauben anscheinend, ein schwarzes Loch wäre sowas ähnliches wie ein kosmischer Staubsauger, das alles was in seine Nähe kommt ansaugt und verschwinden lässt…
Das ist nicht wirklich korrekt. Ein schwarzes Loch ist erstmal ein Objekt mit einer bestimmten Masse (genaugenommen hat ein schwarzes Loch außer der Masse auch kaum mehr weitere Eigenschaften) und verhält sich auch so wie jedes andere massebehaftete Objekt.
Das bedeutet, es hält sich so wie alle anderen Objekte – Sterne, Planeten, Asteroiden, Äpfel – an die Gravitationsgesetze (Wie gesagt: näherungsweise. Bei näherer Betrachtung wird die Sache viel komplizierter).
Würde es plötzlich “plopp” machen und die Sonne würde sich spontan in ein gleich schweres schwarzes Loch verwandeln, dann würde wir auf der Erde nicht viel davon merken. Ok, es würde dunkel werden und sehr kalt – aber die Erde würde sich genauso um das schwarze Loch bewegen wie vorher um die Sonne. Die Masse ist ja gleich geblieben und daher auch die Gravitationskräfte, die zwischen Erde und schwarzem Loch wirken.
Die Vorstellung, das schwarze Loch würde nun, nur weil es ein schwarzes Loch ist, plötzlich anfangen zu “saugen” und die Erde wäre in Gefahr ist falsch. Physikalisch würde das ja bedeuten, dass auf die Erde auf einmal eine größere Gravitationskraft wirkt – und das geht nur, wenn sich die Masse des schwarzen Lochs erhöht hätte.
Das, was ein schwarzes Loch so außergewöhnlich macht, ist eine andere Eigenschaft: seine Dichte! Um aus der Sonne ein schwarzes Loch zu machen müsste man ihre gesamte Masse innerhalb einer etwa drei Kilometer großen Sphäre konzentrieren (übrigens wird aus der Sonne auf natürlichen Weg nie ein schwarzes Loch werden – das passiert nur mit größeren Sternen).
In einem schwarzen Loch ist also Masse auf einem extrem kleinen Raum konzentriert. Nach der allgemeinen Relativitätstheorie wird die Raumzeit durch Massen gekrümmt. Ein schwarzes Loch mit Sonnenmasse krümmt den Raum genauso wie die Sonne selbst und wenn man ausreichend weit entfernt ist – so wie die Erde – dann merkt man keinen Unterschied. Die “Mulde” in der Raumzeit (es ist einfacher, wenn man hier nur in zwei Dimensionen denkt) ist bei der Sonne allerdings wesentlich “breiter” und “flacher” als beim schwarzen Loch.
Erst die extreme Dichte – und nicht etwa eine besonders starke “saugende” Gravitationskraft – eines schwarzen Loches führt dazu, dass die Raumzeit so stark gekrümmt wird, dass etwas, das einmal eine bestimmte Grenze überschritten hat (den Ereignishorizont) nicht mehr zurück kann – nicht einmal Licht.
Deswegen sind auch potentielle kleine schwarze Löcher die unter ganz bestimmten Umständen (unser Universum müsste dafür mehr als nur 3 Raumdimensionen haben) am Teilchenbeschleuniger LHC entstehen könnten keine Gefahr. Menschen, die an die “Staubsauger-Löcher” glauben stellen sich vor, dass es für den Weltuntergang reicht, so ein kleines schwarzes Loch entstehen zu lassen. Danach würde es sofort die ganze Erde “einsaugen”.
Aber das ist, so wie ich oben erklärt habe, natürlich falsch. So ein kleines schwarzes Loch wäre extremst klein mit einer enorm geringen Masse und einer dem entsprechenden geringer Gravitationskraft. Das Loch wäre so winzig, dass aus seiner Sicht selbst feste Materie aus sehr viel “Nichts” mit ein paar Elementarteilchen drin bestehen würde. Elementarteilchen, die es wegen seiner geringer Masse nicht mal wirklich gravitativ beeinflussen kann. Es müsste also warten, bis ihm zufällig mal ein verirrtes Elektron nahe kommt und mit ihm kollidiert. Dann hätte es eine geringfügig größere Masse – und das Spiel geht von vorne los. Bis das schwarze Loch auf diese Art massiv genug wäre, um der Erde tatsächlich Schaden zuzufügen, hätte die sterbende Sonne die Erde längst vernichtet.
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