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Bild: CQD

Man muss die Atome also auf eine andere Art und Weise kühlen. Sie einfach in Kontakt mit etwas sehr kalten zu bringen, klappt nicht. Hier kommt nun die Laserkühlung ins Spiel für die Phillips seinen Nobelpreis bekommen hat. Denn wie wir – ebenfalls seit einer Arbeit von Einstein – wissen, besteht Licht aus Photonen und die wechselwirken mit Materie. Man kann also mit (Laser)Licht eine Kraft auf Atom ausüben. Und zwar dann, wenn dieses Licht genau die richtige Frequenz hat und es von den Atomen absorbiert wird.

In der Praxis muss man auch hier den Dopplereffekt berücksichtigen. Die Atome bewegen sich ja und “sehen” eine andere Frequenz als die, die die Laserquelle aussendet. Man wählt also Laserlicht mit einer Wellenlänge die ein bisschen röter ist als die, die die Atome eigentlich absorbieren würden. Bewegt sich nun ein Atom genau auf die Quelle zu, dann sieht es genau die richtige Frequenz und absorbiert das Photon. Wenn es sich in eine andere Richtung bewegt, dann klappt das natürlich nicht. Aber man braucht die Atome nur aus allen Richtungen mit dem Laser anstrahlen – und schon funktionierts und das Gas wird kühler.

Ein Problem bleibt allerdings. Die Atome werden nie ganz zum Stillstand kommen – sie bewegen sich immer ein kleines bisschen. Angenommen, ein Atom wäre gerade im Grundzustand und in Ruhe, dann würde es als nächstes ein Photon aus irgendeiner Richtung aufnehmen und anfangen sich ein wenig zu bewegen. Dann gibt es das Photon wieder irgendwo hin ab und bewegt sich durch den “Rückstoß”. Einerseits wird das Atom also dadurch sich immer irgendwo hin bewegen wollen – andererseits sorgt die genaue Frequenzabstimmung des Laserlichts für eine ständige Kühlung. Man kann nun ausrechnen, wann sich bei diesen beiden Effekten ein Gleichgewicht einstellt und wie kalt ein Gas aus bestimmten Atomen werden kann. Für Natrium ist das z.B. bei einer Temperatur von 240 Mikrokelvin! Kälter kann das Gas nicht werden.

Dachte man zumindest… 1985 haben Steven Chu (ebenfalls ein Nobelpreisträger) und seine Kollegen die Temperatur von auf diese Weise gekühlten Natrium-Gas gemessen. Das allein war schon knifflig genug – denn man kann da ja nicht einfach ein Thermometer reinstecken. Chu löste das Problem auf elegante Weise. Das Experiment wurde ja sowieso in einem Vakuum durchgeführt. Das gekühlte Gas nahm nur einen sehr kleinen Raum ein (die Atome bewegen sich ja kaum und sind in einer Art “optischen Molasse” gefangen). Schaltet man die Kühlung kurz aus, macht das Gas das, was Gase im Vakuum immer tun: es dehnt sich aus. Dann kühlt man wieder und schaut nach, wieviel von dem Gas noch im ursprünglichen Volumen ist. Da die Ausdehnunggeschwindigkeit von der Temperatur abhängt, kann man die nun berechnen. Und sie betrug genau den theoretisch vorhergesagten Wert von 240 Mikrokelvin.

1988 haben Phillips und sein Kollegen allerdings in einem ähnlichen Experiment Caesium-Atome mit einer Temperatur von 700 Nanokelvin gemessen! Das ist zweihundertmal kälter als sie eigentlich sein dürften! Sie waren also deutlich kälter als erlaubt. Eine Theorie, die etwas verbietet, was in der Realität stattfindet kann aber nicht wirklich korrekt sein – also musste man eine neuen Theorie suchen. Die wurde auch gefunden – aber Phillips hat sie leider nicht erklärt (und ich bin nicht Fachmann genug um sie erklären zu kennen). Jedenfalls war es mit diesem neuen theoretischen Unterbau möglich, die Atome sehr kühl zu bekommen. Anstatt mit mehreren hundert Metern pro Sekunde bewegten sie sich nun nur mehr mit einer thermischen Geschwindigkeit von einem Zentimeter pro Sekunde!

Das Problem war jetzt nur: mit solchen langsamen Atomen kann man keine Atomuhr im üblichen Design bauen! Die langsamen Atome würden die Strecke von einem Meter zwischen Synchronisation- und Korrekturstation nicht mehr schaffen. Man baute also “atomare Brunnen” in denen die Atome quasi in die Luft geworfen werden und dann einfach wieder runterfallen. Dazwischen synchronisiert und korrigiert man damit die Uhr. Solche Atomic Fountain Clocks gehören zu den genausten Uhren und machen in 100 Millionen Jahren nur einen Fehler von einer Sekunde!

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Kommentare (22)

  1. #1 H.M.Voynich
    13. April 2010

    “… mit so einer magnetischen Falle kann man die kalten Atome nicht nur speichern, man kann auch diejenigen der Atome, die ein bisschen wärmer sind als die anderen, absondern.”

    Wer das mal selber ausprobieren möchte, hier gibt es Java-Applets zur Magnetfalle:
    https://www.iap.uni-bonn.de/P2K/bec/mag_trap.html

    … mit der man dann Atome durch Verdampfungskühlung bis zum Bose-Einstein-Kondensat herunterkühlen kann (durch geschicktes “Senken und Heben” der Falle – wer schafft es am schnellsten?):
    https://www.iap.uni-bonn.de/P2K/bec/evap_cool.html

    Und zur Laserkühlung:
    https://www.iap.uni-bonn.de/P2K/bec/lascool1.html
    (mehrere Teile, unten auf “weiter” klicken)

  2. #2 Stefan
    14. April 2010

    Danke für den ausführlichen Bericht! Der Vortrag war wirklich toll (ich glaub, ich hab zwei Reihen vor Dir gesessen ;-)…). Schade, dass die Videoübertragung für den Nachbarhörsaal nicht gleich auch aufgezeichnet worden ist.

    Diese Theorie zur Laserkühlung, auf die er nicht weiter eingehen konnte, ist meines Wissens die Lévy-Statistik zur Beschreibung der Verteilung der Rückstossimpulse, im Unterschied zur üblichen Gaussverteilung. Ist insofern nicht nur von akademischem Interesse, als Abweichungen von der Gaussverteilungen und potenzgesetzverteilte “long tails” ja auch bei der Finanzkrise eine Rolle gespielt haben sollen.

  3. #3 Moss
    14. April 2010

    @Florian:
    Sag’ mal, was findet Ihr Physiker eigentlich an der Comic Sans so toll? Ich kriege immer wieder Word-getippte Manuskripte mit Überschriften, Bildbeschriftungen und einmal sogar Tabellen und mathematischen Ausdrücken in dieser Schrift; und oben auf den Bildern sieht man ganze Folien damit!

  4. #4 Bullet
    14. April 2010

    Hui. Ein toller Bericht. Und jetzt warten wir auf die Einsteinwiderleger. *gg*

  5. #5 Redfox
    14. April 2010

    @Moss:
    https://bancomicsans.com/home.html

    (ich find C.S. ok)

  6. #6 H.M.Voynich
    14. April 2010

    @Bullet:
    Einstein lag völlig falsch.
    Gott würfelt.

  7. #7 Carolin Liefke
    14. April 2010

    Jaja. Und ich durfte zur “Konkurrenzveranstaltung” – Dozentenversammlung am ARI. Die übrigens reichlich dünn besetzt war. Warum wohl…

  8. #8 Gerrit
    14. April 2010

    @Moss:
    Das mit “ihr Physiker” will ich aber nicht auf mir sitzen lassen. Ich kenne zwar leider auch Leute, die gerne alles damit dekorieren, aber zum Glück habe ich solche Leute nicht in meinem Freundeskreis 🙂

  9. #9 Bullet
    14. April 2010

    @Voynich:
    War ja klar. *g*

    Okay: da du ja offenbar so genau darüber informiert bist, was Gott so alles tut, kannst mir bestimmt auch verraten, welche Farbe seine Würfel haben.

    (weia… wo endet das denn jetzt schon wieder?)

  10. #10 Florian Freistetter
    14. April 2010

    @Moss: Also ich verwende Comic Sans nicht 😉 (Aber ich bin ja auch kein Physiker)
    Aber auch die Astronomen stellen oft grauenhaften Dinge mit Powerpoint an…

  11. #11 XyloCephalus
    14. April 2010

    @F.Freistetter: Wieso — sind nicht etwa alle Astronomen dasselbe wie Astrophysiker? Dachte ich stets, und irgendwie müssen die sich doch von den AstroLogen unterscheiden? 😉
    Na gut, Anwendung “echter” Mathematik tut es auch schon… :-))

  12. #12 Florian Freistetter
    14. April 2010

    @XyloCephalus: Naja, ein Astrophysiker ist ja nicht unbedingt gleich auch ein Physiker (mir konnte sowieso noch nie jemand erklären was denn genau der Unterschied zwischn Astronomie und Astrophysik sein soll). Ich zum Beispiel bin Astronom. Ich habe Astronomie studiert und meinen Doktor in Astronomie gemacht. Natürlich weiß ich jede Menge über Physik – aber ich habe kein Physikstudium abgeschlossen (in Österreich sind Astronomie und Physik zwei getrennte Studien).

  13. #13 knorke
    14. April 2010

    “Hier wird ja der Einfluss der Gravitationskraft auf die Zeit beschrieben und die Theorie besagt, dass Uhren umso langsamer gehen, je näher sie der Erdoberfläche sind.”
    Florian, stimmt das so? “[…] Je näher an sie der Erdoberfläche […]”? Dann müsste doch auf dem Berg und auf 0m NN die Uhr gleichgehen? Ich bin Laie, aber ich hatte immer aus dem Bauch heraus gedacht, dass es evtl. eher sowas wie ein Schwerpunkt oder sowas sein müsste?! Kannst du das mal auseinanderdröseln – auch als nicht-Physiker?

  14. #14 Bjoern
    14. April 2010

    Einstein hat sich mit einer ganz “simplen” Frage beschäftigt: “Was ist Zeit?” Seine Antwort darauf war ebenso “simpel”: Zeit ist das, was von einer Uhr gemessen wird…

    Bill Phillips fragte nun weiter: Was ist eine Uhr? Seine Antwort: Etwas, dass uns eine Serie von periodischen Ereignissen liefert.

    Und was ist ein periodisches Ereignis? Ein Ereignis, das sich immer nach derselben Zeit wiederholt (oder kennt jemand eine andere Definition?). Und damit sind wir wieder beim “Was ist Zeit?”. Diese Definitionen führen einen also nur im Kreis herum! Ich habe aber leider keinen besseren Alternativvorschlag…

  15. #15 Florian Freistetter
    14. April 2010

    @knorke: “Dann müsste doch auf dem Berg und auf 0m NN die Uhr gleichgehen? “

    Wieso? Zwischen Berg und 0m NN ist doch ein Höhenunterschied. Und damit auch ein Unterschied im Gravitationspotential.

  16. #16 Bjoern
    14. April 2010

    @knorke: Florian meint mit “Erdoberfläche” hier offensichtlich “Meereshöhe” (ist ein wenig unglücklich ausgedrückt…).

  17. #17 knorke
    14. April 2010

    @Florian: Das meine ich ja auch, aber du schrubst “Erdoberfläche” – siehe auch Kommentar von Bjoern eins drunter.
    Wie drückt man des denn nun am besten aus? Das mit dem Gravitationspotenzial bei unterschiedlichem Abstand zu was? Meerespiegel könnte doch auch falsch sein, oder? wenn ich auf der nordhalbkugel nur 20 Meter tiefe meere hättee und auf der südhalbkugel 800m tiefe, dann läge es für mich auf der Hand, dass im norden mehr masse ist und damit die Uhr langsamer läuft – also wahrscheinlich eher der Abstand zum Masseschwerpunkt oder sowas?

  18. #18 Bjoern
    14. April 2010

    @knorke: der Meeresspiegel ist eine sogenannte “Äquipotentialfläche”, das heißt, die potentielle Energie eines Körpers ist auf dem Meeresspiegel überall gleich, egal, wo man auf der Erde sich befindet, und egal, wie tief das Meer ist. (Ist auch logisch: Wasser fliesst bekanntlich immer zum tiefsten Punkt, nimmt also die kleinstmögliche Energie an. Also ist die Wasseroberfläche der Meere überall auf demselben “Energieniveau”.) Und genau die potentielle Energie eines Körpers ist es, die für die gravitative Zeitdilation wesentlich ist.

  19. #19 knorke
    15. April 2010

    @Bjoern:
    Na ich dachte nur, dass wenn ich eine Delle auf einer Seite habe, in der sich mehr Wasser sammelt und auf der anderen Seite unterseeisch ein viel schwereres Gesteingebirge unter Wasser ist, dass dann der Masseunterschied von Gestein und Wasser eine Rolle spielt. Ich glaube, ich lese das nochmal in Ruhe bei Wikipedia nach, irgendwie bin ich jetzt durcheinanderer als vorher.

  20. #20 Jazzpirate
    15. April 2010

    @Bullett
    Naja, da hat der herr Voynich ja ausnahmsweise mal recht, Einstein sagte “Gott würfelt nicht” weil er damit die Quantenmechanik ablehnen wollte, was heutzutage kein gesunder Mensch mehr tun würde – in Einsteins Terminologie verbleibend würfelt Gott also tatsächlich und Einstein lag falsch ^^

  21. #21 Aragorn
    15. April 2010

    War das nicht eher die Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik, die Einstein ablehnte?
    Durch die Bellsche Ungleichung wurden alle lokal, realistischen Theorien, die Einstein eher zusagten (mit verborgenen Variablen), widerlegt.

    Lokalität: Beeinflußung von Objekt A hat keine direkte Auswirkung auf ein räumlich getrenntes Objekt B.
    realistisch: jede physikalische Größe existiert, unabhängig davon ob sie gemessen wird.

    Ergo sollte:

    * Einsteins favorisierte Theorie mit verborgenen Variablen lokale und realistische Theorie sein? (und daher widerlegt)
    * die Kopenhagener Quantenmechanik eine nicht-lokale und nicht-realistische Theorie sein?
    * die Bohmsche Mechanik eine nicht-lokale aber realistische Theorie sein? (und daher auch nicht widerlegt)

  22. #22 Weirdo Wisp
    13. Mai 2010

    Schein ein cooler und anschaulicher Vortrag gewesen zu sein. Und auch Deine Beschreibung finde ich recht anschaulich und einigermaßen verständlich (obwohl ich außer der normalen Schulphysik nicht allzu viel kenne).