Unsere Sonne kommt uns zwar recht groß vor – im Vergleich mit ihren kosmischen Kollegen ist sie allerdings nur ein Zwerg (und wird deswegen auch als gelber Zwergstern klassifiziert). Über die Riesensterne habe ich früher schon mal geschrieben und auch über die Schwierigkeiten die man bei ihrer Erforschung hat. Denn es gilt ja: je schwerer ein Stern ist, desto heißer ist er, destp schneller verbrennt er seinen Wasserstoff und desto kürzer ist sein Leben. Während Sterne wie unsere Sonne Milliarden Jahre lang leben ist bei solchen Riesensterne alles schon noch wenigen Millionen Jahren vorbei. Kosmisch gesehen ist das nur ein Augenblick und man muss schon viel Glück haben, um so einen Stern zu beobachten. Ganz großes Glück hatten nun Astronomen aus den USA, Deutschland und Frankreich: sie konnten quasi bei der Geburt eines Riesensterns zusehen!
Bisher wussten wir noch nicht so viel über die Geburt von Riesensternen wie wir gerne wissen würden. Man hat sich zum Beispiel immer gefragt, ob sie vielleicht irgendwie anders entstehen als die kleinen Sterne. Unsere Sonne entstand zum Beispiel aus einer sich verdichtenden Gaswolke. Die Protosonne war dann auch von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben, von der aus weiter Material auf die Sonne fiel. So könnte es auch bei großen Sternen sein. Oder auch nicht. Denn je schwerer ein Stern desto heißer wird er und desto stärker ist der Sternwind, den er aussendet. Und wenn der zu stark ist, wird die Scheibe quasi weggepustet… Vielleicht gibt es also um große Protosternen keine Scheiben; vielleicht entstehen die Riesensterne gar nicht auf diese Art und Weise sondern z.B. durch Verschmelzung zweier kleinerer Sterne.
Die Entstehung von Sternen und deren Interaktion mit zirkumstellaren Scheiben ist äußerst knifflig und aus den bisherigen theoretischen Simulationen ging nicht klar hervor, ob die Riesensterne nun genauso entstehen können wie die kleinen oder nicht. Da kommen also neue Beobachtungen gerade recht. Beobachtungen, wie die, die im Artikel “A hot compact dust disk around a massive young stellar object” von Stefan Kraus von der Universität Michigan und seinen Kollegen beschrieben werden. Sie haben sich IRAS 13481-6124 näher angesehen. Das ist ein junger Stern der etwa zwanzig Mal so schwer ist wie unsere Sonne und sich immer noch in seiner “Geburtswolke” befindet (die etwa 1470 Mal mehr Masse hat als unsere Sonne). Auf älteren Aufnahmen, die das Weltraumteleskop Spitzer von dem Objekt gemacht hatte, entdeckten die Forscher etwas, dass wie Bugwellen aussah. Die entstehen normalerweise durch Jets – also gerichtete Ströme von Staub und Gas die auf das Material in der Umgebung treffen. Und solche Jets kommen normalerweise aus einer Scheibe…
Es lohnte sich also, bei IRAS 13481-6124 mal genauer nachzusehen. Beobachtungen mit dem Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO und in Kombination mit anderen ESO Teleskopen erlaubten es den Forschern, die Region um den Stern mit einer Auflösung von 2.4 Millibogensekunden zu beobachten. In Entfernungseinheiten umgerechnet sind das etwa 8.4 Astronomische Einheiten. Das heisst, dass man nichts sehen konnte, was kleiner ist als die Saturnbahn – was erstmal nicht sonderlich beeindruckend klingt. Aber der Stern ist immerhin 3260 Parsec weit weg – das sind etwa 10000 Lichtjahre! – und dafür ist so eine Auflösung ganz schön ordentlich! Und man hatte tatsächlich Glück: die Beobachtungen zeigten eine Scheibe um IRAS 13481-6124. Sie erstreckt sich über etwa 130 Astronomische Einheiten; ist also deutlich größer als der Teil unseres Sonnensystems, in dem sich die Planeten bewegen (der äußerste Planet – Neptun – hat einen Abstand von etwa 30 Astronomischen Einheiten).
Das System ist wirklich noch jung: knapp 60000 Jahre. Astronomisch gesehen ist das nichts und wenn Stefan Kraus daher sagt:
“Our observations show a disc surrounding an embryonic young, massive star, which is now fully formed. One can say that the baby is about to hatch!”
ist das nicht übertreiben. Der Stern hat nun mehr oder weniger aufgehört, Masse anzusammeln, die Scheibe, die ihn noch umgibt wird im Laufe der Zeit langsam verschwinden und IRAS 13481-6124 ist jetzt fertig. Und wir hatten noch Zeit für ein Babyfoto – und wissen jetzt, dass auch die schweren Sterne auf die gleiche Art und Weise entstehen wie die leichten. Coole Sache!
Kraus, S., Hofmann, K., Menten, K., Schertl, D., Weigelt, G., Wyrowski, F., Meilland, A., Perraut, K., Petrov, R., Robbe-Dubois, S., Schilke, P., & Testi, L. (2010). A hot compact dust disk around a massive young stellar object Nature, 466 (7304), 339-342 DOI: 10.1038/nature09174
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