Rankings sind ja ne tolle Sache. Wenn man mal von trivialen Sachen wie Sportergebnissen absieht, ist ihre Erstellung oft umstritten und trotzdem sind die Ergebnisse immer interessant. Und natürlich immer Grundlage großer Spekulationen und Interpretationen.
Beim letzten CHE-Hochschulranking gab es zum Beispiel nur Gewinner 😉
Rankings aus dem Hochschul- bzw. Bildungsbereich sind sowieso eine Sache für sich. Denn wie man wissenschaftlichen Erfolg bewertet ist eine knifflige Sache. Das hindert aber niemanden daran, neue Rankings zu erstellen und zu veröffentlichen. Zum Beispiel eine Top-20 Liste der Länder, die in der Physik am erfolgreichsten sind.
So eine Liste erschien vor kurzem in Times Higher Education. Demnach ist die Schweiz das beste Land, was Physik angeht. Ok – das ist nicht so enorm überraschend. Schweizer Unis wie die ETH Zürich sind weltbekannt und zählen zu den Elite-Unis; die Schweiz hat eine lange physikalische Tradition – es wundert also nicht, wenn sie in der Liste auf Platz 1 sind.
Aber schon bei Platz 2 habe ich das erste Mal gestutzt: Dänemark?? Also nichts gegen Dänemark. Ein nettes kleines Land mit sicherlich guten Unis an denen auf jeden Fall gute Astronomie betrieben wird (einige meiner Kollegen aus Wien haben zeitweilig an dänischen Unis gearbeitet). Und mit Niels Bohr hatte Dänemark auch einen Physiker von Weltrang (und auch sein Sohn, Aage Niels Bohr bekam den Nobelpreis für Physik!). Aber die zweitbeste Physik-Nation der Welt? Das kam doch überraschend…
Die USA auf Platz 3 sind wieder normal – was Wissenschaft angeht ist Amerika sowieso immer weit vorne; warum nicht auch in Physik.
Aber Platz vier hat mich dann wirklich überrascht: Österreich! Österreich ist tatsächlich das viertbeste Land der ganzen Welt, wenn es um Physik geht. Kaum zu glauben – aber so stehts in der Liste. Österreich ist besser als England (Platz 6), Deutschland (Platz 7), Japan (Platz 16), … Österreich, das Land in dem die Wissenschaftsminister an Astrologie glauben, das vor kurzem noch bei CERN aussteigen wollte, das wissenschaftliche Orden an Esoteriker verleiht – dieses Österreich ist viertbeste Physik-Nation der Welt?
Anscheinend. Hier ist übrigens das gesamte Ranking:
Land | # Artikel | # Zitate | Zitate pro Artikel | |
1 | Switzerland | 20,643 | 316,939 | 15.35 |
2 | Denmark | 7,183 | 101,677 | 14.16 |
3 | United States | 205,678 | 2,887,903 | 14.04 |
4 | Austria | 8,721 | 122,360 | 14.03 |
5 | The Netherlands | 16,311 | 224,541 | 13.77 |
6 | England | 51,861 | 638,497 | 12.31 |
7 | Germany | 97,673 | 1,178,343 | 12.06 |
8 | Israel | 13,084 | 155,999 | 11.92 |
9 | Canada | 24,538 | 273,969 | 11.17 |
10 | Sweden | 14,536 | 161,753 | 11.13 |
11 | Spain | 28,487 | 308,265 | 10.82 |
12 | France | 70,481 | 738,285 | 10.47 |
13 | Italy | 47,775 | 486,026 | 10.17 |
14= | Belgium | 11,987 | 118,439 | 9.88 |
14= | Australia | 14,621 | 144,406 | 9.88 |
16 | Japan | 109,893 | 953,821 | 8.68 |
17 | Poland | 24,647 | 186,321 | 7.56 |
18 | Brazil | 19,933 | 141,730 | 7.11 |
19 | South Korea | 35,541 | 246,652 | 6.94 |
20 | India | 29,984 | 198,639 | 6.62 |
Es wurden hier also die Artikel gezählt, die von den jeweiligen Nationen zwischen 1999 und 2009 veröffentlicht wurden. Dann wurde nachgesehen, wie oft diese Artikel von anderen Autoren zitiert wurden. Das Verhältnis (wieviele Zitate pro Artikel) wurde dann als Kennzahl für das Ranking verwendet.
Naja – ich hab ja schon öfter darüber gemeckert, dass immer nur die Veröffentlichungen als einziger Maßstab für wissenschaftlichen Erfolg herangezogen werden und das es durchaus sinnvoll wäre, auch Öffentlichkeitsarbeit und Lehre miteinzubeziehen.
Aber selbst wenn man nur reine Forschungsdaten berücksichtigt, finde ich das Ranking immer noch überraschend. Und es stellen sich ein paar Fragen: wurde die Nation der Autoren berücksichtigt? Oder die Länder, in denen sie gearbeitet haben, als die Artikel verfasst wurden? (ich vermute zweiteres; das wäre erstens sinnvoller und zweitens auch viel leichter herauszufinden).
Außerdem gibt es ja immer noch das Problem der Autorenliste: Kaum ein Artikel wird heutzutage von einem Forscher alleine veröffentlicht und sehr oft kommen die Autoren aus verschiedenen Ländern. Und normalweise ist es so, dass der erstgenannte Autor die meiste Arbeit gemacht hat und der Anteil der Arbeit umso geringer wird, je weiter hinten man in der Liste auftaucht. Für das Ranking hat aber jeder genannte Autor trotzdem einen vollen Punkt bekommen. Und dann wundert es mich schon wieder weniger, dass die europäischen Länder weit vorne liegen in der Liste. Denn die (und vor allem die kleinen, wie Dänemark und Österreich) sind gut vernetzt und man kooperiert oft mit anderen Ländern. Und wenn es dann fürs Ranking egal ist, ob man Erstautor ist oder irgendwo am Ende auftaucht…
Naja – trotzallem ein interessantes Ergebnis! Und in Österreich hat man zumindest was, worüber man sich freuen kann. Das kommt ja im Bildungswesen eh viel zu selten vor.
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