Wie schwer ist eigentlich ein Kilogramm? So eine Frage beantwortet das Internationale Büro für Maß und Gewicht – dort kümmert man sich um das Internationale Einheitensystem (SI). Ein Kilogramm ist nach der offiziellen Definition genauso schwer wie der internationale Kilogramm-Prototyp (“Urkilogramm”), der in einem Pariser Tresor sicher verwahrt liegt.

Das ist natürlich irgendwie unbefriedigend. Wenn irgendwem dieses Urkilogramm z.B. mal runterfällt und ein Stück abbricht ist das ganze Einheitensystem im Eimer. Es wäre viel besser, wenn es eine Definition gäbe, die nicht an einem konkreten Objekt hängt sondern an den Naturkonstanten. Das klappt beim Meter ganz wunderbar. Der ist genau „die Strecke, die das Licht im Vakuum in einer Zeit von 1 / 299.792.458 Sekunde zurücklegt”. Natürlich wissen das auch die Metrologen (nein, da fehlt kein “eo” im Wort; so heißen die Wissenschaftler, die sich mit dem Einheitensystem beschäftigen) und arbeiten an einer neuen Definition. Wie die aussehen könnte, beschreiben Ronald Fox, Theodore Hill und Jack Miller in ihrem kürzlich veröffentlichten Artikel “A Better Definition of the Kilogram”.

Die Sache mit dem Urkilogramm wird nämlich langsam wirklich blöd. Als man in den 1990ern das letzte Mal den Prototyp mit den vielen “Urkilogramm”-Kopien verglich die die einzelnen Länder für ihre eigenen Eichinstitute besitzen, zeigte sich, dass das Urkilogramm langsam leichter wird. Nicht viel – es fehlten nur 0,00005 Gramm. Aber trotzdem ist das kein Zustand, den man ignorieren kann. Man weiß übrigens noch nicht, wo genau der Schwund herkommt. Vielleicht wurde der Prototyp zu stark gereinigt, vielleicht verflüchtigen sich auch langsam einige Wasserstoffatome aus der Platin-Iridium-Legierung aus der der Prototyp besteht.

Denmark’s_K48_Kilogram

Der nationale Kilogramm-Prototyp von Dänemark (Bild: Bo Bengtsen, Danish National Metrology Institute, GFDL 1.2)

Eine dieser neuen Definition bedient sich zweier fundamentaler Formeln der aktuellen Physik. Einmal ist das E=mc² (aus der speziellen Relativitätstheorie) und einmal E=hf (Energie ist gleich der Planck-Konstanten mal der Frequenz; eine grundlegende Formel der Quantenmechanik). Setzt man die beiden Formeln gleich und löst nach der Frequenz auf, erhält man f=mc²/h und man kann das zum Beispiel Kilo so definieren:

“Ein Kilogramm ist die Masse eines Körpers, dessen Energie einer Zahl von Photonen mit der Frequenzsumme (2997924582/66260693) × 1041 Hertz entspricht.”

Oder aber

“Ein Kilogram ist die Masse eines Körpers, dessen de-Broglie-Compton Frequenz genau 2997924582/(6.6260693 × 10-34) Hertz beträgt”

Oder

“Ein Kilogramm ist genau diejenige Masseneinhet bei der die Planck-Konstante exakt 6.6260693 × 10-34 Joule Sekunden beträgt.”

Das klingt doch alles super! Wo ist also das Problem? Naja – irgendwann wird man das Kilogramm auch mal tatsächlich messen wollen. Lässt sich eine dieser Definition nun auch in der Praxis umsetzen? Tja – das wissen wir noch nicht. Um die notwendigen Messungen anstellen zu können, braucht man hier eine sogenannten Watt-Waage. Hier muss man nicht nur den Strom in einer Spule exakt messen, sondern auch die Spannung, die durch die Bewegung der Spule in einem Magnetfeld erzeugt wird. Und noch jede Menge andere Effekte müssen hochgenau bestimmt werden – was das Projekt extrem aufwendig und extrem teuer macht (die ganze Messung muss z.B. im Vakuum stattfinden). Und so eine Watt-Waage ist ein wenig größer als eine Küchenwaage – diejenige, die am National Institute of Standards and Technology in den USA gebaut wird, ist 2 Stockwerke hoch. Aber gut – nehmen wir, man kriegt die hochgenauen Messungen in den Griff und die Länder haben kein Problem damit, sehr viel Geld (so eine Waage braucht außerdem auch immer ein paar Wissenschaftler die sich drum kümmern) dafür auszugeben. Aber selbst dann meinen Fox und seine Kollegen, dass diese Definition nicht optimal wäre.

Denn eine Definition soll nicht nur einfach funktionieren. Sie soll auch nachvollziehbar sein und zwar nicht nur von ein paar hochqualifizierten Wissenschaftlern und Technikern. Beim Meter ist es so, dass sich im Prinzip jeder Physikstudent mit simplen Mitteln sein eigenes Metermaß basteln kann – und auch wenn das nicht wirklich exakt sein mag so kann man doch das Prinzip dahinter leicht verstehen und selbst umsetzen. Wie das bei den oben vorgeschlagenen Definitionen funktionieren kann, ist noch völlig unklar. Fox schlägt daher einen anderen Lösungsweg vor:

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Kommentare (52)

  1. #1 zerology
    2. Juni 2010

    Hallo Florian,

    warum versucht man’s eigentlich immer mit Kohlenstoff? Warum nimmt man nicht einfach ein anisotopes Element, wie Gold oder Wismut? Wär’ doch viel praktischer!

    Danke für den Beitrag, Grüße
    zero

  2. #2 mi fhèin
    2. Juni 2010

    Jetzt muss nur noch jemand diese ganzen Atomen abzählen 😉

    Man könnte die Atome numerieren – dann tut man sich leichter mit dem Abzählen.

  3. #3 Florian Freistetter
    2. Juni 2010

    @zerology “warum versucht man’s eigentlich immer mit Kohlenstoff?”

    Ich denke es geht hier auch um die Kosten. Die PTB meint, dass allein die Herstellung von 6 kg Rohmaterial für die Si-Kugel schon 1,2 Millionen Euro gekostet haben. Bei Gold ist das dann wahrscheinlich unbezahlbar…

  4. #4 rosorotebrille
    2. Juni 2010

    Wenn man schon ein Meter definiert hat, kann man auch das kg danach definieren. Man gibt einfach eine herstellbare maßlich genau definierte Geometrie eines bestimmten Stoffes vor, der sich auch in seiner Homogenität und Herstellungsverfahren hierfür eignet, und sagt, das ist bei 20°C (oder anderer Referenztemperatur) ein kg.

    Letztlich also kg-Definition über das Volumen eines bestimmten Stoffes.

    Im täglichen Leben geht man ja auch so vor, wenn man gerade keine kg Referenz zur Hand hat. Man sagt dann, 1 ltr Wasser entspricht ungefähr einem kg. Den “Liter” kann man mit einem Metermaß ausmessen.

    Das Verfahren ist sicher nicht umständlicher als das Atomezählen. Außerdem verdampfen die Atome im Lauf der Zeit und dann haben wir wieder dasselbe Problem wie derzeitig auch.

    Oder soll man etwa die Atome des neuen Urkilogramms jedes mal nachzählen, ob wirklich noch alle da sind? Das Zählverfahren ähnelt dem in einem Kasperltheater, wo der Kasperl fragt: Seid ihr alle da? Dann schreit kräftig Ja. Wer nicht da ist, Nein, Nein, Nein, der braucht auch nicht Ja, Ja zu schrein.

    Jedes Material verdunstet im Lauf der Zeit und wird daher seine Masse ändern. Verdunstung findet immer unterhalb der Siedetemperatur statt und ist dadurch bedingt, daß der Dampfdruck oberhalb von 0° K immer größer 0 ist und die Umgebung meist nicht den Sättigungsdampfdruck aufweist.

    Oben im Bild sieht man die Glasglocke. Sie soll bewirken, daß um das Urkilogramm eine materialgesättigte Atmosphäre ist, damit nicht zu viel Material verdunstet.

  5. #5 Florian Freistetter
    2. Juni 2010

    @rrb: “an gibt einfach eine herstellbare maßlich genau definierte Geometrie eines bestimmten Stoffes vor, der sich auch in seiner Homogenität und Herstellungsverfahren hierfür eignet, und sagt, das ist bei 20°C (oder anderer Referenztemperatur) ein kg.”

    Na dann auf! Formulier das ganze aus und schicks an die Metrologen. Die werden sich freuen, dass sie ihre Zeit nicht mehr mit komplizierten und teuren Experimenten vertun müssen. Natürlich muss der Stoff um den es geht dann auch hochrein sein! Man muss also alle Isotope und Verunreinigungen raus kriegen und dann… ja dann ist man genau da, wo die Metrologen gerade sind. Es ist nämlich wurscht, ob ich sage ich definiere das kg als Menge eines Stoffes der genau in einen Kubikmeter passt oder als Menge von genau X Atomen. Das kommt aufs gleiche raus.

  6. #6 zerology
    2. Juni 2010

    #Kohlenstoff

    Muss ja nicht Gold sein, deswegen hatte ich Wolfram mit in die Diskussion gebracht. Mein Hauptpunkt ist, dass man etwas nehmen sollte, wovon es nur ein stabiles Isotop gibt. Dann ist das immer noch nict einfach, aber viel einfacher als wenn man zusätlich noch eine Isotopentrennung braucht.

    z.

    PS.: Liste der anisotopen Elemente aus der Wikipedia (Artikel zum Lemma “Isotop”):
    Beryllium, Fluor, Natrium, Aluminium, Phosphor, Scandium, Mangan, Cobalt, Arsen, Yttrium, Niob, Rhodium, Iod, Cäsium, Praseodym, Terbium, Holmium, Thulium, Gold, Wismut, Thorium und Plutonium.

  7. #7 Florian Freistetter
    2. Juni 2010

    @zerology: Ich bin jetzt kein Experimentalphysiker. Aber ich denke mal, die haben sich das schon gut überlegt. Das zeug muss ja nicht nur billig sein sondern auch bearbeitbar. Vielleicht lassen sich die Isotoptrennungsmethoden nicht überall so effektiv anwenden wie bei Si oder Kohlenstoff? Und vielleicht passen auch noch andere Eigenschaften anderer Materialien nicht so gut…

  8. #8 Bullet
    2. Juni 2010

    Plutonium scheidet aus. 🙂 Denn die Menge der Atome ändert sich ständig. Nennt man Radioaktivität. Das ganze muß ja auch praktisch realisierbar sein.

  9. #9 Niemand von Bedeutung
    2. Juni 2010

    Und ich dachte, das Kilogramm sei ein Maß für die Masse und nicht das Gewicht.

  10. #10 BerndB
    2. Juni 2010

    Kann man nicht einfach die Masse eines Kohlenstoff-Atoms im Grundzustand festschreiben? Oder einfach, wie schon geschrieben, das Mol festsetzen und einfach das Kilogramm dann darüber bestimmen?

    BTW: Ich persönlich hätte auch statt des Amperes die Ladung als Grundgröße genutzt.

  11. #11 Bullet
    2. Juni 2010

    Wo schreibt hier wer was von Gewicht?

  12. #12 Ulf Lorenz
    2. Juni 2010

    @zerology:

    Beryllium, Arsen und Yttrium sind schonmal giftig, das macht das Hantieren unnoetig kompliziert.

    Natrium z.B. oxidiert in Nullkommanichts, da benoetigt man eine durchgehende Schutzatmosphaere, das ist nicht sehr hilfreich.

    Rhodium ist suendhaft teuer, das gilt als Faustregel auch fuer die meisten anderen Metalle, von denen man noch nie etwas gehoert hat.

  13. #13 rambaldi
    2. Juni 2010

    Mal eine Frage am Rande zu
    “Das klappt beim Meter ganz wunderbar. Der ist genau „die Strecke, die das Licht im Vakuum in einer Zeit von 1 / 299.792.458 Sekunde zurücklegt””

    Wieso geht man hier eigentlich noch den Umweg über die Sekunde?

  14. #14 rosarotebrille
    2. Juni 2010

    @Florian

    “Natürlich muss der Stoff um den es geht dann auch hochrein sein! ”

    Nicht einmal das stimmt. Es muß höchstens die Zusammensetzung des Stoffes bekannt sein. Desweiteren genügt es dann, ein Herstellungsverfahren dieses Materials anzugeben welches gestattet, daß eben immer dasselbe Volumen (Dichte) herauskommt.

    Wie ich schon sagte, verdunstet jedes Material und daher ist auch das Abzählverfahren wohl mehr als nur ein Witz. Es zeugt gerade zu von bodenloser Dummheit. Unabhängig von der Undurchführbarkeit.

    Man muß nicht einmal ein Referenzkilogramm herstellen, wenn man ein kg benötigt. Weil dirch eine maßliche und materialmäßige Definition “jederman” mit seiner *gewünschten* Genauigkeit sich selbst eine Referenz basteln kann. Beim Bäcker reicht wohl eine 1e-4 Referenz aus während sich ein Wissenschaftler eben für eine 1e-9 Referenz etwas anstrengen muß.

    Wobei nicht einmal das “genaue” Kilogramm hergestellt werden muß sondern nur irgendeines, dessen Materialwerte stimmen und dessen Formbestimmung mit einem Metermaß ausmeßbar ist. Ob man sich eine 1,0012 kg oder o,994367352 kg Referenz gebastelt hat, spielt gar keine Rolle. Weil das Ergebnis mit der Lichtreferenz genau bestimmt werden kann.

    Man könnte z.B. auch einfachen Zylinder herstellen und dessen Länge nach entsprechender Präzisionsvermessung genau auf das gewünschte kg ablängen. Oder noch mit einem kleinen Drahtstückchen auf das letzte Mikrogramm abgleichen.

    Das Material ist also gar kein Problem, es muß nur genau definiert sein. Heitzutage bereitet es eben kein Problem mehr, Abmessungen bis in den Nanometerbereich feststellen zu können. Es kommt dabei eben nicht darauf an, wie genau die Referenz hergestellt werden kann. Es kommt nur auf die Güte der Längenmessung an.

    Natürlich kann man auch die verrücktesten Verfahren sich ersinnen, wo Heerscharen von Physikern mit riesigem Aufwand ein kg sich zusammenbasteln und dieses “Warten”. Das sind dann lebenslange Jobs und schafft eine Monopolstellung, welche das Geld fließen läßt.

  15. #15 Florian Freistetter
    2. Juni 2010

    @rrb: “Es muß höchstens die Zusammensetzung des Stoffes bekannt sein. Desweiteren genügt es dann, ein Herstellungsverfahren dieses Materials anzugeben welches gestattet, daß eben immer dasselbe Volumen (Dichte) herauskommt. “

    Wie gesagt: dann mach mal! Ich behaupte, dass das im Endeffekt mindestens so kompliziert ist wie das vorgeschlagene Verfahren.

    “Wie ich schon sagte, verdunstet jedes Material und daher ist auch das Abzählverfahren wohl mehr als nur ein Witz. “

    Da hast du dann was falsch verstanden. Es geht nicht darum, einen neuen Kilogramm-Prototyp herzustellen…

    “Das sind dann lebenslange Jobs und schafft eine Monopolstellung, welche das Geld fließen läßt. “

    Jaja – wieder mal ne große Verschwörung der Wissenschaftler! Ein Wunder das die überhaupt noch dazu kommen, irgendwas zu erforschen bei den ganzen dunklen Machenschaften. (Übrigens: es geht genau darum, dass ein Verfahren gefunden wird, das NICHT kompliziert ist und das im Prinzip JEDER mit ein bisschen Wissen und simpler Technik nachvollziehen kann).
    “Es zeugt gerade zu von bodenloser Dummheit. “

    Du kannst Wissenschaft generell nicht leiden, oder?

  16. #16 Bullet
    2. Juni 2010

    @rambaldi: Zeit läßt sich wesentlich präziser messen als Länge. Überleg mal, wie weit ein Lichtstrahl in 0,34 ps kommt.
    Etwa 0,1 mm.
    🙂

  17. #17 Thomas J
    2. Juni 2010

    Jetzt weiss ich auch, wieso ich angeblich soviel zugenommen habe… kein Wunder, wenn das Urkilogramm abnimmt…. ganz perfide, dieses Urkilogramm, ts!

  18. #18 nihil jie
    2. Juni 2010

    ich denke das bestimmen eines kilogram sollte man in weltraum vornehmen… in der schwerelosigkeit… *lach es wird der betrag der energie gemessen der zur bescheunigung des körpers auf eine bestimmte geschwindigkeit benötigt wird 🙂 das ist doch ein plan oder ? *gg

  19. #19 Stefan
    2. Juni 2010

    @zerology

    Ich vermute mal, all die isotopenreinen Metalle scheiden für die Herstellung von Prototypen deshalb aus, weil man aus reinen Metallen keine guten defektfreien Einkristalle ziehen kann. Das ist aber eine Voraussetzung dafür, dass die “Abzählmethoden” zuverlässig funktionieren. Der reine Materialpreis ist bei all dem vermutlich zweitranging.

  20. #20 Der Bo
    2. Juni 2010

    @rrb
    “”Natürlich muss der Stoff um den es geht dann auch hochrein sein! ”

    Nicht einmal das stimmt. Es muß höchstens die Zusammensetzung des Stoffes bekannt sein. Desweiteren genügt es dann, ein Herstellungsverfahren dieses Materials anzugeben welches gestattet, daß eben immer dasselbe Volumen (Dichte) herauskommt.”

    Die genaue Zusammensetzung (also genau im Sinne eines Prototyps für das Ur-Kilogramm) eines Festkörpers zu bestimmen ist in dem Falle weitaus schwieriger als einen möglichst hochreinen Stoff herzustellen. (Mann will ja auch nicht seine Kugel gleich wieder zerstören). Da spielt auch die Festkörperchemie nicht mit wenn Verunreinigungen im Spiel sind. Mann muss wissen, dass, auch bei exakt gleichem Herstellungsverfahren, kein Festkörper dem anderen gleicht. Defekte wie Korngrenzen, Fehlstellen etc… lassen sich selbst dann nicht vermeiden, wenn man mit hochreinen Stoffen arbeitet. Man kann sie lediglich minimieren.

    Ein allgemeines Herstellungsverfahren anzugeben, dass nicht auf der Herstellung eines hochreinen Stoffes beruht wäre völlig ungeeignet, da man die benötigte Genauigkeit nie erreichen würde.

  21. #21 Bullet
    2. Juni 2010

    Wuha: mir fällt gerade die perverseste aller Definitionen für Masse ein.

    1 kg ist diejenige Masse, die in einer Entfernung von 1m eine Gravitationsfeldstärke von [Zahl] [Einheit] hervorruft. (Oder alternativ: 1 kg ist diejenige Masse, die mit einer anderen identischen Masse derart wechselwirkt, daß zwischen ihnen eine gravitationelle Anziehungskraft von [Zahl] N besteht.)

    Florian: wäre sowas deines Dafürhaltens machbar (bis auf die obszön kleinen Zahlenwerte natürlich)?

  22. #22 schnablo
    2. Juni 2010

    @Bullet: die Einheit Newton ist ja auch kg*m/s^2, d.h. sehr wahrscheinlich wird sie vom Kilogramm abgeleitet. Wenn Du das kg ueber Kraefte definieren willst, musst Du eine gute unabhaengige Definition fuer das Newton finden.

  23. #23 Bullet
    2. Juni 2010

    argh, stimmt. Dann also doch Gravi-Feldstärke.

  24. #24 osigo
    2. Juni 2010

    @Bullet: Das mit der Gravitationsfeldstärke wäre IMHO prinzipiell möglich; man müsste die Form der 1 kg-Masse festlegen (kugelförmig mit Radius < 1m) und die Entfernung, in der die festgelegte Feldstärke zu messen ist. Sowohl die Entfernung als auch die Gravitationsfeldstärke (Einheit m/s^2) sind durch Meter und Sekunde definierbar. Allerdings sehe ich sehr große Probleme bei der praktischen Umsetzung: Gravitation ist die schwächste aller bekannten Kräfte und außerdem nicht abschirmbar. Die Anziehung durch andere Massen, Inhomogenitäten des Erdgravitationsfeldes, elektromagnetische Effekte, ... machen die genaue Messung extrem schwierig. Das ist auch der Grund dafür, dass die Gravitationskonstante G (deren Wert dein Definitionsvorschlag festsetzen würde) die mit Abstand am ungenauesten bekannte Naturkonstante ist.

  25. #25 Bullet
    2. Juni 2010

    Deswegen “obszön kleine Zahlenwerte”. DAS war mir bewußt.

  26. #26 rosarotebrille
    2. Juni 2010

    @Der Bo

    Natürlich wird man einen reinen Stoff verwenden. Aber es muß eben kein zwölf Neuner Stoff sein, wo die Isotope völlig draußen sind. Natürlich ist es auch richtig, daß kein Stück dem anderen gleicht. Aber es reicht eben aus, daß man ein Material sucht, welches “schlicht” ausreichend ist, wenn auch das Herstellungsverfahren definiert ist. Das eine schließt schließlich nicht das andere aus.

    Übrigens kann man eine Stoffanalyse auch an einem Probematerial machen. Da muß man den eigentlichen Körper nicht unbedingt auseinandersägen 🙂

    Es gäbe sogar die Möglichkeit, ein “kg” -Material nach entsprechender Festlegung und Untersuchung zentral zu bevorraten. Dann kann entsprechend der Herstellkunst eines jeden mehr oder weniger genaue Verwirklichungen des kg hergestellt werden. Wenn wir einst auf pm genau messen können, gibt es eben noch “bessere” Kilogramms.

  27. #27 Florian Freistetter
    2. Juni 2010

    @rrb: “Es gäbe sogar die Möglichkeit, ein “kg” -Material nach entsprechender Festlegung und Untersuchung zentral zu bevorraten.”

    Das ist genau das, was man nicht will. Man will keinen neuen Prototyp basteln sondern eine Definition, die auf grundlegenden Naturkonstanten basiert – eben so wie beim Meter. Ist das so schwer zu verstehen?

  28. #28 Engywuck
    2. Juni 2010

    nein, es ist nicht einfach, “mal eben” ein beliebiges Element zu nehmen für diese Zwecke. Das Stichwort “Einkristall” wurde schon erwähnt, zudem darf es aber nicht (leicht) mit anderen Stoffen chemisch reagieren – und auch nicht physikalisch.
    Beispielsweise nehmen viele Übergangsgruppenelemente gerne Wasserstoff auf – in einigen Metallen kann pro Kubikzentimeter mehr Wasserstoff gespeichert werden als in flüssigem Wasserstoff enthalten sind(!)
    Oh, und nicht zu vergessen: das Element sollte dann auch noch möglichst leicht chemisch reinst darstellbar sein. Wenn man erst mal massenspektrometrisch trennen muss kann man auch gleich ein Element aus verschiedenen Isotopen benutzen…

    Hochreinheit ist ganz einfach deshalb erwümnscht, weil dies die Züchtung von Einkristallen erleichtert und zudem die *exakte* Zusammensetzung eines Materials (wir reden hier nicht von “zehn Prozent Fehler ist immer drin”) auch nicht soooo einfach zu bestimmen ist. Vor allem, wenn man dann noch zeigen muss, dass Probe und Prüfstück dieselbe Zusammensetzung haben. an jeder beliebigen Stelle des Prüfstücks.

    Bei Silizium beherrscht man die nötige Technik zur Züchtung von Einkristallen schon halbwegs anständig (Computerchips und Solarzellen), und zudem lassen sich Erkenntnisse, die zur Züchtung des Urkilogramm-Einkristalls gewonnen werden dann auch wieder in der Computerindustrie verwenden. Und man weiss auch schon, wie man Silizium halbwegs sauber bekommt (Fremdatome im sub-ppb-Bereich)

  29. #29 Uschi
    3. Juni 2010

    Vielen Dank!

  30. #30 Kleiner Onkel
    3. Juni 2010

    kann man das kg nicht einfach an den Dollar koppeln? Das würde auch den o.a. Schwund erklären

  31. #31 Max Bankenvergleich Meier
    3. Juni 2010

    Vielen Dank für den interessanten Artikel!

  32. #32 rosarotebrille
    3. Juni 2010

    @Florian Freistetter

    “Das ist genau das, was man nicht will. Man will keinen neuen Prototyp basteln sondern eine Definition, die auf grundlegenden Naturkonstanten basiert – eben so wie beim Meter. Ist das so schwer zu verstehen?”

    Anscheinend hast du nicht verstanden, was ich sagte. Es ging eben nicht um den neuen Prototyp sondern um seine Definition. Um jedoch das in der Definition enthaltene Material nicht jedes Mal gesondert herstellen zu müssen, mit allen Imponderabilien, wäre es eben sinnvoll, dieses der Definition entsprechende Material einmal herzustellen und zentral zu bevorraten (einige zig Tonnen werden wohl genügen, zumal “alte” kg Referenzen wiederverwertet werden können).

    Dann kann jeder, der will, sich sein eigenes kg entsprechend seinen eigenen Möglichkeiten herstellen. Natürlich wird jede Nation von dem zentral hergestellten Materialkuchen ausreichende Mengen bekommen, um selbst sich ein oder viele Urnormale entsprechend dem Stand der Technik herstellen zu können.

    Letztlich ist das kg immer eine Definitionsfrage. Aber so wie es jetzt derzeitig ist, mit dem einen Urkg in Paris samt der Kopien, ist das kg eben weg wenn die Urkg weg sind.

    Hat man dagegen ein Urgk auf reiner Definitionsbasis, wozu eben auch Material und dessen Herstellung gehört, kann das niemehr verloren gehen.

    Wie das Urnormal gezeigt hat, ändert sich dies im Laufe der Zeit. Also muß ein Urnormal erfunden werden, welches sich auf eine unveränderliche Naturkonstante bezieht und einigermaßen praktikabel ist. Letzteres wird dann alleine bereits mit den “Tonnen” hergestellten Referenzmaterials gewährleistet.

    Wobei eben noch als Erleichterung hinzukommt, daß eben das damit hergestellte kg nicht einmal genau 1,000000000 kg sein muß. Es wird dann einfach mit Lichtreferenz exakt vermessen und dann weiß man, wieviele kg das tatsächlich sind.

    Der weitere Vorteil wäre, daß selbst ein verdunstendes kg einfach durch Neuvermessung “gewogen” werden kann.

    Das Einzige, worauf es bei der Lichtreferenz ankommt, ist daß die Materialdichte des ausgewählten Materials natürlich hochkonstant bleiben muß.

  33. #33 Florian Freistetter
    3. Juni 2010

    @rrb: “Um jedoch das in der Definition enthaltene Material nicht jedes Mal gesondert herstellen zu müssen,

    Ich hab echt keinen Schimmer mehr, was nun eigentlich dein Problem ist.

  34. #34 Bullet
    3. Juni 2010

    Speziell dann, wenn eine Definition eigentlich auf ein Material verzichten soll.
    Ich habs jetzt fett geschrieben. Vielleicht sieht er’s jetzt endlich.

  35. #35 Stefan W.
    3. Juni 2010

    Plutonium hätte den Vorteil: Wir würden den Müll aus der Asse buddeln, und Urkilogramms in alle Welt verkaufen, und bekämen sogar noch Geld dafür.

    Moment – ich höre gerade – Achmadinejad fragt, ob sie auch eine Urtonne haben können?

    Oder wir nehmen eine Ur-US-Pfund, und rechnen das mit einer Tabelle um (Oz., Gallon, usw.). Praktischer Tip von meiner Seite: 1kg ist die Menge No-Name-Zucker, die man für 79¢ beim Discounter bekommt.
    Wir hängen mit der Definition zwar von Zucker und Cent ab, ab bei der Entfernung hängen wir auch von der Zeit ab. Die Uhr eichen wir dann wieder damit, wie schnell das Licht zwei Meßpunkte passiert – das ist doch alles eine zyklische Verschwörung.

    Mit dem Verdunsten – betrifft das eigentlich auch Socken im Wäschekorb?

  36. #36 prayerslayer
    3. Juni 2010

    Ich glaub rrb geht es einfach darum, dass man die Definition fürs kg ruhig irgendwie mit Photonenfrequenzsumme etcpp festlegen kann, solange genug Prototypen in der Welt verteilt sind.

    Mir persönlich wäre eine Definition mit “schönen” Naturkonstanten auch lieber 🙂

  37. #37 rix
    3. Juni 2010

    Das Problem dabei ist dass die Natur keine Naturkonstanten kennt.

  38. #38 Florian Freistetter
    4. Juni 2010

    @rix: “Das Problem dabei ist dass die Natur keine Naturkonstanten kennt.”

    Na wenn du meinst…

  39. #39 Treverer
    5. Juni 2010

    zitat: “Das ist genau das, was man nicht will. Man will keinen neuen Prototyp basteln sondern eine Definition, die auf grundlegenden Naturkonstanten basiert – eben so wie beim Meter. Ist das so schwer zu verstehen?”

    wenn man keinen neuen prototyp herstellen will, dann wäre es ja auch nur ein theoretisches problem, wenn das herstellen in der praxis außerordentlich schwer wäre. aber man sucht ja nun doch eine defintion, die “leicht” reproduzierbar ist. wozu sonst die ganze diskussion um reinen kohlenstoff etc.pp.

    was ich mich beim lesen die ganze zeit frage ist, wozu bräuchte man eigentlich die genauere definiton? welchen nutzen hätte man bzw. die physik? kann diese nicht auch jetzt schon einfach die masse eines bestimmten elementes als grundlage nehmen?

  40. #40 peterpaunch
    5. Juni 2010

    ein killogramm bleibt ein killogram, völlig wurst ob das urkillogramm nun an gewicht verliert oder nicht, ist das hier arbeitsbeschaffung oder wie soll ioch das verstehen?

    kümmert euch lieber um die bekämpfung von krebs!

    oder geht in die philosophie pf..

  41. #41 Florian Freistetter
    5. Juni 2010

    @peterpaunch: “ein killogramm bleibt ein killogram, völlig wurst ob das urkillogramm nun an gewicht verliert oder nicht, ist das hier arbeitsbeschaffung oder wie soll ioch das verstehen?”

    Hmm – mit dem Verstehen haperts noch ein bisschen 😉 Um zu wissen, wie schwer ein Kilogramm ist, muss man das erstmal irgendwie festlegen und definieren. Und “Ein Kilogramm” ist eben definiert als “Gewicht des Urkilogramms in Paris”. Jede Waage wurde irgendwann geeicht und jede Eichung basiert auf diesem Urkilogram.

    “kümmert euch lieber um die bekämpfung von krebs!”

    Das machen die Kollegen aus der Medizin/Biologie…

  42. #42 peterpaunch
    5. Juni 2010

    @Florian Freistetter

    alle waagen die geeicht sind wissen was ein killogram ist oder?

    man nehme soviel von etwas dass es exakt 1 kg ergibt, evoila , ein neues eichkillogramm

    sind wir immernoch so analog?
    ich dachte wie wissen das ein killogramm 1000 gramm sind, 1000 gramm so und so viele milligramm undsoweiter, brauchen wir jetzt noch ein urkillogramm?

    mir ist klar dass man immer weiterfragen kann: und wieviel ist dann ein milligramm? ein pikogramm usw.?

    aber bisher hat doch auch alles funktioniert, das verfahren zu messen ist gut, und wenn man etwas ganz genau wissen will haut man es durch irgendein abgespacedes gerät und man weiss sogar wieviel luft dabei ist. und diese dinger haben wir schon oder?

    gut gut, aber gibt es den naturwissenschaften nicht auch wichtigere probleme?

  43. #43 Florian Freistetter
    5. Juni 2010

    @peterpaunch: “man nehme soviel von etwas dass es exakt 1 kg ergibt, evoila , ein neues eichkillogramm sind wir immernoch so analog? “

    Super! Dann stelle ich einfach meine Waage so ein, dass sie z.B. ein Kilogramm anzeigt, wenn ich ne 500g Packung Steaks darauf lege. Meine Waage zeigts an, also ist es ein Kilo! Ich glaube, dir ist das Wort “Definition” nicht ganz klar…

  44. #44 peterpaunch
    5. Juni 2010

    @Florian Freistetter
    deswegen fragte ich ja ob wir doch noch so analog sind?

    eine analoge waage kann dir doch sowieso nur unbefriedigende ergebnisse liefern wenn man es sehr genau braucht

  45. #45 Florian Freistetter
    5. Juni 2010

    @peterpunch: Was haben analoge/digitale Waagen damit zu tun? Ist dir wirklich nicht klar, was das Wort “Definition” bedeutet?? Stell dir vor, du baust eine neue Waage. Und stell dir vor, du musst irgendwie herausfinden, wie man sie einstellt, das sie ein kg anzeigt, wenn genau eine Masse von einem kg drauf steht. Wie machst du das?

  46. #46 peterpaunch
    5. Juni 2010

    @Florian Freistetter

    dafür haben wir die duplikate vom urkillogramm oder nicht?
    wo ist das problem? sind die zu ungenau?

    was ich wirklich immernoch nicht verstehe ist wieso es ein problem ist dass das urkillogramm leichter wird?
    wir wissen doch wie schwer es mal war oder nicht?
    oder waren damals unsere messinstrumente zu ungenau?

  47. #47 peterpaunch
    5. Juni 2010

    PS: bei digitalen waagen: ist da nicht irgendwo ein killogramm gespeichert?

  48. #48 Florian Freistetter
    5. Juni 2010

    @peterpaunch: “wir wissen doch wie schwer es mal war oder nicht? “

    Seufz…

  49. #49 peterpaunch
    5. Juni 2010

    @Florian Freistetter

    wo ist das problem?

  50. #50 perk
    5. Juni 2010

    wir wissen doch wie schwer es mal war oder nicht? <-- es war mal ein kilo schwer ;), aber das ist es nicht mehr, also ist die aktuelle definition ein kilogramm ist das gewicht des urkilograms in paris im jahr: 19xx und das ist unbefriedigend stell dir vor wir würden massen über ein orginalpfund aus dem 15.jh definieren (inzwischen gibt es aber nur noch kopien von kopien von kopien....) auf diesem weg wachsen die ungenauigkeiten immer weiter und man bekommt sie nie wieder unter kontrolle an dem punkt als man festgestellt hat dass das urkilogramm masse verliert war klar: wir brauchen ne bessere definition die prototypenunabhängig ist

  51. #51 peterpaunch
    5. Juni 2010

    @perk

    es hat klick gemacht 🙂

    dankeschön

  52. #52 Ben Mirwald
    München
    20. Februar 2013

    “… und dann können wir das Pariser Urkilogramm aus dem Tresor ins Museum verfrachten”
    schreibt Florian Freistetter zum Schluss. Viele Urkilogramms sind auch schon in Museen, etwa das von Steinheil:
    https://www.deutsches-museum.de/blog/blog-post/2013/02/20/ueber-alte-und-neue-gewichtsprobleme/