In der wissenschaftlichen Welt hat es sich mittlerweile durchgesetzt, Projektanträge, wissenschaftliche Leistungen und ähnliches anhand der Publikationslisten der beteiligten Personen zu beurteilen. Je mehr Artikel man in möglichst hochrangigen Zeitschriften untergebracht hat, desto “besser” ist man.
Diese Praxis habe ich hier schon öfters kritisiert. In der Wissenschaft sollte nicht nur die Zahl der Publikationen zählen.
Dieser Meinung scheint auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zu sein. Sie hat vor kurzem neue Richtlinien herausgegeben, die das sehr deutlich machen.
Wer in Deutschland (Grundlagen)forschung betreibt, wird vermutlich um die DFG nicht umhin kommen. 2005 hat die DFG 1,3 Milliarden Euro für die verschiedensten Projekte und Förderungen ausgegeben. Viele Forscher könnten ohne die Gelder der DFG nicht existieren – und dementsprechend Mühe gibt man sich dann auch, wenn man eine Projektantrag stellt.
Der Publikationsliste kommt bei solchen Anträgen immer besondere Bedeutung zu. Ihre richtige Zusammenstellung ist eine wahre Kunst. Auch wenn es eigentlich bescheuert ist – aber man muss hier wirklich sehr darauf achten, wen man in welchem Zusammenhang zitiert. Natürlich sollte man es immer noch vermeiden, völlig sinnlose Zitate einzufügen, nur um die Publikationsliste eindrucksvoller aussehen zu lassen. Aber es gibt durchaus auch Gutachter, die erstmal darauf schauen, ob sie bzw. ihre direkten Kollegen im Antrag auch zitiert worden sind – und wenn nicht, dann, wirds problematisch.
Und natürlich schadet es auch nicht, so viele eigene Arbeiten wie möglich in der Liste unterzubringen. Man möchte ja demonstrieren, dass man in seinem Fachgebiet kein Niemand ist sondern durchaus was zu sagen hat.
Es ist natürlich als Gutachter einfacher, sich an der Publikationsliste zu orientieren – aber die Wissenschaft läuft dabei Gefahr, unterzugehen. Das hat auch die DFG erkannt und nun neuen Richtlinien veröffentlicht, die ab Juli 2010 für alle Anträge gelten. Darin wird genau spezifiziert, wieviele eigene Publikationen man anführen darf.
“Zugleich soll die eigentliche Beschreibung des wissenschaftlichen Projekts mehr Bedeutung erhalten. Auf diese Weise will die DFG mit ihren Mitteln der inhaltlichen Würdigung der Arbeiten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wieder mehr Gewicht verleihen und die Bedeutung rein quantitativer Faktoren im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Publikationen verringern.”
Die DFG begründet das folgendermaßen:
“Im Zuge von quantitativen Leistungsbewertungsverfahren, von der Habilitation über die Berufung bis zur Leistungsorientierten Mittelvergabe (LOM), ist es zunehmend üblich geworden, numerische Indikatoren auf der Basis von Publikationsverzeichnissen zu erstellen und diese an die Stelle einer inhaltlichen Würdigung von wissenschaftlichen Arbeiten treten zu lassen. Dadurch wird ein starker Druck auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgeübt, möglichst viele Arbeiten zu publizieren. Zudem verleitet es immer wieder zu Fällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, in denen im Publikationsverzeichnis unrichtige Angaben zum Stand von Publikationen gemacht werden. So wurde in der Vergangenheit wiederholt angegeben, dass Publikationen zur Veröffentlichung eingereicht worden seien, obwohl dies nicht der Fall war. In anderen Fällen fehlten Angaben zum Datum der Einreichung beziehungsweise sind sie ungenau oder falsch. Solche Angaben sind nach den Vorgaben der DFG – und auch darüber hinaus – unzulässig.”
Man darf nun nur noch zwei eigene Publikationen pro beantragten Förderjahr aufführen (drei, wenn der Antrag von mehreren Personen auf einmal gestellt wird). Auch im Lebenslauf dürfen nur noch insgesamt fünf eigene Publikationen aufgeführt werden. Außerdem ist es auch nicht mehr erlaubt, Arbeiten als “eingereicht” oder “in Vorbereitung” zu zitieren. Zitierte Arbeiten müssen erschienen und für die Gutachter zugänglich sein. Wenn eine Arbeit zwar schon zur Veröffentlichung angenommen, aber noch nicht gedruckt ist, darf man sie zitieren, muss sie aber das Manuskript mit dem Antrag gemeinsam einreichen.
Diese Entwicklung ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Noch bessere wäre es, wenn man auch die anderen, oben angesprochenen Probleme mit der Publikationsliste lösen könnte – aber das wird wohl ziemlich unmöglich sein. Referenzen sind nun mal notwendig in der Wissenschaft und um an den ganzen “Vanity-Zitaten” was zu ändern müsste man das System von Grund auf reformieren…
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