Wie schwer ist eigentlich ein Kilogramm? So eine Frage beantwortet das Internationale Büro für Maß und Gewicht – dort kümmert man sich um das Internationale Einheitensystem (SI). Ein Kilogramm ist nach der offiziellen Definition genauso schwer wie der internationale Kilogramm-Prototyp (“Urkilogramm”), der in einem Pariser Tresor sicher verwahrt liegt.
Das ist natürlich irgendwie unbefriedigend. Wenn irgendwem dieses Urkilogramm z.B. mal runterfällt und ein Stück abbricht ist das ganze Einheitensystem im Eimer. Es wäre viel besser, wenn es eine Definition gäbe, die nicht an einem konkreten Objekt hängt sondern an den Naturkonstanten. Das klappt beim Meter ganz wunderbar. Der ist genau „die Strecke, die das Licht im Vakuum in einer Zeit von 1 / 299.792.458 Sekunde zurücklegt”. Natürlich wissen das auch die Metrologen (nein, da fehlt kein “eo” im Wort; so heißen die Wissenschaftler, die sich mit dem Einheitensystem beschäftigen) und arbeiten an einer neuen Definition. Wie die aussehen könnte, beschreiben Ronald Fox, Theodore Hill und Jack Miller in ihrem kürzlich veröffentlichten Artikel “A Better Definition of the Kilogram”.
Die Sache mit dem Urkilogramm wird nämlich langsam wirklich blöd. Als man in den 1990ern das letzte Mal den Prototyp mit den vielen “Urkilogramm”-Kopien verglich die die einzelnen Länder für ihre eigenen Eichinstitute besitzen, zeigte sich, dass das Urkilogramm langsam leichter wird. Nicht viel – es fehlten nur 0,00005 Gramm. Aber trotzdem ist das kein Zustand, den man ignorieren kann. Man weiß übrigens noch nicht, wo genau der Schwund herkommt. Vielleicht wurde der Prototyp zu stark gereinigt, vielleicht verflüchtigen sich auch langsam einige Wasserstoffatome aus der Platin-Iridium-Legierung aus der der Prototyp besteht.
Eine dieser neuen Definition bedient sich zweier fundamentaler Formeln der aktuellen Physik. Einmal ist das E=mc² (aus der speziellen Relativitätstheorie) und einmal E=hf (Energie ist gleich der Planck-Konstanten mal der Frequenz; eine grundlegende Formel der Quantenmechanik). Setzt man die beiden Formeln gleich und löst nach der Frequenz auf, erhält man f=mc²/h und man kann das zum Beispiel Kilo so definieren:
“Ein Kilogramm ist die Masse eines Körpers, dessen Energie einer Zahl von Photonen mit der Frequenzsumme (2997924582/66260693) × 1041 Hertz entspricht.”
Oder aber
“Ein Kilogram ist die Masse eines Körpers, dessen de-Broglie-Compton Frequenz genau 2997924582/(6.6260693 × 10-34) Hertz beträgt”
Oder
“Ein Kilogramm ist genau diejenige Masseneinhet bei der die Planck-Konstante exakt 6.6260693 × 10-34 Joule Sekunden beträgt.”
Das klingt doch alles super! Wo ist also das Problem? Naja – irgendwann wird man das Kilogramm auch mal tatsächlich messen wollen. Lässt sich eine dieser Definition nun auch in der Praxis umsetzen? Tja – das wissen wir noch nicht. Um die notwendigen Messungen anstellen zu können, braucht man hier eine sogenannten Watt-Waage. Hier muss man nicht nur den Strom in einer Spule exakt messen, sondern auch die Spannung, die durch die Bewegung der Spule in einem Magnetfeld erzeugt wird. Und noch jede Menge andere Effekte müssen hochgenau bestimmt werden – was das Projekt extrem aufwendig und extrem teuer macht (die ganze Messung muss z.B. im Vakuum stattfinden). Und so eine Watt-Waage ist ein wenig größer als eine Küchenwaage – diejenige, die am National Institute of Standards and Technology in den USA gebaut wird, ist 2 Stockwerke hoch. Aber gut – nehmen wir, man kriegt die hochgenauen Messungen in den Griff und die Länder haben kein Problem damit, sehr viel Geld (so eine Waage braucht außerdem auch immer ein paar Wissenschaftler die sich drum kümmern) dafür auszugeben. Aber selbst dann meinen Fox und seine Kollegen, dass diese Definition nicht optimal wäre.
Denn eine Definition soll nicht nur einfach funktionieren. Sie soll auch nachvollziehbar sein und zwar nicht nur von ein paar hochqualifizierten Wissenschaftlern und Technikern. Beim Meter ist es so, dass sich im Prinzip jeder Physikstudent mit simplen Mitteln sein eigenes Metermaß basteln kann – und auch wenn das nicht wirklich exakt sein mag so kann man doch das Prinzip dahinter leicht verstehen und selbst umsetzen. Wie das bei den oben vorgeschlagenen Definitionen funktionieren kann, ist noch völlig unklar. Fox schlägt daher einen anderen Lösungsweg vor:
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