Die Sternzeit kennen die meisten wohl aus der Fernsehserie “Raumschiff Enterprise”. Anscheinend hat man sich in der Zukunft vom guten alten gregorianischen Kalender verabschiedet und benutzt seltsame Dezimalzahlen. Wer wissen will, ob dahinter ein System steckt und wenn ja, welches, der kann das hier nachlesen. Aber in meinem Artikel gehts um Astronomie. Denn auch wir haben eine Sternzeit…

Sie lässt sich recht einfach definieren: die Sternzeit ist der Stundenwinkel des Frühlingspunktes. Um das zu verstehen, schauen wir noch einmal auf das Bild, dass ich gestern in meinem Artikel über sphärische Astronomie verwendet habe:

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Dieses Bild erklärt das äquatoriale Koordinatensystem und die Koordinaten Rektaszension und Deklination. Mit eingezeichnet – in violett – ist auch der Stundenwinkel t. Er ist der Winkel zwischen dem Fußpunkt des Sterns am Himmelsäquator und dem Meridian. Stellen wir uns jetzt vor, wir wollen nicht die Koordinaten eines Sterns angeben, sondern die des Frühlingspunktes selbst. Der hat dann natürlich eine Rektaszension von 0 Stunden – ist ja auch logisch, denn er ist der Nullpunkt des Koordinatensystem. Nun kann man auch den Stundenwinkel des Frühlingspunktes bestimmen. Gehen wir mal davon aus, er würde genau im Schnittpunkt von Meridian und Himmelsäquator stehen. Dann wäre auch der Stundenwinkel gleich null. Aber für einen Beobachter auf der Erde scheint sich der Frühlingspunkt ja zu bewegen (das man ein Koordinatensystem hat, dass sich mit dem Himmel mitbewegt war ja gerade der Sinn der Sache). Der Stundenwinkel des Frühlingspunktes ändert sich also im Laufe der Zeit. Das ist die Sternzeit! Sie basiert auf der Bewegung der Sterne und wenn ein Stern (oder eben der Frühlingspunkt) die Erde einmal umrundet hat, dann ist ein Sterntag vergangen. So ein Sterntag ist übrigens ein klein wenig kürzer als die normalen 24 Stunden unserer standardisierten Zeit: er dauert nur 23 Stunden 56 Minuten und 4,091 Sekunden.

In vielen Sternwarten findet man spezielle Sternzeituhren. Kein Wunder – denn für die Beobachtung der Himmelsobjekte ist es oft recht nützlich zu wissen, wie spät es gerade in Sternzeit ist. Erreicht ein Stern auf seiner Bahn den höchsten Punkt über dem Horizont, dann nennt man das “Kulmination” (genauer: die obere Kulmination). Die Bahnen der Sterne verlaufen ja immer parallel zum Himmelsäquator – die Kulminationspunkte liegen also auf dem Meridian des Beobachtungsortes. Das heisst dann aber auch, dass die Rektaszension, die er zu diesem Zeitpunkt hat, genau der Sternzeit entspricht. Man kann also jedem Stern eine bestimmte Sternzeit zuordnen und weiß so genau, wann er seinen höchsten Punkt erreichen wird bzw. wann er überhaupt sichtbar ist. Umgekehrt kann man die Sternzeit einfach messen, in dem man die Rektaszension des Sterns bestimmt, der gerade kulminiert.

Die Sternzeit ist allerdings eine lokale Zeit (so ähnlich wie beim “wahren Mittag”). Es macht nur Sinn, sie für einen bestimmten Längengrad anzugeben (Wer wissen, wie spät es an einem bestimmten Ort gerade auf der Sternzeituhr ist, kann z.B. hier nachsehen). Die Sache ist also ein klein wenig komplizierter als beim Raumschiff Enterprise 😉 Aber im Gegensatz zum “Stardate” ist die Sternzeit (auf englisch übrigens “sidereal time”) wenigstens nützlich 😉


Kommentare (6)

  1. #1 Jens Wieland
    17. Juli 2010

    Danke, Florian, wie immer superinteressant.
    Ein Sterntag (die 23h56min) ist also die Zeit, in der sich die Erde einmal um sich selbst dreht. Die Differenz zum normalen Tag (Tag/Nachtwechsel) erklärt sich daduch, dass beim normalen Tag zusätzlich zur Erddrehung auch die Drehung der Erde um die Sonne eine Rolle spielt.
    In einem Jahr dreht sich die Erde also ca. 364 Mal um sich selbst. Der zusätzliche Tag 365 kommt dazu, da sich die Erde in der Zeit einmal um die Sonne dreht.

  2. #2 Florian Freistetter
    17. Juli 2010

    @Jens: In meinem Artikel hab ich allerdings einige Effekte vernachlässigt. Die 23:56:4 sind nur der mittlere Sterntag. Da gibts noch jede Menge Störungen – Wikipdia hat nen guten Artikel dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Erdrotation

  3. #3 Oliver Debus
    17. Juli 2010

    Kleiner Tipp zur Ergänzung von Florians Artikel, hier gibt es ein Programm Sterzeituhr für den PC. Habe ich gerade gefunden. Ich selbst werde es mal in Bezug auf Nutzen für die Amateurastronomie testen.

  4. #4 Jens Wieland
    17. Juli 2010

    Ich lag oben falsch. Die Erde dreht sich im Jahr ca. 366 mal um sich selbst. Eine Umdrehung davon “kompensiert” die eine Drehung um die Sonne, bleiben ca. 365 Tage i.S.d. Tag/Nachtwechsels. 366 * 23:56:04 ≈ 365 * 24:00:00

  5. #5 Ender
    17. Juli 2010

    Hm, ist nicht ohne, das rauszukriegen, wie mir scheint. Auch wenn, wie oben genannt, überlicherweise Computer die Berechnung übernehmen: Ist es für einen Astronomen ein Leichtes, die Sternzeit zu bestimmen?

    In Anspielung auf die willkürliche Star-Trek-Sternzeit: In diverser Science-Fiction gibt es bewohnte Planeten neben der Erde, deren Tage und Jahre unterschiedlich sind. Bestehen bereits Konzepte, wie man sich von der planetenbezogenen Zeitangabe lösen kann?

  6. #6 klauszwingenberger
    17. Juli 2010

    @Ender:

    Ist es für einen Astronomen ein Leichtes, die Sternzeit zu bestimmen?

    Kinderleicht, man muss nur im “Himmelsjahr” nachschlagen…